Nach den Rechten sehen: Freies Netz Süd: Freistaat verbietet Neonazi-Organisation +++ NPD-Klage gegen Manuela Schwesig ohne schnelles Urteil +++ Düsseldorf: Meliá-Hotel schmeißt „Neue Rechte“ raus.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Freies Netz Süd: Freistaat verbietet Neonazi-Organisation
Das bayerische Innenministerium hat heute das rechtsextreme Freie Netz Süd (FNS) verboten. Seit dem Morgen läuft eine Durchsuchung des bundesweit bekannten Treffpunkts der Neonazis in Oberprex bei Hof. Das Grundstück wird derzeit durchsucht und anschließend beschlagnahmt, heißt es aus dem Bayerischen Innenministerium. Die ehemalige Gaststätte hatte die Mutter von Tony Gentsch, einem der führenden Neonzais im Freien Netz Süd, 2010 gekauft. Hier bauten die Rechtsextremen einen Treffpunkt für Neonazis aus ganz Deutschland und Tschechien auf. Außerdem betreibt Gentsch zusammen mit dem Neonazi Matthias Fischer aus Fürth von Oberprex aus einen rechtsextremen Versandhandel. Gegenstände dieses Versandhandels "Final Resistance" wurden heute ebenso beschlagnahmt. Das Verbot der rechtsextremen Organisation wird mit den "aggressiv-kämpferischen verfassungsfeindlichen Bestrebungen" des FNS begründet. Das Netz sei eine Nachfolgeorganisation der 2004 verbotenen "Fränkischen Aktionsfront" (Bayerischer Rundfunk, münchen.tv).
NPD-Klage gegen Manuela Schwesig ohne schnelles Urteil
Das war wohl nichts mit einem Blitzsieg vorm Bundesverfassungsgericht für die NPD. Nachdem Deutschlands höchste Richter bereits am vergangenen Donnerstag einen Eilantrag der rechtsextremen Partei gegen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig abgelehnt hatten, bleibt der Termin der Urteilsverkündung in der Sache „Äußerungsbefugnisse von Regierungsmitgliedern“ am Ende des heutigen Verhandlungstages offen (siehe auch netz-gegen-nazis.de-Bericht gestern). Nach einem Sieg für die NPD sieht es aber auch auf lange Sicht nicht aus. „Ich sehe nicht so richtig den Eingriffseffekt dieser Äußerung“, sagte Bundesverfassungsrichter Peter Huber gegenüber Medienvertretern. NPD-Anwalt Peter Richter sieht dies naturgemäß anders und reklamiert für seine Partei, dass diese durch Schwesigs Satz „Ziel Nummer 1 muss es sein, dass die NPD nicht in den Landtag kommt“ massiv in ihren Grundrechten nach Artikel 21 Grundgesetz beeinträchtigt worden sei. Für ein Urteil in dem Verfahren werden sich die Karlsruher Richter mehr Zeit lassen. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes will die Frage, inwieweit sich Minister bzw. Regierungsmitglieder in Wahlkampfzeiten negativ über andere Parteien äußern dürfen, grundsätzlich ausloten (Endstation rechts). Die taz berichtet über die Strategie der Verfassungsgerichts-Klagen - und ihre geringen Erfolgsaussichten.
Düsseldorf: Meliá-Hotel schmeißt „Neue Rechte“ raus
Der dritte „Zwischentag“, ein Netzwerktreffen für Rechtspopulisten, sollte am 6. September im Meliá-Hotel stattfinden. Nun sagte das Hotel den Veranstaltern ab. Angemeldet war die Veranstaltung schlicht als Buchmesse. Der so genannte „Zwischentag“ ist ein Netzwerktreffen der „Neuen Rechten“, federführend organisiert von Felix Menzel, Chefredakteur der rechten Chemnitzer Jugendzeitung „Blaue Narzisse“. „Diese Veranstaltung wird bei uns nicht stattfinden. Die Inhalte sind nicht mit den Leitlinien unseres Hauses vereinbar“, sagte eine Sprecherin des Meliá-Hotels, die anfügte, dass die Entscheidung dem Veranstalter bereits mitgeteilt worden sei. Die Organisatoren des Zwischentags müssen sich nun für das dritte Treffen derer, die sich selbst als intellektuelle Speerspitze der Rechtskonservativen verstehen, einen neuen Veranstaltungsort suchen (wz-newsline).
Neonazi-Angriff am Wahlabend: Ermittler haben 68 Personen im Fokus
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach den Rathaus-Krawallen am Kommunalwahl-Abend momentan gegen 68 namentlich bekannte Personen - 22 aus der Neonazi-Szene, 46 aus dem linken und bürgerlichen Lager. Das haben die Auswertungen der Videos aus der Wahlnacht des 25. Mai ergeben. Gegen die Nazis wird wegen Körperverletzung und Beleidigung ermittelt, gegen die Gegendemonstrant*innen wegen Nötigung (Ruhrnachrichten).
NSU-Prozess in München: Der Verrat von Fehmarn
Im NSU-Prozess sagen zwei Zeuginnen aus, die über Jahre mit den Neonazis im Urlaub waren. Fast wie Ersatzeltern seien die mutmaßlichen Terroristen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gewesen - und umso größer war der Schock, als sie merkten, wer ihre Freunde wirklich waren (Sueddeutsche.de, Frankfurter Rundschau).
Deutscher Anwaltsverein: Rechtsextreme Hintergründe werden aus Gründen des Ansehens nicht ermittelt
Der Deutsche Anwaltverein sieht die Interessen von Opfern rechtsextremer Gewalt immer schlechter vor Gericht vertreten. Opfern werde ein Anwalt nur bei komplexen Sachverhalten genehmigt und Opferanwälte würden schlechter bezahlt als Pflichtverteidiger der Täter (migazin.de).
Neuruppin: Nazis vereinnahmen Fontane
Rechtsextreme verwenden auf Werbematerialien zurzeit das Konterfei von Theodor Fontane. Vor allem der für den 6. Juni 2015 in der Stadt geplante sogenannte "Tag der deutschen Zukunft", zeigt den berühmten Sohn der Stadt samt einem Zitat von ihm. Eine rechtliche Handhabe gegen die Verwendung besteht allerdings nicht. Der 1889 verstorbene Literat genießt heute keinerlei gerichtlich durchsetzbare Persönlichkeitsrechte mehr. "Eine unzulässige Vereinnahmung durch rechtsextremistische, fremdenfeindliche Gruppen", nennt diese Praxis Dr. Regina Dieterle, die in der Schweiz lebende Vorsitzende der Theodor-Fontane-Gesellschaft, dennoch. "Der Vorstand der Theodor Fontane Gesellschaft hat auf seiner Sitzung vom 20. Juni beschlossen, gemeinsam mit der Fontanestadt Neuruppin sich gegen die Vereinnahmung Fontanes zu wehren und im Zusammenwirken mit der überparteilichen Vereinigung "Neuruppin bleibt bunt!' Gegenmaßnahmen zu entwickeln." Dieterle erklärte weiter: "Fontane war weltoffen und gesellschaftskritisch, ein großer Psychologe, der die menschliche Seele in all ihren Facetten kannte. Das Engstirnige, Einseitige, Eindimensionale war ihm zutiefst zuwider." (moz.de).
Berlin: Antisemitische Hasspredigt in Neuköllner Moschee
Am Wochenende wurde im Internet ein Video der Freitagspredigt in der Neuköllner Al-Nur-Moschee veröffentlicht. "O Allah, destroy the Zionist Jews", rief der Prediger. Die Polizei bestätigt nun den volksverhetzenden Inhalt (Tagesspiegel.de, Berliner Kurier).
Schutz vor Antisemitismus: Unbedingte deutsche Pflicht
Jeder hat das Recht, Israels Politik zu kritisieren. Das bedeutet aber nicht, dass jüdische Mitbürger beleidigt und geschlagen werden dürfen, während die Polizei danebensteht. Dann haben nicht nur die Beamten versagt, die wegschauen (Kommentar bei sueddeutsche.de)
Antisemitismus-Debatte in der Linken: Offener Hass, tiefe Scham
Der Nahost-Konflikt und die Ukraine-Krise offenbaren das außenpolitische Dilemma der Linken. In der Partei ist der Streit um möglichen Antisemitismus voll entbrannt. Das Schweigen zum Abschuss von MH17 kann da schon fast als Fortschritt gelten (sueddeutsche.de).
Juden und Araber: "Wollen keine Feinde sein"
Küsse für den Frieden in Nahost: Auf Twitter und Facebook setzen Araber und Juden ein Zeichen gegen Hass und für die Völkerverständigung (Kurier.at).
Völklingen: NPD-Nachwuchs sorgt für Wirbel an Schule
Aufregung auf dem Schulgelände des Albert-Einstein-Gymnasiums Völklingen. Gestern Morgen betraten drei Männer das Areal und verteilten Flyer der rechtsextremen Jungen Nationaldemokraten (JN) Saar an die Schüler. Die JN ist ein Nachwuchsverband der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Die Aktion wurde auf der Facebook-Seite der Organisation im Vorfeld angekündigt, allerdings ohne konkret eine Schule zu nennen. Die Schulleitung des AEG alarmierte die Polizei, nachdem das Trio das Schulgelände trotz mehrfacher Aufforderung nicht verlassen wollte. Als die Polizei eintraf, hatten die drei Unbekannten bereits das Weite gesucht. Einer der Männer trug ein Löwenkostüm, die anderen waren nach Zeugenaussagen etwa 20 Jahre alt. „Der Inhalt der Flyer ist im Prinzip eine Anti-Drogen-Kampagne. Allerdings wird auf den Zetteln darauf hingewiesen, dass Drogen von Ausländern verteilt werden“, erklärte Patrick Wilhelm von der Polizeiinspektion Völklingen (Saarbrücker Zeitung).
Shitstorm wegen rassistischer Karikatur: Die Faz und Dr. Mbongo
„Faz.net“ veröffentlicht eine rassistische Karikatur, weist jede Kritik vehement zurück – und entschuldigt sich dann schließlich doch (taz).
HFC wirft Saalefront aus dem Stadion
Der Hallesche FC greift nach den Vorkommnissen beim Landespokalfinale hart durch. In einer Pressemitteilung erklärte der Verein, dass ab der kommenden Saison jegliche Symbole der Gruppe Saalefront verboten sind (mdr).
Schweiz: Siebeneinhalb Jahre Knast für Neonazi
Der mehrfach vorbestrafte Zürcher Oberländer hatte aus Eifersucht mit einem Bajonett auf seinen Kontrahenten eingestochen. Jetzt wurde er wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt (Blick.ch).
Österreich: Vorwürfe gegen Polizei: "Witze über Türken und Afrikaner sind Alltag"
Spöttische Bemerkungen über Migranten, "struktureller Rassismus", Andersbehandlung von Ausländern: Ein aktiver Polizist erhebt schwere Vorwürfe gegen die Tiroler Polizei, indem er aus seinem Alltag erzählt (DerStandard).
England: Spielabbruch wegen Rassismus
Ein Testspiel der U-21-Mannschaft des englischen Meisters Manchester City gegen den kroatischen Klub HNK Rijeka ist am Dienstagabend aufgrund eines rassistischen Vorfalls vorzeitig abgebrochen worden. Der schwarze französische Mittelfeldspieler Seko Fofana war kurz vor Ende der ersten Halbzeit von einem Gegenspieler rassistisch beleidigt worden (Sport1.de).
Island: Ein Griff in die rechtspopulistische Rhetorikkiste
Die isländische Fortschrittspartei war bei den vergangenen Kommunalwahlen überraschend erfolgreich. Mit rechtspopulistischen und islamophoben Forderungen punktete sie vor allem in der Hauptstadt Reykjavík. Julia Tiemann über die Hintergründe dieser Entwicklung (Cicero).