Presseschau ... 10.04.2017

+++ Dortmund: Neonazi-Angriff mit Ketten und Holzlatten endet im Polizeigewahrsam +++ Hausdurchsuchung in Ostthüringen: 95-Jähriger war Aufseher in Auschwitz +++ Verfassungsschutz: Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus +++ AfD-Spitze vergleicht Björn Höcke mit Hitler +++

 

Dortmund: Neonazi-Angriff mit Ketten und Holzlatten endet im Polizeigewahrsam

Neonazis haben in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Dortmund eine Gruppe türkischer Jugendlicher attackiert, doch die wehrten sich erfolgreich. Wie die Polizei Dortmund berichtet, provozierten fünf Neonazis auf der Rheinischen Straße die Gruppe. Aus dem verbalen Schlagabtausch entwickelte sich dann eine körperliche Auseinandersetzung, bei der auch Ketten und Holzlatten eingesetzt wurden. Rund zehn weitere Neonazis eilten ihren „Kameraden“ zu Hilfe und beteiligten sich im weiteren Verlauf an dem Angriff. Die eintreffende Polizei wurde ebenfalls von den Neonazis attackiert, die daraufhin Pfefferspray und Schlagstock einsetzen musste. Mehrere Rechstextreme wurden die Nacht über in Polizeigewahrsam genommen.

 

Hausdurchsuchung in Ostthüringen: 95-Jähriger war Aufseher in Auschwitz

Wegen Mordverdachts haben Ermittler das Haus eines ehemaligen Wachmanns des NS-Vernichtungslagers Auschwitz in Ostthüringen durchsucht. Dort sei Ende März aber kein belastendes Beweismaterial gefunden worden, informierte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera. Der Mann ist 95 Jahre alt und war laut Flieger von 1942 bis 1945 KZ-Aufseher. Die Vorermittlungen waren von der Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg geführt worden.

 

Verfassungsschutz: Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus

In Sachsen gibt es nach Angaben des Landesverfassungsschutzes im Bundesvergleich überdurchschnittlich viele Rechtsextreme. „Sachsen hat ein spezielles Problem mit Rechtsextremismus“, sagte der Sprecher des Landesamtes. „Wir verzeichnen hier eine überdurchschnittliche Belastung. 13 Prozent aller Rechtsextremen in Deustchland sind aus Sachsen.“ Sächsische Hochburgen des Rechtsextremismus sind nach Angaben von Döring unter anderem der Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge, der Landkreis Bautzen und Dresden. Über ein Viertel aller rechtsextremistischen Gewalttaten seien 2015 in der Landeshauptstadt verübt worden.

 

AfD-Spitze vergleicht Björn Höcke mit Hitler

Die AfD-Parteispitze vergleicht in ihrem Ausschlussantrag gegen den Thüringer Landeschef Björn Höcke diesen offensichtlich mit Adolf Hitler. Es sei klar, dass in Wortbeiträgen Höckes eine „Wort- und Sinnverwandtschaft zu Hitlers Reden nicht zufällig“ sei. Auch werde Höcke in dem von Parteichefin Frauke Petry unterzeichneten Papier eine „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ attestiert.

Die thüringische AfD-Spitze reagierte auf den Text und auf dessen Bekanntwerden empört. „Diese völlig überzeichnete Argumentation zeigt erneut, wie aussichtslos das gesamte Verfahren ist“, sagte Landes-Parteichef Stefan Möller. Der Vergleich sei „völlig absurd“.

 

Brandenburgs AfD feiert Björn Höcke

Nach drei Jahren an der Spitze der Brandenburger AfD zieht es Alexander Gauland in die Bundespolitik. Nachfolger Andreas Kalbitz gilt als Rechtsaußen, dementiert aber einen Kurswechsel. Wie Gauland ist Kalbitz Anhänger des umstrittenen Thüringer Parteichefs Björn Höcke. Der wiederum wird vom AfD-Bundesvorstand mit Hitler verglichen.

 

NPD soll staatliches Parteiengeld rasch gestrichen werden

Die große Koalition will noch vor der Bundestagswahl der rechtsextremen NPD den Geldhahn bei der Parteienfinanzierung aus Steuermitteln zudrehen. Nach einem gemeinsamen Vorstoß aller Bundesländer hat Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Verfahren eingeleitet, mit dem der NPD der Zugriff auf staatliches Geld entzogen werden soll.

 

Mann rief bei Facebook zur Gewalt gegen Flüchtlinge auf – Untersuchungshaft

Auf Facebook soll er syrische Flüchtlinge als "Dreckspack" beschimpft haben. Außerdem soll er dazu aufgerufen haben, die Flüchtlinge "zusammenzuschlagen" und in "einem Ofen zu verbrennen". Der Mann ohne festen Wohnsitz wurde am Freitag in Rheda-Wiedenbrück aufgegriffen. Weil bereits ein Haftbefehl wegen Volksverhetzung gegen ihn vorlag, wurde er festgenommen.

 

Gruppe Freital: KZ-Zeichnung in Zelle von Angeklagten gefunden

Von Reue keine Spur und eine „tief verwurzelte faschistische Ideologie“ sehen die Nebenkläger bei den Angeklagten der „Gruppe Freital“. Am Freitag ging es im Prozess u.a. um geheime Briefe, die der mutmaßliche Rädelsführer Timo S. (28) und sein Kompagnon Philipp W. (30) aus dem Knast schmuggeln ließen. Nebenklage-Anwältin Kristin Pietrzyk: „Die Angeklagten hatten Unterstützung von Dritten in der U-Haft, umgingen so die Kontaktsperre. Timo S. versuchte trotz Haft die Kontrolle zu behalten, empfahl z.B. dem noch nicht inhaftierten Angeklagten Mike S. unterzutauchen, stimmte mit Philipp W. seine Aussagen ab.“ In seiner Zelle fand man eine Zeichnung des KZ-Tors von Auschwitz mit Hakenkreuz und der Aufschrift „Jedem das Seine“, die allerdings zum KZ Buchenwald gehört.

 

Prozess gegen Gruppe Freital: Mutmaßliches Opfer sagt unter Tränen aus

Erstmals hat im Dresdner Terrorprozess gegen die rechtsextreme "Gruppe Freital" ein mutmaßliches Opfer ausgesagt. Unter Tränen schilderte der Freitaler Linke-Stadtrat Michael Richter am Freitag vor dem Oberlandesgericht, wie er wegen seines Engagements für Flüchtlinge bei Facebook bedroht worden sei - "bis hin zu Morddrohungen". "Stellt ihn an die Wand, erschießt ihn, steinigt ihn", habe es da geheißen.

 

Tuttlingen: Der AfD-Kandidat und die rechtsextremen Serben

Die rechtsradikale serbische Dveri-Partei sei für die Alternative für Deutschland ein guter Partner. Das teilt der AfD-Bundestagskandidat Reimond Hoffmann für den Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen auf seiner öffentlichen Facebook-Seite mit. „Wir teilen das Verständnis eines souveränen Nationalstaats“, erklärte er dort.

 

AfD-Demo in Peine: Schulterschluss mit Identitären und Neonazis

„Keine fremden Konflikte in unserer Stadt!“, so lautete das Motto einer Mahnwache und anschließender Demonstration in Peine (Niedersachsen) zu der die AfD-Jugend „Junge Alternative Bezirksverband Braunschweig“ am Samstag, den 1. April 2017, aufgerufen hatte. Gekommen waren knapp 40 AfD-Anhänger*innen, darunter Personen vom „Bürgerprotest Hannover“, vom Braunschweiger PEGIDA-Ableger BRAGIDA, sowie Aktivisten der „Identitären Bewegung“ (IB) und Neonazis der NPD/JN. Mit Rufen, wie „Deutschland den Deutschen“ und „Heimat, Freiheit, Tradition, Multikulti Endstation“ lief die Demonstration durch die Peiner Innenstadt.

 

Rechtsextreme, Rocker, Rotlicht – Kasseler Pegida-Funktionär eröffnet Bordell

Vom selbst ernannten Retter des Abendlands zum Bordellbetreiber: Der Kasseler Pegida-Funktionär Michael Viehmann (48) versucht sich jetzt als Rotlichtunternehmer – und hat sich dafür sehr illustre Partner gesucht. Der Fall zeigt erneut, wie fließend die Übergänge zwischen rechter Szene, Rockerclubs und Rotlichtmilieu in Nordhessen sind. Viehmann, Mitglied im bundesweiten Organisationsteam der rassistischen Pegida-Bewegung und im vergangenen Jahr wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilt.

 

Thüringer Neonazis starten im Sommer eine Konzertoffensive

Thüringen hat sich über Jahre zur bundesweiten Hochburg in der Neonazi-Konzertszene entwickelt. In einer Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage werden auf insgesamt 88 Seiten werden die Veranstaltungen aufgelistet, die seit 2011 stattfanden. Einige davon werden sich auch in diesem Sommer wiederholen.

 

Köln: Brauner Spuk mit Alkoholverbot

Am Ostersamstag soll unter dem Motto „Linker Intoleranz entgegentreten“ ein Neonazi-Aufmarsch in Köln stattfinden. Am 14. Januar hatte der Köln-Zollstocker Neonazi Jan Fartas gemeinsam mit dem langjährigen Kölner Paul Breuer – ehemals „Kampfbund deutscher Sozialisten“ sowie der „Kameradschaft Walter Spangenberg“ – eine braune Kundgebung in Köln durchgeführt. Anfangs waren es 110 Personen, beim teils militärisch anmutenden Marsch war die Teilnehmerzahl jedoch rasch auf die Hälfte zusammengeschmolzen, da einige von ihnen Kneipen aufsuchten. Bei der Abschlusskundgebung hatten sich mehrere Redner offen als Nationalsozialisten bezeichnet. Anschließend kündigten Fartas & Breuer an, nun regelmäßig in Köln öffentlich aufzutreten, jedoch ohne Beteiligung der rechten Spaß- und Trinkerleute.

 

Friedenau: Der alltägliche Antisemitismus arabischer Jugendlicher

Es ist knapp eine Woche her, dass die Geschichte von Fridolin bundesweit Schlagzeilen machte: Ein jüdischer Junge wird an seiner Schule beleidigt, attackiert und bedroht, von arabisch- und türkischstämmigen Mitschülern, bis seine Eltern ihn von der Schule nehmen. Aber es geht darin um mehr als das Schicksal eines Teenagers, es geht um Antisemitismus, gesellschaftspolitische Verantwortung und die Frage, ob das soziale Gleichgewicht auf den Schulhöfen bestimmter Bezirke bedroht ist.

 

Protest gegen Elternbrief: Dokument eine “Beleidigung für die Betroffenen“ antisemitischer Gewalt

Im Streit um die Friedenauer Gemeinschaftsschule äußern sich nun renommierte Antisemitismusexperten. Der grüne Bundespolitiker Volker Beck wollte die Schule in dieser Woche sogar besuchen – der Direktor hatte den Termin allerdings nicht bestätigt. Auch der Berliner Publizist Sergey Lagodinsky von der Heinrich-Böll-Stiftung erklärte sich in einem Onlinebeitrag für den Tagesspiegel zu den Vorfällen. Dass die Debatte um den Übergriff auf einen jüdischen Schüler in Friedenau anhält, hat auch mit der Reaktion einiger Eltern zu tun. Der Elternbrief sei "ein Dokument des Versagens" und die darin getroffenen Aussagen eine „Beleidigung für die Betroffenen“ antisemitischer Gewalt seien.

 

“Die autoritäre Revolte“: Der Feind sitzt im Westen

Volker Weiß’ Buch Die autoritäre Revolte ist sorgfältig recherchiert und klar und verständlich geschrieben. Man lernt viel. Jedem sei es empfohlen, der sich ein genaueres Bild von den weltanschaulichen Prämissen und ideengeschichtlichen Herkünften der rechtsautoritären Bewegungen der Gegenwart machen möchte. Weiß beschreibt ihre Presseorgane und deren Strategien von der Jungen Freiheit über die Blaue Narzisse bis zur Sezession, ihre intellektuellen Stichwortgeber von Alain de Benoist über Karlheinz Weißmann bis zu Götz Kubitschek, ihre Thinktanks wie das Institut für Staatspolitik, ihre weltanschaulichen Basisannahmen vom Abendland-Mythos bis zur Islamkritik sowie ihre europaweiten Strömungen wie die Identitäre Bewegung.

 

“Unzensuriert“ in Deutschland gestartet: “Permanenter Alarmismus“

Stimmungsmache gegen Migranten und Linke: Seit dieser Woche mischt das österreichische „unzensuriert“ in der deutschen, rechten Onlineblase mit. Die Themenmischung ist schon mal einschlägig. Um „Genderwahn“ und „Migrantenkriminalität“ geht es, ruft man den Webseiten-Neuling von „unzensuriert“ auf. Um den jüngsten Auftritt von Thilo Sarrazin in Baden-Württemberg („sorgte für Heiterkeit“) und darum, wie die Grünen angeblich „noch mehr Zuwanderer anlocken“ wollen.

 

Meinung Soziale Netzwerke: Wo ist da denn die Meinungsfreiheit in Gefahr?

Vorsicht, Meinungsfreiheit am Abgrund!, warnen die Gegner des Gesetzes, das Facebook zum zügigen Löschen rechtswidriger Inhalte zwingt. Geht's eine Nummer kleiner? Es ist bemerkenswert, dass in der Debatte um Maas' Gesetzesentwurf die Währungen Hass und Gewalt kaum eine Rolle spielen – und wie sie Auswirkungen wiederum auf die Meinungsfreiheit in einer Gesellschaft haben, in der sich der überwiegende Teil an die Regeln eines zivilisierten Umgangs sowohl im analogen als auch im digitalen Leben hält, ein kleiner, dafür sehr lauter Teil aber nicht.

 

Strafanzeige gegen Richter im Neubrandenburger Auschwitz-Prozess

Einem 96 Jahre alten Ex-KZ-Sanitäter wird in Neubrandenburg Beihilfe zum Mord in mehr als 3000 Fällen vorgeworfen. Nach vielen Befangenheitsanträgen platzte der Prozess. Noch bevor er neu beginnt, gibt es wieder Streit. Als Vertreter der Nebenklage habe er Strafanzeige gegen den Vorsitzenden Richter Klaus Kabisch gestellt. Die Nebenklage-Vertreter sind der Meinung, dass die Schwurgerichtskammer seit eineinhalb Jahren versucht, ihre Mandanten - zwei in den USA lebende Auschwitz-Überlebende, die im KZ ihre Mutter verloren - an der Beteiligung an dem Prozess zu hindern.

 

Alt-Right-Bewegung greift Trump wegen Raketenangriffs an

Mit dem Raketenangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt hat US-Präsident Donald Trump ultrarechte Unterstützer gegen sich aufgebracht. Unter dem am Freitag ins Leben gerufenen Hashtag #syriahoax (Syrienfalschmeldung) werfen Vertreter der rechtsradikalen Alt-Right-Bewegung Trump vor, von seinen während des Wahlkampfs bezogenen nationalistischen und isolationistischen Positionen abzurücken.

 

Nivea empört mit “White is purity“-Anzeige

Ein Deo, das keine Rückstände auf Kleidung hinterlässt – so bewirbt Nivea den Anti-Transpirant mit dem Namen „Invisible“. Auf der Facebook-Seite für Kunden aus dem Nahen Osten hatte die Beiersdorf-Marke eine Anzeige veröffentlicht, die dafür werben sollte. Sie zeigte eine Frau, in weiße Kleidung gehüllt, die mit dem Rücken zum Betrachter auf einem Bett sitzt. Unten rechts war das beworbene Deodorant zu sehen. Dazu der Schriftzug: „White is purity“, auf deutsch: „Weiß ist Reinheit“. Diese Zeile stieß vielen Nutzern in sozialen Netzwerken negativ auf, da sie als rassistisch empfunden wurde.

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