Presseschau... 14.12.2016

+++ Bautzen: Brandanschlag mit Molotowcocktails auf das Flüchtlingsheim „Spreehotel“ +++ Briefkasten von Flüchtlingshelfer-Verein in Gera gesprengt +++ Nach Brandanschlag in Berlin-Neukölln: Auch Scheiben von linker Buchhandlung beschädigt +++ Morddrohungen gegen Vorsitzenden der SPD-Bochholt +++

 

Bautzen: Brandanschlag mit Molotowcocktails auf Flüchtlingsheim im „Spreehotel“

In Bautzen ist in der Nacht zu Dienstag ein Brandanschlag auf das als Flüchtlingsunterkunft genutzte Spreehotel verübt worden. Gegen 23 Uhr hatten sich drei Unbekannte an das als Asylheim genutzte Gebäude herangeschlichen und vier Molotowcocktails über den Zaun geworfen. Die Brandsätze landeten auf dem Gelände, lediglich einer davon ging hoch. Zu Schäden am Gebäude kam es nicht, auch Menschen wurden nicht verletzt.

 

Briefkasten von Flüchtlingshelfer-Verein in Gera gesprengt

Am vergangenen Freitag haben Unbekannte den Briefkasten des Geraer Vereins „Akzeptanz“ gesprengt. Wie Steffen Glöckner von der Landespolizeiinspektion Gera informiert, würden die Umstände auf das Zünden von Silvesterknallern hindeuten. Claudia Poser-Ben Kahla, die Vorsitzende des Vereins, hat anderes gehört. Wie Zeugen berichtet ­hätten, sei der Knall so laut gewesen, dass es sich nicht um einen Feuerwerkskörper gehandelt haben könne. Die Vorsitzende erzählt, das „erste Mal, dass der Verein direkt angegriffen wurde. Sie berichtet von häufigen Bedrohungen gegen sie und ihre Mitstreiter, spricht von gelockerten Radmuttern und zerstochenen Reifen. „Akzeptanz“ betreibt eine Kleiderkammer für Flüchtlinge, bietet Deutschkurse und diverse Integrationsprojekte an.

 

Nach Brandanschlag in Berlin-Neukölln: Auch Scheiben von linker Buchhandlung beschädigt

In der Nacht zu Montag hat es nicht nur einen Brandanschlag auf ein linkes Café in Neukölln gegeben. Nicht weit entfernt wurde auch ein linker Buchladen beschädigt. Die Polizei sieht keinen Zusammenhang.

 

Droht Neukölln nun eine Neonazi-Anschlagsserie?

Sie hatten riesiges Glück, dass nicht das ganze Haus abgebrannt ist“, sagt ein Ermittler des Staatsschutzes zu Rolf Sommer (38), als er den Tatort begutachtet. In den über dem Café liegenden Stockwerken wohnen 50 Menschen, sie alle wären im Schlaf von dem Feuer überrascht worden. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) ist in Alarmbereitschaft, warnt vor weiteren möglichen Anschlägen. Im Internet hatte die Neonazi-Gruppe „Freie Kräfte Berlin Neukölln“ im August eine Karte mit „Feinden“ veröffentlicht, auf der auch das „k-fetisch“ mit Adresse gelistet war.

 

Morddrohungen gegen Vorsitzenden der SPD-Bochholt

Wieder trifft es die SPD in Bocholt, wieder ihren Vorsitzenden Thomas Purwin: Nach neuen Morddrohungen gegen ihn und seine Familie legt der bisherige Chef des Stadtverbands sein Amt nieder. Die Drohungen nennt er „pervers, widerlich und ekelhaft“. Die Morddrohung gegen Tochter und Lebensgefährtin des Sozialdemokraten war am Sonntagabend im Postfach des SPD-Stadtverbandes gelandet. Bereits zuvor hatte der Politiker Mails erhalten, in denen die Verfasser ihm unter anderem damit drohten, seinen „verfickten Judeschädel“ einzuschlagen.

 

Berlin-Pankow: Teenager schmiert Hakenkreuz auf Gedenkstein

Jugendliche haben einen Gedenkstein in einem Park in Berlin-Pankow unter anderem mit einem Hakenkreuz beschmiert. Ein Mädchen aus der Gruppe war am Montagabend dabei beobachtet worden, wie sie ein Hakenkreuz und Schriftzüge auf den Gedenkstein sprühte.

 

Mindestens 4500 "Reichsbürger" leben in Deutschland

Mindestens 4500 „Reichsbürger“ gibt es derzeit in Deutschland. Das ergab eine Umfrage bei den Innenministerien und Verfassungsschutz-Behörden der Länder. Mit 1700 leben die meisten "Reichsbürger" in Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg mit 650 sowie Thüringen mit 550 Anhängern. Nachdem ein „Reichsbürger“ bei einer Razzia in Bayern auf vier Beamte geschossen und einen von ihnen getötet hatte, wird die Szene seit Ende November bundesweit vom Verfassungsschutz überwacht.

 

Clausnitz: Gewehre und Flinten bei mutmaßlichem „Reichsbürger“ sichergestellt

Bei einem Einsatz im sächsischen Clausnitz bei Rechenberg-Bienenmühle hat die Waffenbehörde unterstützt durch 20 Polizisten Gewehre, sogenannte Pumpguns und mindestens ein Jagdbogen gefunden. Bei dem Besitzer soll es sich um einen Reichsbürger handeln, dem der Waffenschein entzogen wurde.

 

Pegida München: Polizei unterbindet antisemitisches Video

Sieben Minuten konnte Pegida-Chef Heinz Meyer gestern auf dem Königsplatz einen Zeichentrick-Clip vorführen, der ein antisemitisches Zerrbild Israels zum Gegenstand hatte. Ein angeblich geläuterter Adolf Hitler kehrt darin mit einem UFO auf die Erde zurück und zerstört das angeblich bis dahin ethnisch und religiös homogene Israel mit Hilfe offener Grenzen, Zuwanderung und „Vermischung“. In dem Machwerk schwingen etliche antisemitische und rassistische Stereotype mit. Die Polizei stoppte das Video. Die Münchner Polizei begründete ihr Vorgehen mit einem im Video gezeigten „Kühnen-Gruß“ und weil weitere Straftaten in dem Clip erwartbar gewesen seien.

 

Prozess in Nauen: Neonazis sollen Zeugin eingeschüchtert haben

Im Prozess gegen eine Gruppe von Neonazis aus Nauen versucht der Hauptangeklagte, NPD-Funktionär Maik Schneider, mit allen Mitteln, das Verfahren nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Nachdem das Gericht eine frühere Freundin von Schneider als Zeugin befragt hatte, nahm der NPD-Politiker die Frau persönlich in ein fast einstündiges Kreuzverhör. Die berichtet davon, bedroht und eingeschüchtert worden zu sein, weil sie mit der Polizei geredet hat.

 

69-jähriger Mann geht in Nürnberg mit Lanze auf SEK los

Böse Überraschung für Spezialeinheiten der Polizei in der Nürnberger Theatergasse: Dort griff ein Mann, gegen den wegen Volksverhetzung ermittelt wird, das SEK mit einer Lanze an. Die Beamten kamen gegen sechs Uhr mit einem Durchsuchungsbefehl in die Wohnung des 69-Jährigen. Der Mann widersetze sich dem Zugriff der Polizei, stieß mit einer selbstgebastelten Lanze mehrfach auf SEK-Beamte ein. Von denen wurde durch die Schutzausrüstung niemand verletzt. Der Mann hat nun nicht nur ein Verfahren wegen Volksverhetzung am Hals, auch die Mordkommission ermittelt gegen ihn.

 

Hessen 2016: Mindestens 24 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte

Im Jahr 2016 gab es bis Ende September 24 Attacken auf hessische Flüchtlingsunterkünfte. Damit dürfte die Bilanz niedriger ausfallen als im Vorjahr – 2015 hatte es insgesamt 67 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gegeben, davon hatten 42 einen rechtsextremen Hintergrund. Die Landesregierung will auch 2017 Präventionsprojekte fördern, um Rechtsextremismus entgegenzuwirken.

 

Nazi-Kameradschaft beim „Kerzenabend“ der NPD in Memmingen

Vergangenen Samstag, den 10.12., lud die NPD Schwaben zum sogenannten „Kerzenabend“ in eine Gaststätte in Memmingen. „Rund 60 Besucher, darunter viele Kinder“, sind laut NPD zum gekommen. Ein großer Teil davon: Anhänger der Neonazikameradschaft Voice of Anger. Umgekehrt besuchten NPD-Mitglieder in der Vergangenheit wiederholt die Kameradschaft in ihrem neuen Clubhaus. Die Besucher bedrohten Journalisten.

 

Bezirksamt Berlin-Lichtenberg: Lieber ohne AfD-Stadtrat von rechtsaußen

Die AfD wurde in Lichtenberg mit 19 Prozent drittstärkste Fraktion, ihr steht ein Stadtratsposten zu. Doch der Ältestenrat im Bezirksparlament hat sich einen Trick ausgedacht, der es möglich machen soll, dass das Bezirksamt auch arbeitsfähig ist, wenn ein Stadtrat nicht gewählt werden sollte. Denn die AfD hat mit dem umstrittenen Statistikdozenten Wolfgang Hebold einen Rechtsaußenmann nominiert, dem Vertreter aller anderen Fraktionen ihre Stimme verweigern wollen. Hebold hat in diesem Jahr zwei Lehraufträge und eine Anstellung an einer Berliner Hochschule verloren, als Rassismusvorwürfe gegen ihn aufkamen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Volksverhetzung.

 

Sömmerdas Bürgermeister: Hetzjagd war nicht rassistisch, in der Stadt keine rechte Szene

Der Bürgermeister von Sömmerda, Ralf Hauboldt, sieht in seiner Gemeinde keine rechtsextreme Szene. Die Auseinandersetzung, die am Wochenende zwischen Asylbewerbern und Deutschen nach einem Disco-Streit stattfand, kann aus seiner Sicht nicht als rassistische Hetzjagd bezeichnet werden. "Das ist weit hergeholt", sagte der Linken-Politiker. Hauboldt bestätigte zwar, dass es durch einen 19-Jährigen volksverhetzende Ausrufe gegeben habe. Dieser sei jedoch keiner Szene zuzuordnen. Es gebe keine Szene, die in dieser Richtung aktiv sei.

 

Flüchtlingsprojekt „Shelter“ in Frankfurt nach dem Angriff: Hass im Netz, Gewalt in der Realität

Der Anschlag auf das Project Shelter in Frankfurt-Bornheim deutet darauf hin, dass sich rechte Gruppierungen in Frankfurt mehr trauen. Die Aufräumarbeiten haben noch nicht wirklich begonnen. Drei Tage nach dem Anschlag sind die Wände des Bistros von Project Shelter immer noch mit Bitumen-Flecken übersät. Auch auf Möbeln, den Heizkörpern und dem Boden klebt die auch als „Gräberpech“ bekannte Masse, großflächig verteilt mit Hilfe eines Feuerlöschers – zumindest vermuten das die Aktivisten des Flüchtlingsprojekts.

 

Wer ist die Neue Rechte?

Nach der Absage einer Podiumsdiskussion am Theater Magdeburg, an der neben dem Innenminister Sachsen-Anhalts, Holger Stahlknecht, auch der neurechte Autor und Verleger Götz Kubitschek teilnehmen sollte, wird über die Fragen diskutiert: Wie umgehen mit der Neuen Rechten? Wie viel Raum sollen Demokraten neurechten Akteuren in Talkrunden oder auf öffentlichen Plätzen überlassen? Wo liegen die Grenzen des Dialogs mit Fundamentalisten?

 

Kultur statt „Rasse“: Der Code der Neuen Rechten

Schon vor zehn Jahren versorgte das „Amt für Öffentlichkeitsarbeit“ der NPD deren Politiker mit einem internen Strategie-Papier. Zwar gibt es auch eindeutig rassistische Passagen in der NPD-Schrift („Deutsche afrikanischer Herkunft kann es gar nicht geben“), aber im Kern liest sich das Papier, als habe die NPD ganze Passagen bei Alain de Benoist oder Pierre Krebs abgeschrieben, den Vordenkern der Neuen Rechten – zu denen heute vor allem Björn Höcke zählt, AfD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag.

 

Rechtspopulismus: Rechte kapern libertäre Lebensstile

Immer noch starren wir fassungslos auf den Wahlsieg von Donald Trump oder  die Entscheidung der Briten, nicht in der Europäischen Union zu verleiben. Doch die  Rechtswende hat eine lange Vorgeschichte. Sie lässt sich erkennen, wenn man auf die gesellschaftlichen Diskurse seit den 90er Jahren blickt, vor allem in den westlichen Staaten, aber nicht nur. Eine wichtige Quelle dafür sind die European Values Studies und World Values Studies, die europäisch und global den Wandel der Einstellungen bei zentralen Themen seit 1981 analysieren. Hier wird deutlich:  Libertäre Vorstellungen finden Eingang in rechte Dogmen – und das seit gut zwei Jahrzehnten. Es geht nicht um Demokratie, sondern um Sex.

 

Homophobie in MeckPomm: „Nicht Hand in Hand unterwegs“

Eine Studie geht zum ersten Mal umfassend der Frage nach, wie homophob und trans*feindlich Mecklenburg-Vorpommern ist. Ein Interview mit der Herausgeberin der Studie, der Pädagogin Heike Radvan.

 

Die Schweiz als Avantgarde des europäischen Rechtspopulismus

Die Schweiz ist seit Jahrzehnten die Avantgarde des Rechtspopulismus in Europa. Nirgendwo sonst haben rechte Parteien mit populistischen Parolen gegen die "Elite" eine so lange Tradition wie in der Alpenrepublik. Und nirgendwo sonst waren sie so erfolgreich.

 

Erdogans rechtsextreme Verbündete: Die Wölfe machen Männchen

Präsident Erdogan paktiert mit der rechtsextremen Opposition. Seinen Weg in die Alleinherrschaft bereitet ihm eine Partei, deren Chef als Rassist gilt und der kurdische Städte dem "Erdboden gleichmachen" will.

drucken