Presseschau ... 09.08.2018

+++ 100 rechtsextreme Angriffe in Brandenburg +++ Linke Politikerin wird von Nazis bedroht und von der Justiz belächelt +++ Nazi-Parolen an griechisch-orthodoxe Gemeinde +++ Amazon: Holocaustleugnung frei Haus +++ Twitter will rechten Verschwörungstheoretiker Jones nicht sperren +++ Twitter will rechten Verschwörungstheoretiker Jones nicht sperren +++ Mehr antisemitische Straftaten +++ Israel-Boykotteure unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit +++"Reichsbürger entwaffnen, Szene länderübergreifend beobachten!" +++ AfD-Aussteigerin legt eidesstaatliche Versicherung ab - Petry hat sich mit Verfassungsschutzchef getroffen +++ 

 
 

100 rechtsextreme Angriffe in Brandenburg

Der Verein Opferperspektive für Betroffene rechter Gewalt hat bis Anfang August über 100 rechtsextreme Angriffe in Brandenburg registriert. 80 Fälle seien rassistisch motiviert gewesen, teilte die Opferperspektive am Mittwoch in Potsdam mit. Herausragender regionaler Schwerpunkt sei mit 22 Fällen Cottbus gewesen.

 

Linke Politikerin wird von Nazis bedroht und von der Justiz belächelt

Karen Larisch ist in Güstrow so etwas wie die linke Reizfigur für die Neonaziszene. Am 1. Januar 2017 ging ein Sprengsatz an der Tür der Villa hoch. Larisch erstattete Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und fahrlässiger Körperverletzung. Der Staatsschutz ermittelte. Ein Mitarbeiter fragte gar bei ihr an, ob er mit ihr über die erwähnten Morddrohungen reden könne, die sie erhalte. Wenig später wird das Verfahren jedoch eingestellt. Auch zum Anschlag auf ihr Wahlkreisbüro in der Nacht vom 5. zum 6. April 2017. Aufkleber und Hakenkreuze habe ihr Mitarbeiter damals entdeckt. Und den Schriftzug: „Wir kriegen euch“. Er erstattete Anzeige bei der Polizei. Im Juni kam die Nachricht: Einstellung des Verfahrens. Absender: Abteilung 4 der Kripo Rostock, Staatsschutz.

 

Nazi-Parolen an griechisch-orthodoxe Gemeinde

Unbekannte haben einen Mauersims am Sitz der griechisch-orthodoxen Gemeinde im Staudenring in türkischer Sprache mit der Parole „Se Hitler Ölmez“ beschmiert, was so viel bedeutet wie „Hitler ist unsterblich“. Wem die Tat zuzuschreiben ist, ist unklar. Die Stadt will auf Anfrage dieser Zeitung hin dafür sorgen, dass die Schmiererei in den nächsten Tagen beseitigt wird.

 

"Brandner hat sich jeglicher Klärung verweigert"

Interview mit dem Direktor der Gedenkstätte Buchenwald:„Etwa zu Gaulands "Vogelschiss"-Aussage oder zu Björn Höckes Absicht einer Umwertung der ganzen Erinnerungskultur. Oder dazu, dass Brandner selbst zwei Mitarbeiter in der thüringischen Landtagsfraktion beschäftigt hat, die ins rechtsextreme Burschenschaftsfeld gehören. Kurz zusammengefasst: Er hat jegliche Klärung dieser Fragen verweigert. Er hat bestritten, dass es in der AfD geschichtsrevisionistische Positionen gibt und hat sich hinter Höckes Positionen gestellt.“

 

Amazon: Holocaustleugnung frei Haus

Leugner des Holocaust missbrauchen Blogplattformen und Videoseiten, um ihre bizarren Theorien in die Welt zu setzen. Störungsmelder-Recherchen zeigen jetzt: Auch das Internetversandhaus Amazon leistete Rechtsextremisten Vorschub, indem es Bücher mit strafbaren Inhalten zum Verkauf anbot.

 

Twitter will rechten Verschwörungstheoretiker Jones nicht sperren

In einer Reihe von Tweets verteidigte Twitter-Gründer Jack Dorsey gestern (Ortszeit) die Entscheidung: „Der Grund ist einfach: Er hat nicht gegen unsere Regeln verstoßen.“ Apple, Facebook, Spotify und YouTube hatten die Konten des Radiomoderators und Websitebetreibers zuvor gesperrt. Für Jones würden dieselben Regeln wie für alle anderen Accounts gelten, so Dorsey weiter. Twitter werde keine Schritte gehen, die sich kurzfristig gut anfühlen würden, aber dafür neue Verschwörungstheorien befeuern könnten. Stattdessen wolle Twitter eine „gesunde“ Kommunikationsumgebung bieten, indem es sicherstelle, dass Tweets nichts künstlich hochgepusht werden.

 

AfD-Aussteigerin legt eidesstaatliche Versicherung ab - Petry hat sich mit Verfassungsschutzchef getroffen

Schreiber war einst Vorsitzende der Jungen Alternative (JA) in Sachsen und im Bundesvorstand des AfD-Nachwuchses, kurz vor der Bundestagswahl im Herbst 2017 trat sie aus. In diesen Tagen ist im Europa-Verlag ihr Buch "Inside AfD" erschienen. Es hat innerhalb kürzester Zeit einen kleinen politischen Wellenschlag ausgelöst: Schreiber schildert darin einen Vorgang, der den amtierenden Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, belastet. Dieser habe der damaligen AfD-Parteichefin und sächsischen Landeschefin Frauke Petry erklärt, der Parteivorstand müsse gegen den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke ein Ausschlussverfahren einleiten, weil ansonsten "die Beobachtung und eine Nennung im Verfassungsschutzbericht unvermeidbar seien".

 

Mehr antisemitische Straftaten

"Um Juden nicht zu mögen, muss man weder Araber noch Nazi sein. Die will keiner haben. Das zeigt die Weltgeschichte." Bernd Müller darf das auf Twitter schreiben. Ihm widerspricht dort niemand. Es sind solche Meinungsäußerungen, die Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, für gefährlich hält. "Auf dem Schulhof, im Internet, überall stellen wir eine Verrohung der Gesellschaft fest. Die Hemmschwellen sinken", sagt Klein. Früher nahm höchstens eine Handvoll Menschen Notiz davon, wenn jemand judenfeindliche Sprüche klopfte. Heute sei der Verstärkungseffekt durch das Internet viel größer. Niemand widerspricht, also hat man Recht. Der judenfeindliche "Bodensatz", sagt Klein, liegt in der Bevölkerung bei etwa 20 Prozent. Das sei schon immer so gewesen. "Die Zahl ist leider nicht heruntergegangen."

 

Israel-Boykotteure unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit

Die Bewegung BDS ruft zum Boykott Israels auf. Sie erfährt zunehmende Unterstützung. Ihr Ziel: Die Verbannung des jüdischen Staates aus der internationalen Gemeinschaft. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung warnt.

 

"Reichsbürger entwaffnen, Szene länderübergreifend beobachten!"

Zu der am Dienstag vorgestellten Halbjahresbilanz des Bayerischen Verfassungsschutzes erklärt die innenpolitische Sprecherin und Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze:  „Das rasante Anwachsen der so genannten Reichsbürger-Bewegung in Bayern bereitet mir weiterhin große Sorgen. „Hier hat der CSU-Innenminister viel zu lange weggeschaut und dieses rechtsextremistische Phänomen als bloße Spinnerei abgetan. Wer in die ‚Reichsbürger-Szene‘ abgedriftet ist, muss umgehend auf Waffenbesitz überprüft und entwaffnet werden. Hier müssen wir neuerlichen Gewalttätigkeiten konsequent vorbeugen. Wichtig ist auch, den Austausch mit den Diensten anderer Bundesländer zu pflegen und so den bundesweiten Netzwerken der so genannten Reichsbürger auf die Spur zu kommen.

 

"Feindeslisten" gab es schon vor dem NSU

25.000 Namen sollen auf Listen stehen, die seit 2011 bei Razzien und Festnahmen gefunden wurden. Doch das Phänomen ist älter und größer. Konkretes wird selten bekannt. Ermittlungen verlaufen oft im Sande.

 

Die selbsternannte «Neue Rechte» und 1968

Die selbsternannte «Neue Rechte» strebte ab den 1960er Jahren an, sich von der «Alten Rechten» und dem Nationalsozialismus zu distanzieren. Die Protestierenden von '68 wandten sich dagegen, dass sich die Elterngeneration über die NS-Zeit ausschwieg und ehemalige NSDAP-Funktionäre in der Nachkriegs-BRD hohe Ämter bekleideten wie der in den 1960ern amtierende Bundeskanzler Kiesinger. Wie die Literaturwissenschaftlerin Gabriele Kämper aufzeigt, sah die «Neue Rechte» 1998 ihren Moment gekommen, als der Schriftsteller Martin Walser dazu aufrief, mit der Erinnerungskultur der Shoa abzuschließen. Für die Rechten bedeutete dieses konservative Plädoyer, das SPIEGEL-Verleger Rudolf Augstein unterstützte, ein Einfallstor in die Mitte der Gesellschaft.  Dies gipfelte 2017 darin, dass der AfD-Politiker Björn Höcke das Holocaust-Denkmal in Berlin als «Denkmal der Schande» bezeichnete. Zwar vermeidet man, allzu offen antisemitisch aufzutreten, dennoch zeigen sich die antisemitischen Tendenzen in den Schlussstrichforderungen gegenüber der Erinnerungspolitik.

 

Blut & Boden-Texte gegen “Gutmenschen”: Was ist eigentlich Grauzonen-Musik?

Selbst für Laien ist es oft recht einfach zu erkennen, wenn Musik rechtsextrem ist. In verschiedenen musikalischen Subkulturen existieren aber Grauzonen, die weniger eindeutig und daher schwieriger zu bewerten sind. Mittlerweile ist diese nationalistische und völkische Grauzonen-Musik sogar im Mainstream angekommen.

 

Weniger rechte Angriffe in Hamburg

Das rechtsextreme Personenpotenzial in Hamburg besteht unverändert aus 320 Aktivisten, 140 davon wird eine Gewaltorientierung attestiert. Deutlich rückläufig ist die Zahl der rechtsmotivierten Straftaten. Die Dreiteilung der rechtsextremen Anhängerschaft addiert sich folgendermaßen: 100 Personen mit Parteibuch, in diesem Falle alle aus einer überalterten NPD, der Lennart Schwarzbach vorsteht, der zugleich Kopf des mit Schleswig-Holstein gemeinsam betriebenen Stützpunktes Hamburg-Nordland der „Jungen Nationalisten ist“.

 

NPD richtet „Schutzzonen“ für Deutsche in Riesa ein – Scharfe Kritik

Eine Kampagne der rechtsextremen NPD zur Errichtung sogenannter Schutzzonen für Deutsche stößt bei Sachsens Ausländerbeauftragtem Geert Mackenroth (CDU) auf scharfe Kritik. Diese „rein populistische Aktion“ sei „in hohem Maße albern“, sagte Mackenroth am Mittwoch. Die Partei liege damit „ganz auf ihrer bisherigen Linie, unseren Rechtsstaat zu desavouieren“, fügte er hinzu.

 

Aktuelle Studien: Zahlen und Fakten zu HateSpeech

Hasskommentare und Kampagnen im Netz haben in letzter Zeit extrem zugenommen. Gehetzt wird unter anderem gegen Geflüchtete, Jüdinnen und Juden, Transpersonen, Lesben und Schwule und alles was dem Hater als nicht deutsch genug erscheint. Neben dieser gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit wird aber auch versucht, Einzelpersonen, also zum Beispiel Journalist*innen oder Aktivist*innen, einzuschüchtern und unter Druck zu setzen. Überblick über aktuelle Studien zu Hatespeech

 

Medienklage gegen "Info Direkt": Urteil wird angefochten

Ein Soziologe und Ex-Streetworker hatte geklagt, da er namentlich sowohl online als auch in einer Printausgabe als militanter Linker dargestellt worden sei. Der Privatankläger und Zeuge, der sich als links einschätzt und sich mit der Aufklärung über die extreme Rechte beschäftigt, sieht sich durch die beiden Veröffentlichungen diffamiert. Das geklagte Magazin, das vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuft wird, wiederum setzte in der Verhandlung alles daran, die in dem Online-Artikel veröffentlichten "Rechercheergebnisse", die in einer Printversion wiederholt wurden, zu untermauern.

 

Das Stadtmuseum München arbeitet in einer Sonderausstellung seine ambivalente Rolle in der NS-Zeit auf

Während der Nazi-Herrschaft, in der Begriffe wie »Sicherstellung«, »Verwertung« und »Arisierung« dem staatlichen Raubzug die Basis lieferten, erwarb das Münchner Stadtmuseum mehr als 20.000 Kunst- und Kulturgegenstände. Eine Erkenntnis, die durch die neuen Nachforschungen gewonnen wurde: Rund 2600 dieser Objekte sind hinsichtlich ihrer Herkunftsgeschichte als »kritisch« einzustufen. 450 Objekte davon konnte das Forscherteam inzwischen den damaligen, meist jüdischen Besitzern zuordnen.

 

Oswald Hess verdankt sein Leben einem dreisten Coup seiner Großmutter. Vor Kurzem feierte er seinen 88. Geburtstag

Als der jüdischen Familie Hess die Deportation drohte, behauptete Großmutter Gertrud Henriette Wolfers gegenüber den Nazi-Behörden, dass ihre am 23. August 1903 geborene Tochter Sigrid nicht die leibliche Tochter ihres jüdischen Ehemannes sei, sondern die Tochter von John Petersen.

 

USA. Rechte provozieren vor allem in liberalen Städten

Zum 3. Mal sind Rechtsextremisten am letzten Wochenende durch Portland, USA, marschiert, die vorige Demo war am 30. Juni und ebenfalls von schweren Ausschreitungen überschattet. Das Kalkül der Rechten ist besonders in Städten mit liberaler Bevölkerung ihre martialischen Märsche durchzuführen und damit in die Schlagzeilen zu kommen. Im Gegensatz zu den Ereignissen in Charlottesville waren es diesmal nicht die US-Nazis, sondern der für exzessiven Gewalteinsatz  der Polizeikräfte in Portland, die einen Gegendemonstranten fast töteten. Die Polizei schützte die Rechtsextremisten und setzte potenziell tödliche Schockgranaten und Gummigeschosse ein, die etliche Demonstranten direkt trafen.

 

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