24.07.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Bayern verbietet „Freies Netz Süd“ - Hintergrund +++ Protest gegen Neonazis: Im Zweifel schuldig - die Geschichte von Josef S. +++ Maccabi Haifa: Fußballspiel in Bischofshofen (Österreich) nach Anti-Israel-Protesten abgebrochen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Bayern verbietet „Freies Netz Süd“ - Hintergrund

auf netz-gegen-nazis.de: Das bayerische Innenministerium hat heute das "Freie Netz Süd" (FNS) verboten. Dazu wird ein Hof in Oberprex bei Hof durchsucht, der für bundesweite Nazi-Treffen bekannt war und Sitz des rechtsextremen "Final Resistance"-Versandes der Neonazis Tony Gentsch und Matthias Fischer. Ein Verbot wird seit 2012 gefordert, bereits 2013 kam es zu großangelegten Durchsuchungsaktionen gegen mutmaßliche Mitglieder des Neonazi-Netzwerks, dem das Innenministerium nun "aggressiv-kämpferische verfassungsfeindliche Bestrebungen" vorwirft. Das "Freie Netz Süd" sei eine Nachfolgeorganisation der 2004 verbotenenen "Fränkischen Aktionsfront (FAF)". Der Hof in Oberprex wurde beschlagnahmt, ebenso den Warenbestand des "Final Resistance"-Versandes (und Mittelbayerische.de, Tagesspiegel, np-coburg.de, bnr.de). Die Anwohner*innen in Oberprex sind derweil glücklich, dass der Nazi-Treffpunkt nun geschlossen und beschlagnahmt ist (Sueddeutsche.de).

Von der Kameradschaft zur Partei: Über politische Ersatzstrukturen von Neonazis

Viele Jahre war die Skepsis vieler Neonazis gegenüber Parteien sehr groß. Die beiden bedeutenden Spieler im extrem rechten Parteienspektrum, NPD und DVU (jetzt nur noch die NPD), gelten als zu wenig radikal, bieten wenig Raum für Militanz, und der Verfassungsschutz sitzt praktisch immer mit am Tisch. Eine Alternative boten und bieten die Freien Kameradschaften und deren Netzwerke. Kleinere Organisationseinheiten, flexibler, eigenständig und unabhängig von Parteidisziplin und -linie - aber auch anfälliger für Verbote. Und damit kommt die Struktur Partei wieder ins Spiel (ND).

Protest gegen Neonazis: Im Zweifel schuldig - die Geschichte von Josef S.

Sechs Monate verbrachte der Jenaer Student Josef S. in österreichischer Untersuchungshaft – weil er in Wien gegen Rechtsextreme demonstriert hatte. Über einen fragwürdigen Prozess berichtete ZEIT Online.

Recht radikal: In Sachsen geht die Justiz gegen Neonazi-Gegner vor

Im Herbst wird Lothar König wieder häufiger nach Dresden reisen. Und er hat darauf – das sagt er freundlich, aber bestimmt – "überhaupt keinen Bock". Momentan versuche er alles, um "die Sache" zu verdrängen. Die Sache, das ist der Prozess, den die Dresdner Staatsanwaltschaft gegen den Jenaer Jugendpfarrer angestrengt hat, weil er im Februar 2011 bei Anti-Nazi-Demonstrationen aus seinem Lautsprecherwagen heraus zur Gewalt aufgerufen haben soll. Auf eigentümliche Weise erinnert das Verfahren gegen Josef S. in Österreich – bei allen Unterschieden – an jenes gegen Lothar König in Sachsen. Auch weil beide Männer aus Jena stammen (ZEIT online).

Maccabi Haifa: Fußballspiel in Bischofshofen (Österreich) nach Anti-Israel-Protesten abgebrochen

Die angespannte Lage in Nahost überträgt sich auf den Fußball: Das Testspiel eines israelischen Teams in Österreich wurde abgebrochen, als Zuschauer Spieler angriffen. Bei einem Freundschaftsspiel in Österreich zwischen Mannschaften aus Israel und Frankreich haben propalästinensische Fußballfans aus Protest gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen den Rasen gestürmt. Die Fans rannten drei Minuten vor Schluss mit palästinensischen Fahnen auf das Spielfeld in Bischofshofen und griffen mehrere Spieler der Mannschaft von Maccabi Haifa an. Nach einem Handgemenge wurden sie von Sicherheitsleuten weggeführt (ZEIT online, Spiegel Online).

Dortmund: Auch hier stören Antisemiten Fußball-Spiel gegen israelische  U19-Mannschaft

14 Neonazis aus dem Umfeld der Partei "Die Rechte" haben am Dienstag ein Freundschaftsspiel zwischen der U19 aus Dortmunds Partnerstadt Netanya und einer Lütgendortmunder Stadtteilauswahl gestört. Eine Gruppe Dortmunder Neonazis aus dem Umfeld der Partei "Die Rechte" hat am Dienstag bei einem Testspiel des israelischen Zweitligisten Maccabi Netanya antisemitische Parolen gebrüllt. Die Veranstalter des Spiels waren jedoch vorbereitet. Ein Sicherheitsdienst und die Polizei waren anwesend. Die Mitglieder der Partei "Die Rechte" wurden des Platzes verwiesen (DerWesten)

BVerfG zu NPD-Klage: Zweifel an Rechtsverletzung durch Schwesigs Äußerungen

Im Raum steht der vermeintliche Wahlboykott – so sieht es zumindest die NPD, die ein Organstreitverfahren beim BVerfG angestrengt hat. Diese richtet sich gegen Passagen aus einem Interview Schwesigs mit der Thüringischen Landeszeitung. Dort hatte die Ministerin im Juni mit Blick auf die Landtagswahl in Thüringen Mitte September unter anderem gesagt: "Ziel Nummer 1 muss sein, dass die NPD nicht in den Landtag kommt." Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zweifelt daran, dass Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) die Rechte der NPD durch ein Zeitungsinterview verletzt hat. Das wurde in der mündlichen Verhandlung des Gerichts am Dienstag deutlich (Az. 2 BvE 2/14). So stellte die Mehrheit der Richter viele kritische Fragen an den Anwalt der rechtsextremen Partei und ließ ihre Zweifel zum Teil deutlich erkennen (Legal Tribune).

NPD-Klagen: Das BVerfG als Bühne

Noch bevor die Karlsruher Richter über den NPD-Verbotsantrag des Bundesrats verhandeln, beschert ihnen die rechtsextreme Partei schon recht viel Arbeit: Mit Antrag um Antrag rügt die NPD, dass ihr Recht auf Chancengleichheit verletzt wird. Eine geschickte PR-Strategie, mit der die Partei nur gewinnen kann, egal wie die Gerichtsverfahren ausgehen? Die Legal Tribune dokumentiert die Klagefreude der letzten Zeit. Da kommt einiges zusammen."

Zeugen im NSU-Prozess: Lieber Kneipe als Gerichtssaal

Auch im NSU-Prozess geht es nicht immer nur ernst zu. Der 130. Verhandlungstag beginnt mit einer Mitteilung des Senatsvorsitzenden, deren skurrile Komik erst durch den lakonischen Vortrag zur Geltung kommt. Manfred Götzl zitiert, sich jeden Kommentars enthaltend: Der für diesen Sitzungstag vorgesehene Zeuge Thomas B. habe sich auf den Weg von Thüringen nach München begeben. In Nürnberg habe er kehrt machen müssen. Um zu trinken. Denn es sei ihm schwindlig geworden. Dann sei er nach Bamberg weitergefahren. Wo er nun eine Wirtschaft suche. Seinen guten Willen, als Zeuge zu erscheinen, habe er damit gezeigt. Meine Herr B. Nun wird B. zwangsweise vorgeführt werden. Statt B., dem abwesenden Zeugen guten Willens, tritt Andreas R. in den Gerichtssaal, der sich im Lauf der Verhandlung als einer der bisher dreistesten Zeugen aus der rechten Szene erweist. Er wird begleitet von Rechtsanwalt Thomas J., der unlängst als Zeuge dem Münchner Senat gezeigt hat, wie man als rechter Rechtskundiger mit der Justiz Katz und Maus spielt. Sein Mandant R. ist in diesem Sinne bestens vorbereitet (Spiegel Online, Tagesspiegel).

Antisemitismus in Deutschland: CDU-Ratsherr tritt nach judenfeindlicher Äußerung zurück

"Juden sind scheiße", schrieb ein CDU-Kommunalpolitiker aus Niedersachsen auf Facebook. Der 62-Jährige ist nun einem Parteiausschluss zuvorgekommen (Spiegel online).

Aachen: "Die Rechte" auf Immobiliensuche

Christian Worchs Neonazi-Partei „Die Rechte“ ist in Nordrhein-Westfalen auf Immobiliensuche. Der Aachener Kreisverband kündigte am Montag den Start eines „Projekts“ mit dem Titel „Syndikat52“ (S52) an. Erstes Ziel des Projektes sei die „Errichtung eines (Immobilien-)Zentrums“. Gedacht ist offenbar an eine Art Jugendzentrum, offen auch für Nichtmitglieder. Es gehe darum, „alternative Alltagsmöglichkeiten und kollektive Freizeit besonders für Jugendliche gestalten zu können“ (bnr.de).

Das Phänomen "Nipster": Nazis mit Jutebeutel

Das amerikanische Rolling-Stone-Magazine hat extra einen Reporter entsandt um sie in der Oberpfalz ausfinding zu machen: die Nipster - halb Nazi, halb Hipster. Und zu allem Unglauben kommt noch dazu: die Nazis kochen jetzt im Netz (Zündfunk). Und wer hat es zuerst erzählt? netz-gegen-nazis.de :) 
Der Zündfunk hat zum Thema auch noch ein Interview mit einem veganen (Ex?-)Nazi-Koch aus München gemacht, der bis vor kurzem zur organisierten Nazi-Szene in Aachen gehörte und angeblich, weil er selbst so stark ist und über die Arbeit mit anderen Leuten in Kontakt kam, nun ausgestiegen sein will. Das Audiofile ist aber eher ein Beispiel für Plattitüden und Ausflüchte, die unreflektiert und wenig überzeugend klingen.

CDU-Ratsherr überfordert mit Nazi-Reaktionen

Cetin Yildirim von Pickardt, CDU-Ratsherr und migrationspolitischer Sprecher in Kiel, verfolgt die Lage im Gaza-Streifen und den israelischen Militäreinsatz sehr kritisch. Wer die Facebook-Seite des Juristen anklickt, der kann dessen persönliche Haltung gegenüber der israelischen Regierung nicht übersehen. Doch die Aktivitäten auf seinem privaten Profil sind ihm aus den Händen geglitten. Die Folge: Antisemitische Kommentare anderer Nutzer, Ärger mit der eigenen Fraktionsspitze, eine prüfende Staatsanwaltschaft – und die Frage: Welches Interesse hat die SPD-Fraktion im Rat daran, dass der Fall öffentlich wurde? (shz.de)

Gaucks Appell: Flüchtlinge und wir

Neben Kundgebungen gegen Flüchtlinge nehmen in den letzten Jahren auch vermehrt Anschläge auf deren Unterkünfte zu. Es ist daher an der Zeit, endlich den Bogen zu schlagen von rechtsextremen Taten hin zu rechtsextremen Einstellungen. Denn diese sickern seit Jahren immer weiter in die Mitte der Gesellschaft. Es gibt also einen atmosphärischen Zusammenhang, der nicht von der Hand zu weisen ist. Jeder Angriff auf Flüchtlinge sagt auch etwas darüber aus, wie die Gesamtgesellschaft mit dem Thema Flucht und Migration umgeht (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

Dossier: Sexismus

Eine Puppe für Nina, ein Auto für Felix. Typisch weiblich – typisch männlich? Geschlechterrollen bestimmen unser Leben von der Wiege bis zur Bahre. Wir erklären euch, warum die Kategorien “Mann” und “Frau” gar nicht so undurchlässig und lebensbestimmend seien müssen, wie sie oft gedacht werden, und warum Sexismus ein Problem für und von der Gesamtgesellschaft ist (no-nazi.net).

Auch Nazis fordern ein Recht auf Vergessen im Internet

Google will nd-Artikel über rechtsextremen Onlinemoderator nicht mehr in seiner Trefferliste führen. Obwohl noch kein Gesetz vorliegt, setzt der Internetkonzern Google bereits das vom Europäischen Gerichtshof formulierte »Recht auf Vergessen« durch. Betroffen ist nun auch ein »nd«-Beitrag. Bislang konnte jeder Interessierte googlen, dass der Psychiatriepfleger Marian Rohde in seiner Freizeit gern unter dem Pseudonym "Krafft" im "Thiazi"-Forum moderiert hat - durch einen Artikel im "Neuen Deutschland".Doch das wird nun schwieriger. In einer knappen Mail informierte der Konzern den Webseitenbetreiber des »nd«, dass man den Artikel »Krafft nun ohne Freunde« aus dem Suchindex genommen habe. Möglich wurde das durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Mai 2014. Die Richter hatten entschieden, dass es auch im Netz ein »Recht auf Vergessen« gibt. Demnach können Suchmaschinenbetreiber gezwungen werden, »personenbezogene Daten aus dem Index zu entfernen und den Zugang zu diesen Daten in Zukunft zu verhindern«. Die Luxemburger Richter beriefen sich bei ihrer Entscheidung auf den EU-Datenschutz. Doch nun machen auch Rechtsradikale von diesem Recht Gebrauch. Viele Medienberichte über Neonazis werden dann nicht mehr zugänglich sein (ND).

Gröpelinger setzen ein Zeichen gegen Diskriminierung: Gemeinsam für Vielfalt

Drei Monate lang wollen unterschiedliche Akteure vom morgigen Freitag, 25. Juli, an in Gröpelingen gemeinsam ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen. Unter dem Motto „Gröpelingen – Gemeinsam für Vielfalt“ laden der Präventionsrat Bremen-West, das Ortsamt, der Stadtteilbeirat und viele Einrichtungen zu Vorträgen, Lesungen, Diskussionen, Festen und Sportveranstaltungen ein (25.07.-12.10., Weser-Kurier)

Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Homophobie: Das enthemmte Netz

Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Homophobie: Der Ton im Netz ist rau, viele Nutzer glauben sich im rechtsfreien Raum. Wie es dazu kommt - und warum politische Ideen zu kurz greifen könnten. Während manch ein Experte den virtuellen Raum schlicht als Abbild von realen Verhaltensmustern sieht, sprechen andere fehlenden emotionalen Schranken eine entscheidende Rolle zu. So kann im realen Leben schon ein "Stirnrunzeln, ein Kopfschütteln oder ein Seufzer Menschen in ihrem Ausdruck einbremsen", wie etwa der US-amerikanische Psychologe John Suler schreibt. Kommuniziert man nur textlich, fallen derlei Verhaltenseinschränkungen weg. "Deindividuation", also eine Verringerung der Selbstwahrnehmung beim Auftritt als Gruppe, nennen Psychologen außerdem ein Verhaltensphänomen, das durch die weltweite Internetdurchdringung in neue Dimensionen vorstößt. Unsichtbarkeit wird zum zentralen Faktor der Enthemmung. Auch wenn diese oft nur mehr körperlicher Natur ist - längst posten digitale Nutzer verschriftlichte Aggression auch unter ihrem Klarnamen. "Es macht keinen Unterschied", sagt die Social-Media-Expertin Judith Denkmayr, "ob sich jemand einfach Max Müller nennt oder wirklich so heißt. Wie soll man das verifizieren, mit dem Pass oder der Bürgerkarte?" Es gebe auch auf Facebook - dort herrscht offiziell Klarnamenpflicht - keine Hemmung, sich weitab des guten Geschmacks zu beschimpfen (Kleine Zeitung)

Fußball Presse- und Blogschau auf fussball-gegen-nazis.de

16.07.-23.07.2014
Mannheim: Podiumsdiskussion zu ‚Homophobie im regionalen Amateurfußball‘ am 28. Juli +++ FSV- und Eintracht-Fans sprühen gemeinsames Graffiti gegen Rassismus +++ Sexismus im Mädchenfussball: Jungsvorwürfe, wenn Mädchen zu gut spielen +++ Duisburger DGB-Jugend informiert über Homophobie im Fußball +++ Todtglüsingen: Flüchtlinge begrünen Vereinsheim der Spielvereinigung Tostedt +++  England: Spielabbruch wegen Rassismus +++ Fußball und Gewalt: Bundesliga soll für Polizeieinsätze zahlen +++ Tour de France: Rassismus-Skandal bei der "Grande Boucle" (fussball-gegen-nazis.de)

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Letzte Woche auf netz-gegen-nazis.de:
| Rassismus und aggressiver Patriotismus zum WM-Finale
| Zum "Gaucho-Tanz" der deutschen Nationalmannschaft
| Akif Pirinçci – Hetze als Selbstbestätigung
| Keine rechtsextreme Tat? Zum Jahrestag des Mordes auf dem "Tänzelfest" in Kaufbeuren

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