Presseschau ... 08.06.2017

Streit um die Plakate - AfD geht mit zwei verschiedenen Kampagnen in den Bundestagswahlkampf +++ Rechtextreme Partei "Der III. Weg" verklagt- Politiker fordert "Afrika-Gutschein" ein +++ Rechte Vernetzungsbestrebungen in Sachsen +++ Gesperrte Antisemitismus-Doku - Zentralrat der Juden fordert Freigabe von ARD und ZDF +++ Hakenkreuz auf Stromverteilerkasten in Dresden-Gorbitz geschmiert

 

Durchschnittlich zehn rassistische Angriffe pro Tag

Pro Asyl und die Amadeu-Antonio-Stiftung listen in der gemeinsamen »Chronik flüchtlingsfeindlicher Vorfälle« für das Jahr 2016 3.774 Fälle rassistisch motivierter Gewalt gegen Asylsuchende auf. Heruntergerechnet bedeutet das, dass es täglich zehn Angriffe gab. 434 Menschen trugen Brand- und Körperverletzungen davon. Es gab 123 Brandanschläge auf Unterkünfte und Büros, das macht einen Brandanschlag alle drei Tage.

 

“Hierzulande besonders menschenverachtende Angriffe gegen Roma“

Das SPD-geführte Auswärtige Amt hat der Unionsfraktion vorgeworfen, eine geplante Expertenkommission des Bundestags zur Aufarbeitung der Diskriminierung von Sinti und Roma zu blockieren. Außenstaatsminister Michael Roth (SPD) sagte der „Rheinischen Post“: „Leider habe ich den Eindruck, dass es aufseiten der Unionsfraktion Vorbehalte gibt, die das Anliegen blockieren.“ Roth und der Beauftragte der Bundesregierung für nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk (CSU), sowie die SPD-Fraktion befürworten die Einsetzung eines Expertengremiums. Koschyk verwies gegenüber der Zeitung darauf, dass es „in Deutschland ganz besonders hässliche, menschenverachtende Angriffe gegen hier lebende Sinti und Roma“ gebe.

 

Hakenkreuz auf Stromverteilerkasten in Dresden-Gorbitz geschmiert

Unbekannte haben mit grüner Farben ein etwa einen Meter großes Hakenkreuz auf einen Stromverteilerkasten am Tanneberger Weg in Dresden-Gorbitz gesprüht. Festgestellt wurde die Schmiererei am Montagmorgen. Unbekannte haben mit grüner Farben ein etwa einen Meter großes Hakenkreuz auf einen Stromverteilerkasten am Tanneberger Weg in Dresden-Gorbitz gesprüht. Festgestellt wurde die Schmiererei am Montagmorgen. Die Polizei ermittelt wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

 

Nazi-Parolen in Schwandorfs Innenstadt

In Schwansdorf sind viele Nazi-Aufkleber an mehreren Orten aufgetaucht. Mittlerweile haben aufmerksame Bürger die meisten Aufkleber abgenommen. Auch die Stadt kümmerte sich um die Angelegenheit. „In zwei bis drei Tagen werden Mitarbeiter die restlichen Aufkleber entfernt haben“, versprach Lothar Mulzer, Pressesprecher der Stadt.

 

Streit um die Plakate - AfD geht mit zwei verschiedenen Kampagnen in den Bundestagswahlkampf

Die AfD zieht nach kontroversen Diskussionen mit zwei unterschiedlichen Kampagnen in den Bundestagswahlkampf. Die zentrale Kampagne des Bundesvorstands, die zuerst dem Bundeskonvent der AfD vorgestellt und vergangenen Freitag in der Telefonkonferenz der Landesvorsitzenden kritisch diskutiert wurde, ist demnach nicht bindend. Auch die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel zeigte sich nach stern-Informationen wenig überzeugt von der Kampagne des Bundesvorstands, die auf den Claim "Trau Dich, Deutschland!" vertraut. Vorbild sind Imagekampagnen wie jene der RTL-Sendung "Bauer sucht Frau", die in der Präsentation auch gezeigt wird. Wörtlich heißt es: "Wir setzten optisch auf die Buntheit z.B. von populären TV-Formaten wie 'Bauer sucht Frau'. Wir kommen wie eine Lifestyle-Kampagne daher, präsentieren uns bewusst harmlos, um die Blockade der bürgerlichen Kreise zu überwinden." Bei den Plakaten, die die AfD teilweise schon gedruckt hat, ist ein neuer Ton erkennbar. "Neue Deutsche?' Machen wir selber" steht unter dem Foto einer jungen Frau mit halbnacktem Babybauch. Das Foto eines Ferkels wird mit den Worten kommentiert: "Der Islam?' Passt nicht zu unserer Küche". Als Alternative zur Kampagne des Bundesvorstands dient nun laut AfD-Bundesgeschäftsführer Malcomeß eine Plakatkampagne der Bayern-AfD. AfD-Landesverbände, die sich für die Kampagne der Bayern-AfD entscheiden, müssen allerdings tiefer in die Tasche greifen. "In diesen Fällen entfällt nach derzeitiger Beschlusslage des Bundesvorstandes der 20-Prozent-Zuschuss des Bundesverbandes zu den Druckkosten", schreibt Bundesgeschäftsführer Malcomeß.

 

Zschäpes Gutachter: "Ich halte mich nicht für befangen"

Beate Zschäpes Gutachter, Psychiater Joachim Bauer aus Freiburg, wehrt sich gegen den Vorwurf der Befangenheit. Er sei der mutmaßlichen NSU-Terroristin mit professioneller Unvoreingenommenheit begegnet und habe seine neutrale Haltung auch während der Erstellung und Erstattung seines Gutachtens beibehalten, heißt es in einem Schreiben Bauers an das Oberlandesgericht München. "Ich halte mich nicht für befangen", so Bauer. Das Gericht hat sein Schreiben am Mittwoch an die Prozessbeteiligten verschickt. Die Hauptverhandlung ist derzeit für zwei Wochen unterbrochen.

Das Gericht hatte Bauer um Stellungnahme gebeten, nachdem die Anwälte der Familie von Halit Yozgat - dem neunten Mordopfer des NSU - im Namen ihrer Mandanten im NSU-Prozess einen Ablehnungsantrag gegen Bauer gestellt hatten. Mehrere Nebenkläger schlossen sich dem Befangenheitsantrag an. Sie werfen dem Psychiater vor, "offenkundig jede professionelle Distanz verloren" zu haben.

 

NSU-Untersuchungsausschuss - Das Dienel-Protokoll und der SPD-Politiker

Im Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss geht es am Donnerstag um die angebliche Verbindung eines Ex-V-Manns zu einem bekannten Thüringer SPD-Politiker - niedergeschrieben in einem internen Protokoll vor 16 Jahren von zwei Weimarer Kripo-Beamten. Einer von ihnen ist Zeuge im Ausschuss.

Zoff wegen Ramadan: Grünen-Politiker Beck stellt AfD-Vize Storch bloß

Für einige Politiker der AfD betreibt die Bundesregierung gezielt die Islamisierung Deutschlands. Da passt es gut ins Bild, wenn Größen der deutschen Politik einen gesegneten Ramadan, aber keine frohe Pfingsten wünschen. Das glaubt zumindest AfD-Vizechefin Beatrix von Storch entdeckt zu haben. Auf Twitter teilte sie einen Tweet von SPD-Chef Martin Schulz zum Ramadan und kommentierte: "Wer der Gesegneten-Ramadan-Wünscher hat eigentlich auch Frohe-Pfingsten gewünscht?" Grünen-Politiker Volker Beck wiederum hatte Tweets zu Ramadan und Pfingsten abgesetzt - und wies Storch darauf auch hin. Er setzte noch einen spöttischen Kommentar hinzu. Auf die Frage Storchs antwortete Beck mit "Ja" und legte nach: "Weil Respekt & Höflichkeit mal Tugenden waren, bevor Sie sie zu Fremdwörtern erklärten."

 

Rechtextreme Partei "Der III. Weg" verklagt- Politiker fordert "Afrika-Gutschein" ein

Die rechtsextreme Partei "Der Dritte Weg" hatte im vergangenen Jahr "Gutscheine" zur Ausreise nach Afrika an flüchtlingsfreundliche Lokalpolitiker verschickt - ein Stadtrat versucht jetzt diese Seereise vor dem Amtsgericht Neustadt einzuklagen. Der Grünen-Politiker aus Olpe (Nordrhein-Westfalen) fordert 2.200 Euro von den Rechtsextremen. Er hatte eine der Postkarten der Partei mit dem "Gutschein" zur Ausreise nach Afrika mit Schiff, Flugzeug oder zu Fuß erhalten. Er wählte die Schiffsreise und schickte den Gutschein zurück. Da aber keine Reaktion erfolgte, klagt der Mann jetzt gegen die Partei mit Sitz in Weidenthal im Kreis Bad Dürkheim. Aus seiner Sicht stelle der "Gutschein" ein gewerbliches Gewinnversprechen dar. "Der III. Weg" argumentiert, man habe nur provozieren wollen. Es handle sich nicht um ein Gewinnversprechen. Mit einem Urteil des Zivilgerichts wird innerhalb von drei Wochen gerechnet.

 

Rechte Vernetzungsbestrebungen in Sachsen

Der Verfassungsschutz in Sachsen konstatiert ein gestärktes Selbstbewusstsein von Neonazis, das nicht selten auch mit einer erhöhten Gewaltbereitschaft einhergeht. Beobachtet wird das Bemühen der rechtsextremen Szene, Netzwerkstrukturen aufzubauen. Unverändert 2700 Personen werden dem rechtsextremen Spektrum im Freistaat zum Jahresende 2016 zugeordnet. Zu beobachten ist der überregionale Netzwerk-Gedanke beispielsweise bei dem selbst ernannten „Antikapitalistischen Kollektiv“ (AKK), das bei der 1. Mai-Demonstration 2016 in Plauen als „Schwarzer Block“ agierte. Habitus und Auftreten sind dabei identisch mit dem Gebaren „Autonomer Nationalisten“ vergangener Jahre. Man lädt zu Schulungen ein und betreibt Kampfsporttraining. Die Verknüpfung läuft über soziale Medien und Instant Messaging Dienste. Der Zusammenschluss von „Thügida“ und „Wir lieben Sachsen“ ist vorrangig ebenfalls an einem breiten Schulterschluss interessiert und weniger an Abgrenzung gegenüber anderen Gruppierungen und Parteien aus dem braunen Lager.

 

"Identitäre Bewegung" sammelt sich in Lüneburg

Lüneburg - ein Zentrum der sogenannten Identitären Bewegung (IB)? Diesen Verdacht zumindest legt der Verfassungsschutzbericht für Niedersachsen nahe, der am Dienstag in Hannover vorgestellt worden ist. Quintessenz: Im rechten Spektrum verliert die NPD immer weiter an Bedeutung und neue Kräfte tauchen auf. Eine von ihnen ist die IB. In Lüneburg sollen die Mitglieder der IB engen Kontakt ins nahe Hamburg pflegen. In Hamburg sollen sie auch schon mit Aktionen auf sich aufmerksam gemacht haben, etwa beim Hafengeburtstag in der Hansestadt: Dort war Anfang Mai ein Terrorakt mit lebensgroßen Stoffpuppen nachgestellt worden. Im vergangenen Jahr seien viele gemeinsame Aktionen von Lüneburger und Hamburger Mitgliedern der IB durchgeführt worden, so Wolfgang Freter vom niedersächsischen Verfassungsschutz. Die Behörde bezeichnet die Gruppierung als "verfassungsfeindlich" und beobachtet sie.

 

1860 München kündigt Maßnahmen gegen Neonazis an

Der neue Präsident von 1860 München hat Maßnahmen gegen Neonazis in einem Löwen-Fanklub angekündigt. Auch der Fan-Dachverband hat sich vom Klub "Löwenfreunde Lamer Winkel" distanziert. "1860 ist ein toleranter und weltoffener Verein, bei dem kein Platz für Intoleranz und rechtsextremes Gedankengut ist. Ich werde mich in der nächsten Zeit weiter in die Materie einarbeiten, dann werden wir schnell konkrete Maßnahmen präsentieren." Eines aber könne er schon jetzt versprechen: "Den vielen Löwen-Fans, die es unerträglich finden, wenn Neonazis in Fanklubs geduldet werden, kann ich versichern, dass wir nichts unter den Teppich kehren werden." Auch der Dachverband der Löwen-Fans ARGE wurde aktiv. "'Lamer Winkel' ist ab sofort nicht mehr Mitglied der ARGE", schrieb dessen Vorsitzender Gerhard Schnell am Dienstagabend, kurz nachdem SPIEGEL ONLINE den Text veröffentlicht hatte.

 

Nazi-Gesten bei Länderspiel in Dortmund - FA sperrt zwei England-Fans lebenslang

Der englische Fußballverband FA hat gegen zwei Fans der Three Lions wegen eines Nazi-Vorfalls beim Länderspiel gegen Deutschland ein lebenslanges Stadionverbot verhängt. Beim Testspiel in Dortmund im März hatte ein Anhänger den "Hitlergruß" gezeigt, der zweite hatte mit den Fingern den Schnurrbart von Adolf Hitler nachgemacht und deutsche Fans provoziert. Der FA-Vorsitzende Greg Clarke hatte bereits damals das Verhalten der englischen Fans kritisiert. Diese hatten während der deutschen Nationalhymne vor dem Spiel gepfiffen und danach weitere Schmähgesänge angestimmt.

 

Gesperrte Antisemitismus-Doku - Zentralrat der Juden fordert Freigabe von ARD und ZDF

Wegen vermeintlicher Formfehler wollen WDR, ZDF und Arte einen Dokumentarfilm über den wachsenden Antisemitismus in Europa nicht zeigen. Nun hat sich der Zentralrat der Juden in den Fall eingeschaltet. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Fernsehsender Arte, WDR und ZDF aufgefordert, einen unter Verschluss gehaltenen Film über Antisemitismus freizugeben. Er maße sich nicht an, den Dokumentarfilm der Autoren Joachim Schröder und Sophie Hafner journalistisch zu beurteilen, schrieb Zentralratspräsident Josef Schuster an den Arte-Präsidenten und SWR-Intendanten Peter Boudgoust. Warum formale Gründe aber die Ausstrahlung von "Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa" verhinderten, erschließe sich ihm nicht.

 

Aufmarsch für einen Volksverhetzer - Rechtsextreme demonstrierten für Horst Mahler

“Den Holocaust hat es nicht gegeben.“ Einer derjenigen, die das schlimmste Kapitel der Menschheitsgeschichte in Abrede stellen, ist der frühere Rechtsanwalt Horst Mahler. Die Staatsanwaltschaft München hat nun mit einem internationalen Haftbefehl dafür gesorgt, dass Mahler erneut verhaftet worden ist. In Ungarn, wohin er vor der deutschen Justiz flüchtete, sitzt er derzeit in Auslieferungshaft. Ende Mai haben Anhänger der Neonazi- und Rechtsextremisten-Szene unter dem Motto »Freiheit für Horst Mahler!« in verschiedenen Städten für ihn demonstriert, darunter auch in München. Zwei Dutzend Demonstranten hielten es für nötig, Mahler öffentlich vor dem ungarischen Generalkonsulat ihre Solidarität zu bekunden. Organisiert hatte die Aktion die Partei »Die Rechte«, auch die NPD schloss sich an.

 

Nach Rede auf rechtsextremer Demo: Lehrerin in Vellahn weiter suspendiert

Ende vergangener Woche habe das Schweriner Arbeitsgericht eine sofortige Aufhebung der Suspendierung und die Wiedereinsetzung der Pädagogin in den Schuldienst abgelehnt, hieß es. Bis zum Ende des Schuljahres könne der Dienstausschluss bestehen bleiben. Bis dahin habe das Bildungsministerium als Dienstherr die Möglichkeit, die Gründe für die Suspendierung detaillierter vorzulegen und die weiteren disziplinarischen Konsequenzen für die Lehrerin aufzuzeigen. Das könnten beispielsweise eine Kündigung oder die weitere Beurlaubung sein. Reagiert das Ministerium nicht, wird die bestehende Suspendierung zum Schuljahresende automatisch aufgehoben.

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