Presseschau ... 07.04.2016

+++ Hotelbrand in Bingen: Verletzte und gesprühte Hakenkreuze +++ Neubrandenburg: Unbekannte Täter verprügeln Geflüchteten mit Ast +++ Löcknitz (Meck-Pom): Nazis stören Veranstaltung zu Integration +++ Grevenbroich: Familienauto mit Nazi-Symbolen besprüht

 

Hotelbrand in Bingen: Verletzte und gesprühte Hakenkreuze

In Bingen (Rheinland-Pfalz) ist in der Nacht zu Donnerstag ein Feuer in einem Hotel ausgebrochen, in dem vornehmlich Saisonarbeiter aus Portugal und Flüchtlinge untergebracht, insgesamt 25 Menschen. Während die Brandursache bisher unklar ist, wurden insgesamt drei aufgesprühte Hakenkreuze an dem Gebäude gefunden. Sechs Menschen wurden durch den starken Rauch verletzt. Das Feuer war laut Sender in der Nacht zu Donnerstag im Keller des Hotels ausgebrochen. Das Gebäude wurde sofort evakuiert. Die Mainzer Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen schwerer Brandstiftung aufgenommen.

 

Neubrandenburg: Unbekannte Täter verprügeln Geflüchteten mit Ast

In Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) haben zwei Unbekannte einen Mann attackiert. Der Afghane saß auf einer Parkbank am See, als die Männer begannen, ihn zu beleidigten. Die Polizei Neubrandenburg bestätigte, dass es sich um eine Tat mit rassistischem Hintergrund handelt. Die beiden Personen sollen dem Asylsuchenden die Worte "Scheiß Ausländer" und "Scheiß Syrer" zugerufen haben. Anschließend ging einer der zwei Tatverdächtigen mit einem Ast auf den Mann los und verletzte ihn am Kopf. Das Opfer wurde ambulant behandelt.

 

Löcknitz (Meck-Pom): Nazis stören Veranstaltung zu Integration von Flüchtlingen

Eine Gruppe Rechtsextremer hat am Mittwochabend in Löcknitz (Kreis Vorpommern-Greifswald) bei einer Informationsveranstaltung zum Thema Flüchtlinge einen größeren Polizeieinsatz ausgelöst. Wie ein Polizeisprecher erklärte, störten die Männer unter Führung eines NPD-Kommunalpolitikers die Veranstaltung der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) mit polnischen Einwohnern im Bürgerhaus. Der NPD-Ortsvertreter soll den RAA-Leiter auch beleidigt und bedroht haben. Die Polizei kam mit neun Streifenwagen und verwies die Rechten des Hauses.

 

Grevenbroich: Familienauto mit Nazi-Symbolen besprüht

Nach dem Brandanschlag auf die Räume eines türkischen Vereins und den am Hagelkreuz zerstörten Flüchtlingszelten ermittelt der Staatsschutz erneut in Grevenbroich (Nordrhein-Westfalen). Diesmal geht es um Nazi-Schmierereien. Unbekannte haben in der Nacht zu gestern mit grüner Farbe ein Hakenkreuz auf die Motorhaube eines in der Innenstadt geparkten Autos gesprüht. Auf die Stoßstange wurde das Wort "Neger" geschmiert.

 

Berlin: Frau in Pankow rassistisch beschimpft

Im Berliner Ortsteil Pankow wurde gestern ein 53-jähriger Mann festgenommen, der zuvor eine 36-jährige Frau beschimpft und volksverhetzend beleidigt hat. Der bis dahin Unbekannte flüchtete zunächst, wurde dann jedoch von durch die Frau alarmierten Polizisten gestellt und vorläufig festgenommen. Er war alkoholisiert und im Besitz von Drogen.

 

NSU-Mörder arbeitete bei V-Mann des Verfassungsschutzes

Während der Mordserie war Uwe Mundlos unter einem Decknamen bei einer Zwickauer Baufirma beschäftigt – die ausgerechnet einem V-Mann gehörte. Wie nah war der Verfassungsschutz den NSU-Tätern wirklich? Ralf "Manole" Marschner ist eine der zentralen Figuren in dem bisher immer noch unaufgeklärten Netzwerk um das "Terrortrio" Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und mutmaßlich Beate Zschäpe, die seit dem 6. Mai 2013 in München vor Gericht steht. Der Fall hat bisher elf Untersuchungsausschüsse und einen bis heute 272 Verhandlungstage dauernden Mordprozess beschäftigt, ohne dass die zentrale Frage bisher vollständig beantwortet wurde: Gab es Mitwisser im Umfeld der Nachrichtendienste oder sogar bei den Behörden selbst?
Ralf Marschner alias Manole alias Primus war von 1992 bis 2002, zehn Jahre lang, bezahlter Spitzel des BfV. In den letzten beiden Jahren seiner V-Mann-Tätigkeit betrieb er eine Baufirma in Zwickau und beschäftigte dort den NSU-Mörder Uwe Mundlos, das legen seine eigenen Aussagen vor Beamten des Bundeskriminalamtes 2013 sowie weitere Dokumente und Aussagen unabhängiger Zeugen nahe.

 

Deutliches Zeichen gegen Rechts: Altona 93-Fans werfen Nazis aus dem Stadion

Fans des Hamburger Fußballclubs Altona 93 und zuständige Sicherheitsmitarbeiter haben konsequent durchgegriffen: Während eines Spiels zwischen ihrem Verein und dem FC Türkiye schmissen sie eine Gruppe mutmaßlicher Nazis von den Zuschauerrängen. Während des Oberliga-Spiels fiel Zuschauern ein Mann auf, auf dessen Kleidung auffällige rechtsradikale Symbole prangte. Der Mann soll eine "Erik and Sons"-Jacke und ein T-Shirt mit der Aufschrift "Frei, Sozial und National" getragen haben. Er und seine vier Begleiter wurden von Ordnern aufgefordert, den Platz umgehend zu verlassen. Der Verein, der viele internationale Spieler und Fans vereint, macht deutlich, dass Nazis nicht willkommen sind. Mit mehreren Integrationsprojekten und Fanprojekten will der Club auch weiterhin klare Zeichen setzen.

 

Havelland: Protest gegen dritte Pegida-Demo angekündigt

Der Havelland-Ableger von Pegida hat für Freitagabend eine erneute Kundgebung in Schönwalde-Glien angekündigt. Im Februar hatten zuletzt 130 Teilnehmer gegen „Masseneinwanderung in Deutschland“ demonstriert. Es wird auch wieder eine Gegendemonstration geben, zu der CDU, SPD, FDP, Linke und Grüne, das Falkenseer „Bündnis gegen Rechts“ sowie die Willkommensinitiativen im Osthavelland aufgerufen haben. „Wir wollen in Schönwalde-Glien und in unserer Region keine Verhältnisse, in denen geflüchtete Menschen drangsaliert, eingeschüchtert und bedroht werden. Wir wollen das offene, freundliche und tolerante Gesicht Schönwaldes zeigen und bewahren“, heißt es in dem Aufruf unter dem Motto „Dem Hass entgegentreten“.

 

Im Schwimmbad Hakenkreuz entblößt: Knast für Tattoo-Nazi

Pirna. Wenn Peter M. (31) seinen Oberkörper freimacht, trägt er seine braune Gesinnung zu Schau. Brust, Bauch und Rücken sind großflächig u.a. mit Hakenkreuzen, SS-Runen und Totenköpfen tätowiert. Weil der Maler und Lackierer die verbotenen Nazi-Symbole öfter öffentlich präsentiert, stand er jetzt zum dritten mal wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor Gericht.
Bevor die von Gästen herbeigerufene Polizei eintraf,  war er offenbar schon vom Bademeister aufgefordert worden, sich zu bedecken. Die Entschuldigung des mehrfach vorbestraften Neonazis: „Es war so heiß und mein T-Shirt schon völlig durch geschwitzt.“ Weil Peter M. zur Tatzeit unter Bewährung stand, gab es diesmal vier Monate Knast ohne Bewährung. Die Richterin: „Sie wollten sich zur Schau stellen, ihre letzte einschlägige Verurteilung war erst drei Monate her. Das lässt keine Raum für eine Bewährungsstrafe.“

 

Geldstrafe für Polizisten nach „Scheinerschießung“

In dem spektakulären Fall einer „Scheinerschießung durch Polizeibeamte“ ist einer der beiden Beschuldigten zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Wie die Staatsanwaltschaft dem SR mitteilte, hat einer der Beschuldigten, ein 27-jähriger Beamter, einen Strafbefehl über 70 Tagessätze à 50 Euro akzeptiert. Dem Beamten war Körperverletzung im Amt in einem minder schweren Fall vorgeworfen worden. Den Angaben zufolge war er nicht eingeschritten, als sein Kollege im Februar 2014 bei einer gemeinsamen Streifenfahrt einem Rumänen zunächst Fußtritte versetzt und dann Pfefferspray ins Gesicht gesprüht hatte. Danach soll er seine Dienstwaffe gezogen, auf den am Boden liegenden Rumänen gerichtet und durchgeladen haben. Dabei soll es auch zu ausländerfeindlichen Äußerungen gekommen sein. Trotz des Strafbefehls ist der 27-Jährige weiter im Dienst. Der Hauptbeschuldigte muss sich ab dem 20. April vor dem Amtsgericht Saarbrücken verantworten.

 

Schulterschluss zwischen AfD-Jugend und Rechtsextremen in Gießen?

Plant der Nachwuchs der „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Hessen den Zusammenschluss mit rechtsextremen Kräften? Dies geht zumindest aus einer Mail hervor, die an Medien und Parteien gerichtet ist. Sadullah Güleç, Geschäftsführer der Stadthallen Gießen GmbH, bestätigte am Mittwoch auf Anfrage, dass eine Jugendorganisation am 16. April einen Raum in der Kongresshalle angemietet habe. Bei der Gruppierung handele es sich offenbar um Mitglieder der AfD-Jugendorganisation. Auch Vertreter der sogenannten Identitären Bewegung, einer losen Bewegung am rechten Rand, die vom hessischen Verfassungsschutz beobachtet wird, sowie der Jungen Nationaldemokraten, des NPD-Nachwuchses, sollen der Mail zufolge an dem Treffen teilnehmen.

 

Thüringer AfD-Aussteiger: "Björn Höcke will einen Führer-Staat"

Letzten Sommer trat Oskar Helmerich aus der AfD aus, nun wechselt er als Parteiloser zur SPD-Fraktion im Erfurter Stadtrat. Im Interview berichtet der Anwalt vom Aufmarsch "faschistoider Persönlichkeiten" wie Thüringens AfD-Chef Björn Höcke in der Partei, deren Gefährlichkeit viele unterschätzten. Er warnt, Höcke wolle die Demokratie in ihrer heutigen Form abschaffen.

 

Sprache von Pegida und AfD: Das Wörterbuch der Neuesten Rechten

Es ist etwas in Bewegung geraten in der deutschen Diskurslandschaft. Begriffe laden sich neu auf, Bedeutungen verschieben sich, aus harmlosen Wörtern werden Kampfbegriffe. Das Bedürfnis nach klaren Abgrenzungen führt zu verstärkten Einsätzen in der semantischen Kampfzone. Wenn Publizisten und Politiker im rechten Milieu und an dessen Rändern Begriffe umcodieren, ist das kein akademisches Sprachspiel. Es geht dabei um Deutungshoheit. „Die Begriffe, die man sich von etwas macht, sind sehr wichtig“, heißt es bei Brecht, „sie sind die Griffe, mit denen man die Dinge bewegen kann.“ Autor_Innen der Frankfurter Allgemeine haben daher ein paar zentrale Begriffe gesammelt, Einige haben klaren Signalcharakter, manche wirken unverfänglich, andere wieder schillern vieldeutig. Nicht jeder, der einen dieser Begriffe verwendet, ist automatisch „rechts“. Es ist sehr viel komplizierter. Und genau das sorgt für Verwirrung. Ein Klärungsversuch.

 

München: Pegida ist schlecht fürs Geschäft

Die Münchner Pegida, die für sich in Anspruch nimmt, "das Volk" zu sein, bringt immer mehr Münchner gegen sich auf. Jetzt haben Interessenvertreter von Innenstadt-Unternehmern in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) klargestellt, was die Münchner Geschäftswelt von den ihrer Ansicht nach "ritualisierten, aufmerksamkeitsheischenden Provokationen" der rechten Gruppierung hält: nämlich nichts.
Der OB kündigt nun an: "Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel voll ausschöpfen und die Situation und damit verbundene Genehmigung immer wieder neu bewerten." Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gelte jedoch für alle - "auch wenn es unerträglich ist, dass derart rassistische und hetzerische Parolen im Tagesrhythmus verbreitet werden."

 

Todesopfer rechtsextremer Gewalt: Der Hass der Neunziger kehrt zurück

Nach einem Angriff durch Neonazis stirbt in Dresden der Mosambikaner Jorge Gomondai. 25 Jahre später ist die Stimmung wie damals: aggressiv. Gomondai ist das erste Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Dresden nach der Wiedervereinigung. Sein Schicksal ist der weitere Höhepunkt einer grausamen Entwicklung im Osten. Einer Entwicklung, bei der sich Hass gegen Ausländer in Gewalt entlädt. Als rechtsextreme Gruppen Jagd machten auf jeden, der anders aussah oder dachte als sie - größtenteils unbehelligt von Polizei oder Justiz.
25 Jahre sind seit dem Tod von Gomondai vergangen und in Sachsen scheint sich nicht viel geändert zu haben. Ob in den Reihen von Pegida, in Clausnitz oder Heidenau - der Hass ist zurück. Wieder haben Menschen anderer Herkunft Angst, angepöbelt und angegriffen zu werden. Die Flüchtlingskrise katapultiert Sachsen zurück in die dunklen neunziger Jahre.

 

In Connewitz ist alles politisch

Rückblick. Der 11. Tag dieses Jahres ist ein Montag. Viele Connewitzer Linke sind im Zentrum, wo Legida demonstriert. Im Süden, beim Connewitzer Friedhof, rottet sich ein rechter Terrortrupp zusammen, 250 Neonazis und Hooligans. Binnen Minuten fällt er über die Wolfgang-Heinze-Straße her und schlägt zu Klump, was gerade da steht. Das Vereinslokal des Roten Sterns bleibt intakt, die metallischen Rollos sind unten. Der Dönerimbiss, das Buchgeschäft, insgesamt gut 20 Läden haben weniger Glück. Im Buchgeschäft beim UT prallt ein Brandsatz am "Literarischen Katzenkalender" ab. Nur dieser Umstand verhindert, dass der ganze Laden Feuer fängt. Ob eine Scheibe in Connewitz eingeworfen wird oder anderswo in Leipzig, macht einen Unterschied. Im Süden der Stadt ist alles politisch. Ein Besuch in dem Viertel, das häufig in den Schlagzeilen steht.

 

„Arschgrabsch“-Post: CDU-Mann mit Verständnis für Brandanschläge darf bleiben

Falkensee (Brandenburg): Nach der Festnahme des NPD-Aktivisten Maik Schneider wegen eines Brandanschlages auf das Auto eines Polen hatte sich der Kreistagsabgeordnete Mike Krüger (CDU) geschmacklos auf Facebook geäußert und Verständnis für die Tat geäußert. Jetzt ist klar: Konsequenzen muss Krüger nicht fürchten.
Krüger hatte hinsichtlich der Festnahme im Februar 2016 bei Facebook geschrieben: „Ob das jetzt wirklich einen fremdenfeindlichen Hintergrund hat, bleibt abzuwarten.“ Der Falkenseer hatte die Berichterstattung über Schneider, der in Untersuchungshaft sitzt, als „übliche Vorverurteilung“ bezeichnet, die in das „Bild der linken Presse“ passe. „Vielleicht hat der Pole seiner Freundin nur an den Arsch gepackt und unser brauner Freund ist ausgetickt“, schrieb Krüger weiter.
Es ist nicht das erste Mal, dass CDU-Mann Mike Krüger auf Facebook für Wirbel sorgt. Nach dem Brandanschlag auf eine Nauener Turnhalle – wegen dem ebenfalls gegen Schneider ermittelt wird – hatte er im Sozialen Netzwerk geschrieben, er wolle auch kein Wohnheim neben seinem Grundstück haben – unabhängig davon, ob dort Lehrlinge oder Asylbewerber untergebracht seien. Krüger machte damals die „verfehlte Asylpolitik“ für den Brandanschlag mitverantwortlich. Zudem hatte er auf seiner Facebook-Seite die rechten Gruppen „Pegida“ und „Nein zum Heim in Falkensee“ mit „Gefällt mir“ markiert.

 

Berlin: Großrazzia gegen Internet-Hetzer

Hetze in sozialen Netzwerken hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Gestern griff die Polizei in Berlin hart gegen Täter durch, vollzog insgesamt zehn Durchsuchungsbeschlüsse. In den frühen Morgenstunden durchsuchte die Polizei in mehreren Berliner Bezirken Wohnungen von neun mutmaßlichen Internethetzern. Bei den neun tatverdächtigen Männern im Alter zwischen 22 und 58 Jahren stellten die Beamten Computer, Laptops und Handys sicher. Außerdem fielen der Polizei neben Neonazi-Devotionalien Waffen wie Messer oder Schreckschusspistolen sowie Drogen in die Hände.
Den neun Beschuldigten zwischen 22 und 58 Jahren wird vorgeworfen, bei Facebook gegen Menschen gehetzt zu haben. Betroffen seien Flüchtlinge und Menschen mit jüdischen Glauben. Außerdem sei die Verbreitung von Liedern mit fremdenfeindlichem Inhalt Teil der Ermittlungen. Konkret geht es um Volksverhetzung sowie die Darstellung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

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