Limbach-Oberfrohna: Elfjähriger syrischer Junge von zwei Männern verprügelt +++ Brandanschlag auf Löbauer Flüchtlingsheim +++ Grevesmühlen (Meck-Pomm): Rechter Demonstrant verletzt Reporter +++ Nach Clausnitz und Bautzen: Die Reaktionen in Politik und Presse
Limbach-Oberfrohna: Elfjähriger syrischer Junge von zwei Männern verprügelt
In Limbach-Oberfrohna (Sachsen) haben am vergangenen Donnerstag, dem 18. Februar 2016, zwei unbekannte Männer einen elfjährigen syrischen Jungen verprügelt. Er war auf dem Weg zum Fußballtraining. Die beiden Angreifer traten dem Jungen in die Kniekehle und in den Bauch. Nur weil der Junge laut schrie, ließen die Männer von dem Kind ab und flüchteten. Eine Polizeisprecherin: „Wir gehen von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus.“
Brandanschlag auf Löbauer Flüchtlingsheim
Auf eine Unterkunft für Geflüchtete in Löbau (Sachsen) sind in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, den 19. Februar 2016 Molotowcocktails geworfen worden. Ein 16-jähriger hat gestanden, die Tat zusammen mit einem zehn Jahre älteren Komplizen begangen zu haben. Laut Polizeidirektion Görlitz haben sich die beiden in alkoholisiertem Zustand, bewaffnet mit zwei selbst gebauten Molotowcocktails, auf den Weg in Richtung Unterkunft gemacht. Die Molotowcocktails schleudern sie wenig später gegen die Eingangstür der Unterkunft und gegen ein Fenster im Erdgeschoss. Eine Flasche geht dabei in Flammen auf und muss, vom in Aufruhr versetzten Wachdienst des Heims, gelöscht werden. Die Polizei konnte die Beiden wenige Minuten nach der Tat im Stadtgebiet festnehmen. „Der 26-Jährige ist der Polizei wegen verschiedener Delikte einschlägig bekannt“, sagt Thomas Knaup von der Polizeidirektion Görlitz. Außerdem werde der Täter dem rechten Spektrum zugeordnet.
Grevesmühlen (Meck-Pomm): Rechter Demonstrant verletzt Reporter
Rund einhundert Menschen haben am Montagabend im mecklenburgischen Grevesmühlen gegen Flüchtlinge demonstriert. Ein Journalist ist nach dem Ende des Aufzugs des rassistischen Bündnisses „MVgida“ angegriffen und verletzt worden. Ein Teilnehmer der Demonstration in Grevesmühlen bei Wismar schlug dem freien Fotografen mit der Faust ins Gesicht. Der Reporter wurde leicht verletzt. Der Angreifer konnte flüchten. Die Polizei ermittelt gegen einen Verdächtigen.
Nach Clausnitz und Bautzen: Die Reaktionen in Politik und Presse
Flüchtlingsheim in Clausnitz bekommt einen neuen Leiter
Nach den rassistischen Vorfällen in Clausnitz bekommt das Flüchtlingsheim in der mittelsächsischen Gemeinde einen neuen Leiter. "Wir haben die Entscheidung zum Schutz seiner Person und durch die bundesweite Diskussion über ihn getroffen", erklärte Landrat Matthias Damm (CDU) am Montag in Freiberg. Die Betreuung der Flüchtlinge sei aber weiter gewährleistet, betonte das Landratsamt. Nach Medienberichten gehörte der Leiter der rechtspopulistischen AfD an. Wie Damm weiter berichtet, erhalte der Mann eine andere Aufgabe in dem Betreiberunternehmen. Seine Arbeit sei nicht zu beanstanden gewesen.
Petry: AfD-Mitgliedern waren in Clausnitz, Flüchtlinge Schuld an Eskalation
Die Bundesvorsitzende der AfD, Frauke Petry, hat eingeräumt, dass Mitglieder ihrer Partei an den Protesten gegen den Einzug von Flüchtlingen in eine Unterkunft in Clausnitz beteiligt waren.
Auf einer Pressekonferenz behauptete Petry außerdem, die Flüchtlinge in dem blockierten Bus in Clausnitz trügen eine Mitschuld an der Eskalation: Es habe auch »sehr unschöne Äußerungen der Ankommenden» wie das Zeigen des Stinkefingers gegeben, sagte sie.
Pegida feiert Clausnitz-Mob, Festerling: Flüchtlinge „skrupellose Invasoren“
Bei einem Aufmarsch der rechten Pegida-Bewegung in Dresden ist am Montagabend der rechte Mob von Clausnitz gefeiert worden. Die Krawalle gegen Flüchtlinge wurden von Pegida-Anführerin Tatjana Festerling als »Mut der Bürger« gepriesen. Von den Mitläufern wurde dies mit »Clausnitz«-Rufen und Beifall quittiert. Festerling diffamierte Flüchtlinge als »skrupellose Invasoren« und unterstellte ihnen, Kindertränen zu instrumentalisieren. Festerling unterstellte, die Tränen in den Videos aus Clausnitz seien nicht echt: »Wer gerade angeblich schwerst traumatisiert aus Kriegszonen kommt, wird mit Menschen, die ›Wir sind das Volk rufen‹, locker fertig«. Nach Angaben der Forschungsgruppe „durchgezählt“ waren am Montagabend 2500 bis 3000 Anhänger erschienen, in der Vorwoche lag die Zahl etwas höher. Zu den Protesten gegen den Pegida-Aufmarsch kamen mit 300 bis 350 Teilnehmern nicht mehr Menschen als sonst.
Kommentar: Falscher Sachsenstolz – Wie viele Weckrufe braucht es noch?
Seit Jahrzehnten werden in Sachsen rechtsextreme Straftaten verharmlost oder gar nicht erst als solche benannt. Die Folgen sind jetzt fast täglich zu beobachten. Der Journalist Stefan Locke meint: Die Ursachen dafür liegen in einer Melange aus falschem Sachsenstolz, kollektivem Wegschauen und fehlenden Konsequenzen in der Zivilgesellschaft wie in der Politik. Besonders schmerzt der Mangel an (Zivil-)Courage auch bei Staatsdienern, vor allem bei Lehrern und Polizisten.
Anetta Kahane: Die sächsische Politik „macht Nazis groß“
Die ausländerfeindlichen Krawalle in Clausnitz und Bautzen gehen nach Einschätzung der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung auf das Konto der sächsischen Politik. Sachsen sei ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn man politisch nichts gegen rechtsextreme Umtriebe unternimmt, sagte die Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. »Wenn man mal einen Feldversuch machen will, wie man Nazis groß bekommt, das die richtig machen können, was sie wollen, dann muss man sich Sachsen angucken«, sagte Kahane. Gleichzeitig gebe es eine fitte und aktive Zivilgesellschaft im Freistaat: »Wenn es die nicht gäbe, wäre alles noch viel schlimmer.«
Rechte Kleinstparteien bei den Landtagswahlen – Mehr Street-Credibility als die NPD
Der Traum ist aus. Die NPD wollte einst die einzige Wahlalternative rechts von der Union sein. Mit viel Energie und Bemühungen hatte der ehemalige langjährige Bundesvorsitzende und heutige Europaabgeordnete, Udo Voigt, sich um eine Vereinigung der „nationalen Bewegung“ bemüht, um Konkurrenz von rechts zu unterbinden. Bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz wird der ältesten rechtsextremen Partei Deutschland aber nicht bloß die AfD die WählerInnen streitig machen, sondern auch zwei Kleinstparteien werden mit ihr konkurrieren: „Die Rechte“ und „Der III. Weg“. „Eine radikale Konkurrenz“, sagt David Begrich von der NGO Miteinander e.V. in Magdeburg.
Geldstrafe für Freitaler Neonazi wegen Hitlergruß
Sie brüllen, strecken ihren Arm nach vorn – die widerlichen Neonazis von Freital. Ein Foto schockierte im vorigen Sommer ganz Deutschland. Es entstand bei einer Demo des braunen Mobs vor einer Flüchtlingsunterkunft. Am Montag wurde Silvio T. (48) vom Amtsgericht Dippoldiswaldezu für das Zeigen des Hitlergrußes zu einer Geldstrafe von 1320 Euro verurteilt. T. hatte das immer wieder abgestritten und behauptet, die Fotos seien gefälscht. Das Gutachten eines Fotografie-Sachverständigen überzeugte den Richter schließlich vom Gegenteil.
Neues von den „Reichsbürgern“
„Polizei“-General der Reichsbürger in Dresden verhaftet
Der Anführer des sogenannten Deutschen Polizeihilfswerks (DPHW) befindet sich seit Montag in Dresden in Untersuchungshaft. Volker Schöne war der nannte sich den „General“ des DPHW, der zur Reichsbürger-Szene zählenden falschen Polizeitruppe. Bekannt wurde er als Initiator einer spektakulären Aktion am 23. November 2012 in Bärwalde bei Moritzburg. 15 bis 20 sogenannte Reichsbürger hatten dort auf einem Bauernhof einem Meißner Gerichtsvollzieher erklärt, sie seien das Deutsche Polizeihilfswerk (DPHW) und würden ihn festnehmen. Die falschen Polizisten versuchten, den Mann zu Boden zu ringen und zu fesseln. Erst die richtige Polizei konnte den Mann befreien. Ein Großteil der an dieser Aktion beteiligten DPHW-Mitglieder wurde mittlerweile bereits verurteilt, zumeist zu Haftstrafen ohne Bewährung.
Reichsbürger-Brief für 6 Cent kam tatsächlich an
Ein Leserbrief, frankiert mit zwei 3 Cent-Briefmarken, erreichte die Redaktion der „Nürnberger Zeitung“. Das Kuvert war versehen mit dem Hinweis "non domestic F.R.G.". Doch ist die Frankierung dieser "Reichsbürger"-Briefe erlaubt? Der Leser Raphael H. merkte am Ende seines Leserbriefes zum Thema "Schwarzfahren" an: "Sollten Sie für diesen Brief Nachporto bezahlen müssen, lassen Sie es mich wissen. Ich übernehme selbstverständlich die Kosten." Die Redaktion musste kein Nachporto bezahlen. Der Brief kam ordnungsgemäß an.
- http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/reichsburger-brief-fur-6-cent-kam-tatsachlich-an-1.4992609
Polizist zeigt Sympathie für Reichsbürger – vom Dienst suspendiert
Sein Auftritt vor den selbst ernannten „Reichsdeutschen“ der „Heimgemeinde Chiemgau“ hat einem hochrangigen Polizeibeamten ein Disziplinarverfahren eingehandelt. Das bestätigte ein Sprecher der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Der Mann ist seit 40 Jahren im Dienst und als Seminarleiter am Fortbildungsinstitut der bayerischen Polizei tätig. Im August letzten Jahres ließ sich der Erste Polizeihauptkommissar von einem bekannten Verschwörungstheoretiker interviewen. Neben den üblichen Reichsbürger-Ideen gab er bekannt, er habe als Polizist gewisse „Spielräume“: „Wenn ich was nicht sehe, dann sehe ich was nicht.“
Rassismus: Der Terror der anderen
Unbescholtene Bürger aus der Mitte der Gesellschaft seien verantwortlich für Gewalt gegen Asylunterkünfte, heißt es. Recherchen von ZEIT ONLINE zeigen, dass die These vom neuen Tätertyp so nicht stimmt. Vielmehr geht die Gewalt oft von Menschen aus, die schon vorher extrem rechte Ideen pflegten. Viele von ihnen sind keine organisierten Neonazis, keine bomberbejackten Skinheads, keine eingetragenen NPD-Mitglieder, keine Kameradschaftsaktivisten. Aber sie hängen einer rassistischen, ausländerfeindlichen und extremistischen Ideologie an und fühlen sich von ihr zum Handeln aufgefordert. Es ist keine neue Mitte, die Flüchtlinge jagt. Vielmehr radikalisieren sich Einzelpersonen und kleine Gruppen unabhängig von rechtsextremistischen Organisationen. Gestützt und getragen von der aggressiven öffentlichen Debatte steigern sie sich in Hass hinein und wenden schließlich Gewalt an. Sie wollen Angst und Schrecken verbreiten. Dafür nehmen sie sogar Tote in Kauf.
Björn Hocke: Der Mann an der Grenze
Björn Höcke ist in der AfD zum Machtfaktor geworden. Aber ist er nur Populist – oder schon ein Fall für die Justiz?
Facebook: Anwälte zeigen Mark Zuckerberg wegen Beihilfe zur Volksverhetzung an
Zwei deutsche Anwälte haben Strafanzeige gegen Mark Zuckerberg gestellt. Sie werfen dem Facebook-Chef vor, sich der Beihilfe zur Volksverhetzung schuldig gemacht zu haben. Außerdem haben sie ein Bußgeld in Höhe von 150 Millionen Euro gegen Facebook beantragt. Ihrer Ansicht nach kann Zuckerberg persönlich für volksverhetzende Inhalte haftbar gemacht werden, die Nutzer auf Facebook posten. Als Vorstandsvorsitzender der Facebook Inc. sei Zuckerberg für die Straftaten verantwortlich, die auf der Plattform begangen würden, argumentiert Jun, der die Anzeige gemeinsam mit Christian Solmecke gestellt hat. Natürlich sei es unrealistisch, dass Zuckerberg verhaftet werde. Aber es reiche schon, dass Facebook den öffentlichen Druck wahrnehme, sagt Jun: "Sie haben sich schon ein bisschen bewegt, von ungenügend auf mangelhaft. Aber das reicht uns nicht, jetzt wollen wir mehr."
Strafbefehl gegen Internet-Hetzer aus Bautzen
Wegen ausländerfeindlicher Hetze auf Facebook hat das Amtsgericht Bautzen einen Strafbefehl gegen den Chef einer örtlichen Sicherheitsfirma erlassen. Der Mann hatte in dem sozialen Netzwerk geschrieben, seiner Meinung nach würden noch zu wenige Asylunterkünfte brennen. Die Äußerungen hatten bundesweit für Aufsehen gesorgt und zu mehreren Strafanzeigen geführt. Die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt und beantragte eine Geldstrafe von 6.000 Euro. Das Amtsgericht folgte dem Antrag.
Volksverhetzung im Internet: So viele Beschwerden wie nie
Rechtsradikale Inhalte im Internet sind 2015 acht Mal häufiger angezeigt worden als im Vorjahr. Meist gehe es um Propaganda, schreibt die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter (FSM). Mit insgesamt 5.448 Meldungen, die eingingen, verzeichnete sie einen Rekord, im Vorjahr waren es 4.949. Stark zugenommen hat die Zahl der Beschwerden wegen rechter und rassistischer Sprüche. Das teilte die FSM in Berlin mit. Es lasse sich jedoch nicht klar bestimmen, ob es deutlich mehr rechtsradikale Inhalte auf Webseiten gibt. Es könne auch sein, dass die Sensibilität für diese Inhalte zugenommen habe, teilte die FSM mit. Die Zunahme der Beschwerden stehe möglicherweise im Zusammenhang mit den Diskussionen um die gestiegene Flüchtlingszahl in Deutschland.
„Hate Speech“ kennt keine Grenzen
Das Internet geht unter in einer Flut aus Hasskommentaren, Verdächtigungen, Schuldzuweisungen und Drohungen - nicht nur in Deutschland. Und jedes Land geht mit "Hate Speech" anders um. Drei kurze Berichte aus Kenia, Italien und Russland.
„Die Dabeigewesenen“ – neue Hamburger Datenbank zu Verstrickungen im Naziregime
Wer war Nazi, wer Mitläufer? Mit einer neuen Internet-Datenbank will die Stadt Hamburg sich ihrer Geschichte im Nationalsozialismus auf moderne Art und Weise stellen und gleichzeitig Personen als "Mitläufer" und Unterstützer von Hitlers NS-Diktatur identifizieren. Die Landeszentrale für Politische Bildung hat dazu eine Webseite ("Die Dabeigewesenen") freigeschaltet, in der man nach Namen, Orten und Institutionen auch in der Volltextsuche recherchieren kann. Auch das Eingrenzen auf Stadtteile oder Adressen ist möglich. Bislang finden sich erst 759 Einträge dort, doch die Macher versprechen Zuwachs.
Der tote Hund, der Nazis zur Weissglut treibt
Nach Blondi hat die rechte Szene einen neuen Hundestar: Pitbull Odin, erschossen von der Polizei. Eine gefälschte Kondolenzseite bei Facebook macht sich nun über Neonazis lustig. Mit Erfolg. Auf den ersten Blick mutet die Seite «RIF Odin treue Seele / Wir vergessen nie» an wie eine Solidaritätsseite für Pitbull-Terrier Odin. Die Polizei in Dortmund hatte den Kampfhund vor zwei Wochen bei einer Razzia gegen Rechtsextreme erschossen, seitdem wird er für braune PR instrumentalisiert. Rechte Demonstranten gingen sogar mit einem «Heute Hunde, morgen Menschen»-Transparent auf die Strasse - ein neuer Dreh der schon klassischen rechtsextremen Opferpose. In einem der Postings der Satireseite kling das Ganze zum Beispiel dann so: „Odin wurde nicht erschossen, er wurde von zionistischen Geheimagenten nach Argentinien entführt, um dort auf einer Kaninchenfarm gemästet zu werden, damit man ihn als Rumpsteak an diese masslosen Amis verkaufen kann!!!!!“ In einem anderen werden die „Kameraden“ dazu aufgefordert, eine „überlegene Hunderasse“ zu züchten. Immerhin hätten es die „Antifanten“ geschafft, einen Vierbeiner zum Astronauten zu machen – gemeint ist der sowjetische Weltraumhund Laika.