PRESSESCHAU ... 09.08.2017

Politisches Motiv bei brutalem Überfall auf Angler in Leipzig? +++ Hasskommentare gegen städtische Mitarbeiter: Schorndorf zeigt rechte Hetzer an +++ Thüringen: Verfassungsschutz will AfD trotz Chat-Protokollen nicht überwachen +++ Hamburg: Der stille Tod eines Neonazis.

 

Politisches Motiv bei Überfall auf Angler in Leipzig?

Bei den Ermittlungen im Fall eines tätlichen Angriffs auf zwei Angler am Sonntagabend im Leipziger Westen wurde inzwischen auch das Operative Abwehrzentrum (OAZ) hinzugezogen.  Der Überfall am Sonntagabend auf zwei Angler in den Schönauer Lachen im Leipziger Westen hatte möglicherweise einen politischen Hintergrund. Wie die Polizei am Dienstag gegenüber LVZ.de erklärte, wurde das auf politische Kriminalität spezialisierte Operative Abwehrzentrum (OAZ) in die Ermittlungen einbezogen. Genauere Angaben zum Hintergrund der Tat und zu den Opfern wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht. Auf einem rechtsextremen Facebook-Portal hieß es am Montag, der Angriff habe unter anderem einem Funktionär der Partei Die Rechte gegolten.

 

Kein Mob, aber Hasskommentare gegen städtische Mitarbeiter: Schorndorf zeigt rechte Hetzer an

Der "Ausländermob", der gar keiner war, könnte am Ende einige Rechtsextreme vor Gericht bringen. Isn't it ironic? Am Ende müssen sich in Schorndorf nicht die zu Unrecht beschuldigten Ausländer strafrechtlich verantworten – sondern rechte Hetzer. Vor knapp drei Wochen verbreitete sich eine Mitteilung der Schorndorfer Polizei rasant. Darin entstand der Eindruck, dass 1.000 Jugendliche, mehrheitlich mit Migrationshintergrund, in Schorndorf randaliert, Flaschen geworfen und Polizisten angegriffen hätten. Einen gewalttätigen Mob von Flüchtlingen, "der das Land als Beute betrachtet und unsere Töchter als verfügbare Schlampen", gab es vor allem in der Wahnvorstellung des AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen. Stattdessen tobte ein ganz anderer Mob in den sozialen Netzwerken. Rechte Gruppierungen gingen bei Facebook und Twitter auf die Mitarbeiter der Stadtverwaltung los: Ihnen war herzlich egal, dass für die Flaschenwürfe und Körperverletzungen keine 1.000 Einwanderer verantwortlich waren. Hauptsache draufhauen! Und so verschickten sie per Facebook und Twitter zahlreiche Hasskommentare an die Stadtverwaltung und den Oberbürgermeister von Schorndorf. Die Stadt wehrt sich nun dagegen und will bei der Polizei Anzeige gegen die Hetzer erstatten.

 

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz will AfD trotz Chat-Protokollen nicht überwachen

Im Juni 2017 wurden von der linken Internetseite Indymedia brisante Chat-Protokolle der AfD ans Licht gebracht (BTN berichtete). Nun hat der Verfassungsschutz die Inhalte untersucht und die parlamentarische Kontrollkommission (PKK) darüber zunächst noch geheim informiert. Die Mitteldeutsche Zeitung hat herausgefunden, dass die Einträge aus dem Protokoll von insgesamt 94 verschiedenen Personen verfasst wurden. Davon sollen insgesamt 36 Chat-Teilnehmer rechtsextreme Äußerungen getätigt haben. Das soll circa jede dritte Person sein (Tag24). Trotz der aufgedeckten rechtsextremen Ansichten werde der Verfassungsschutz von Sachsen-Anhalt die Alternative für Deutschland vorerst nicht beobachten, da von der Partei keine Gefahr für die freiheitliche Grundordnung des Staates ausgehe, heißt es bei Zeit Online.

 

Hamburg: Der stille Tod eines Neonazis

Die Wohnung des verstorbenen Lutz H. glich einem Gruselkabinett. An den Wänden prangten ein Dutzend Sturmgewehre und Schnellfeuerwaffen, Regalmeter waren bis unter die Decke vollgestopft mit legaler, aber auch illegaler Nazipropaganda, wie mehrerer Bände der Originalausgabe von Hitlers „Mein Kampf.“ Publikationen, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen oder über die Auschwitzlüge schwadronieren, stapeln sich neben Hakenkreuz-Orden und SS-Abzeichen.In seiner Wohnung hortete der verstorbene Lutz H. Waffen, Munition und Nazi-Propaganda. Die Polizei zeigte kein Interesse an dem Material. Vergangenen Donnerstag betreten mehrere Beamte des Hamburger Polizeikommissariats diese mitten in Hamburg, unweit der Alsterschwimmhalle, gelegene Wohnung des bereits im April verstorbenen Mannes. Sie sind von einer Nachlassverwalterin, die kurz zuvor die Nazihölle erstmals betreten hatte, informiert worden. Die Polizisten nehmen die Waffen von der Wand. Zwei von ihnen, ein Sturmgewehr AK-47 und eine Scorpion-Maschinenpistole, fallen vermutlich unters Kriegswaffenkontrollgesetz. Die Beamten verlassen die Wohnung, ohne diese genauer in Augenschein nehmen zu wollen. Kurz darauf wird die Polizei erneut gerufen - es wurden mehr Waffen gefunden. Lutz H. ist polizeibekannt und gilt als der NPD nahestehend. Trotzdem interessiert sich die Polizei nicht für dessen mögliche Verbindungen zur rechtsextremen oder gar rechtsterroristischen Szene. Statt die Computer, die privaten Akten und die verbotenen Nazi-Materialien zu konfiszieren und auszuwerten, fordert die Polizei die Nachlassverwalterin per „Vernichtungsverfügung“ auf, die Dateien und die umfangreichen Papierberge umgehend zu entsorgen. 

 

Kochertal: Waffenfund bei Reichsbürger - Verstoß gegen Kriegswaffenkontrollgesetz

Am 02. August wurden Polizeibeamte des Polizeipräsidiums bei der Durchsuchung einer Wohnung eines mutmaßlichen Reichsbürgers in einer Kochertalgemeinde in der Nähe von Künzelsau fündig. Nachdem der 60-Jährige in einem Sozialen Netzwerk das Foto einer angeblich erlaubnisfreien Waffe eingestellt hatte, wurde der Durchsuchungsbeschluss erwirkt und unter Mitwirkung eines Mitarbeiters des LKA-Baden Württemberg vollzogen. Dabei entdeckten die Beamten mehrere Deko- und Anscheinswaffen, jedoch auch fünf Schusswaffen sowie mehrere Kisten Munition. Unter den Funden sind mehrere, die unter das Waffen-, das Kriegswaffenkontroll- und das Sprengstoffgesetz fallen

Ihr Wahlkampf - oder die legale Markierung eines "Nazi-Kiezes" in Dortmund

Nach dem Verbot verschiedener „Kameradschaften“ in Nordrhein-Westfalen dienen lokale oder regionale Verbände der neonazistischen Minipartei „Die Rechte“ (DR) als Auffangbecken für Mitglieder und Kader. Unter dem Schutz des Parteiprivilegs kann dabei selbst ein „Nazi-Kiez“ wie in Dortmund markiert werden. Resultiert aus der Provokation Gewalt, passt selbst das ins propagandistische Konzept im Rahmen des Wahlkampfes. Selbst mancher NPD-Vertreter nimmt offenbar die letzte Hälfte des Wortes allzu wörtlich. Am Ende aber soll alles nur Notwehr gewesen sein. Drei Beispiele aus NRW.

http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2017/08/08/ihr-wahlkampf-oder-die-legale-markierung-eines-nazi-kiezes_24661

 

Nazi-Frau wirbt mit Nacktfoto für Unterstützung vor Gericht 

Die ehemalige Spitzenkandidatin der bayerischen NPD, Sigrid Schüßler, wird wegen Volksverhetzung angeklagt. Der Grund ist ihr Auftritt bei einer Veranstaltung der Partei "Die Rechte“ in Bamberg Ende Januar 2016. Dabei hatte sie ihre Ansichten über die Kölner Silvesternacht kundgetan. Sie sprach von gefährlichen, männlichen "Testosteronbomben“, die Frauen belästigten und erniedrigten. Dabei sei das eigentliche Ziel der Aufbau einer anderen staatlichen Ordnung, ohne deutsche Mitsprache. Daher solle all dies geplant und abgesprochen gewesen sein. Nun hofft Sigrid Schüßler auf Unterstützung vor ihrem Gerichtstermin. Sie bedient sich des klassischen Marketingeffekts "Sex Sells“ und postet einfach ein Nacktfoto auf Facebook. In ihrem Post fragt sie: "Bamberg gilt als sehr konservativ und weiblich-feindlich. Ich weiß nicht, was ich anziehen soll????! Ich zähle auf euch!“

 

Wahlkampf mit AfD-Mann Nicolaus Fest: "Humor ist einer Erfindung von Jesus Christus" und "Muslime haben kein Verhältnis zu deutscher Kunst"

Bericht im Halter Tageblatt berichtet über eine AfD-Wahlkampfveranstaltung in Braunsbach mit Nicolaus Fest, dem ehemaligen stellvertretenden BamS-Chefredakteur. Der Bericht offenbart ein merkwürdiges Demokratieverständnis der Autorin, , die darin berichteten Inhalte allerdings so unglaublich, dass er Erwähnung finden soll. Fest sagte, laut diesen Bericht, unter anderem:

  • „Muslime haben kein Verhältnis zu deutscher Kunst, zu französischer Malerei … zu Goethe, Dante, Picasso … zu allem, was unsere Kultur ausmacht.“
  • Er interpretiert eine Theorie des paläokonservativen Schriftstellers Roger Scruton, der laut Fest sage, was den Westen von allen anderen Kulturen unterscheidet und so liebenswert macht: Humor sei in den meisten nichtwestlichen Ländern unbekannt, Alkohol der Schmierstoff der westlichen Kommunikation und Selbstkritik die liebste Beschäftigung.
  • „Humor ist eine Erfindung von Jesus Christus“, glaubt Fest, und nennt als Beispiel die witzige Bemerkung des Erlösers: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“
  • „Sie müssen alle Apostel werden“, bittet er die Anwesenden, die Botschaft der AfD in die Welt hinauszutragen, selbst wenn es schwierig sei: „Jesus wäre auch nichts geworden ohne seine Jünger.“

 

AfD-Funktionärin will "Flüchtlinge versenken"

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken ermittelt gegen die saarländische AfD-Funktionärin Jeanette Ihme. Verdacht: Volksverhetzung! Grund: Ihme wünschte Flüchtlingen auf Facebook den Tod. Wörtlich forderte sie in einer Nachricht in dem sozialen Netzwerk, die Boote der Schlepperbanden „am besten alle samt Inhalt“ zu versenken. Ihme bekräftigte: „Ja, ich meine das ernst. Ich habe keinen Bock auf diese kriminellen Schlepperbanden und genauso wenig auf ihre Kundschaft, die sich hier aufführt, wie die Primaten.“ Inzwischen hat Ihme, die Beisitzerin im AfD-Landesvorstand Saarland ist und somit eine durchaus herausgehobene Position in der Partei hat, ihre Hass-Nachricht gelöscht. Konsequenzen könnte ihr Ausfall trotzdem haben.

 

400 Augsburger demonstrieren gegen Rassismus

Gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde gestern in Augsburg demonstriert. Anlass war ein "Stadtspaziergang" einer rechtsextremen Vereinigung mit zehn Teilnehmern, der „Bürgerinitiative Ausländerstopp Augsburg“ (BIA) um den Rechtsextremisten Roland Wuttke.

 

Hettstett: Rechtsextreme geben Konzert als Geburtstagsfeier aus

Am vergangenen Samstag aber wurde die entspannte Atmosphäre der Kleingartensparte „Neuer Weg“ in Hettstett empfindlich gestört. Wie die Polizei bestätigte, war eine Gruppe von etwa 30 Rechtsextremen vor Ort, um das angemietete Vereinsheim der leingärtner für ein Rechtsrock-Konzert zu nutzen - getarnt als Geburtstagsfeier. Laut MZ-Informationen sollten dabei mit der Bremer Band „Kategorie C“ und der Gruppe „Zeitnah“ aus Thüringen echte Größen der rechtsextremen Szene auftreten. Die Polizei löste die Veranstaltung auf.

 

Kühnens scheinheilige Erben

Die Positionen der extremen Rechten zur Homosexualität sind nicht so eindeutig, wie sie aktuell gern behaupten. Extrem rechte Gruppierungen und Parteien verstärken zur Zeit ihre Hetze gegen Schwule, Lesben und Transgender. Dabei ist Homosexualität auch in den eigenen Reihen verbreitet.

 

Bekleidungsfirma irritiert mit Regenbogen-Hakenkreuzen

Ein US-Händler wollte das Hakenkreuz wieder "positiv" besetzen und bot entsprechende Hemden auf seiner Seite an. Nach einem Shitstorm ist der Verkauf inzwischen eingestellt worden. Der amerikanische Online-Versandhändler Teespring hat mit dem inzwischen eingestellten Verkauf von T-Shirt und Pullis mit Hakenkreuzen scharfe Kritik hervorgerufen. In mehreren Designs ist das sogenannte "New Swastika" unter anderem mit Regenbogenfarben unterlegt worden und enthält Worte wie "Love", "Peace" oder "Zen". Die Preise der Bekleidungsstücke betrugen zwischen 20 und 35 US-Dollar. Die Produktionsfirma KA Design erklärte in einem Vorstellungsvideo auf ihrer Facebook-Seite, das Hakenkreuz sei ein 5.000 Jahre altes positives Symbol, das von den Nationalsozialisten pervertiert worden sei. " Man wolle erreichen, dass dieses Symbol wieder positiv besetzt wird: "Die Swastika kommt zurück, vereint mit Frieden, Liebe, Respekt und Freiheit", so KA Design. Wenig überraschend kam es am Wochenende zu heftigen Protesten gegen den Verkauf der Hakenkreuzbekleidung. Applaus gab es auch. Von Nazis.

 

Rechte Medien: Die sozialen Stars

Am rechten Rand haben sich Medien etabliert, die über Social Media erfolgreich sind. Im Juli diskutierten Rechte vor allem über Gewalt in Hamburg. Wie informieren sich Rechte? Neben dem Zusammensuchen von passenden Nachrichten aus dem Mainstream und dem bewussten Aufsuchen klar rechts positionierter Medien wie die Junge Freiheit, gibt es einen dritten klaren Trend: Soziale Medien. Und so haben sich mehrere Websites auf diesen Kanal spezialisiert, insbesondere auf Facebook. Drei der erfolgreichsten: Die Epoch Times, „Anonymous News“ und „Journalistenwatch“. Alle drei holen mit reißerischen Überschriften in Sozialen Medien ihre LeserInnen ab. Ihre beliebtesten Themen: Flüchtlingsfeindlichkeit, Rassismus, Merkelhass und die AfD.

 

VAG-Kündigung: Rechtsextremer Stadrat kämpft um seine Stelle

Bus- und Straßenbahnfahrer wurde nach seinem Auftritt bei einer Demo entlassen. Fridrich Luft kämpft um seine Stelle: Die VAG hatte den Busfahrer, Stadtrat der Bürgerinitiative Ausländerstopp, entlassen - das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Nun will die VAG die Kündigung vor dem Landesarbeitsgericht durchsetzen.

 

Meißen: Jobverlust wegen Volksverhetzung auf Facebook?

Einem Feuerwehrmann aus dem Landkreis Meißen könnte ein Facebook-Eintrag zum Verhängnis werden. Unter das Foto von einem Maschinengewehr schrieb der Coswiger: Das schnellste Asylverfahren Deutschlands. Lehnt bis zu 1400 Asylanträge in einer Minute ab.“ Volksverhetzung warf ihm daraufhin die Staatsanwaltschaft vor. Auf deren Antrag hin verhängte das Meißner Amtsgericht eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 Euro, insgesamt also 2400 Euro. Dagegen ging der Mann in Einspruch. Wohl weniger wegen der Höhe der Geldstrafe an sich, eher wohl wegen der generellen Verurteilung. Denn der Mann ist Berufsfeuerwehrmann in einer sächsischen Großstadt, somit Beamter. Sein Dienstherr ließ ihn schon wissen, dass er im Falle einer wie auch immer gearteten Verurteilung wohl seinen Beamtenjob los wird. Am Dienstag wurde in Meißen über die Sache verhandelt, ein Urteil steht noch aus.

http://www.sz-online.de/nachrichten/jobverlust-wegen-volksverhetzung-3745060.html

 

Protest gegen AfD-Wahlkampfveranstaltungen

11.08., Frankfurt am Main: Das Aktionsbündnis „No Fragida“ ruft für den kommenden Freitag, 11. August, zu einer Protestkundgebung gegen eine Veranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD) im Saalbau Südbahnhof auf (FR).

13.08., Hamburg, Wahlkampfauftakt mit Alexander Gauland, 18 Uhr, Friedrich-Ebert-Halle (Aus Süddelbe).

 

Die Flüchtlingshelferin und der AfD-Anhänger: "Ich versteh dich nicht!" 

Heiko Müller und Elvira Ploß sind überzeugte Dresdner, kritische Zeitgenossen und bereit, Flagge zu zeigen. Aus ihren Lebenserfahrungen haben sie völlig andere Schlüsse gezogen. Warum und was passiert, wenn die Flüchtlingshelferin und der AfD-Anhänger aufeinander treffen.

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