Presseschau ... 13.12.2016

+++ Sömmerda (Thüringen): 15 Deutsche veranstalten Hetzjagd auf drei Geflüchtete +++ Brandanschlag auf linkes Café in Berlin-Neukölln +++ Zwanzig Strohpuppen mit rassistischen Sprüchen hingen im Erzgebirskreis +++ Antisemitisches Hetzblatt in Meißen verbreitet – gezielt an Migranten verteilt +++

 

Sömmerda (Thüringen): 15 Deutsche veranstalten Hetzjagd auf drei Geflüchtete

In der Nacht auf Sonntag wurden in Sömmerda (Thüringen) bei einer Veranstaltung drei Geflüchtete von einer Gruppe deutscher Angreifer geschlagen und getreten. Die Opfer wurden vom Sicherheitsdienst nach draußen gebracht, wo sich der Tätergruppe weitere Personen anschlossen. Nun versuchten etwa 15 Personen, auf die Asylbewerber loszugehen. Diese flüchteten aus Angst und wurden von den rund 15 Personen in Richtung Busbahnhof verfolgt und dabei mehrfach mit rassistischen Parolen beleidigt. Ein 24-Jähriger Iraker musste zur ärztlichen Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden, die anderen beiden wurden leicht verletzt.

 

Brandanschlag auf linkes Café in Berlin-Neukölln

In der Nacht zum Montag ist auf ein linkes Café in Berlin-Neukölln ein Brandanschlag verübt worden. Im Rolladen des Cafés, dass sich in einem Wohnhaus befindet, ist ein Brandsatz deponiert worden. Es kam niemand zu schaden. Die Polizei schließt eine politische Motivation nicht aus. Das Team des Cafés ordnet die Attacke in einer Erklärung auf Facebook in eine Reihe von Angriffen militanter Neonazis auf linke Orte ein. „Mehrfach wurden in den vergangenen Monaten im Bezirk bei Menschen, die die Neonazis als politische Gegner einordnen, Scheiben eingeworfen und Autos angezündet", schreiben die Betreiber.
Es blieb nicht die einzige Attacke in der Nacht. Bei einem linken Erzieher im Schillerkiez wurde gegen 3.20 Uhr mit einem Stein das Fenster eingeworfen und ein mit Farbe gefüllte Glasbehälter hinterher geworfen. Die Person machte den Vorfall bei Twitter öffentlich.

 

Zwanzig Strohpuppen mit rassistischen Sprüchen hingen im Erzgebirgskreis

An mehreren Orten im Erzgebirgskreis (Sachsen) hat die Polizei lebensgroße Strohpuppen sichergestellt, die mit rassistischen Parolen beschriftet waren. Allein in Annaberg-Buchholz sind acht in einem Einwegoverall bekleidete Puppen aufgetaucht. In Leipzig und Umgebung waren ähnliche Puppen zuletzt vor dem Lokal-Derby zwischen Lok Leipzig und Chemie Leipzig an Brücken aufgehängt worden, die mit Vereinssymbolen bemalt waren.

 

Antisemitisches Hetzblatt in Meißen verbreitet – gezielt an Migranten verteilt

Ein mit einem längeren Text versehenes, anonymes Flugblatt mit antisemitischen und rassistischen Inhalten ist jetzt in Meißen aufgetaucht. Der oder die Verfasser geben darin vor, Flüchtlinge über die wahren Gründe informieren zu wollen, weshalb diese vermeintlich nach Deutschland gelockt wurden. Verteilt wurde das Flugblatt unter anderem von einem älteren Herrn, der es gezielt an Migranten aushändigte.

 

Hasskriminalität im Internet: Allein in Brandenburg schon 2157 Straftaten im Jahr 2016

Vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Oktober 2016 wurden im Land Brandenburg insgesamt 2157 Straftaten registriert, die sich dem Bereich der „Hasskriminalität“ zuordnen lassen. 96,1 Prozent dieser Straftaten stammten aus dem Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität rechts“. Das geht aus der Antwort des Potsdamer Justizministeriums auf eine „Kleine Anfrage“ des CDU-Rechtsexperten Danny Eichelbaum hervor. Am stärksten wuchs die Zahl der Anzeigen wegen der so genannten „Hate Speech“ im Internet – also der teils menschenverachtenden Kommentare in den Diskussionen des sozialen Netzwerks Facebook, auf Twitter oder auch in den Leserforen von Zeitungen.

 

Reichsbürger (I): Mann in Unterfranken verhaftet, weil er Waffen nicht abgibt

Polizisten haben im Landkreis Aschaffenburg einen mutmaßlichen Anhänger der "Reichsbürger"-Bewegung verhaftet. Der 58-Jährige habe mehrere Waffen besessen und sich geweigert, diese abzugeben. Die Behörden hätten ihm 2015 den Waffenschein für drei Pistolen und ein Gewehr entzogen, der Mann hatte sich jedoch geweigert, die Waffen abzugeben.

 

Reichsbürger (II): Razzia in der Botschaft von „Germanitien“ und in Löhne (NRW)

Mit einem von langer Hand vorbereiteten Einsatz sind mehrere Behörden mit einer Razzia am Montag gegen die Reichsbürgerszene beziehungsweise die sogenannte Justizopferhilfe vorgegangen. Ziel war das von ihr betriebene Büro in Löhne (Kreis Herford). Es sei vorrangig um den Vollzug von Erzwingungs-Haftbefehlen gegangen, erklärte ein Polizeisprecher.

 

Reichsbürger (III): „Diplomat“ der Szene in Töging (Bayern) festgenommen

Bereits am 6. Dezember nahmen die zivilen Polizisten einen sogenannten Reichsbürger in Töging (Oberbayern, Landkreis Altötting) fest. Der 59-Jährige wurde von der Staatsanwaltschaft Landshut wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen mit Haftbefehl gesucht. Er wurde im Juli 2016 zu einer Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro oder alternativ zu 60 Tagen Haft  verurteilt, hatte seine Strafe jedoch nicht angetreten.

 

Reichsbürger (IV): Faktencheck – hier liegen die Verschwörungsgläubigen falsch

Die Bundesrepublik: kein souveräner Staat, sondern eine GmbH. Das Deutsche Reich: existiert noch. Sagen die "Reichsbürger". Unter ihnen finden sich Verschwörungstheoretiker, Populisten und Rechtsextreme. Sie leugnen den Staat — und sitzen Rechtsirrtümern auf, wie dieser Faktencheck zeigt.

 

Verfahren gegen Holocaust-Leugner: Angeklagter krank, Prozess vertagt

Der Prozess gegen einen 80-jährigen Holocaust-Leugner vor dem Landgericht Lüneburg ist vertagt worden. Ursprünglich hatte das Berufungsverfahren gegen den Mann am Montag beginnen sollen. Der Angeklagte sei gesundheitlich aber stark angeschlagen, hieß es zur Begründung. Das Lüneburger Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen Volksverhetzung bereits zu zehn Monaten Haft verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Mann Berufung ein. Der einschlägig vorbestrafte 80-Jährige soll in Flugblättern und Schriften en Holocaust geleugnet haben.

 

Geheimes Neonazi-Konzert: Behörden merkten nichts von Lunikoff-Besuch in Glauchau

Die rund 25 Besucher kamen den Nummernschildern zufolge nicht nur aus der Region, sondern auch aus den Landkreisen Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen und Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Gespielt haben soll der rechtsextreme Liedermacher Michael Regener, der in der rechten Szene unter dem Pseudonym Lunikoff bekannt ist: Im Internet ist ein Foto zu finden, das im Glauchauer Heizkraftwerk aufgenommen wurde und den Sänger gemeinsam mit einem mutmaßlichen Glauchauer Neonazi zeigt – offenbar hat er am 27. November 2016 unbemerkt von Polizei und Behörden ein Konzert im sächsischen Glauchau gegeben.

 

Nazis in Großbritannien: Erstmals Neonazi-Gruppe als Terror-Organisation verboten

Erstmals wird in Großbritannien eine rechtsextreme Gruppierung als terroristische Organisation verboten. Die Neonazi-Bewegung namens National Action sei „rassistisch, antisemitisch und homophob“, sagte Innenministerin Amber Rudd in London.  Das Verbot soll vom kommenden Freitag an gelten.

 

Ungarn: Regierung fördert Lektüre von Rechtsaußen-Autoren

Zunehmend versucht die ungarische Regierung in Budapest auch Einfluss auf den Kulturbetrieb zu nehmen - zum Beispiel durch die Förderung der Lektüre von Rechtsaußen-Autoren wie Albert Wass oder József Nyirö. Die späte Ehrung des ungarischen Literaturnobelpreisträgers Imre Kertesz war dagegen nicht mehr als ein Feigenblatt.

 

Firewall gegen Hass

Die dunkle Seite des Netzes hat 2016 eine steile Karriere hingelegt. Den Anfang machten hasserfüllte Kommentare oder Posts, dann folgten im Zuge des US-Wahlkampfs gefälschte Nachrichten. Was hilft gegen Hass und Lüge im Netz?

 

Die Initiative „Plus1“ hat 125.000 Euro für Geflüchtete gesammelt – von Leuten auf der Gästeliste

Das Prinzip ist einfach: Wer in Clubs oder bei Konzerten auf der Gästeliste steht, gibt einen Euro in eine Spendendose. So hat die Initiative „Plus1“ im vergangenen Jahr 125.000 Euro für Geflüchtete gesammelt. Dahinter stecken mehre Menschen aus dem Berliner Club- und Musikbetrieb. "Unsere Aufgabe ist es, Spenden für diejenigen zu sammeln, die nicht auf der Gästeliste der EU stehen", so fasste es Stephan Rombach von „Plus1“ kürzlich zusammen.

 

Thüringer Demokratiepreis 2016: Engagement trotz Bedrohung durch Neonazis

Heike Döbler vom Verein "Täglich Brot Insel" im Saale-Holzland-Kreis ist mit dem Thüringer Demokratiepreis 2016 ausgezeichnet worden. Seit vielen Jahren kämpfe sie ehrenamtlich für eine demokratische Gesellschaft, die keinen Menschen ausgrenze, und das trotz massiver Anfeindungen und Bedrohungen durch die örtliche rechtsextreme Szene, heißt es in der Begründung. Erst vor wenigen Wochen hatte sich der Verein wegen jahrelanger und zunehmender Anfeindungen aus der thüringischen Kleinstadt Kahla zurückgezogen und konzentriert seine Arbeit nun auf den Standort Stadtroda. Sogar Anschläge auf das Vereinsbüro hatte es mehrfach gegeben.

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