Presseschau ... 10.03.2016

+++ Bad Oldesloe: Hakenkreuze und SS-Runen am Flüchtlingsheim +++ Berliner Bankangestellte lehnt Kontoeröffnung für Israeli ab +++ Attacke auf Flüchtlingsheim in Florstadt (Hessen): Zwei Jugendliche gefasst

 

Bad Oldesloe: Hakenkreuze und SS-Runen am Flüchtlingsheim

An der als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber genutzten Schule in Bad Oldesloe (Schleswig-Holstein) und an mehreren öffentlichen Gebäuden der Stadt sind Hakenkreuzschmierereien und SS-Runen entdeckt worden. In den folgenden Stunden seien weitere Schmierereien gefunden worden. Die meisten Symbole seien vermutlich in der Nacht zum Mittwoch mit schwarzer Farbe aufgesprüht worden. Bereits in der Vorwoche hatte es ähnliche Schmierereien gegeben.

 

Berliner Bankangestellte lehnt Kontoeröffnung für Israeli ab

Eine Bankangestellte einer Berliner Sparkassenfiliale hat einem israelischen Bürger eine Kontoeröffnung verwehrt. Der in Berlin lebende Israeli  Yakir Avraham wollte in der Sparkasse am Alexanderplatz ein Konto eröffnen. Als er der Mitarbeiterin am Schalter seinen israelischen Pass gab, lehnte diese eine Kontoeröffnung mit der Begründung ab, sein Land stünde unter einem Embargo. Die Berliner Sparkasse hat indes ihr Bedauern über den Vorfall geäußert und erklärt, dass es sich lediglich um den bedauerlichen Fehler einer jungen Mitarbeiterin handelte.

 

Attacke auf Flüchtlingsheim in Florstadt (Hessen): Zwei Jugendliche gefasst

Zwei Wochen nach der Attacke auf eine Asylbewerberunterkunft sowie den Gebetsraum einer muslimischen Gemeinde in Florstadt (Wetteraukreis, Hessen) hat die Polizei mutmaßliche Täter gefasst. Die beiden Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren hätten die Taten gestanden, berichteten Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch. Fingerabdrücke hätten die Ermittler auf ihre Spur geführt. Die in Florstadt lebenden Jugendlichen hatten in der Nacht zum 24. Februar die Unterkunft sowie den Gebetsraum mit Steinen beworfen, dabei gingen mehrere Scherben zu Bruch. Außerdem verteilten sie im Ortskern von Nieder-Florstadt mehrere Zettel mit rassistischem Inhalt. In dem Heim, in dem 18 Menschen gemeldet waren, wurde niemand verletzt. Der Sachschaden beträgt etwa 2000 Euro.

 

Rechtes Magazin in einem Polizeiauto bei AfD-Demo

Polizeibeamte haben bei einer AfD-Demo in Jena eine Ausgabe der rechten "Compact" in die Windschutzscheibe ihres Fahrzeugs gelegt. Die Entschuldigung folgte per Twitter. Auf dem Titelcover der Ausgabe ist AfD-Chefin Frauke Petry zu sehen. Nachdem das Foto veröffentlicht worden war, entschuldigte sich die Polizei auf Twitter: "Nein – wir sind selbstverständlich unparteiisch! Sorry trotzdem." Die AfD hatte in Jena zum zweiten Mal zu einer Demonstration aufgerufen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich rund 550 Anhänger an der Veranstaltung; ihnen standen bis zu 2.550 Gegendemonstranten gegenüber. Als Gegendemonstranten Absperrungen durchbrechen wollten, setzte die Polizei Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Es gab mehrere Verletzte.

 

Prozess gegen ehemaligen AfD-Funktionär: Die bizarre Show des René Augusti

In einer geschlossenen Facebook-Gruppe rief der damalige AfD-Funktionär René Augusti am 5. Oktober 2015 ziemlich unverblümt zum Töten von politischen Gegnern auf: „Die Völkerwanderung muss aufgehalten werden. Die sich Deutsche nennen und dies fördern gehören an die Wand gestellt.“ Zu diesem Zeitpunkt war er Beisitzer im AfD-Kreisverband Salzwedel. Den Hass-Post hatte ein Journalist der Mitteldeutschen Zeitung entdeckt. Nun steht Augusti wegen Volksverhetzung vor Gericht. Ohne Anwalt erschienen, fährt er eine bizarre Verteidigungsstrategie. Er bestreitet den Vorwurf nicht explizit. Aber er zieht ihn in Zweifel. So lautet seine  Antwort auf die Frage des Richters, ob er zu den Anschuldigungen etwas sagen wolle: „Ich hätte gerne, dass die Staatsanwaltschaft den Beweis liefert, dass ich das gewesen bin, dass ich das eingestellt habe.“ Am 18. März wird der Prozess fortgesetzt.

 

EU-Parlament: Martin Schulz wirft griechischen Abgeordneten raus

Wegen rassistischer Äußerungen hat der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, einen griechischen Abgeordneten aus der Sitzung des Plenums geworfen. Der fraktionslose Eleftherios Synadinos hatte während der Debatte über den EU-Türkei-Gipfel am Mittwoch den Türken als „Barbaren“ und „Dreckskerl“ beschimpft. „Der einzige effektive Weg, mit dem Türken umzugehen, ist mit der Faust und mit Entschlossenheit“, sagte Synadinos, der der rechtsextremistischen und ausländerfeindlichen griechischen Partei „Goldene Morgenröte“ angehört. Das Parlament müsse darauf mit einer grundsätzlichen Entscheidung reagieren, sagte Schulz. Er befürchte nämlich, dass mit solchen Äußerungen systematisch versucht werde, den Rassismus im Parlament salonfähig zu machen. „Mit mir nicht“, so Schulz.

 

Dortmunder Nazi-Ratsgruppe bekommt keine Räume im Rathaus

Auch wenn die Stadtverwaltung die Nazis im Rat als Gruppe akzeptieren und sie finanziell unterstützen muss - Räume im Rathaus bekommen sie nicht. Die beiden Rechtsextremisten von NPD und Die Rechte im Rat haben nach dem Eilbeschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) vom 25. Februar zwar Anspruch auf den Gruppenstatus und die vorläufige Gewährung von Steuergeldern in Höhe von jährlich 45.974,07 Euro bis zum Ende der Wahlperiode im Jahr 2020, doch einen Anspruch auf räumliche Unterbringung im Rathaus haben sie nicht.

 

Schritte in die Resozialisierung? Axel Reitz kämpft jetzt für Patriotismus

Axel Reitz trug als Neonazi den Beinamen »Hitler von Köln«. 2012 stieg er aus dem rechtsextremen Milieu aus. Mittlerweile versucht er, sich wieder politisch zu betätigen – ausgerechnet in der neurechten Postille „Blaue Narzisse“ schreibt er über seinen „Ausstieg“, die Schwierigkeiten der Resozialisierung  und seine heutigen politischen Ansichten.

 

Unter falscher Flagge? Pegida und der Davidstern

Israels Flagge im Münchner Pegida-Zug: Was soll das? Zwei CSU-Stadträte sehen darin ein zynisches Ablenkungsmanöver von Antisemiten und wollen jetzt juristisch dagegen vorgehen. Sie werfen damit viele Fragen auf. Zur sehr speziellen Pegida-Mischung aus aufgewühlten Bürgern, Besitzstandswahrern, latent Xenophoben und überzeugten Rechtsradikalen gehören unzweifelhaft viele Antisemiten - aber auch fundamentalistische Christen, die sich, ähnlich wie viele Evangelikale in den USA, tatsächlich als Freunde Israels sehen; mitunter auch Juden. Gelegentlich geraten Antisemiten und Philosemiten dabei auch aneinander, wie die Zeitung Jüdische Allgemeine im Juni 2015 berichtetete. Da marschierte erst in Berlin, dann auch in Dresden ein Grüppchen mit "JewGida"-Schild mit, das, so die Zeitung "bei großen Teilen der Pegida-Anhängerschaft auf Widerstand" stieß.

 

Führungschaos bei Pogida geht weiter

Es war der bisher friedlichste Demo-Abend seit Anfang Januar. Am Mittwochabend sind hunderte Menschen in Potsdam auf die Straße gegangen, um gegen eine Kundgebung der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung zu demonstrieren. Etwa 100 Anhänger kamen auf deren Seite zusammen. Das Führungschaos bei Pogida geht in die nächste Runde. Nachdem der vorbestrafte Cheforganisator und Kundgebungsanmelder Christian Müller vor zwei Wochen einen Führungswechsel angekündigt hatte, dann aber sofort Zweifel äußerte, erklärte er zur achten Veranstaltung am Mittwochabend am Hauptbahnhof, er werde „vorerst weitermachen“. Das sei der Wunsch der Potsdamer Pogida und der Partnerorganisationen aus Berlin und Leipzig.

 

Große Sorge vor Gewalt gegen Asylbewerber

Die zunehmende Gewalt gegen Ausländer und Flüchtlingsheime macht den Bundesbürgern große Sorgen. In einer Forsa-Umfrage sollten die Befragten aus 13 Problembereichen jene angeben, die sie am meisten beunruhigen. An erster Stelle nannten 83 Prozent die Angriffe auf Flüchtlingsheime und rassistische Gewalt. Dahinter folgte der Zulauf zu rechtsextremen Gruppen mit 77 Prozent. Dagegen wurde die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber von 52 Prozent der Befragten erst an zehnter Stelle genannt.

 

Rechte Frauen: Die unterschätzte „Muttimasche“

Sie sollen dem Rechtsextremismus ein „menschliches Antlitz“ verleihen und rechtes Gedankengut in der Gesellschaft „normalisieren“. Die Rolle weiblicher Neonazis wird oft unterschätzt: Hinter ihrer freundlichen Fassade verbirgt sich meist der blanke Hass. Für die WDR-Doku „Weiblich, sexy, rechtsextrem“ hat die Filmemacherin Caterina Woj viele rechte Frauen wie Antje Vogt getroffen. Der Film zeigt, wie die Rechtsextremistinnen die demokratische Alltagskultur in der deutschen Provinz unterwandern. Sie geben sich harmlos und bürgerlich – und doch stehen sie für eine Ideologie der Menschenverachtung.

 

Entrüstung in Italien: Ehrenmedaille für deutschen Kriegsverbrecher

Die Gemeinde Engelsbrand im Nordschwarzwald hat einem ehemaligen SS-Mann, der in Italien an Kriegsverbrechen beteiligt war, eine Ehrenmedaille verliehen – anscheinend unwissentlich. Als er 2008 in Italien wegen eines Nazi-Massakers in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt wird, kann sich Wilhelm Kusterer im idyllischen Enzkreis zurücklehnen. Die deutsche Justiz kennt keine Mordurteile in Abwesenheit. Eine Auslieferung muss der Mann in seiner Heimatgemeinde Engelsbrand im Nordschwarzwald also nicht befürchten. Hier ist der 94-Jährige angesehen als langjähriges Mitglied der SPD im Gemeinderat, engagierte sich in Vereinen des Ortes mit rund 4300 Einwohnern. Und dann am 4. März 2015 der Höhepunkt eines langen Lebens:Die Verleihung der Ehrenmedaille an Wilhelm Ernst Kusterer ist Punkt 1 der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung. Für soziale Verdienste.

 

Solidarität mit zurückgetretenem Pfarrer in Zorneding

Wegen Morddrohungen und fremdenfeindlicher Hetze verließ ein aus Kongo stammender Pfarrer seine Gemeinde. Nun setzten 3000 Menschen ein Zeichen in dem bayerischen Ort und skandierten: »Zorneding ist bunt«. »Olivier, wir stehen hinter Dir«, hieß es am Mittwochabend auf einem anderen Plakat der Demonstranten. Der  katholische Priester Olivier Ndjimbi-Tshiende hatte nach mehreren rassistisch motivierten Morddrohungen am Sonntag seinen Rücktritt als Pfarrer der nahe München gelegenen Gemeinde erklärt. Tags darauf zog der 66-jährige aus dem Pfarrhaus aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung gegen unbekannt.

 

„Lichterketten reichen gegen Nazis nicht aus“

2011 entzog Mecklenburg-Vorpommern der Initiative Exit-Nord die Landesmittel, weshalb die Aussteigern aus der rechten Szene helfende Organisation aus Schwerin verschwand. Nun sind die Aktivisten zurück. Stefan Rochow und Bernd Wagner über die Neugründung von Exit-Nord und die notwendige Auseinandersetzung mit Rechtsradikalen.

 

Nürnberg: Falsche Gerüchte über Asylbewerber nerven Polizei

So abstrus sie meist sind - Gerüchte über Flüchtlinge haben Hochkonjunktur. Über die sozialen Medien vervielfachen und verselbstständigen sie sich rasend schnell. Manchmal sind sie frei erfunden, oft entstehen sie aber auch nach dem Prinzip der "stillen Post" - je öfter sie weitergegeben werden, desto stärker sind sie am Schluss verfälscht. Die Polizei in Bamberg äußerte sich erst kürzlich mit deutlichen Worten zu angeblichen Vorfällen mit Asylbewerbern, die im Netz die Runde machten. Immer wieder hatten sich demnach männliche Flüchtlinge etwa an Tankstellen zu Frauen ins Autos gesetzt. "Der Polizei in Bamberg sind solche Vorfälle bislang nicht bekanntgeworden", teilten hingegen die Ermittler mit. Umfangreiche Recherchen hätten zu dem Ergebnis geführt, dass diese Vorfälle wahrscheinlich "niemals stattgefunden haben und sich in den Netzwerken entwickelt haben".

 

Volksverhetzung auch in geschlossenen Facebook-Gruppen strafbar

Eine wahre Hasstirade gegen Geflüchtete hat sich im vergangenen August ein 54-jähriger Mann aus Freising  geleistet. Er hatte sich über einen Beitrag in einem Nachrichtenmagazin erbost. Dort stand geschrieben, dass Discounter schließen müssten, weil dauernd Asylbewerber zum Stehlen vorbei kämen. Sicherheitspersonal könnten sich diese Läden nicht leisten.
Daraufhin schrieb der Mann in einer Moosburger Facebook-Community, man müsse eine Bürgerwehr gründen und die Prügelstrafe wieder einführen. Und weiter: Asylbewerbern gehörte mit einem Knüppel der Schädel eingeschlagen. Das seien sie ja von ihrer Heimat her gewohnt. Richter Michael Geltl verurteilte den Mann am Freisinger Amtsgericht wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 3150 Euro, zahlbar in 90 Tagessätzen. Der Rechtsanwalt des Angeklagten hatte Freispurch gefordert, da der Beitrag nicht öffentlich einsehbar gewesen sei.

Mauern (Oberbayern): Die Pöbelei auf Facebook ist auch einem 50-jährigen Mauerner zum Verhängnis geworden. Vor Gericht musste er sich wegen Volksverhetzung verantworten – und hatte Glück, dass er noch nicht vorbestraft war. Das Amtsgericht Freising verurteilte den in Mauern lebenden Mann gestern wegen Volksverhetzuung. Seine Bemerkung über Geflüchtete, die sich erst daheim fühlten, wenn ihnen ein Knüppel über den Schädel gezogen würde, ging dem Gericht zu weit.

 

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