+++ Verfassungsschutzbericht 2016: Verfassungsschutz warnt vor Reichsbürgern +++ Richter: Rechtsrock-Festival hat Versammlungscharakter +++ Keine Waffen für "Identitäre" +++ Haft für rechtsextremen Sprengstoffnarren+++
Verfassungsschutz warnt vor Reichsbürgern
Sogenannte Reichsbürger besitzen häufig Waffen und seien nicht zu unterschätzen, schreibt der Verfassungsschutz in seinem Bericht. Er warnt vor mehr politischer Gewalt. Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten in Deutschland ist weiter gestiegen. 2016 registrierten die Behörden insgesamt 1.698 Gewalttaten. Im Vorjahreszeitraum waren es 1.408, wie der Verfassungsschutz in seinem jährlichen Bericht schreibt. Das entspricht einem Anstieg rechtsextremistischer Gewaltdelikte um 13,6 Prozent und damit einem stärkeren Anstieg als etwa im Bereich Linksextremismus.
20 Hakenkreuze in Stralsund gefunden
An diesem Wochenende wurden in unserem Zuständigkeitsgebiet (Landkreise Vorpommern-Greifswald, Vorpommern-Rügen und Mecklenburgische Seenplatte) fünf verfassungsfeindliche Straftaten angezeigt. In Stralsund, im Stadtteil Grünhufe, wurden durch unbekannte Täter insgesamt 20 schwarze Hakenkreuze an verschiedenen öffentlichen Orten angebracht. Allein 13 dieser Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurden in der Unterführung angebracht. Die Schmierereien waren etwa 1 x 1 m groß. Zur Schadenshöhe können noch keine Aussagen getroffen werden.
Haft für rechten Sprengstoffnarren
Maik K., 29 Jahre alt, ein arbeitsloser Neonazi aus Dresden, der sich zuletzt in der Sicherheitsbranche durchgeschlagen hat, wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe für die „Freie Kameradschaft Dresden“ (FKD) Pyrotechnik organisiert. Als mutmaßliches Mitglied dieser Nazi-Schlägertruppe sitzt er seit April diesen Jahres in Untersuchungshaft und erwartet einen Prozess vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden. Er soll etwa im Januar 2016 bei Angriffen in Leipzig-Connewitz beteiligt gewesen sein. Schon im Dezember 2015 jedoch hatte die Polizei bei K. ein ganzes Arsenal illegaler Böller sichergestellt – mehr als 1 400 „La Bombas“, Kugelbomben sowie allerlei anderes Explosives Marke „Cobra“, „Crazy Robots“, „Dum Bum“ und dergleichen. Das Zeug hatte er sich mit seiner Schwester von einem polnischen Onlineversand liefern lassen und in der Wohnung der Schwester gebunkert. Im Mai wurde die Schwester wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen zu einer Geldstrafe verurteilt, die sie akzeptiert. Der einschlägig vorbestrafte Maik K. dagegen erhielt per Strafbefehl ein Jahr auf Bewährung und legte Einspruch ein.
Der bayerische VGH entscheidet - Rechtsextremismus unter dem Öko-Deckmantel?
Klage gegen Aufnahme in Verfassungsschutzbericht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Klage des Vereins „Midgard“ gegen dessen Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht des Freistaats verhandelt. Laut dem Vorsitzenden Richter ist die Aufnahme in den Bericht nur dann möglich, wenn es „verfassungsfeindliche Bestrebungen“ gebe, wenn also politisch aktiv auf verfassungsfeindliche Ziele hingearbeitet werde. Die Richter klopften zahlreiche Punkte ab, die für eine rechtsextreme Gesinnung sprechen könnten, darunter die Zielsetzung des Vereins und seines Magazins „Umwelt & Aktiv“. Der Freistaat geht davon aus, dass der Verein „unter dem Deckmantel des Umwelt- und Naturschutzes“ unterschwellig rechtsextremistisches Gedankengut einfließen lasse. „Eine Taktik, die wir jetzt öfter sehen“, so ein Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz. Eine Mitarbeiterin des Innenministeriums verwies darauf, dass Umwelt und Ökologie im Magazin „mit Begriffen wie Heimat und Volk“ gleichgesetzt würden. „Das ist ein zentraler roter Faden.“
Richter drängt auf Ende der Beweisaufnahme im NSU-Prozess
München - Im NSU-Prozess gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte drängt das Gericht auf ein Ende der Beweisaufnahme. «Nach nunmehr über vier Jahren kommt dem Beschleunigungsgebot besondere Bedeutung zu», sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Donnerstag. Das Oberlandesgericht München habe schon vor mehreren Monaten mitgeteilt, dass seine Fragen beantwortet seien. Die Beweisaufnahme werde inzwischen «nur noch von Verfahrensbeteiligten gesteuert».
Protest gegen Pegida
Während Pegida am Montagabend erneut mit knapp 2 000 Teilnehmen vom Altmarkt durch die Innenstadt zog, versammelten sich am Postplatz erstmals seit Langem wieder mehrere Hundert Studenten, um gegen das Bündnis zu protestieren. Neu bei Pegida war, dass Bachmanns Stellvertreter Siegfried Däbritz ankündigte, noch diese Woche einen Aufnahmeantrag bei der AfD zu stellen. Er mache sich jedoch keine Hoffnungen, tatsächlich aufgenommen zu werden, sagte er. Für Aufmerksamkeit sorgte dieses Mal der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff: Er hatte sich auf die Pegida-Kundgebung begeben, um für einen Film mit Demonstranten ins Gespräch zu kommen.
Richter: Rechtsrock-Festival hat Versammlungscharakter
Das geplante Rechtsrock-Festival "Rock gegen Überfremdung" kann am 15. Juli im südthüringischen Themar stattfinden. Das hat das Verwaltungsgericht Meiningen am Montag entschieden. Damit kassiert das Landratsamt Hildburghausen als Genehmigungsbehörde im Streit um das Konzert eine Niederlage. Es hatte der Veranstaltung den vom Grundgesetz geschützten Versammlungscharakter abgesprochen, weil Eintrittsgelder erhoben werden sollen. In Hildburghausen waren schon im vergangenen Sommer zahlreiche Neonazis zu einem Konzert angereist.
Das Gericht gab jedoch einem Eilantrag des Veranstalters statt. Bei der geplanten Veranstaltung handele sich zwar um eine "gemischte" Versammlung. Allerdings würden diejenigen Aspekte der Veranstaltung überwiegen, die nach Artikel 8 Grundgesetz und des Versammlungsgesetzes geschützt sind. Neben Redebeiträgen und Informationsständen gelte das auch für die geplanten Musikdarbietungen.
Gedenken an Ägypterin - Integrationsministerin Köpping mahnt zu Widerstand gegen Rassismus
Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) hat zum Widerstand gegen menschenverachtende Einstellungen aufgerufen. Die Gesellschaft dürfe das nicht akzeptieren, mahnte sie in einer Mitteilung vom Donnerstag vor dem alljährlichen Gedenken an die 2009 im Dresdner Landgericht aus Fremdenhass ermordete Ägypterin Marwa El-Sherbini. Terror und Hass gebe es nicht nur in fernen Ländern, sondern auch in Deutschland. Es gelte, im Gedenken an die Opfer zusammenzustehen. In diesem Sinne wollen am Samstag, dem achten Jahrestag des Verbrechens, Ausländerrat und Vorbereitungskreis vor dem Gericht mit weißen Rosen an El-Sherbinis Zivilcourage erinnern und gegen Rassismus mahnen.
Rassismus an der Uni: Warum es in Deutschland kaum schwarze Professor_innen gibt
Prof. Dr. Karim Fereidooni berichtet über seine Erfahrungen an deutschen Universitäten:
Ich persönlich kenne nur 13 Professor*innen of Color bzw. schwarze Professor*innen in Deutschland. Wahrscheinlich gibt es noch einige wenige mehr, doch die Anzahl wird - im Vergleich zu den insgesamt ca. 45.000 Professor*innen in Deutschland - verschwindend gering sein. Aufgrund meiner privilegierten Position als ehemaliger Promotionsstipendiat, konnte ich mich drei Jahre lang ausschließlich und ohne Finanzierungsschwierigkeiten meiner Dissertation mit dem Titel „Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen von Lehrer*innen ‚mit Migrationshintergrund' im deutschen Schulwesen" und anderen Publikationen widmen.
Hetzredner vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen
Das Landgericht Duisburg hat ein Urteil wegen Beleidigung gegen den früheren „pro NRW“-Funktionär Dominik Roeseler aufgehoben. Das Amtsgericht Duisburg hatte den Mönchengladbacher Ratsmann und ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden von „pro NRW“ Ende 2016 zu einer Geldstrafe von 4000 Euro verurteilt. (bnr.de berichtet) Anlass dafür war eine Rede des Mitbegründers der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) bei einem Aufmarsch von „Pegida NRW“ in Duisburg. Roeseler hatte dabei den damaligen nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) auch als „Dreck“ bezeichnet.
Das Landgericht Duisburg hob das Urteil aus Erster Instanz am heutigen Montag auf, weil es die Aussagen gegen den Landesinnenminister und Sozialdemokraten in Anbetracht der gesamten Rede nicht als Beleidigung ansah. Im Zusammenhang betrachtet, sagte ein Gerichtssprecher gegenüber bnr.de auf Anfrage, habe die Kammer die Aussage als noch im Rahmen der Meinungsfreiheit angesehen. Roeseler wurde also vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Der zur Selbstdarstellung neigende Roeseler hat sich unter anderem als Redner bei verschiedenen rechtsextremen Versammlungen wiederholt Ärger mit der Justiz eingehandelt. (bnr.de berichtete) Über den Kurznachrichtendienst Twitter teilte Roeseler nach der Urteilsverkündung heute mit, nun seien noch „5 Strafbefehle offen“. (mik)
"Identitäre Bewegung" - Keine Waffen für "Identitäre"
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) will Mitgliedern der rechtsextremen "Identitären Bewegung" (IB) den Waffenbesitz verbieten. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linken hervor. Mäurer hatte nach Senatsangaben bereits 2011 die „Entwaffnung von Rechtsextremisten“ in einem Maßnahmenkatalog formuliert und umgesetzt. Im Fall der „Identitären“ strebe der Innensenator nun ein ähnliches Vorgehen an wie zuletzt bei den sogenannten Reichsbürgern. Anhänger dieser Gruppierung dürfen seit Dezember 2016 in Bremen keine Waffen mehr besitzen. Reichsbürger leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und behaupten stattdessen, das Deutsche Reich bestehe weiterhin in den Grenzen von 1937. Der Verfassungsschutz stuft Teile der Gruppierung ebenfalls als rechtsextrem ein.
Weniger Pegida, mehr Neonazis
Die Teilnehmerzahlen bei dem sechsten „Merkel muss weg“-Aufmarsch in Berlin sind massiv eingebrochen. Kaum noch „bürgerliche“, sondern eindeutig rechtsextreme Besucher erschienen. Alles fiel dieses Mal deutlich kleiner aus, als sich zum mittlerweile sechsten Mal hunderte Flüchtlingsfeinde und Neonazis zum Aufmarsch unter dem Motto „Merkel muss weg“ am Vorplatz des Berliner Hauptbahnhofs versammelten. Nicht einmal 500 Rechte kamen diesmal zusammen. Zum Auftakt im März 2016 überraschte die Veranstaltung noch mit 3000 Teilnehmern (bnr.de berichtete), war aber bei den Folgeversammlungen mit kontinuierlich sinkenden Besucherzahlen konfrontiert. Der vergangene Samstag sollte nun einen neuen Tiefpunkt darstellen.
Kritik an Route der Nazi-Demo
Erfurt. Nach dem Neonazi-Aufmarsch am Samstag in der Innenstadt hat SPD-Stadtrat Kevin Groß den Einsatz der Gegendemonstranten gewürdigt. Nach einem gescheiterten Versuch am Ratsgymnasium sei es ihnen vor dem Domplatz gelungen, den rechten Marsch durch eine Sitzblockade aufzuhalten. „Dafür gebührt den jungen Menschen Dank und Respekt für ihr gelebtes demokratisches Engagement“, sagte Groß. Zugleich kritisierte er, dass die Stadtverwaltung „erstmals seit zehn Jahren eine Route beauflagt hat, die direkt durch das Herz der Innenstadt bis zum Domplatz führte“. Sie habe den Nazis damit den größten Demo-Erfolg seit zehn Jahren ermöglicht. „Ohne den demokratischen Widerstand von vielen jungen Menschen, wäre dieser Erfolg wohl noch größer“, meinte Groß, der selbst an der Gegendemo beteiligt war.
Festumzug sorgt wieder für Aufregung
Jede Menge Aufsehen erregte in der vergangenen Woche die Kritik an dem geplanten historischen Festumzug durch Werder anlässlich der 700-Jahr-Feier am 16. Juli. Die Linken-Fraktion beanstandete eines der insgesamt 55 Bilder, die bei diesem Umzug gezeigt werden sollen. Anhand dieser Bilder wird auf alle Zeitabschnitte der Zeit eingegangen und somit auch auf die Nazi-Zeit. Wie berichtet, protestierte die Linke gegen eine geplante Szene, die einen „SA-Mann im Auto“ zeigt.