Presseschau ... 10.05.2016

+++ Meck-Pomm: In Ku-Klux-Klan-Kutten vor Flüchtlingsheim gezogen +++ Dorfen: Busfahrer praktiziert Rassentrennung im Regionalbus +++ Nazischmierereien in Luckenwalde +++ Gelsenkirchen: Flüchtlingsheim brennt ab ­– Brandursache noch unklar +++ Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte 2016 verdreifacht

 

Meck-Pomm: In Ku-Klux-Klan-Kutten vor Flüchtlingsheim gezogen

Der Staatsschutz in Mecklenburg-Vorpommern ermittelt gegen acht Unbekannte, die in Ku-Klux-Klan-Kostümen über das Gelände eines Flüchtlingsheims bei Löcknitz gelaufen sind. Der Vorfall habe sich bereits in der Nacht zu Freitag ereignet, sei aber erst später von einer Flüchtlingsbetreuerin angezeigt worden, sagte eine Polizeisprecherin am Montag in Neubrandenburg.
Die Gruppe soll in weißen mantelartigen Umhängen mit Kapuzen gegen Mitternacht etwa zehn Minuten schweigend an der Unterkunft entlangmarschiert sein. Als Asylbewerber aus dem Haus auf dem abgelegenen Grundstück kamen, seien die Leute verschwunden. Die Kutten erinnern an den Ku-Klux-Klan – eine rassistische Terrorvereinigung, die in den USA gewaltsam gegen die Abschaffung der Sklaverei und später die schwarze Bürgerrechtsbewegung kämpfte.

 

Dorfen: Busfahrer praktiziert Rassentrennung im Regionalbus

Die Szene klingt, als habe sie sich in den 1950er Jahren in den Südstaaten der USA abgespielt, als die Rassentrennung dort noch galt: Ein Busfahrer lehnt es ab, einen Schwarzen mitzunehmen, weil der Bus "für Weiße" sei. Als eine Frau, die ebenfalls mit diesem Bus fahren will, gegen diese Äußerung protestiert, lenkt der Busfahrer zwar ein, fordert den Asylbewerber jedoch auf, sich auf einen der hinteren Plätze zu setzen, denn die vorderen seien "für Weiße" reserviert.
Als der Bus in Dorfen an der Haltestelle "Am Krankenhaus" hält und die Dorfenerin, die sich für den Asylbewerber eingesetzt hat, aussteigen will, folgt die nächste Beleidigung des Busfahrers: Die Frau möge ihren "Affen auch gleich mitnehmen". Der Asylbewerber muss dann an dieser Haltestelle aussteigen, nachdem der Busfahrer fälschlicherweise behauptet, der Rufbus fahre gar nicht bis zum Dorfener Bahnhof, wo der Asylbewerber hinwollte.
Der Vorfall hat sich bereits im Februar dieses Jahres ereignet, er wurde von der Polizei jedoch nicht veröffentlicht. Mittlerweile ist auch schon ein Strafbefehl ergangen: Der Mann wurde wegen Beleidigung zu 30 Tagessätzen verurteilt. Die Strafe hat er bereits bezahlt und fährt nun weiter auf dieser Linie.

 

Nazischmierereien in Luckenwalde

Unbekannte Täter haben am Wochenende in Luckenwalde (Brandenburg) mehrere fremdenfeindliche Farbschmierereien hinterlassen. In der Zeit von Freitag, 18 Uhr, bis Sonnabend, 9 Uhr, wurden am Vorplatz des Stadttheaters die Schaukästen sowie eine Gedenktafel mit schwarzer Farbe verunstaltet. Unter anderem war dort der Schriftzug „Luckenwalde bleibt braun“ zu lesen. Im Stadttheater fanden am Sonnabend die diesjährigen Jugendweihe-Feiern statt.
Im gleichen Zeitraum wurden an einem Gymnasium Hauswände sowie die Erinnerungstafel für Rudi Dutschke beschmiert. Nach Polizeiangaben war an der Schule auf einer Fläche von fünf Metern mal 80 Zentimetern der Schriftzug „Deutschland den Deutschen“ angebracht worden. An der Gedenktafel wurden Hakenkreuze hinterlassen. Beschmiert wurde zudem ein orientalisches Lebensmittelgeschäft.

 

Gelsenkirchen: Flüchtlingsheim brennt ab ­– Brandursache noch unklar

Eine als Flüchtlingsunterkunft genutzte Traglufthalle in Gelsenkirchen ist bis auf das Gestänge niedergebrannt. Von den über 90 Bewohnern der Zelthalle wurde bei dem Brand niemand verletzt, wie die Stadt Gelsenkirchen mitteilte. Das Wachpersonal der Unterkunft im Stadtteil Buer hatte die Flammen noch rechtzeitig bemerkt.
"Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass es trotz des Großbrandes keine Verletzten gab", sagte die Sozial- und Feuerwehrdezernentin der Stadt, Karin Welge. Als das Feuer ausbrach, hätten sich 41 Menschen in der gut fußballfeldgroßen Halle aufgehalten. Nach ersten Zeugenaussagen sei der Brand in der Zelthalle entstanden und habe sich schnell ausgebreitet. Ob es sich um einen Anschlag handelte, ist noch unklar. Die Gelsenkirchener Polizei nahm Ermittlungen zur Brandursache auf.

 

Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte 2016 verdreifacht

Die hohe Zahl der Angriffe vom vergangenen Jahr auf Unterkünfte von Flüchtlingen, insgesamt 1047, wird 2016 womöglich noch übertroffen. Das Bundesinnenministerium listet in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Ulla Jelpke und ihrer Linksfraktion 347 Attacken im ersten Quartal auf – das ist mehr als dreimal so viel wie von Januar bis März 2015 und das Zehnfache der Angriffe im gleichen Zeitraum 2014. Dabei sind die aktuellen Zahlen nur vorläufige. In den Angaben des Ministeriums fehlen zum Beispiel die Vorfälle vom Februar in Clausnitz und Bautzen.
Die meisten Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, insgesamt 92, wurden im ersten Quartal in Nordrhein-Westfalen verübt. Es folgen Bayern mit 45 Delikten, Niedersachsen (40), Sachsen (39), Baden-Württemberg (33), Brandenburg und Sachsen-Anhalt (je 19), Mecklenburg-Vorpommern (14), Hessen (12), Berlin (8), Thüringen und Rheinland-Pfalz (je 7), Schleswig-Holstein (6), das Saarland (4) sowie Hamburg und Bremen mit je einer Straftat. Im Osten ist das sächsische Freital mit zehn Angriffen besonders belastet, im Westen ist es Köln mit sechs.

http://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlinge-in-deutschland-zahl-der-angriffe-auf-fluechtlingsunterkuenfte-verdreifacht/13570226.html

 

NSU-Akte vom Hochwasser in Sachsen weggespült?

Erneut sind Akten des rechtsextremen Terrornetzwerkes NSU offenbar "verschwunden". Wie die Grünen-Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic am Montag mitteilte, ist eine vom NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages angeforderte Akte über den Neonazi und ehemaligen V-Mann Ralf Marschner nicht mehr auffindbar. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz habe mitgeteilt, die Akte sei 2010 dem Hochwasser in Sachsen zum Opfer gefallen. "Dieser Vorgang reiht sich irgendwie ein in den mysteriösen Schwund von Akten im Zusammenhang mit dem NSU-Netzwerk", sagte die Grünen-Obfrau im Ausschuss.
In der verlorenen Akte geht es um mutmaßliche Straftaten von Marschner, wie das Veruntreuen von Arbeitsentgelt und Insolvenzverschleppung in 2001/2002. Die beiden mutmaßlichen NSU-Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe sollen während ihrer Zeit im Untergrund in Firmen Marschners gearbeitet haben. Der Neonazi war unter dem Tarnnamen "Primus" jahrelang als Informant für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig. Während die Mitarbeit von Uwe Mundlos durch Dokumente belegt ist, gibt es diese Belege für Zschäpes Mitarbeit (bislang) nicht.

 

Pegida am Montag: AfD-Politiker Tillschneider fordert Orden für Bachmann

Erstmals hat ein Landtagsabgeordneter der AfD bei einer Pegida-Demo in Dresden gesprochen. Hans-Thomas Tillschneider, der für die rechtspopulistische Partei im Magdeburger Landtag sitzt, polterte gegen eine multikulturelle Gesellschaft und forderte das Bundesverdienstkreuz für den in der vergangenen Woche erneut verurteilten Pegida-Chef Lutz Bachmann. Bachmann selbst bezeichnete den Richterspruch wegen Volksverhetzung als „Schauurteil“. Nach Angaben der Studentengruppe „Durchgezählt“ nahmen an der Pegida-Demo am Montagabend bis zu 3 000 Anhänger teil.

 

Münchens Pegida-Chef darf ohne Konsequenzen hetzen

Die antisemitischen Äußerungen von Münchens Pegida-Chef Heinz Meyer werden keine strafrechtlichen Konsequenzen haben. Meyer hatte auf der Ostermontagskundgebung von Pegida gesagt über die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in Deutschland gesagt: "Frau Knobloch sollte sich mehr um ihre Glaubensbrüder in Israel kümmern und weniger um uns . . . Das größte Konzentrationslager der westlichen Hemisphäre steht wo? Nicht in Deutschland. Nein, es steht in Israel. Die scheinbar haben sehr gut gelernt!" Die Staatsanwaltschaft München sieht darin nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt – man haben den Fall objektiv und ohne Ansehen der Person geprüft.

 

Rechte Mischung bei Berliner „Großdemo“

Weniger Teilnehmer als erwartet versammelten sich am Samstag zum zweiten extrem rechten „Merkel muss weg!“-Aufmarsch in Berlin – ein Politiker der Linkspartei wurde von Neonazis attackiert. Nach Schätzungen der Polizei versammelten sich am Samstag knapp 1800 Rechte verschiedener Spektren zur zweiten „Großdemo Merkel muss weg“ des „pro-Deutschland“- Funktionärs Enrico Stubbe. Damit blieb die Teilnehmerzahl nicht nur deutlich unter den angemeldeten 5000 Personen.
Erneut hatten sich eine Mischung aus Neonazis, Hooligans, Reichsbürgern, Putin-Fans, Flüchtlings- und Islamfeinden sowie rechtspopulistischen Gruppierungen am Berliner Hauptbahnhof versammelt. Wieder waren Abordnungen diverser lokaler Pegida-Ableger aus verschiedenen Bundesländern angereist, wie „Bürgerprotest Hannover“, „Bürgerbündnis Havelland“ oder „Karlsruhe wehrt sich“. Vielen Teilnehmern war offensichtlich überhaupt nicht daran gelegen, ihre braune Gesinnung zu verbergen: Offen zeigten Neonazis aus Frankfurt/Oder ihre T-Shirts vom „III. Weg“, andere klebten sich NPD-Aufkleber auf die Kleidung oder trugen bekannte rechte Szenemarken. Auch Neonazi-Gruppen wie die „AG Nordheide“ aus Niedersachsen, die „Freien Kräfte Parchim“ aus Brandenburg oder die „Brigade Magdeburg“ aus Sachsen-Anhalt konnten ihre Devotionalien präsentieren.
Neben Deutschland- und Gruppenfahnen war die große Anzahl an Russland-Flaggen auffällig. Auch eine Fahne und ein Transparent der rechten AfD-Gruppierung „Patriotische Plattform“ waren zu sehen. Die AfD hatte sich vor zwei Monaten noch von der Veranstaltung distanziert, diesmal dazu einfach geschwiegen.

 

Die rechtsextreme Szene in Sachsen organisiert sich neu – und sie wächst rasant

Die Gewaltbereitschaft ist hoch. Ziel der Angriffe sind häufig Asylbewerber, ihre Unterstützer oder Unterkünfte. Auch Obdachlose bekommen die meist ungeplanten Gewaltausbrüche zu spüren. Subkulturell geprägte Neonazis fragen nicht lange, bevor sie zuschlagen.
Die Szene wächst in Sachsen rasant. In seinem aktuellen Jahresbericht für 2015 geht das Landesamt für Verfassungsschutz von rund 1 600 subkulturell geprägten Rechtsextremisten aus. Binnen eines Jahres hat sich diese Gruppierung annähernd verdoppelt. Sie ist auch stärkste Kraft im sächsischen Rechtsextremismus, dem rund 2 700 Personen – 200 mehr als im Jahr zuvor – zugeordnet werden. Das Wachstum geht zulasten der sogenannten Neonationalisten. Die straff organisierten Kameradschaften haben im vergangenen Jahr mehr als 500 Mitglieder verloren.

 

Oldschool Society: 23-jährige Freitalerin hatte "schwere Jugend"

Mit einer mehrstündigen Vernehmung hat das Oberlandesgericht München im Terrorprozess gegen die rechtsextreme "Oldschool Society" den Werdegang zweier Angeklagter beleuchtet. Die 23 Jahre alte Denise G. berichtete über eine von Alkohol, Drogen und brüchigen Beziehungen geprägte Jugend. Der selbst ernannte Anführer der Gruppe, Andreas H. aus Augsburg, schilderte ein Leben mit schwierigen Verhältnissen in der Kindheit und Gefängnisaufenthalten.

Bei einem anderen Angeklagten hingegen – Andreas H. – sieht die Sache anders aus. Er schildert seinen Werdegang als ein Leben im Superlativ: Er prahlt mit Erfolgen bei Frauen ("Ich bin schon ein hübscher Kerl gewesen, die Weiber sind auf mich geflogen."), einem angeblich herausragenden Malertalent ("Ich war sowieso der Hammermaler.") und einer "Maisonettewohnung" in bester Augsburger Lage mit "300 Quadratmeter Garten" und "Doppelgarage". Nur über den Anklagevorwurf spricht H. an diesem Tag nicht.

 

Milde Strafen für Nazis nach Brandanschlag auf Flüchtlingsheim

Wegen eines Anschlags mit selbstgebastelten Molotowcocktails auf ein Asylbewerberheim in Löbau (Sachsen) wurden am Montag zwei Männer wegen schwerer Brandstiftung verurteilt. Bjorn R. (26) muss zwei Jahre und vier Monate hinter Gittern, Mittäter Kay U. (31) kassierter zwei Jahre und zwei Monate. Das Verfahren gegen eine dritten Angeklagten, einen 16-Jährigen, wurde wegen der Erkrankung des Anwalts verschoben.
Im Februar hatten die Männer selbstgebastelte Brandsätzen gegen die Eingangstür und ein Fenster des Asylheims in Löbau geschleudert. Die mit einer Flüssigkeit gefüllten Glasflaschen richteten nur aufgrund des schnellen Eingreifens des Wachschutzes kaum Schaden an. Die Flammen konnten gelöscht werden und griffen zum Glück für die Bewohner nicht aufs Gebäude über.

 

Ermittlungserfolge nach brutalen Angriffen zu Sylvester in Chemnitz

Der Vorfall hatte für Aufsehen gesorgt: Am Neujahrstag, nur knapp eine Stunde nach Mitternacht, waren in Chemnitz (Sachsen) ein gehbehinderter Mann und dessen beide Töchter, damals 13 und 16 Jahre alt, von mehreren Personen angegriffen und zusammengeschlagen worden. Der auf einen Rollator angewiesene 48-Jährige war mit Reizgas besprüht und zu Boden geschlagen worden, seine jüngere Tochter wurde ebenfalls zu Fall gebracht und getreten. Die aus Tunesien stammende Familie, so hieß es seinerzeit von der Polizei, sei von mehreren herumstehenden Personen mit Flaschen in der Hand ausländerfeindlich beschimpft worden, Jugendliche zeigten zudem den Hitlergruß. Mittlerweile wurden als Tatverdächtige ein 40-Jähriger und ein Mann und eine Frau im Alter von jeweils 26 Jahren ermittelt. "Die Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen", betonte eine Polzeisprecherin.

 

CDU-Chefin aus Berlin-Treptow unterstützt "Montagsdemo" gegen Flüchtlingsheim

Eine Bürgerinitiative hatte zur „Montagsdemo“ aufgerufen, um so gegen „die massive Konzentration von Asyl- und Flüchtlingsunterkünften in Altglienicke“, einem idyllischen Stadtteil im äußersten Südosten Berlins zu protestieren. Konkret richtet sich der Ärger gegen eine geplante Notunterkunft. Unterstützt wird der Protest von der CDU-Bezirkschefin Treptow-Köpenick, der Landesparlamentarierin Katrin Vogel. Gut 200 Menschen waren zur Demo gekommen, darunter auch der NPD-Chef von Marzahn-Hellersdorf, Mitglieder der „Köpenicker Patrioten“ sowie Träger weinroter Shirts, auf denen zu lesen war: „Ich bin nach 1945 geboren und ich schulde der Welt einen Scheiß“. Transparente mit diesem Slogan waren auch am Samstag auf der Nazi-Demo in Mitte zu sehen. Auch die CDU-Abgeordnete Vogel teilte den Demoaufruf auf ihrer Facebook-Seite. Sie hatte dazu geschrieben: „Wir Altglienicker werden nicht zusehen, wie unser Kiez kaputt gemacht wird.“

 

Die Rechte-Parteivize wegen Volksverhetzung erneut zu Haftstrafe verurteilt

Christoph Drewer ist heute erneut wegen Volksverhetzung zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt worden, nachdem er im September 2015 am Hauptbahnhof in Dortmund massiv gegen ankommende Flüchtlinge und ihre Unterstützer gehetzt hatte. Dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Neonazi-Partei „Die Rechte“ drohen nun insgesamt drei Jahre Haft – denn auch in Münster wurde er im Januar 2016 zur zwei Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil könnte in Kürze rechtskräftig werden.
Es war ein Verfahren in Rekordzeit: Nach acht Minuten war vor dem Amtsgericht in Dortmund alles gelaufen und der Neonazi Christoph Drewer um eine weiteres Urteil reicher: Wegen Volksverhetzung kassierte er vor dem Amtsgericht Dortmund ein Jahr Haft ohne Bewährung.
Drewer hatte im September 2015 am Hauptbahnhof Dortmund energisch gegen ankommende Flüchtlinge aus Ungarn gewettert, die von tausenden Menschen begeistert willkommen geheißen wurden.  „Diese Menschen, die momentan zu Tausenden in unser Deutschland strömen, sind kriminell, haben kein Benehmen und werden hier in unserem geliebten Vaterland ihre kriminelle Ader knallhart ausleben. Diese werden rauben, vergewaltigen und morden“, hetzte Drewer. Den Männern unter den „geisteskranken Volksverrätern“ und „geisteskranken Subjekten, die täglich an den Bahnhöfen stehen und die Asylbetrüger begrüßen“, wünschte Drewer, dass sie „brutal zusammengeschlagen und ausgeraubt werden“. Weiter: „Und den Frauen unter Euch wünsche ich dazu noch eine Vergewaltigung von den Asylbetrügern“, brüllte Drewer ins Mikro.

 

Hildburghausen spielt zentrale Rolle in der Rechtsrock-Szene

Schon im vergangenen Jahr waren viele Menschen in Thüringen geschockt, wie viele Rechtsextreme sich im Mai in Hildburghausen versammelt hatten, um ein Neonazi-Konzert zu besuchen: Insgesamt 1.500. Nun, ziemlich genau ein Jahr später, ist der Schock blankem Entsetzen gewichen. Weil zu dem jüngsten Rechtsrock-Konzert am Samstag in der kleinen Stadt in Südthüringen mehr als doppelt so viele Rechte gekommen sind wie im Schockjahr 2015. Neben der Polizei und dem Verfassungsschutz muss sich deshalb auch die zuständige Versammlungsbehörde scharfe Kritik gefallen lassen.
Das Entsetzen ist nun einerseits deshalb so groß, weil sich Hildburghausen mit diesem Konzert als einer der zentralen Festivalorte der rechten Szene im gesamten Bundesgebiet etabliert hat. „Das, was da geschehen ist, fällt in eine Größenordnung, die haben wir in Deutschland nicht so häufig“, sagt Stefan Heerdegen, der als Berater bei der Mobilen Beratung in Thüringen für Demokratie – gegen Rechtsextremismus (Mobit) arbeitet. Von der Bedeutung für die Szene aus gesehen seien die Musik-Shows in Südthüringen inzwischen vergleichbar mit den „Rock für Deutschland“-Konzerten, die in der Vergangenheit regelmäßig in Gera stattfanden. Das jüngste Konzert in Hildburghausen sei deshalb nicht zufällig das größte im Freistaat seit „Rock für Deutschland“ im Jahr 2009 mit damals etwa 4000 bis 5000 Besuchern gewesen.
Und weil sich auch die Behörden bei der Zahl der Konzertbesucher wieder geirrt haben, sehen nun vor allem sie sich scharfer Kritik ausgesetzt. Die Polizei trifft solche Kritik, weil sie nur mit etwa 350 Beamten in Hildburghausen präsent war – eigentlich viel zu wenige für rechtsextreme Konzerte mit einer solchen Besucherzahl, was selbst Jäger einräumt. Nach polizeilichen Richtwerten sei für so eine Veranstaltung eigentlich eine vierstellige Anzahl von Polizisten zur Absicherung nötig, sagt er. „Aber so viele freie Polizisten gibt es in ganz Thüringen nicht.“
Befeuert wird solche Kritik an der Einsatztaktik der Polizei dadurch, dass die Thüringer Sicherheitskräfte nur zwei Tage vor dem Konzert in Hildburghausen zwei Wasserwerfer und einen Räumpanzer in Nordthüringen aufgefahren hatte, als Mitglieder der linken Antifa durch das Heimatdorf von Thüringens AfD-Vorsitzenden Björn Höcke gezogen waren – und zwar etwa 200 von ihnen.

Mittlerweile ist auch bekannt geworden, das eine Abstimmungspanne zwischen Polizei und Verfassungsschutz zu dieser groben Fehleinschätzung beigetragen hat. Thüringer Innenministerium und Verfassungsschutz waren nämlich durchaus von 3.000 Teilnehmern für das Konzert ausgegangen. Diese Prognose wurde aber nicht an die Südthüringer Polizei übermittelt.

Bilder vom Nazikonzert gibt es auf der Recherche-Plattform „Recherche-Nord“

 

Büdingen: NPD'ler soll kein Stadtrat werden

Die NPD hat beim Hessischen Innenministerium eine Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen den Justiziar und Hauptamtsleiter der Stadt Büdingen eingereicht. Gerhard Bennemann soll sich mit den Fraktionsvorsitzenden zusammengetan haben, „um im stillen Kämmerlein die Verhinderung der Wahl politisch missliebiger Personen in den Magistrat zu planen“, heißt es in dem Schreiben von Rechtsanwalt Peter Rüdiger Richter aus Saarbrücken, der die Büdinger Rechtsextremen vertritt.
Bennemann hat in einem Gutachten die Fraktionen – außer die der NPD – darüber informiert, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, am Freitag, 20. Mai, in der Stadtverordnetensitzung die Wahl oder die Ernennung eines Rechtsextremen zum Magistratsmitglied auszuschließen
Bei der Kommunalwahl am 6. März erreichten die Rechtsextremen 10,2 Prozent der Stimmen, was Büdingen landesweit in die Schlagzeilen brachte. Nun sitzen vier Mitglieder der Partei, deren Verbot derzeit das Bundesverfassungsgericht beschäftigt, im Stadtparlament, darunter als Fraktionsführer Daniel Lachmann.

 

Der Anfang der Selbst-Entzauberung der AfD-Chefin: Frauke Petry bei „Anne Will“

Die „Anne Will“-Sendung vom gestrigen Sonntagabend markierte vielleicht einen Meilenstein. Nicht beim eigentlichen Thema, der ewigen Debatte um Integration, sondern beim medialen Umgang mit der AfD und ihren Vertretern. AfD-Chefin Frauke Petry saß da inmitten eines Professors, des Bundesinnenministers und eines Politikers der Linken (Dietmar Bartsch) und es ging ausnahmsweise mal nicht um sie, bzw. ihre Partei. Der Effekt war ebenso heilsam wie entzaubernd für die AfD und ihre Chefin.
Denn was passiert, wenn man statt über die AfD anfängt mit der AfD zu sprechen? Es stellt sich praktisch sofort eine extreme Ernüchterung ein. In der Diskussion zeigte sich, wie wenig sattelfest Frauke Petry in so mancher Sachfrage war, z.B. als sie behauptete, es gäbe in Deutschland ein unterschiedliches Strafrecht für Asylsuchende und Staatsbürger.

 

Nach rassistischen Vorfällen: Polizeianwärter jetzt sensibel

„Frauen haben bei der Polizei nichts zu suchen“ und „mit einem Kanaken will ich nicht in einer Dienststelle sein“: Sprüche wie diese bekamen Polizeianwärterinnen des Ausbildungsjahrgangs 2014 an der Landespolizeischule für Schleswig-Holstein in Eutin zu hören. Auch sexistisches Gezüngel und ein Schieß-Spiel auf dem Handy, bei dem das Foto einer Kollegin als Zielscheibe herhielt, mussten Jung-Polizistinnen von männlichen Lehrgangsteilnehmern ertragen. Polizeianwärter mit türkischen Wurzeln wurden mit abwertenden Worten bezeichnet, und in einer Whats-App-Gruppe machte ein NPD-Plakat die Runde.
Die Beteiligten kamen ohne Strafe davon – ein Skandal, findet Patrick Breyer, Piraten-Abgeordneter im Kieler Landtag, der die Vorfälle jetzt öffentlich machte. Die Beteiligten hätten „Förderungs- und Beratungsgespräche“ erhalten.

 

Was tun gegen den Hass im Netz?

"Rapefugee", "Judensau", "Fotze": Im Internet wird an vielen Stellen hemmungslos gehetzt. Wo kommt dieser Hass her und was kann man dagegen tun?
Der Bayerische Rundfunk stellt in der Sendung „Faszination Wissen“ Menschen vor, die selbst von solchen Hasskommentaren betroffen sind und solche, die die Hasskommentare auf Onlineplattformen wie tagesschau.de moderieren.
So berichtet etwa die Bloggerin Kübra Gümüşay:
„Als ich angefangen hab mit der Kolumne, haben viele gesagt: Du musst Dir ein dickeres Fell zulegen. Doch ich habe mir gesagt: Ich will kein dickeres Fell. Ich will ich sein, so feinfühlig wie ich bin. Ich möchte nicht gröber werden oder härter als Mensch."

 

Wieso Deutschland nicht im Hass versinken wird

Das Wetter ist einfach zu schön, um wieder über Hass zu schreiben. Es gibt ihn, er gehört nun zum Alltag, viral und real. Aber das wissen wir doch alle. Es verkommt die Kommunikationskultur, und die Leute wollen es schlicht und einfach haben. Am besten mit einem Feind, der dafür verantwortlich ist, dass sich die Welt anders dreht, als sie es wollen. Die Flüchtlingsfeinde werden dabei schon mal grob rassistisch, höhnen und stöhnen über das „System“. Und die postmodernen Kulturpessimisten sind nur sanft, solange es nicht um Israel geht.
Aber: Die Stimmung in Deutschland ist nicht gekippt, doch werden Hass und Bösartigkeit deutlicher gesehen als freundliche Vernunft. Von der Willkommenskultur ist nichts übrig geblieben? Gewiss ist die Gesellschaft gespalten, in diejenigen, denen das Schicksal der geflüchteten Menschen im besten Falle egal ist, und jenen, die sich praktisch gefordert fühlen Solidarität zu zeigen.

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