Nach den Rechten sehen: Hartnäckig: NPD will Ministerin Schwesig in Karlsruhe Maulkorb verpassen lassen +++ Neonazis im Vereinsregister: Aber Sturm 18 e.V. soll nun verboten werden +++ NSU-Prozess: Zschäpe darf ihre Verteidiger nicht austauschen, Prozess geht weiter.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Hartnäckig: NPD will Ministerin Schwesig in Karlsruhe Maulkorb verpassen lassen
Unter seinen rechten Kameraden gilt der junge NPD-Anwalt Peter Richter als Superstar. Doch die Prozesse, die er bislang betrieb, um Politikern bis hin zu Bundespräsident Joachim Gauck den Mund in Sachen NPD-Kritik verbieten zu lassen, endeten allesamt erfolglos. Dessen ungeachtet schlägt Richter auf seiner Facebook-Seite mit Blick auf die Klage gegen Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), über die das Bundesverfassungsgericht am Dienstag verhandelt, einmal mehr markige Töne an: Er habe noch einen "juristischen Torpedo im Rohr", so der Anwalt der rechtsextremen Partei (Die Welt, Handelsblatt, mdr).
Neonazis im Vereinsregister: Aber Sturm 18 e.V. soll nun verboten werden
Die nordhessische Neonazi-Kameradschaft „Sturm 18“ ist ins Vereinsregister eingetragen worden. Das Amtsgericht Kassel bestätigte am Montag entsprechende Medienberichte. Für das Eintragen hätten die gesetzlichen Voraussetzungen vorgelegen, sagte ein Gerichtssprecher. Nach einem Bericht der „Frankfurter Rundschau“ hatte am 20. April, dem 125. Geburtstag von Adolf Hitler, der Kasseler Neonazi Bernd T. die Wandlung in einen Verein offiziell beantragt. Ende Juni sei „Sturm 18 e.V.“ dann ins Vereinsregister eingetragen worden. Bernd T. sitzt derzeit wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung in Untersuchungshaft. Aktuell prüft das hessische Innenministerium nun ein Verbot des Vereins (SZ online, Frankfurter Rundschau).
NSU-Prozess: Zschäpe darf ihre Verteidiger nicht austauschen, Prozess geht weiter
Der NSU-Prozess wird heute vor dem Oberlandesgericht fortgesetzt. Allerdings beginnt die Verhandlung nicht wie normalerweise um 9.30 Uhr, sondern erst um 13.00 Uhr. Das teilte OLG-Sprecherin Andrea Titz mit. Im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München ist die Angeklagte Beate Zschäpe mit dem Versuch gescheitert, ihre Anwälte loszuwerden. Der 6. Strafsenat wies am Montag Zschäpes Antrag zurück, die drei Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl von ihrem Mandat zu entbinden. Nach Informationen des Tagesspiegels sah der Vorsitzende Richter Manfred Götzl im Antrag der Angeklagten zu wenig Substanz (Tagesspiegel, tagesschau.de).
Polizei: Keine weiteren Hinweise auf NSU-Morde
Die Polizeibehörden von Bund und Ländern haben nach Informationen des "Spiegel" keine Anhaltspunkte für weitere Mordtaten der rechten Terrorgruppe NSU. Bei der Überprüfung aller ungeklärten Fälle zwischen 1990 und 2011 hätten das Bundeskriminalamt (BKA) und die Landeskriminalämter keinen Bezug zur Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" oder andere Verbindungen zur rechten Szene erkannt, berichtet das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Ermittlerkreise. Die Innenministerkonferenz hatte die Überprüfung nach dem Auffliegen des NSU angeordnet. Die Ermittler untersuchten laut "Spiegel" 418 vollendete und 327 versuchte Tötungsdelikte. Dem NSU werden zehn Morde zur Last gelegt, neun an Kleinunternehmern ausländischer Herkunft, einer an einer deutschen Polizistin. Die mutmaßlichen Haupttäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich im November 2011 erschossen, um der Festnahme zu entgehen. Ihre Gefährtin Beate Zschäpe steht derzeit in München wegen Mittäterschaft vor Gericht (Hamburger Abendblatt).
Proteste gegen Israels Offensive: Zwischenfälle bei Gaza-Demos
In mehreren deutschen Städten haben am Wochenende Tausende Menschen gegen die israelische Militäraktion im Gazastreifen demonstriert. In Hannover und Göttingen wurden proisraelische Demonstranten attackiert. Auf mehreren Demonstrationen wurden antisemitische Parolen gerufen. In Hannover wurden Pro-Israel-Demonstranten mit Tritten angegriffen. Auch in Göttingen kam es laut Polizei zu körperlichen Auseinandersetzungen. Hier waren Menschen unter dem Motto "Demonstration für Gaza" auf die Straße gegangen. Teilnehmer der Demonstration griffen eine Gegenkundgebung an, wie auf Bildern und Videos zu sehen ist. In Berlin wurde bei einer Pro-Palästina-Demonstration am Samstag ein Passant judenfeindlich beschimpft. Der Mann sei zufällig an dem Zug vorbeigekommen, sagte ein Sprecher der Polizei am Sonntag. Als die Demonstranten den Touristen als Juden erkannten, hätten sie antisemitische Sprüche gerufen. Einen körperlichen Angriff hätten Ordner und Polizisten verhindert (Welt online). In Mannheim und Karlsruhe gingen Demonstrationen friedlich von statten (Tagesschau.de, taz). In Paris kam es zu Übergriffen gegen jüdische Läden (Spiegel online).
Kundgebungen in Deutschland: Israelischer Botschafter entsetzt über Parolen bei Gaza-Demos
Bei Pro-Palästina-Demonstrationen in deutschen Städten werden antisemitische Parolen skandiert, Juden bedroht. Israels Botschafter in Berlin zeigt sich empört. Er sieht eine Allianz aus "Islamisten, Neonazis und extremen Linken" am Werk (Spiegel online).
Berlin: "Jude, Jude, feiges Schwein" soll auf Demonstrationen verboten werden
Die Polizei in Berlin reagiert auf heftige Kritik: Künftig soll auf Demonstrationen die Parole "Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein" verboten werden. Dabei sei die am Donnerstag häufig gebrüllte Parole keine Volksverhetzung, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich weiter. Dies habe eine "vorläufige Einschätzung" durch die Staatsanwaltschaft ergeben. Im Polizeipräsidium habe man sich deshalb entschlossen, die Parole künftig über das Versammlungsrecht per Auflage zu untersagen. Werde die Parole dann dennoch skandiert, könne die Polizei über das Versammlungsrecht auf die Demonstranten einwirken, Personalien feststellen und einen Aufzug auch stoppen. Dagegen befand das Gericht auch, die Rufe "Kindermörder Israel" oder "Kindermörder Netanjahu" seien nicht einmal eine Beleidigung (Tagesspiegel.de).
Drei Jahre Breivik-Amoklauf: Insel ohne Idyll
Der Rechtsextremist Anders Behring Breivik verabscheute die liberale Einwanderungspolitik der damaligen sozialdemokratischen Regierung Norwegens. Deswegen mussten heute vor drei Jahren in Oslo und auf der Insel Utøya insgesamt 77 Menschen sterben (BR).
Türöffnerin nach Rechts: Die „Alternative für Deutschland“
Bei der Europawahl im Mai hatte die „Alternative für Deutschland“ (AfD) in der Bundesrepublik 7,1 Prozent der Stimmen erhalten und ist damit mit sieben Sitzen in das Europäische Parlament (EP) eingezogen. Ob sich die Partei damit bereits etabliert hat, ist fraglich, weil es politisch ähnliche, dezidiert europafeindliche Projekte am rechten Rand des Parteienspektrums schon oft gegeben hat (wie den „Bund freier Bürger“, die „Republikaner“ oder die „Pro DM-Partei“). Diese „Vorgänger“ haben allerdings über deutlich weniger Finanzmittel und weniger medialen Einfluss verfügt als die AfD. Insofern ist eine kritische Auseinandersetzung in jedem Fall notwendig (gegenblende.de).
Debatte um Alltagsrassismus in den USA: Big Brother im Supermarkt
Rashid Polo fühlt sich beobachtet. Im Supermarkt tauchen immer wieder - ganz zufällig - Angestellte in seiner Nähe auf. Weil sie ihn, den Schwarzen, als Dieb verdächtigen? Die skurrilen Kurzvideos, mit denen Rashid die Überwachung dokumentiert, haben im Netz eine riesige Fangemeinde (Sueddeutsche.de).
Jugendroman aus Tostedt soll Mut zu Zivilcourage machen
Sie engagiert sich seit Jahren im Tostedter "Forum für Zivilcourage" und hat sich intensiv mit der rechten Szene in ihrem Heimatort auseinandergesetzt. Mit ihrem Jugendroman möchte sie jetzt jungen Menschen Mut machen, gegen Rechtsextremismus einzustehen und Zivilcourage zu zeigen: Christina Erdmann (31). Die Veröffentlichung ihres Buches "Meinst du das wirklich ernst? - eine Geschichte des Umdenkens" wurde von mehreren Sponsoren, u.a. der Spethmann-Stiftung, gefördert. Das Buch soll ab Mitte Juli verfügbar sein. Die Premieren-Lesung findet am 24. Juli um 19 Uhr in der Tostedter Büchrei statt (Kreiszeitung-wochenblatt.de).
Mannheim: Bekenntnis gegen rechts
Das hat es in der Geschichte des Gemeinderates so noch nicht gegeben: Am Vorabend der ersten Sitzung des neuen Gemeinderats demonstrierten gestern Hunderte Menschen gegen den Einzug der NPD in das Gremium. Aufgerufen zu der Kundgebung vor dem Stadthaus hatte das Bündnis Mannheim gegen Rechts. Bei der Veranstaltung sprachen auch Oberbürgermeister Peter Kurz und Gemeinderatsvertreter von SPD, CDU, Grünen und der Linken (morgenweb.de).
Berliner Tatorte
Noch bis zum 24. August zeigt die Stiftung Topographie des Terrors in ihrem Haus die Ausstellung "Berliner Tatorte": Eine bedrückende Dokumentation rechtsextrem, rassistisch und antisemitisch motivierter Angriffe, die von der Opferberatungsstelle "Reach Out" erstellt wurde. Die Ausstellung zeigt ausgewählte Beispiele, die seit 2005 als Wanderausstellung besteht und jährlich aktualisiert wird (mut-gegen-rechte-gewalt.de).
Mitgliederschwund bei Ungarns rechtsradikaler Partei
Bei den Parlamentswahlen am 6.April erreichte Ungarns rechtsradikale Jobbik-Partei mit einer neuen, sanfteren Selbstdarstellung 20 Prozent der Stimmen, ihren bisher besten Wert. Kommentatoren waren schnell dabei, einen Zusammenhang zwischen neuem Auftreten und Wahlerfolg zu sehen. Es wird nicht mehr so deutlich gegen Juden und Roma gehetzt, Parteichef Gábor Vona warb auf Facebook mit süßen Fotos, auf denen er Hunde streichelt und Kühe melkt. Der nette Mann von nebenan. Insider sagen jedoch, dass die Strategie einen großen Haken hat. Die Mitglieder der Partei, die oft viel härtere Ansichten vertreten als die Jobbik-Wähler, brechen weg (Welt online).
Festival in Gera: Anarchische Kampfansage gegen Rechts
Beim zweiten "360 Grad Heimat"-Festival in Gera beziehen Künstler Stellung gegen Rechtsextremismus. Neben Madsen konnte auch die Band Jennifer Rostock die rund 2000 Zuschauer im Hofwiesenpark begeistern (tlz.de).
Bad Nenndorf soll auch am 2. August bunt bleiben
Gegen einen geplanten Aufmarsch von Neonazis in der niedersächsischen Kurstadt Bad Nenndorf hat ein Bürgerbündnis Proteste angekündigt. Vorgesehen sind unter anderem mehrere Demonstrationen, ein Sportfest und ein ökumenischer Gottesdienst. Am 2. August wollen Rechtsextremisten wie in den Vorjahren zum Nenndorfer Wincklerbad ziehen, wo sich nach dem Zweiten Weltkrieg ein Verhörzentrum des britischen Militärgeheimdienstes befand. Dort wurden gefangene Nationalsozialisten teilweise auch misshandelt, es gab mindestens zwei Todesopfer. Die Misshandlungen wurden nach Angaben von Historikern damals vom britischen Staat umgehend geahndet und von der Öffentlichkeit verurteilt (ND).
Letzte Woche auf netz-gegen-nazis.de: | Rassismus und aggressiver Patriotismus zum WM-Finale | Zum "Gaucho-Tanz" der deutschen Nationalmannschaft | Akif Pirinçci – Hetze als Selbstbestätigung | Keine rechtsextreme Tat? Zum Jahrestag des Mordes auf dem "Tänzelfest" in Kaufbeuren