Presseschau ... 02.03.2016

Franken: Feuer in Hohenstädter Flüchtlingsheim +++ Kölner Publikum pöbelt gegen iranischen Musiker +++ Brandenburg: NPD-Politiker Maik Schneider wegen Brandanschlag in U-Haft +++ AfD will nicht mit Pegida kooperieren

 

Franken: Feuer in Hohenstädter Flüchtlingsheim

Am Dienstagabend gegen 19 Uhr hat es in einer Asylbewerberunterkunft in Hohenstadt (Bayern) gebrannt. Das noch kleine Feuer wurde rechtzeitig gelöscht. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Personen kamen nach dem derzeitigen Informationsstand nicht zu Schaden, teilt die Polizei mit.

 

Kölner Publikum pöbelt gegen iranischen Musiker

Ein Konzert des iranischen Cembalo-Spielers Mahan Esfahani musste wegen heftiger Reaktionen aus dem Publikum unterbrochen werden. Schon während der englischsprachigen Einführung durch den Solisten Esfahani habe es Rufe wie "Reden Sie doch gefälligst Deutsch" gegeben. Im Rahmen einer sonntäglichen Abo-Reihe hatte das Ensemble Concerto Köln ein Programm mit Werken von Johann Sebastian Bach, Carl Philipp Emanuel Bach sowie der Zeitgenossen Fred Frith, Henryk Mikolaj Gorecki und Steve Reich zusammengestellt. Nach einigen Minuten habe der Musiker das Stück wegen Lachen, Klatschen, Pfeifen und anderer Missfallensäußerungen abgebrochen, heißt es. Viele Zuhörer verließen den Saal. Mehrfach wandte sich Esfahani dem Bericht zufolge mit der Frage "Why are you afraid?" (Warum haben Sie Angst?) an das Publikum. Schließlich spielte er das Konzert zu Ende.

 

Brandenburg: NPD-Politiker Maik Schneider wegen Brandanschlag in U-Haft

Ausgerechnet an dem Tag, an dem das Bundesverfassungsgericht das Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische NPD eröffnete: Bei Hausdurchsuchungen in mehreren Städten wurde am Dienstag nach der Nauener NPD-Stadtverordnete Maik Schneider festgenommen. Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur sitzt er bereits in U-Haft. Schneider steht im dringenden Tatverdacht, im Mai letzten Jahres den Pkw eines polnischen Staatsbürgers aus fremdenfeindlichen Motiven angezündet zu haben. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hatte nach Vorliegen der Ermittlungsergebnisse Haftbefehle gegen die drei dringend Tatverdächtigen beantragt. Bei den insgesamt sechs Durchsuchungen in Nauen, Potsdam und Schönwalde-Glien wurden umfangreiche Beweismittel - unter anderem Laptops, Handys, Datenträger, Videokameras und schriftliche Unterlagen - beschlagnahmt.

 

AfD will nicht mit Pegida kooperieren

Die Rechtsaußen-Partei AfD will nicht mit der ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung kooperieren. »Mit Pegida wird es keine Zusammenarbeit und keine Absprachen geben«, sagte der Parteivorsitzende Jörg Meuthen. Die AfD sei die »einzige echte Alternative zu allen Parteien«. Auf Koalitionen sei man nicht angewiesen. Ähnlich äußerte sich der sächsische AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer: »Pegida und die AfD sind ein verschiedenes Paar Schuhe. Es gibt inhaltliche Schnittmengen, allerdings unterscheiden wir uns gravierend in Rhetorik und Handeln. Wenn Pegida eine eigene Partei gründet, ist diese unser politischer Gegner«, so Wurlitzer gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur. Pegida-Anführer Lutz Bachmann hatte am Montag bei einem der Aufmärsche gegen Asyl und Geflüchtete in Dresden versucht, eine Brücke zur AfD zu schlagen. Aus Pegida müsse eine Partei werden und diese dann mit der AfD »auf Augenhöhe« über Listenverbindungen verhandeln, so Bachmann.

 

AfD-Chefin Petry blamiert sich mit eigener Twitter-Umfrage

In einer Twitter-Umfrage der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry haben sich die Teilnehmer klar gegen die Schließung der Grenzen in der Flüchtlingskrise ausgesprochen. Knapp 7000 Menschen nahmen an der Befragung teil. Die Umfrage sei als eine Abfrage eines Meinungsbildes zu verstehen, teilte ein AfD-Sprecher mit. "Asyl bedeutet: Wenn jemand verfolgt wird, nehmen wir ihn auf. Sonst nicht", schrieb Petry im Internetdienst Twitter. Die darauffolgende Frage, ob Deutschland die Grenzen nun abriegeln sollte, beantworteten 78 Prozent der Umfrageteilnehmer mit "NEIN.Lasst es wie es ist". Nur 22 Prozent wählten die Antwort "JA.Wir schaffen es nicht".

 

Zehn Gründe, warum die AfD durch die Decke schießt

Die AfD steht in Sachsen-Anhalt in Umfragen bei 17 Prozent, die Landtagswahl wird eine Protestwahl sondergleichen. Was sind die Gründe für den Protest?

 

Er zitierte Goebbels: Münchner Pegida-Funktionär verurteilt

Das Amtsgericht München hat einen Pegida-Funktionär nach dem Zitieren einer Nazi-Parole zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Mann habe auf einer Kundgebung im Oktober in der bayerischen Landeshauptstadt mehrmals den Goebbels-Satz „Wollt ihr den totalen Krieg?“ gerufen, bestätigte eine Gerichtssprecherin am Dienstag entsprechende Medienberichte. Der Mann habe damit gegen Versammlungsbeschränkungen der Stadt München verstoßen. In die Geldstrafe von 2100 Euro sei eine frühere Strafe einbezogen worden, sagte die Sprecherin. Die Frage gestellt hatte Propagandaminister Joseph Goebbels 1943 in einer Rede im Berliner Sportpalast nach der Schlacht von Stalingrad, die als Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg gilt.

 

Warum einige Neonazis auf das Ende der NPD hoffen

Das erneute NPD-Verbotsverfahren wäre eigentlich nicht nötig, so zerstritten und verschuldet ist die rechtsextreme Kleinpartei. Und Experten warnen: Wird sie verboten, drohen noch radikalere Kräfte. In der Flüchtlingskrise haben sich viele Rechte weiter radikalisiert; fremdenfeindliche Straftaten haben sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Doch selbst diese Stimmung konnte die NPD nicht für eigene Zwecke nutzen. Dass sie wahrscheinlich keine Chance mehr hat, jemals wieder zu reüssieren, ist auch NPD-Mitgliedern klar. "Es gibt eine interne Strategie", sagt ein Parteimitglied, das anonym bleiben möchte. "Wenn es auf ein Verbot hinausläuft, wollen die NPD-Mitglieder in die rechtsextreme Kleinstpartei Der III. Weg eintreten."

 

Debatte um Flüchtlingsheime in Berlin: Rechte applaudieren den Grünen

Die Berliner Grünen-Fraktionsvorsitzende hält Standorte für Flüchtlingsheime in der NPD-Hochburg Marzahn für schwierig. Darüber empört sich nun die Berliner Politik. Zwei der geplanten neuen Flüchtlingsheime im Berliner Stadtteil Marzahn-Hellersdorf liegen nach Einschätzungen von Antje Kapek in einer NPD-Hochburg. In einer solch „schwierigen Nachbarschaft wie Marzahn“ seien sie „weniger geeignet“, sagte Kapek am Montag. Daraufhin erhielt sie empörte Mails ihrer grünen Parteifreunde in dem Bezirk und Beifall von NPD- Sympathisanten. Die rechtsextreme Partei mobilisiert zusammen mit Neonazi-Gruppen unter den Deckmantel einer "Bürgerbewegung" seit vielen Jahren gegen Flüchtlingsheime im Bezirk.

 

Auschwitz-Prozess in Neubrandenburg: Vergleich mit "Todesstrafe" sorgt für Eklat

Eine Aussage des Verteidigers im Neubrandenburger Auschwitz-Prozess hat bei Staatsanwaltschaft und Vertretern der Opfer Empörung ausgelöst. Der Anwalt Peter-Michael Diestel hatte am Montag gesagt, das Verfahren habe verheerende Auswirkungen auf den Gesundheitszustand seines 95-jährigen Mandanten, und hatte hinzugefügt: „Das Verfahren ist mit einer Todesstrafe gleichzusetzen, gegen die es kein Rechtsmittel gibt.“ Am Montag war der Angeklagte Hubert Zafke, ein ehemaliger SS-Sanitäter, aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Prozessauftakt erschienen. Der Prozessauftakt musste deshalb verschoben werden.
Der 95-jährige frühere SS-Sanitäter Hubert Zafke muss sich vor dem Landgericht Neubrandenburg wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 3681 Menschen in dem nationalsozialistischen Vernichtungslager verantworten. Von Oktober 1943 bis Januar 1945 war er in Auschwitz, die Anklage bezieht sich auf den Zeitraum von Mitte August bis Mitte September 1944.

 

Druck von Nazis: Vermieter will Vertrag mit Kulturtreff auflösen

Die Bedrohungen von Dortmunder Neonazis gegen einen Immobilien-Besitzer gehen offenbar auf: Der Eigentümer eines Hauses in der Nordstadt will den noch jungen Mietvertrag für ein Ladenlokal nach Angaben seiner Mieter auflösen. Die wollen dort einen Kulturtreff aufbauen - und weiter dafür kämpfen. In dem Laden sollen ein Fotoatelier und ein alternativer Buchladen einziehen. Rechtsextremisten bezeichneten die Mieter als gewalttätige Linksautonome.

 

Belästigung in Kieler Sophienhof: Die Suche nach Klarheit

Die Pressemitteilung der Kieler Polizei vom vergangenen Freitag klang zunächst drastisch: Drei Mädchen seien tags zuvor in einem Kieler Einkaufszentrum "massiv belästigt" worden. Zwei junge Afghanen fotografierten sie demnach mit ihren Handys, versendeten Bilder an mutmaßliche Kumpel, und im Nu versammelte sich ein Pulk von "20 bis 30 Personen mit Migrationshintergrund“. Seit den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht lösen derartige Nachrichten ein großes Echo aus. Und prompt griffen Medien im ganzen Land die Vorfälle auf.
Am Dienstag, fünf Tage nach dem Vorfall, kassierte die Polizei manche dieser vermeintlichen Gewissheiten: Der Sachstand habe sich "relativiert", sagt ein Sprecher. Gegen die beiden verdächtigen Afghanen werde zwar ermittelt wegen "Belästigung auf sexueller Basis, Bedrohung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung". Ob aber die Mädchen gefilmt und fotografiert wurden, "können wir noch gar nicht sagen". Die Handys der Verdächtigen seien bisher nicht ausgewertet worden. Und auch, ob da ein Pulk von 20 bis 30 Migranten mitbelästigt hat, "ist einfach nicht gesichert", so der Sprecher. Man ermittele zurzeit, ob es sich zum Teil auch um Schaulustige gehandelt haben könnte.

 

"'Wir sind das Volk!' ist heute ein Satz des dumpfen Ressentiments"

Das deutsche Nationalgefühl als historische Kategorie gebe es nicht in dem Maße wie in anderen Nationen, sagte der Potsdamer Zeithistoriker Martin Sabrow. Die derzeit erlebten Ängste kämen nicht aus dem "Nationsgedanken". "Wir sind das Volk!", ein Satz der Emanzipation und der Freiheit, sei heute ein Satz des dumpfen Ressentiments.

 

Mit diesen Tricks legen "Reichsbürger" Behörden lahm

Sie sind Trickser und Querulanten, süchtig nach Bedeutung. Und sie nerven deutsche Behörden. Die Rede ist von "Reichsbürgern". Sie erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an und weigern sich zum Beispiel, Bußgelder oder Steuern zu zahlen. Im Extremfall landen sie dafür im Gefängnis. Behörden werden von den "Reichsbürgern" regelmäßig mit Widersprüchen überhäuft. Jede noch so kleine Aktennotiz gilt der Bewegung schon als Beweis dafür, dass man ihr Anliegen ernst nimmt. Mit Fakten ist ihnen nicht beizukommen – sie leben in ihrer eigenen Welt. Ein neues Buch erklärt, wie man sich gegen die haarsträubenden Argumente der "Reichsbürger" wehrt. Es richtet sich zwar vor allem an Mitarbeiter von Behörden, bietet aber auch einen gute Überblick in eine Welt aus Wahn und Rechtsextremismus.

 

Shitstorm nach Kopftuch-Cover: Rassisten attackieren „Eltern“-Redaktion und Verlag

Zum 50-Jubiläum gönnte sich Gruner + Jahrs „Eltern“ fünf verschiedene Titelseiten. Auf einer war auch eine Frau mit Kopftuch und ihrem Baby zu sehen. Das fiel irgendwann auch der Querfront-Seite Politically Incorrect auf. Ein kleiner Anstupser des Blogs reichte und schon fiel ein Mob über die G+J-Telefonzentrale her. Via Mail wünschte man der Eltern-Chefredakteurin, Marie-Luise Lewicki, einen Tod in der Gaskammer.

 

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