Nach den Rechten sehen: Siegen: Brutale Neonazi-Attacke auf Studenten +++ Neonazi-Angriff aufs Dortmunder Rathaus – Staatsschutz war schon weg +++ Antisemitischer Gewaltakt nahe Paris.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Siegen: Brutale Neonazi-Attacke auf Studenten
Der Hagener Staatsschutz ermittelt gegen eine Gruppe Neonazis, die am vergangenen Wochenende einen Studenten aus Siegen zusammengeschlagen hat. Der junge Mann erlitt Kopfverletzungen und musste auf der Intensivstation behandelt werden. Die mutmaßlichen Täter sind alle einschlägig vorbestraft. Die Neonazis hatten wohl zu einem Nazi-Konzert ins fränkische Scheinfeld fahren wollen, welches aber abgesagt wurde. Daraufhin seien sie durch die Siegener Oberstadt gezogen. Dass die Polizei die Neonazis nicht schon vor dem Übergriff unter Beobachtung hatte, wird nun kritisiert. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) berichtet, der Treffpunkt der Neonazis für die Reise zum Konzert sei bekannt gewesen. Siegener Beamten hätten im Austausch mit ihren Kollegen in Bayern sein, und die Gruppe von 30 Neonazis nach der Konzertabsage begleiten müssen (derwesten.de 1, derwesten.de 2).
Neonazi-Angriff aufs Dortmunder Rathaus – Staatsschutz war schon weg
Nachdem die Neonazis aus der Partei „Die Rechte“ gewaltsam versuchten, ins Dortmunder Rathaus einzudringen, mehrt sich die Kritik an der Dortmunder Polizei. Nun wurde bekannt, dass der Staatsschutz die Wahlparty im Rathaus vor der Ankunft der Neonazis verließ, weil sie keine Übergriffe von Neonazis erwartete. Eine Fehleinschätzung – im Gegensatz zu den Beamt*innen hatten aber einige Dortmunder*innen mit einer Aktion der Nazis um "SS-Siggi" gerechnet (ruhrnachrichten.de). Bei der Attacke wird ein Kameramann wird von Neonazis verprügelt, der Spitzenkandidat der Piratenpartei wird von einer Flasche am Kopf getroffen und erleidet eine Platzwunde, weitere Gäste der Wahlparty werden durch Pfefferspray der Neonazis verletzt (der westen.de). Das Dortmunder Bündnis gegen Rechts resümiert: "Nachdem die Rassisten der sogenannten Partei "Die Rechte " während des Wahlkampfes wochenlang Hass und Ausländerfeindlichkeit auf Straßen und Plätzen unserer Stadt propagieren konnten, haben sie sich am Wahlsonntag als die kriminellen Gewalttäter geoutet, die sie im verbotenen "Nationalen Widerstand waren und die sie auch im Tarnmantel der Partei 'Die Rechte' bleiben" (lokalkompass.de).
Antisemitischer Gewaltakt nahe Paris
In Créteil, einem Vorort von Paris, wurden zwei 18 und 23 Jahre alte Brüder beim Verlassen einer Synagoge von zwei unbekannten Tätern attackiert. Die Männer wurden brutal zusammengeschlagen, der ältere Bruder wurde mit einem Schlagring am Auge getroffen, er muss operiert werden. Albert El Harrar, Präsident der örtlichen jüdischen Gemeinde, zeigte sich fassungslos: "Hier leben viele Juden, aber es ist das erste Mal, dass es zu einem solchen Zwischenfall kommt. Sie sind angegriffen worden, weil sie Juden sind. " Auch der Bürgermeister des Ortes bestätigte den "eindeutig antisemitischen " Charakter der Tat (juedische-allgemeine.de).
Kritik an Polizei nach Bayerntag der NPD in Scheinfeld
Tina Krause vom Bündnis Kunterbunt wirft der Polizei vor, in Scheinfeld am Samstag bei der Aktion "Kein Platz für Nazis" außerordentlich hart gegen demokratische Demonstrant*innen vorgegangen zu sein, nun verlangt sie eine Entschuldigung des bayrischen Innenministers. So sei die Polizei bei Flaschenwürfen der Neonazis auf die Gegendemonstrant*innen nicht eingeschritten, außerdem habe sie die Aufnahme von Strafanzeigen gegen Teilnehmerinnen der NPD-Veranstaltung mitunter verweigert. Direkt vor den Augen der Polizei soll ein Neonazi den Hitlergruß gezeigt haben, 20 Beamte behaupteten anschließend Krause zu folge nichts gesehen zu haben (nordbayrischer-kurier.de). Die Polizei weist alle Vorwürfe zurück (br.de). Der Störungsmelder hat eine ausführliche Zusammenfassung rund um den Bayerntag in Scheinfeld online gestellt (stoerungsmelder).
AfD vor Spaltung?
Nach Informationen der Wochenzeitung "Die Zeit " steht der rechtspopulistischen Partei "Alternative für Deutschland " der Austritt einer größeren Gruppe von Mitgliedern aus dem liberalen Spektrum der Partei bevor. "Wenn der problematische Teil ein solch starkes Übergewicht hat, dann ist es sinnvoll, dass die Liberalen austreten", sagte ein hochrangiges Parteimitglied mit Blick auf starke nationalliberale und rechtspopulistische Kräfte innerhalb der AfD (zeit.de).
Attentat in Brüssel: Reaktionen aus der jüdischen Gemeinde
Die jüdische Gemeinde Belgiens steht nach dem mittlerweile als Terroranschlag eingestuften Attentat im Jüdischen Museum von Brüssel unter Schock. Sie fühlt sich von Politik und Justiz nicht ausreichend geschützt und unterstützt. Joël Rubinfeld, Sprecher der Belgischen Liga gegen Antisemitismus, ist nicht überrascht von der Tat: "Der Antisemitismus wächst überall in Europa, und Belgien ist heute eines der schlimmsten Länder." Auch die Politik habe dazu beigetragen, dass die antisemitische Hetze in Belgien stetig zunehme. Unterdessen verdammten die muslimische Liga in Belgien sowie weitere muslimische und arabische Vereinigungen das Attentat vom Samstag, distanzierten sich von jeglicher Form Gewalt und erklärten den Familien der Opfer ihre Solidarität und ihr Beileid (derstandard.at, www.spiegel.de).
Kommunalwahl Sachsen: NPD mit 20,5 Prozent in Reinhardtsdorf-Schöna
Bei den Kommunalwahlen in Sachsen ging das gute Abschneiden der AfD ging auf Kosten der NPD. So holte die AfD in Freiberg sechs Prozent, während die NPD einen ihrer beiden Sitze einbüßte.Die Hochburg der Nazi-Partei bleibt Reinhardtsdorf-Schöna in der Sächsischen Schweiz. Wie schon früher erzielte sie dort auch bei den Gemeinderatswahlen 2014 mit 20,5 Prozent der Stimmen ihr sachsenweit bestes Ergebnis. Der Blick auf den kompletten Landkreis Sächsische-Schweiz/Osterzgebirge relativiert allerdings das eher schwache Abschneiden der NPD in den Gemeinden. Nach vorläufigem Ergebnis kam sie dort insgesamt auf 4,2 Prozent. In den übrigen Landkreisen reichten die Wahlergebnisse der NPD von 3,6 Prozent im Vogtlandkreis bis zu 6,5 Prozent im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge. Im Ortsteil Zobes der Vogtland-Gemeinde Neuensalz wählten 18 Prozent die NPD. In dem Dorf fand im vergangenen Jahr der Sachsentag der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten " statt (freiepresse.de).
Kommunalwahl Thüringen: Mehr Mandate für Neonazis
Die NPD hat am Sonntag die Zahl ihrer kommunalen Mandate mit 56 mehr als verdoppelt. Allerdings war sie für viele Kreistage und Stadträte erstmals angetreten. Der Chemnitzer Politikwissenschaftler Eckhard Jesse warnt davor, "die NPD wichtiger zu machen als sie ist". Die kommunalen Wahlerfolge blieben übersichtlich, in den meisten Kreistagen sitze die Partei nur mit einem Mitglied. Die NPD sei "innerlich zerstritten" und habe "massive Geldprobleme", sagte Prof. Jesse. Aus seiner Sicht bestehe "keinesfalls die Gefahr", dass die Partei im September in das Thüringer Parlament einziehe. Bei den Landtagswahlen im Sommer 2009 waren die Rechtsextremen in Thüringen mit 4,3 Prozent der Zweitstimmen unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben (otz.de).
Kommunalwahl MV: Einbußen für die NPD, Erfolge für Tarnorganisationen
In Mecklenburg-Vorpommern hat die rechtsextreme NPD im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl an Zustimmung eingebüßt. Zwar hat sie in einigen ihrer Hochburgen insbesondere in Vorpommern erneut zweistellige Ergebnisse eingefahren, aber landesweit erhielt sie mit 3,2 Prozent weniger Stimmen als 2011 (5,4 Prozent). Damit verlor sie 7 ihrer vormals 23 Kreistagsmandate. Die rechtsextreme Tarnliste "Wir von hier ", angeführt vom Bruder des NPD-Landtagsabgeordneten Tino Müller, wurde mit 14,1 Prozent in Ueckermünde drittstärkste Kraft, sie legte gegenüber dem NPD-Ergebnis von 2009 sogar noch zu. Auch die rechte "Wählergemeinschaft Strasburg" erreichte auf 15 Prozent der Stimmen, die Tarnliste "Alternative für Torgelow " wird künftig mit zwei Rechtsradikalen in der Stadtvertretung sitzen (ndr.de, taz.de).
Kommunalwahlen Brandenburg: Ex-DVUler für die AfD ins Stadtparlament
In Brandenburg an der Havel kam die AfD auf 5,8 Prozent und wird künftig drei Stadtverordnete stellen. Einer von ihnen gehörte drei Jahre lang der rechtsradikalen DVU an. Den DVU-Slogan "Kriminelle Ausländer raus" findet Manfred Friedrich auch heute noch richtig. Aus der DVU trat er nur aus, weil er den Gründer nicht mochte (rbb-online.de).
Audi ändert Darstellungen zur Nazi-Vergangenheit
Nachdem eine vom Autobauer in Auftrag gegebene Studie tiefere Verstrickungen des Vorgängerunternehmens "Auto Union" ins NS-System nachwies, hat Audi Texte auf seiner Website und im Unternehmensmuseum entsprechend angepasst. Audi-Betriebsratschef Peter Mosch will sich nun dafür einsetzen, dass eine in den 50er Jahren nach "Auto-Union " Chef Richard Bruhn benannte Pensionskasse des Autobauers umbenannt wird (nzz.ch).
Die Verschleierung der FPÖ
In einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung "Der Standard " erklärt Rechtsextremismus-Forscher Martin Langebach den Erfolg rechter Parteien bei der Europawahl. Der Erfolg der Rechtsparteien in Frankreich, Großbritannien, aber auch in Österreich sei nicht nur Ausdruck von Euroskepsis, sondern auch von Ressentiments. Heinz-Christian Strache verschleiere seine Agenda, in dem er mit bestimmten Positionen hinter dem Berg hielte. Nur wenn man genau mitdenke, werde beispielsweise das Ausmaß von Straches Ablehnung von Migrant*innen deutlich (derstandard.at).
Wahlerfolg des Front National: Frankreich unter Schock
In einem Kommentar für "Die Welt " gibt Sascha Lehnartz den etablierten Parteien Frankreichs eine Mitschuld am Erfolg des rechtsextremen Front National. Sozialisten wie Konservative hätten selbst jahrelang Stimmung gegen Europa gemacht – und damit den Boden gedüngt, auf dem die FN heute floriert: "Man bekämpft die Rechtspopulisten nicht, indem man ihre unterkomplexen Thesen nachplappert. Man bekämpft sie, indem man klarmacht, dass die FN abstruse außenpolitische und wirtschaftspolitische Fantasien pflegt und die Gesellschaft, welche diese Partei anstrebt, nichts mehr mit den Werten der Republik zu tun hat" (welt.de).