Presseschau ... 09.06.2017

Jüdischer Friedhof in Gotha geschändet +++ 60-Jährige Antifaschistin vor Gericht, weil sie Neonazi mit roten Sternchen bepudert haben soll +++ Alice Weidel will mit der "Nazi-Schlampe" leben +++ NPD-Mann verletzt Passanten bei Streit +++ "Manifest" des Münchner Amokläufers belegt rechtsextreme Gesinnung +++ Mehr rechtsextremistische Gewalttaten in Rheinland-Pfalz +++  Sparkasse kündigt Spendenkonto für Holocaust-Leugner

 

Jüdischer Friedhof in Gotha geschändet

Auf dem jüdischen Friedhof in Gotha sind 20 Grabsteine mit Nazi-Symbolen beschmiert worden. Nach Polizeiangaben waren unter anderem Hakenkreuze und SS-Runen mit schwarzer Farbe aufgemalt worden. Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung haben die Schmierereien am Mittwoch entdeckt. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe.

 

Glitzer gegen Glatze: 60-Jährige wegen "Angriff" auf Neonazi vor Gericht

Eine 60-Jährige Antifaschistin steht in Göttingen vor Gericht, weil sie einen Neonazi mit roten Sternchen bepudert haben soll

 

Münster: Volksverhetzung – Geldstrafe statt Haft

Die Richter in zweiter Instanz waren milder: eine Reckenfelderin, die in einer Facebook-Gruppe menschenverachtende Äußerungen über Flüchtlinge gepostet hat, ist nur zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Die Angeklagte hatte im Verfahren die ihr vorgeworfene Tat zugegeben und sich von den Aussagen ihres Postes bei Facebook distanziert. Die derzeit arbeitslose Reckenfelderin hatte im November 2015 in der kurzzeitig bestehenden Gruppe „Reckenfeld – wat sonst?“ einen fiktiven Dialog veröffentlicht, in dem, so der Richter, Flüchtlingen „das Lebensrecht abgesprochen wird“. Unter anderem hieß es in dem Posting: „Haben Sie etwas gegen Flüchtlinge? – Ja! Pistolen, Maschinengewehre, Handgranaten . . .“ und weiter: „Machen Sie sich denn gar nichts aus den armen Menschen? – Doch. Handtaschen, Portemonnaie, Stiefel.“

 

Alice Weidel will mit der "Nazi-Schlampe" leben

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel nimmt Beschwerde gegen Beschluss des Landgerichts Hamburg zurück, das die Bezeichnung "Nazi-Schlampe" von der Meinungsfreiheit gedeckt sah.

Ob das jetzt, wie der Sender behauptet, "ein Erfolg für den NDR in der juristischen Auseinandersetzung mit der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel" ist. Oder doch nur die Einsicht der Politikerin, dass diese Auseinandersetzung vor Gericht nicht mehr zu gewinnen ist? Jedenfalls hat Alice Weidel laut NDR-Mitteilung vom Donnerstag ihre Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts Hamburg zurückgenommen. Gegenstand dieses Beschlusses war eine Äußerung des Moderators Christian Ehring in der Satire-Sendung "extra 3" vom 27. April: Ehring hatte sich in seiner Moderation auf die Aussage von Alice Weidel bezogen, "die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte", und kommentiert: "Jawoll. Schluss mit der politischen Korrektheit, lasst uns alle unkorrekt sein. Da hat die Nazi-Schlampe doch recht. War das unkorrekt genug? Ich hoffe!"

 

NPD-Mann verletzt Passanten bei Streit

Zwei Männer haben am Mittwoch in Duisburg Passanten angesprochen, um für die NPD zu werben. Das führte zu einer Schlägerei mit einer verletzten Person.

 

NPD instrumentalisiert geschichtsträchtiges Datum

Der Kreisverband Dresden der NPD und die Jugendorganisation der Partei, die Jungen Nationaldemokraten (JN), wollen am 17. Juni in der sächsischen Hauptstadt demonstrieren. Das geht aus einem entsprechenden Aufruf hervor.

Die Nationaldemokraten wiederholen damit eine bereits in den vergangenen Jahren praktizierte Aktion. Es ist der Versuch, dem Arbeiteraufstand von 1953 in der DDR ein eigenes geschichtsträchtiges Bild überzustülpen. Mit dem Motto „Damals wie heute: Soziale Gerechtigkeit für deutsche Arbeiter!“ wird zudem krampfhaft eine vermeintliche inhaltliche Verbindungslinie in die Gegenwart aufgebaut, die über die Erinnerung an die Ereignisse vor 64 Jahren hinaus reichen soll.

 

"Manifest" des Münchner Amokläufers belegt rechtsextreme Gesinnung

Die bayerische Staatsregierung hat zum ersten Mal Auszüge aus dem "Manifest" des Amokläufers vom Olympia-Einkaufszentrum veröffentlicht. Fast genau ein Jahr, bevor David S. am Abend des 22. Juli 2016 in München neun Menschen und dann sich selbst tötete, erstellte er auf seinem Computer ein zwei Seiten langes Dokument, das tiefe Einblicke in die krude Gedankenwelt des Attentäters erlaubt. Die Auszüge aus diesem Schriftstück belegen die rechtsextreme Gesinnung des Mörders und entfachen erneut eine Debatte über dessen Tatmotive.

 

Mehr rechtsextremistische Gewalttaten in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz hat es im vergangenen Jahr etwas mehr rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten gegeben als im Jahr zuvor. Die Zahl sei von 47 im Jahr 2015 auf 51 im Jahr 2016 gestiegen, teilte Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts in Mainz mit.

 

"Hierzulande besonders menschenverachtende Angriffe gegen Roma“

Zur NS-Zeit wurden Sinti und Roma systematisch ermordet. Auch heute sind sie Ziel rassistischer Angriffe. Eine Kommission soll dabei helfen, Rassismus zu bekämpfen. Doch die Unionsfraktion soll deren Schaffung blockieren.

Das SPD-geführte Auswärtige Amt hat der Unionsfraktion vorgeworfen, eine geplante Expertenkommission des Bundestags zur Aufarbeitung der Diskriminierung von Sinti und Roma zu blockieren.

Außenstaatsminister Michael Roth (SPD) sagte der „Rheinischen Post“: „Leider habe ich den Eindruck, dass es aufseiten der Unionsfraktion Vorbehalte gibt, die das Anliegen blockieren.“

 

Hessen: Drei Zeugen aus der Neonazi-Szene im NSU-Ausschuss erwartet

Im NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags sollen heute drei Zeugen aus der rechtsextremen Szene gehört werden. Thema ist unter anderem eine mögliche Verbindung von Neonazis aus Nordhessen zum «Nationalsozialistischen Untergrund» (NSU). Die Terrorzelle wird für den Mord am deutsch-türkischen Internetcafé-Besitzer Halit Yozgat in Kassel verantwortlich gemacht.

Unter den drei Zeugen ist auch Corryna Görtz, die Frau aus Kassel gilt als Schlüsselfigur der rechten Szene. Der Verfassungsschutz hat jedoch ihre Personalakte vernichtet.

 

Sparkasse kündigt Spendenkonto für Holocaust-Leugner

Rechtsextremist Horst Mahler hatte über ein Konto der Berliner Sparkasse Spenden von der rechten Szene erhalten. Die Bank muss das nicht dulden, bestätigt das Landgericht Berlin.

 

Fast die Hälfte der "Reichsbürger" in Bayern hat sich schon strafbar gemacht

Etwa 2700 "Reichsbürger" leben im Freistaat. Knapp 1100 von ihnen sind schon strafrechtlich aufgefallen. Doch wie stehen sie zur rechtsextremistischen Szene in Deutschland?

Knapp 1100 der 2700 "Reichsbürger" in Bayern sind in der Vergangenheit straffällig geworden. 175 Straftaten waren dabei nach Angaben des Innen- und des Justizministeriums politisch motiviert. Fünf Personen des harten Kerns der sogenannten "Reichsbürger" gehören demnach der rechtsextremistischen Szene an. Eine grundsätzliche Nähe der "Reichsbürger" zum Rechtsextremismus gibt es laut dem Schreiben der beiden Ministerien aber nicht: "Grundsätzlich wird die Reichsbürgerbewegung von rechtsextremistischen Akteuren und Vereinigungen nicht akzeptiert, eher als Gegnerschaft betrachtet und nicht ernst genommen."

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, widerspricht dieser Einschätzung und kritisiert die Staatsregierung: "Die sogenannten Reichsbürger sind eine rechtsextreme Gefahr für den Rechtsstaat. Sie nur als Querulanten abzutun, wie es die CSU-Regierung lange gemacht hat, war falsch", sagt Schulze. "Da reicht es nicht, nur einen Flyer zu veröffentlichen."

 

Berliner Nazis sind meist älter

Unter den bekannten Berliner Rechtsextremisten sind kaum junge Leute. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine schriftliche Anfrage des Grünen-Abgeordneten June Tomiak hervor.

Der Anteil von Menschen unter 25 Jahren liege bei den Berliner Rechtsextremisten unter zehn Prozent, berichtete die Senatsverwaltung für Inneres. „Kein dem Senat bekannter Angehöriger der Szene ist jünger als 16 Jahre.” Jugendliche hätten in der rechtsextremen Szene weder qualitativ noch quantitativ einen besonderen Stellenwert.

 

"Keine Schwarzen, keine Asiaten": Wie rassistisch ist die schwule Community?

Für viele Schwule und Lesben gehören Ausgrenzung und gesellschaftliche Benachteiligung zum traurigen Alltag. Doch ein Problem mit Diskriminierung gibt es auch innerhalb der Community.

Keine Asiaten, keine Schwarzen, keine Fetten, keine Opas". So steht es im Profiltext eines jungen Mannes, der sich in der Dating-App "Grindr" präsentiert. Ein anderer macht unmissverständlich klar: Wer zu "hässlich" ist oder sich zu "feminin" verhält, solle es gar nicht erst wagen, ihn anzuschreiben.

Sätze wie diese finden sich in ähnlichem Wortlaut in unzähligen weiteren Profilbeschreibungen. Auf Dating-Plattformen wie "Grindr" und "Planet Romeo" hat sich ein ganz eigener, schonungsloser Jargon entwickelt - und er wird von immer mehr Nutzern übernommen. Diskriminierung, Body-Shaming und Rassismus sind hier an der Tagesordnung - in einer Szene, die es doch eigentlich besser wissen müsste.

 

Airbnb will Wohnraum für Flüchtlinge vermitteln

Beim Online-Dienst Airbnb können Reisende private Zimmer von Gelegenheitsvermietern buchen. Nun möchte das Unternehmen kostenlose Schlafplätze für Menschen in Not vermitteln – mit einer ambitionierten Zielmarke.

100.000 Personen in Not will Airbnb einen Unterschlupf vermitteln – in fünf Jahren. Dazu hat das Unternehmen eine „Welcome“-Initiative angestoßen, bei der jeder Bürger ein freies Zimmer oder eine freie Wohnung anbieten kann, um dort jemand unterzubringen ohne Miete zu verlangen.

 

Vodafone verschärft seine Gangart gegen fragwürdige Werbe-Umfelder

Vodafone setzt auf drastische Mittel, um zu verhindern, dass seine Werbung in fragwürdigen Umfeldern erscheint. Da die technischen Maßnahmen von Facebook und Google alleine nicht ausreichen, arbeitet der Telekommunikationsriese an einer Whitelist, die definiert, auf welchen Seiten Werbung von Vodafone ausgespielt werden darf.

"Wenn es um die Beurteilung von Websites geht, die Fake News und Hate Speech verbreiten, braucht man menschliches Urteilsvermögen, eine redaktionelle Überprüfung. Wir können uns nicht allein auf Algorithmen verlassen", erklärt Vodafone-Manager Matt Peacock im "Guardian". Man habe daher entschieden, dass eine Whitelist der beste Weg sei, um die Brand Safety von Vodafone zu gewährleisten.

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