29.07.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Brandanschlag: 18-Jähriger wirft Molotow-Cocktails auf Synagoge in Wuppertal +++ Bad Nenndorf: Hakenkreuze auf jüdischem Mahnmal vor Neonazi-Aufmarsch +++ Rassismus in Deutschland: Moscheen im Visier +++ Suhl: Krankenhaus weist Gerüchte über Patienten als Rassismus zurück.

Brandanschlag: 18-Jähriger wirft Molotow-Cocktails auf Synagoge in Wuppertal

Brandanschlag auf die Neue Bergische Synagoge in Wuppertal-Barmen: Drei Täter haben am frühen Dienstagmorgen mehrere Molotow-Cocktails in den Eingang des jüdischen Gotteshauses geworfen. Eine Anwohnerin hatte gegen 2.15 Uhr die Feuerwehr alarmiert. Die Rettungskräfte fanden mehrere zerbrochene Flaschen vor der Tür zur Synagoge an der Gemarker Straße. Ein Brandsatz brannte noch ein wenig — Schaden am Gebäude gab es aber offenbar nicht. Auch wurde niemand verletzt (WAZ.de).

Bad Nenndorf: Hakenkreuze auf jüdischem Mahnmal vor Neonazi-Aufmarsch

Jedes Jahr kommen in Bad Nenndorf Rechtsextreme zu einem Neonazi-Aufmarsch zusammen. Nun haben Unbekannte wenige Tage vor der Demo ein jüdisches Mahnmal mit Hakenkreuzen beschmiert. Der Gedenkstein der Jüdischen Gemeinde wurde nach Polizeiangaben in der Nacht zum Montag mit Hakenkreuzen beschmiert. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Tat im Zusammenhang mit dem für Samstag angemeldeten Neonazi-Aufmarsch steht", sagte eine Polizeisprecherin (Hamburger Abendblatt).

Rassismus in Deutschland: Moscheen im Visier

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Anschläge auf Moscheen in Deutschland gestiegen. Dies wird als Zeichen einer Zunahme anti-muslimischer Ressentiments gewertet. Die Zahl der Übergriffe auf Moscheen in Deutschland ist einem Zeitungsbericht zufolge in den vergangenen Jahren gestiegen. Zwischen 2001 und 2011 seien im Schnitt 22 Übergriffe pro Jahr gezählt worden, 2012 und 2013 seien es 35 beziehungsweise 36 gewesen, schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung (taz).

Suhl: Krankenhaus weist Gerüchte über Patienten als Rassismus zurück

Das SRH Zentralklinikum in Suhl hat am Montag Gerüchte über angeblich hochansteckende Patienten in der Einrichtung zurückgewiesen. Damit sollten nur Ängste geschürt und ausländerfeindliche Hetze verbreitet werden, erklärte die Klinik. Derzeit würden fünf Asylbewerber in dem Krankenhaus mit nicht ansteckenden und gut therapierbaren Krankheiten behandelt. Das Klinikum reagierte damit nach eigenen Angaben auf Gerüchte, die vor allem im Internet in sozialen Netzwerken verbreitet werden. Darin wird behauptet, dass vermehrt Asylbewerber mit ansteckenden und lebensbedrohenden Krankheiten im Zentralklinikum aufgenommen und behandelt würden. Mit solchen Gerüchten werde "bewusst eine akute gesundheitliche Gefahr" für die Suhler Bevölkerung sowie Mitarbeiter und Patienten des Krankenhauses suggiert und ausländerfeindliche Stimmungsmache betrieben, erklärte die Klinik (mdr.de).

Aggressionen gegen Asylbewerber

Mal kommen 20, mal mehrere Hundert: Mit ausländerfeindlichen Parolen marschieren Demonstranten vor Flüchtlingsheimen auf. Flüchtlingsräte sind besorgt über die steigende Gewalt (Deutsche Welle).

Ermittlungen gegen Kita-Erzieherin: Bloß in keine Stadt mit Schwarzen

Entsetzen in Treuenbrietzen und Brück: Eine Rechtsextreme war in der CDU aktiv und Kita-Erzieherin. Sie lebte drei Jahre unerkannt in Treuenbrietzen, machte Karriere in der örtlichen CDU und wurde Erzieherin in einer christlichen Kindertagesstätte im Nachbarort Brück. Damit ist es jetzt für Nicola Brandstetter vorbei, ihre neonazistische Vergangenheit hat sie eingeholt. Ihre Aktivitäten im 2007 gegründeten und 2012 abgeschalteten braunen Netzwerk Thiazi, laut Bundeskriminalamt (BKA) das bis dahin bedeutendste deutschsprachige Neonazi-Internetforum, und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Rostock wurden ihr zum Verhängnis (Potsdamer Neueste Nachrichten).

NSU-Prozess: Brutaler Überfall unter Frauen

m NSU-Prozess sagen Zeuginnen über einen Angriff von Beate Zschäpe und einer Kameradin aus dem Jahr 1996 aus. Verworren bleibt die Rolle der mutmaßlichen Helferin, deren Vater in Chemnitz observiert wurde. Beate Zschäpe ist keine harmlose „Nazi-Braut“, wie sie von den Boulevard-Medien immer noch bezeichnet wird. Wie gefährlich die Hauptangeklagte im NSU-Verfahren bereits vor dem Gang in den Untergrund 1998 gewesen sein könnte, ist am morgigen Mittwoch Thema im Oberlandesgericht München. Zwei Zeuginnen aus Jena werden zu einem gewaltsamen Angriff aus dem Jahr 1996 befragt, an dem nur Frauen beteiligt waren. In ihren polizeilichen Vernehmungen belasteten die beiden die Angeklagte schwer. Demnach soll  Zschäpe die Frauen gemeinsam mit dem damaligen Skingirl Jana A. von der Straßenbahn-Endhaltestelle in Winzerla aus verfolgt und die zierliche Maria H. brutal zu Boden gebracht haben. Das alternativ gekleidete Mädchen im langen Rock brach sich dabei den Fuß. Jana A. habe Schmiere gestanden (Blick nach rechts).

Antisemitismus europaweit

In der Schweiz verliefen Proteste gegen die Militäroffensive Israels in Gaza friedlich (20min.ch), in Frankreich (Paris) kam es zu Gewalt und Ausschreitungen (ZEIT Online). In Großbritannien hat sich die zahl der Übergriffe auf Jüdinnen und Juden seit Beginn der Militäroffensive verdoppelt (kipa-apic).

Lippe: Appell gegen Antisemitismus nach Schändung eines  Gedenksteins

Der Bielefelder Staatsschutz braucht weiter  Hinweise für die Farbschmierereien in Detmold. Dort hatten vor zwei Wochen Unbekannte den Gedenkstein am Standort der ehemaligen Synagoge an der Lortzingstraße mit roter Farbe beschmiert. Durch die Farbe sollte der Eindruck von herunterlaufendem Blut entstehen. Eine Spur zu den Verursachern gibt es aber noch nicht. Die Lippische Landeskirche hat sich jetzt in einer Mitteilung noch einmal gegen diesen und die jüngsten weiteren Vorfälle von antisemitischen Äußerungen ausgesprochen. „Unsere jüdischen Mitbürger müssen in Deutschland friedlich leben können – in einer Stimmung der Wertschätzung und Toleranz der verschiedenen Religionen untereinander“, heißt es in einer Mitteilung. Die Kritik an der Politik des Staates Israel dürfe nicht dazu missbraucht werden, Menschen jüdischen Glaubens zu diskriminieren (Radio Lippe).

Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus in der aktuellen Antisemitismus-Debatte

Wer braucht schon importierten Rassismus? Niemand. Denn Rassisten haben wir so schon genug, wie ein Blick in die Zeitungen an diesen Tagen zeigt. Vom Qualitäts-FAZ bis hin zum Boulevard-Bild, sie alle hetzen was die Tastatur hergibt – gegen Muslime natürlich (Migazin).

Gaza-Konflikt bringt die extreme Rechte in Erklärungsnot

In diesen Tagen schaut die ganze Welt mit angehaltenem Atem auf den Nahen Osten. Blutige Auseinandersetzungen fordern Opfer auf beiden Seiten. Längst ist der Konflikt hierzulande angekommen und findet seinen Niederschlag in zahlreichen Demonstrationen. Für die Neonazi-Szene eine willkommene Gelegenheit, um ihrem antisemitischen Weltbild freien Lauf zu lassen. Über das „Wie“ allerdings gibt es Unstimmigkeiten. Große Teile der Neonazi-Szene sind sich in ihrer Abneigung gegen Israel einig, sie ergreifen Partei für die Palästinenser und ihren „Befreiungskrieg“. Aber nicht alle (Endstation rechts).

Urteil gegen Josef: „…es ist nicht zu viel gesagt, wenn man es einen politischen Schauprozess nennt…“

Der linke Aktivist Josef aus Jena wurde in Wien wegen versuchter schwerer Körperverletzung, Landfriedensbruchs und Sachbeschädigung zu 12 Monaten verurteilt. Das Urteil scheint eine Stellvertreterfunktion zu haben und der Verurteilte geht nun gegen den Schuldspruch vor. Ein Interview mit der Verteidigerin von Josef, Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk (Publikative.org).

Dachau gegen Rechtsextremismus auf Volksfesten

Ein breites politisches Bündnis startet eine Anti-Rassismus-Kampagne, auch um rechtsextreme Vorfälle beim Dachauer Volksfest zu verhindern. Rechtsradikale attackierten Dachauer Jugendliche schon mehrmals lautstark auf der Langen Tafel der Geschäfte der Münchner Straße oder auf dem Dachauer Volksfest. Teilweise wurden sie handgreiflich. Auf dem Dachauer Volksfest trafen sich über die Jahre immer wieder Mitglieder der Münchner Rechtsrockband Feldherren samt deren Anhang und in einschlägiger Kleidung. Diese rechtsextremen Vorfälle sind Beispiele, welche die Mitglieder des Runden Tischs gegen Rassismus in ihrer Broschüre auflisten. Die Initiative besteht seit dem Frühjahr und tritt jetzt mit dem Slogan an die Öffentlichkeit: "Kein Platz für Rassismus - Dachauer zeigen Zivilcourage" (Sueddeutsche.de).

Chefs des Neonazi-Netzwerks "Objekt 21" erneut vor Gericht

Zusätzlich zu ihrer noch nicht rechtskräftigen Verurteilung wegen naionalsozialistischer Wiederbetätigung müssen sich die Bosse des Neonazi-Netzwerkes "Objekt 21" ab 4. August wegen weiterer Straftaten verantworten.Österreich: Ein deshalb rechtskräftig zu fünf Jahren Haft verurteilter Rotlichtboss hatte Leute aus dem Pool des "Objekt 21", eines rechten "Freizeit- und Kulturvereins", der im Bezirk Vöcklabruck sein Unwesen trieb, als Männer fürs Grobe angeheuert. Auf das Konto seiner Neonazi-Schutztruppe sollen mehrere Brandstiftungen in einschlägigen Etablissements in Wien oder die Einschüchterung von Konkurrenten - etwa mit Buttersäureanschlägen, giftigen Skorpionen oder körperlicher Gewalt - gehen. Aber auch Überfälle, Einbrüche und Vermögensdelikte sowie Verstöße gegen das Waffengesetz werden der Gruppe zugerechnet. Die Chefs dieser Organisation waren laut Staatsanwaltschaft die beiden 30 und 33 Jahre alten Angeklagten (nachrichten.at).

Russland: Rechte Gewalt auffallend hoch

In Russland sind in den Jahren von 2004 bis 2014 rund 600 Personen durch Rechtsextremisten getötet worden. Neben dieser alarmierenden Zahl gibt es eine hohe Dunkelziffer, warnt das Norwegian Defence Research Establishment (FFI; Forsvarets forskningsinstitutt) in einer aktuellen Studie (Blick nach rechts).

Martin Sonneborn: "Links hinter mir Udo Voigt von der NPD"

Im Europaparlament sitzt ein Satiriker – umgeben von fraktionslosen Rechtsextremen. Ein Gespräch mit Martin Sonneborn, Spitzenkandidat der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative, kurz Die PARTEI. Darin erzählt er unter anderem: "Die Plenarsitzungen in Straßburg sind tatsächlich etwas bizarr. Direkt links von mir sitzen krachlederne FPÖ-Typen in kurzen Hosen, rechts die unrasierte »Alternative für Deutschland«, links vor mir Marine Le Pen vom französischen Front National, auch unrasiert, und links hinter mir Udo Voigt von der NPD. Ich ducke mich immer schnell weg, wenn die Parlamentskamera filmt, wegen Rufschädigung und so." Der Rest des Gesprächs ist auch sehr lustig (Junge Welt).

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