Presseschau ... 02.08.2017

Hasstiraden im Supermarkt: Gericht verurteilt Justizangestellte wegen Volksverhetzung +++ AfD macht Wahlkampf gegen Homo- und Transsexuelle +++ NSU-Prozess: Oberstaatsanwalt spricht Ralf Wohlleben zentrale Bedeutung +++ Verfassungsschutz zählt 718 Reichsbürger in Sachsen +++ Zelt für Rechtsrock: Verleih will nichts gewusst haben +++ Fußball: Antonio Rüdiger fordert harte Strafen bei Rassismus +++ Medien berichten über Flüchtlinge vor allem als Gewalttäter +++ Reichsbürger schließt sich in Auto ein

 

Rechte Gewalt: "Sie warfen einen Feuerlöscher durch die Scheibe"

Rechte beschmutzten ein Büro der Partei Die Linke in Siegen und wüteten in einem Gemeinschaftsgarten. Ein Interview mit Sylvia Gabelmann, stellvertretende Landesvorsitzende der Partei in NRW.

 

Cottbus: Volksverhetzung vor der Stadthalle

Gegen 17:00 Uhr wurde eine 16-Jährige aus Spremberg am Montag im Bereich Blechen-Carre/ Stadtmauer in Richtung Stadthalle von drei Personen bedroht. Die 24 Jahre alte Frau und zwei 35 und 37 Jahre alte Männer riefen zudem „Sieg Heil“ und erhoben den Arm zum Hitlergruß. Die beiden Männer sind der Polizei einschlägig bekannt. Alle drei waren mit Werten von bis zu 3,0 Promille stark alkoholisiert. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Bereits am Montagnachmittag gegen 15:30 Uhr beleidigte ein 56-Jähriger, der gemeinsam mit sechs anderen Personen aus dem Trinkermilieu auf einer Bank am Stadtbrunnen Alkohol konsumierte, eine Gruppe vier ausländisch aussehender Bürger.

 

Hasstiraden im Supermarkt: Gericht verurteilt Justizangestellte wegen Volksverhetzung 

Eine Berliner Justizangestellte ist nach fremdenfeindlichen Beschimpfungen in einer Warteschlange in einem Supermarkt der Volksverhetzung schuldig gesprochen worden. Das Amtsgericht Tiergarten verwarnte die 52-Jährige.

Eine Geldstrafe von 4000 Euro wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der Frau wurde auferlegt, einen bereits begonnenen Täter-Opfer-Ausgleich fortzusetzen und 1600 Euro an die geschädigte Familie zu zahlen. Sie hatte zu Prozessbeginn am Dienstag gestanden und erklärt, sie schäme sich. Es sei eine „stressbedingte Ausfallerscheinung“ gewesen.

 

Volksverhetzung in NRW: Willicherin muss 1000 Euro zahlen

Stadt Willich. Eine Frau aus Willich musste sich gestern wegen Volksverhetzung vor dem Krefelder Amtsgericht verantworten. Sie hatte einen Afrikaner öffentlich herabgewürdigt und andere mit ihren Worten zur Gewalt angestachelt. Nach einer Entschuldigung wurde das Verfahren gegen eine Zahlung von 1000 Euro eingestellt.

 

Immer mehr rechte Straftaten in Bayern

Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Bayern blieb im ersten Halbjahr 2017 weiter auf einem hohen Niveau. Seit Jahren schon steigt die Zahl der rechtsmotivierten Straftaten – und die ihrer Opfer.

 

Prozess: Ein Abend voller Pöbeleien und Gewalt

Diesen Freitagabend wird man in Ebersberg nicht so schnell vergessen. Am 25. September vor zwei Jahren überfiel eine Gruppe von acht jungen Männern den Imbiss am Bahnhof. Dabei riefen sie fremdenfeindliche Parolen, schlugen mit einem Baseballschläger auf einen Mitarbeiter und einen Gast ein und zerstörten Teile der Einrichtung. Die Empörung war groß, es gab spontane Solidaritätsbezeugungen mit den Opfern. Nun beginnt am Landgericht in München der Prozess gegen die Schläger, die im Falle einer Verurteilung eine lange Haftstrafe erwartet.

 

AfD macht Wahlkampf gegen Homo- und Transsexuelle

Die Alternative für Deutschland hat sexuelle und geschlechtliche Minderheiten mit zu ihren Hauptfeinden im Wahlkampf gemacht. Bereits in ihrem im April beschlossenen Wahlprogramm forderte die Partei, am Ehe-Verbot für Schwule und Lesben festzuhalten, außerdem lehnte sie die Anerkennung von Regenbogenfamilien ab und empörte sich über Homo-"Propaganda" an Schulen. In Wahlkampfreden machen die AfD-Granden jetzt deutlich, dass sie diese homophobe Tonlage in den nächsten Wochen kultivieren wollen.

 

"Defend Europe": Möglicher Rettungseinsatz bringt Rechtsextreme "Identitäre" ins Schwimmen

Sie wollen mit ihrem Schiff "C-Star" im Mittelmeer "Europa verteidigen" und dafür vor der libyschen Küste kreuzen. Doch die Rechtsextremen wirken schlecht vorbereitet für einen Ernstfall, wenn sie dort Menschen in Not aufnehmen müssen. Das "Hamburger Abendblatt" hat am Dienstag an Bord des Schiffes angerufen, nachdem die "Identitäre Bewegung" von sich aus angeboten hatte, Fragen zu beantworten. Crew-Mitglied Robert Timm, Berliner Regionalleiter der "Identitären Bewegung", telefonierte, ließ aber Fragen offen.

 

Rechtsextreme in Schorndorf: Neonazis verteilen Flyer und Pfefferspray

Extrem rechte Gruppen nutzen die Vorfälle auf dem Schorndorfer Straßenfest für ihre Propaganda: Der „Dritte Weg“ und die Identitäre Bewegung sind durch die Innenstadt patrouilliert.

Die Vorfälle am Rande des Stadtfests Schorndorfer Woche (Schowo) Mitte Juli werden von Rechtsextremisten für ihre Zwecke vereinnahmt. Aktivisten die Identitären Bewegung und der Kleinpartei „Der Dritte Weg“ sind laut eigener Darstellung „kurz nach den Vorfällen“ durch die Innenstadt patroulliert. Eine solche Mitteilung hat der Dritte Weg auf seiner Webseite veröffentlicht.

 

NSU-Prozess: Anklage hat keinen Zweifel an Zschäpes Mitschuld an Morden

379 Verhandlungstage haben Spuren bei Beate Zschäpe hinterlassen. Die Angeklagte im Münchner NSU-Prozess ist sichtlich gealtert, wirkt gestresst, lächelt nur noch selten. Bereits fünf Tagen lang trägt die Bundesanwaltschaft vor, was aus ihrer Sicht nach der Beweisaufnahme in diesem Mammutverfahren feststeht.

Auf die 42-Jährige dürften schon die einleitenden Ausführungen von Bundesanwalt Herbert Diemer wie ein Hammer gewirkt haben. Er stellte klar, dass es ausreichend Beweise dafür gebe, dass alle fünf Angeklagten schuldig seien. Das würde für die Hauptangeklagte lebenslange Haft bedeuten. Zschäpe hatte vor Gericht bestritten, von den NSU-Morden vorab etwas gewusst zu haben. Sie stellte sich als unpolitisch und im Untergrund abhängig von ihren Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt dar.

 

NSU-Prozess: Oberstaatsanwalt spricht Ralf Wohlleben zentrale Bedeutung zu

Am Tag vier des Plädoyers der Bundesanwaltschaft im Münchener NSU-Prozess am Montag standen die beiden Mitangeklagten Ralf Wohlleben und Carsten S. im Fokus. Beiden wird von der Anklage Beihilfe zum Mord vorgeworfen, weil sie dem NSU-Kerntrio die Ceska besorgten, mit der dieses ihre Mordanschläge auf Migranten beging.

Ralf Wohlleben ist neben Beate Zschäpe der einzige Angeklagte im NSU-Verfahren, der seit November 2011 in Untersuchungshaft sitzt. Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten machte bei der Sitzung am Montag auch klar, warum das so ist: Wohlleben habe demnach eine zentrale Funktion innerhalb eines kleinen Zirkels ausgeübt, der Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt unterstützte, so der Oberstaatsanwalt. Der Mitangeklagte S. hingegen, der im Auftrag Wohllebens die Ceska nach Chemnitz schaffte und an Mundlos und Böhnhardt übergab, sei einer von mehreren „hilfswilligen Unterstützer“ der Untergetauchten gewesen.

 

Interview mit NSU-Opferanwalt: "Bundesanwälte haben gelogen“

Der NSU-Prozess ist nach mehr als vier Jahren auf der Zielgeraden. Oberstaatsanwältin Anette Greger hat Opferanwälten vorgeworfen, Verschwörungstheorien anzuhängen. Die wehren sich: Die Ankläger hätten die Anwerbung von V-Leuten forciert.

 

Sachsens NSU-Ausschuss: Woher kamen die anderen Waffen?

Beate Zschäpe, Angeklagte im NSU-Prozess, könnte nach dem Urteil im Münchner Prozess in Sachsens Ausschuss zum Terror-Netzwerk zitiert werden, um dort offene Fragen klären zu helfen.

 

Verfassungsschutz zählt 718 Reichsbürger in Sachsen

Das sächsische Innenministerium zählt in Sachsen aktuell 718 Reichsbürger. Das ist das Ergebnis einer ersten Lagebewertung, die im Dezember 2016 begonnen wurde und nun vorliegt. Seit Ende 2016 wird die Szene vom Verfassungsschutz observiert.

 

Reichsbürger schließt sich in Auto ein

Ein sogenannter Reichsbürger hat sich im brandenburgischen Spremberg (Spree-Neiße) einer Polizeikontrolle widersetzt. Der 48-Jährige, der in einem PKW mit schweizerischen Kennzeichen saß, habe bei dem Vorfall in der Nacht zu Dienstag zunächst die Autotüren von innen verriegelt, teilte die Polizei mit. Er habe lediglich durch einen leicht geöffneten Spalt des Autofensters mit den Beamten kommunizieren wollen.

"Der Aufforderung, aus dem Auto auszusteigen, wollte er wegen seiner kruden Rechtsauffassung nicht nachkommen", hieß es bei der Polizei weiter: "Erst nach der Androhung technischer Gewalt und in einem kurzen lichten Moment stieg er aus." Ein Alkoholtest ergab 0,48 Promille.

 

Medien berichten über Flüchtlinge vor allem als Gewalttäter

Der Medienwissenschaftler Thomas Hestermann hat eine zunehmend einseitige Berichterstattung über Flüchtlinge beklagt.

Er sagte im Deutschlandfunk, Ausländer seien als mutmaßliche Gewalttäter in den Fokus gerückt. Dagegen werde über die wachsende Gewalt gegen Migranten kaum noch berichtet. Erfolgsgeschichten von Flüchtlingen seien noch seltener zu finden. Zu diesem Ergebnis sei er in einer Studie gekommen, für die er zwischen Januar und April dieses Jahres 283 Artikel in überregionalen Zeitungen sowie 81 Fernsehbeiträge analysiert habe, erklärte Hestermann.

 

Fußball: Antonio Rüdiger fordert harte Strafen bei Rassismus

Der deutsche Fußball-Nationalspieler Antonio Rüdiger hat erneut ein entschlossenes Handeln der Verbände bei rassistischen Beleidigungen in Stadien gefordert.

 

Norderstedt gegen HSV II: Rassismus-Eklat überschattet Auftakt-Derby

HSV-Fans haben im Stadion eine weibliche dunkelhäutige Servicekraft rassistisch beschimpft. Ein „Fan“ musste vom Sicherheitsbeauftragten Olaf Bösselmann nach der Partie mit dem Ordnungsdienst zur Ruhe gebracht werden.

 

Zelt für Rechtsrock: Verleih will nichts gewusst haben

Rechtsrock-Konzerte wie in Themar finden auch statt, weil nicht alle Unternehmen sich weigern, mit Neonazis Geschäfte zu machen. Oder Firmen gar nicht wissen, mit wem sie sich einlassen.

 

Wird die rechtsextreme Musikszene genug überwacht?

Springerstiefel, Bomberjacken, kahle Köpfe. Die Bilder grölender Skinheads in ihren Outfits aus den 90ern wirken bis heute fort. Immer wieder muss der bierselige Glatzkopf als Schablone für den militanten Rechtsextremismus her halten. Dabei haben große Teile der Szene alte Klischees längst hinter sich gelassen. Vor allem, wenn es um den Soundtrack zu Hass und Rassismus geht. Gepiercte Jungnationalisten in Sportklamotten feiern „patriotische Rapper“ und Hardcore-Bands, die sich bei aus den USA stammenden Subkulturen bedienen. „Nationale Liedermacher“ mit Seitenscheitel und Gitarre singen bei Kameradschaftsabenden gegen den „Volkstod“ an. „Ausdifferenzierung“ ist das Schlagwort, das immer wieder fällt, wenn Soziologen die Entwicklung im rechtsextremen Milieu beschreiben.

 

Er war "Haiders Schatten" und erfolgreicher Rechtspopulist - heute erklärt er die perfiden Tricks

Stefan Petzner kennt die Tricks der Populisten. Wer, wenn nicht er, meint er. Petzner war einer von ihnen. Jahrelang war er die rechte Hand des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider. Heute arbeitet Petzner als Politikberater und sagt, er habe die Achillesferse der Populisten erkannt.

 

Gemeinsam gegen Rassismus: Karlsruhe setzt Zehn-Punkte-Plan um

Seit mittlerweile rund zehn Jahren ist die Stadt Karlsruhe Mitglied der "European Coalition of Cities against Racism" (ECCAR). Gemeinsam mit aktuell 133 weiteren Städten aus 23 europäischen Ländern werden in diesem Netzwerk Möglichkeiten geschaffen, vor allem Rassismus und Diskriminierung auf kommunaler Ebene zu bekämpfen. Nun gibt es einen Bericht zum aktuellen Stand der Dinge.

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