Presseschau ... 02.06.2017

+++ Berlin-Tempelhof: Auto bleibt liegen – Fahrerin wird rassistisch beschimpft +++ Mehr als 200 islamfeindliche Übergriffe in drei Monaten +++ Rechtsrock-Festival auf Grundstück eines AfD-Politikers +++ Schlag gegen Drogenbande und Nazi-Szene in Aachen +++

 

Berlin-Tempelhof: Auto bleibt liegen – Fahrerin wird rassistisch beschimpft

Eine Autofahrerin in Berlin-Tempelhof hat am Mittwochabend eine andere rassistisch beleidigt. Eine Autopanne zwang eine 25 Jahre alte Frau zum Stopp. Neben ihr hielt ein anderer Wagen, dessen unbekannte Fahrerin die 25-Jährige volksverhetzend beleidigt haben und dann weiter gefahren sein soll.

 

Mehr als 200 islamfeindliche Übergriffe in drei Monaten

In den ersten drei Monaten des Jahres sind in Deutschland Muslime in mehr als 200 Fällen wegen ihrer Religion beleidigt und angegriffen worden oder wurden Opfer von Sachbeschädigung. Polizei und Verfassungsschutz erfassten im ersten Quartal Anzeigen zu 208 Straften mit islamfeindlichem Hintergrund, die Täter waren zumeist rechtsextreme. Zwei Menschen wurden dabei – in Baden-Württemberg und in Hessen – verletzt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor.

 

Rechtsrock-Festival auf Grundstück eines AfD-Politikers

Im Juli werden mehrere Tausend Neonazis bei zwei Rechtsrock-Open Airs in Südthüringen erwartet. Das Pikante daran: das Gelände auf dem die Freiluftveranstaltungen stattfinden, gehört einem bekannten AfD-Politiker.

 

Schlag gegen Drogenbande und Nazi-Szene in Aachen

Das nennt man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Polizei und Staatsanwaltschaft haben in Aachen eine mutmaßliche Drogenhändlerbande zerschlagen. Ganz nebenbei dürfte das auch ein herber Schlag für die Neonazi-Szene in der Region sein. enn mindestens einer der drei Männer, die bei zwei Großeinsätzen am Mittwoch im Aachener Stadtteil Brand verhaftet wurden, ist ein Aktivposten der hiesigen Rechtsextremen. Es handelt sich dabei nach Informationen unserer Zeitung um den 34-jährigen Timm M., einst Mitglied der 2012 verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) und auch heute noch in andere Konstellationen der  rechtsextremen Szene eingebunden.

Timm M. hat sich passend gekleidet. „Hausbesuche“ prangt in dicken Lettern auf seinem T-Shirt einer bei Rechtsextremen beliebten Marke. Darunter zeigt ein Bild Spezialkräfte im Einsatz. Dass er tatsächlich einen „Hausbesuch“ eines Einsatzkommandos bekommen wird, kann der 34-Jährige natürlich nicht ahnen, als er sich an diesem Tag anzieht

 

Gefährliche Körperverletzung: Haftbefehl gegen Ex-Schatzmeister der AfD-Jugend erlassen

Angeblich gibt es keine Kontakte zwischen AfD und "Identitären". Trotzdem tauchte der damalige Schatzmeister der AfD-Jugend im Mai bei einer Aktion der "Identitären" auf - und soll dabei beinahe einen Zivilpolizisten überfahren haben. Am Donnerstag erging Haftbefehl. Der Ex-Schatzmeister der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) in Berlin, Jannik Brämer, ist wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung verhaftet worden. Der Haftbefehl gegen ihn sei aber außer Vollzug gesetzt worden, weil er einen festen Wohnsitz habe.

 

“Alle in ein Flugzeug setzen und abstürzen lassen“ – Verfahren gegen 20-jährigen Leipziger eingestellt

Am Donnerstag musste sich ein 20-jähriger Leipziger am Amtsgericht wegen seiner Einträge vom 2. September 2015 verantworten. Er hatte sich nach der Veröffentlichung eines Online-Artikels zum Thema Flüchtlings-Unterbringung an der Leserdiskussion beteiligt. Nicht umsonst würden Turnhallen abgebrannt, ließ er andere wissen. „Ich würde alles anbrennen, was bringt’s, wenn die hier sind?“ Außerdem schrieb er: „Sie sollen sie alle in ein Flugzeug setzen und es abstürzen lassen.“ Sein Verteidiger erklärte: „Mein Mandant hat keine manifeste politische Überzeugung, er würde sich selbst als neutral bezeichnen.“ Dass der Angeklagte vor Gericht nun „stammelt und um Worte ringt“, sei Ausdruck für seine Scham. Der Angeklagte berichtete, dass sich wohl sein Frust Bahn gebrochen habe. Der 20-Jährige hat keinen Schulabschluss, keinen Ausbildungsplatz, keine Arbeit. Er sei traurig, habe wohl psychische Probleme. Dabei kämpfte er letztlich mit seinen Tränen. Die Jugendrichterin stellte das Verfahren auf seiner „persönlichen Lebenssituation“ stellte sie mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft das Jugendstrafverfahren jedoch ein; im Gegenzug soll der 20-Jährige 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

 

“Vergasen“ – 900 Euro Geldstrafe wegen Facebookpost

Wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen hat das Amtsgericht Alsfeld jetzt einen 38-jährigen Lauterbacher zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro, insgesamt 900 Euro verurteilt. Der Mann hatte vor über zwei Jahren, im April 2015, ein Bild von Adolf Hitler, versehen mit der Aufforderung "Vergasen", auf die Facebook-Seite einer Zeitung gestellt und damit auf einen dort erschienenen Artikel über eine in Fulda errichtete Flüchtlingsunterkunft reagiert. Als Ausdruck rechter oder gar brauner Gesinnung wollte der Mann seinen Kommentar nicht verstanden wissen, vielmehr als ein Beispiel von schwarzem Humor.

 

Detmold: Holocaust-Leugnerin Haverbeck wieder vor Gericht

Wegen Volksverhetzung soll die bekannte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel mehrmonatige Haftstrafen absitzen. Gegen die zwei entsprechenden Urteile des Amtsgerichts Detmold mit Strafen von acht und zehn Monaten wehrte sich die Vlother Neonazi-Ikone. Am 8. Juni findet ihre Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Detmold statt - bereits in der Vergangenheit war Haverbeck mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt worden.

 

Prozess vor dem Landgericht in Kiel: Neonazi gesteht Messerstiche

Ein Kieler (25) muss sich seit Donnerstag wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung und Waffendelikten vor dem Landgericht in Kiel verantworten. Zum Prozessauftakt räumte der in U-Haft sitzende Mann ein, in der Nacht zum 1. Dezember 2016 einen 26-Jährigen niedergestochen zu haben.

 

Ballstädt-Angreifer gehen in Revision

Der rechtsextreme Überfall auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt (Landkreis Gotha) beschäftigt weiter die Justiz. Wie ein Sprecher des Landgerichts Erfurt am Donnerstag mitteilte, haben alle Verurteilten Revision eingelegt. Somit wird nun der Bundesgerichtshof prüfen, ob das Urteil fehlerhaft ist. Neue Beweise werden nicht erhoben.

 

Identitäre und die AfD

Überschneidungen von Akteuren der „Identitären Bewegung“ (IB) und der AfD waren in verschiedenen Publikationen schon Thema. Wie die IB sich die Zusammenarbeit mit der AfD vorstellt, verdeutlicht auch die interne Kommunikation.

 

AfD manipuliert Buchtitel – Höcke spricht von "hintersinnigem Scherz"

Nachdem die AfD ein Bild mit einem manipulierten Buchtitel vom neuen Buch des Justizministers Heiko Maas veröffentlicht hat, geht der betroffene Verlag nun rechtlich gegen die Partei vor. AfD-Politiker Höcke bezeichnete das Fake-Bild hingegen als "hintersinnigen Scherz".

 

Alexander Tassis, Grieche, schwul, Abgeordneter der AfD: Wir haben ihn gefragt: Warum?

Alexander Tassis, 46, ist Bundesvorsitzender der "Migranten in der AfD – Neudeutsche Hoffnungsträger". Er ist in Athen geboren, Landtagsabgeordneter in Bremen und außerdem schwul. Die Migrantengruppe in der AfD besteht aus persisch-, polnisch-, bosnisch-, türkisch-, afrikanisch- und griechischstämmigen Mitgliedern, die sich als "stolze Deutsche" verstehen. Auf ihrer Facebook-Seite posten sie, es sei ihr Ziel, die AfD zur "führenden Einwandererpartei" Deutschlands zu machen. Mit bislang 63 Likes sind sie noch weit von diesem Ziel entfernt. Sie sehen sich als Gegner einer "hemmungslosen Deutschenfeindlichkeit, "brachialster Islamisierung" und der "forcierten Abschaffung der europäischen Nationalstaaten". Es ist ihnen wichtig, nicht mit jenen Flüchtlingen in einen Topf geworfen zu werden, die jetzt nach Deutschland gekommen sind. Klingt absurd? Ist es auch.

 

"Benachteiligung der heterosexuellen Mehrheit": AfD will Förderung queerer Gruppen streichen

Das Land Brandenburg solle die "finanzielle wie ideelle Unterstützung" der Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule Belange einstellen, da die Personengruppen nicht mehr diskriminiert würden.

 

Saarländische AfD-Landesliste ist ungültig

Die Landesliste der saarländischen AfD für die Bundestagswahl ist ungültig. Die Delegierten des Landesparteitags waren laut dem Saarbrücker Landgericht offenbar gar nicht berechtigt, die Landesliste aufzustellen.

 

Freital in Sachsen: CDU und AfD gegen Rechtsextremismus-Studie

Im sächsischen Freital attackieren Kommunalpolitiker von CDU, AfD und Freien Wählern gemeinsam die umstrittene Regierungsstudie zum Thema Rechtsextremismus in Ostdeutschland. In einem interfraktionellen Antrag wenden sich zehn Stadträte aus den drei Fraktionen, darunter die Fraktionschefs von CDU und AfD, Martin Rülke und Norbert Mayer, gegen "die Brandmarkung unserer Stadt, unserer Region und der hier lebenden Menschen".

 

Frankfurter Stadtparlament: Den Rechspopulismus eindämmen

Das Römer-Bündnis in Frankfurt setzt auch auf Investitionen in Sauberkeit und Bürgerservice, um den Rechtspopulismus einzudämmen.

 

Nordthüringen: Geschichtsrevisionistische “Tage“

Vom 9. bis 11. Juni sollen im Ausflugs- und Ferienhotel „Hufhaus“ im nordthüringischen Ilfeld (Landkreis Nordhausen) die rechtsextremen „Tage Deutscher Gemeinschaft – Begegnung der Generationen“ stattfinden. An der früher auch als „Lesertreffen“ der Gruppierung  „Die Deutsche Freiheitsbewegung“ (DDF) ausgerichteten Veranstaltung nehmen Rechtsextremisten unterschiedlichen Alters aus dem ganzen Bundesgebiet teil.

 

Verfassungsschutz Baden-Württemberg stellt Jahresbericht vor – mehr rassistische Agitation

Der Zuzug von Flüchtlingen habe zu einer Zunahme fremdenfeindlicher Agitationen geführt, erklärte Bube. Es gab 13 entsprechende Gewalttaten im Land (2015: neun). Rechtsextrem motivierte Straftaten gegen Asylunterkünfte wurden 71-mal verzeichnet (2015: 70). Insgesamt sind beim Rechtsextremismus sowohl die Anzahl der Personen als auch die der politisch motivierten Straftaten zurückgegangen. 1700 Rechtsextremisten verzeichneten die Verfassungsschützer 2016 (2015: 1800). Die Zahl der Gewaltorientierten unter ihnen ging von 810 auf 790 zurück. Das Amt registrierte 1371 rechtsextrem motivierte Straftaten (2015: 1484). Die Zahl der Gewalttaten sank dabei von 71 auf 44.

 

Rechtspopulismus: Anti-Establishment? Von wegen!

Donald Trump ging nach Washington, um dort das Establishment zu bekämpfen: So lautet das Narrativ der Neuen Rechten und der Populisten. Diese haben "Establishment" zu einem ihrer zentralen Kampfbegriffe gekürt, wer dieses Wort für sich übernimmt, redet in deren Sprache. Ob nun zufällig oder mutwillig: Im Umgang mit Worten haben Rechtspopulisten ein gewisses Geschick erlangt. Die Verwendung des Begriffs "Establishment" zeigt jedoch, wie verlogen dabei vorgegangen wird.

 

Ellwangen: Schüler übermalen Nazi-Parole und Hakenkreuze

Sie lassen sich nicht entmutigen: Nachdem Nazis ihre Bilder in einer Unterführung mit rassistischen Parolen und Hakenkreuzen verschmiert haben, haben Schülerinnen und Schüler in Ellwangen (Baden-Württemberg) am Mittwoch wieder zum Pinsel gegriffen und ihre Motive ausgebessert.

 

Gegen "Schweinesystem" und "Lügenpresse" – 68er und Rechtspopulisten: Ein Vergleich

Ihre Bewegung ist grenzüberschreitend. Es gibt sie in fast allen europäischen Staaten und in den USA. Sie wettern gegen das Establishment, gegen manipulierende Eliten und eine Lügenpresse. Das parlamentarische System verspotten sie als Marionettenparlament, sie beklagen eine Repräsentationslücke, das Bürgertum wollen sie durch möglichst spektakuläre Aktionen provozieren. Wer ist das? Na klar, die 68er! Richtig wäre allerdings auch eine andere Antwort gewesen – die Rechtspopulisten. Nun können strukturelle Analogien keine Wesensidentitäten begründen. Den Kapitalismus überwinden zu wollen und gegen Flüchtlingshilfe zu agitieren, sind substanziell unterschiedliche Dinge.

 

Österreich: Waffen, Sprengstoff und NS-Devotionalien auf Bauernhof gebunkert

Ein 55-Jähriger aus dem Bezirk Gmunden in Österreich hat auf seinem Bauernhof und an weiteren Wohnsitzen große Mengen an Waffen, Munition, ein Kilo Sprengstoff sowie NS-Devotionalien gebunkert. Aufgeflogen ist er durch eine anonyme Anzeige, nach der die Staatsanwaltschaft Wels eine Hausdurchsuchung veranlasst hat, wie die Polizei berichtete. Am 31. Mai durchsuchten Polizisten den Bauernhof und weitere Wohnsitze des 55-Jährigen. Bald forderten sie noch einen Sprengstoffexperten und einen Sprengmittel-Spürhund an, denn neben Nazi-Fahnen sowie mehreren Cannabispflanzen fanden sie 27 Waffen, darunter auch verbotene, vollautomatische und verkürzte Schusswaffen, sechs Schalldämpfer, rund 1.200 Schuss Munition, ein Kilo Sprengstoff samt Spreng- und Zündschnüren sowie zwei Säbel.

drucken