Nach den Rechten sehen: Angriff auf Türken in Bernburg: Alle neun Angeklagten schweigen +++ NSU-Prozess: Zschäpes Anwälte säen Zweifel an Zusammenleben der NSU-Mitglieder +++ NPD-Fan gesteht Mord an zwölfjährigem Mädchen in Möckenlohe.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Angriff auf Türken in Bernburg: Alle neun Angeklagten schweigen
Neun Männer sollen in Bernburg einen türkischen Imbissbetreiber fast totgeprügelt haben. Vor Gericht wollen sie nicht reden. Ein Angeklagter ist ein bereits bekannter Neonazi. Angeklagt sind sie am Magdeburger Landgericht wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung. Fünf von ihnen werden aus der Haft vorgeführt. Einer der Männer habe am 21. September im Bernburger Bahnhof zunächst die Freundin des Imbissbetreibers als „Türkenschlampe“ beschimpft, sagt Staatsanwältin Ute Vieweg. Als Aburrahman E., der mit ihr gerade Feierabend machte, um Mäßigung des Tons bat, sei ihm eine Bierflasche gegen den Kopf geschlagen worden. Die anderen acht Angeklagten seien hinzugekommen, hätten abwechselnd auf E. eingeschlagen, auch mit Flaschen. Mindestens vier von ihnen hätten sogar auf Kopf und Oberkörper des am Boden liegenden Opfers eingetreten, als das längst bewusstlos war. Einer sei dessen Freundin in den Rücken gesprungen. Auch ein weiterer Mann wurde verletzt. Ausländerfeindliche Parolen fielen. Das Opfer erlitt unter anderem Schädelbrüche und Blutungen unter der Gehirnhaut. „Alle Angeklagten haben den Tod des Opfers für möglich gehalten“, so Vieweg. E. lag mehrere Tage im künstlichen Koma. Er leidet nach Angaben seines Anwalts Sebastian Scharmer heute unter Angstattacken, sobald er kahlgeschorene Männer sieht. Seinen Imbiss betreibe derzeit die Familie - er selbst könne es nicht. „Man weiß nicht, wie es weitergeht.“ Zudem gebe es die Angst, dass Kunden ausbleiben. „Dann ruiniert ihn die Tat nicht nur psychisch, sondern auch finanziell.“ (mz-web.de, Tagesspiegel, Spiegel online).
NSU-Prozess: Zschäpes Anwälte säen Zweifel an Zusammenleben der NSU-Mitglieder
Im NSU-Prozess versuchen Beate Zschäpes Anwälte, Zweifel am Zusammenleben des mutmaßlichen Terrortrios zu säen. Damit treten sie der These der Anklage entgegen, wonach Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach ihrem Untertauchen ohne Unterbrechung zusammen wohnten. Für die Anklage ist das gemeinsame Leben der drei im Untergrund ein Indiz dafür, dass Zschäpe auch in die Terroranschläge der Gruppe eingebunden war. Insgesamt waren es sieben Wohnungen in Chemnitz und Zwickau (Thüringer Allgemeine, tlz). Außerdem ging es im Prozess um das "Pogromly-Spiel", dass Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe in ihrer Untergrund-Zeit in etwa 20-facher Ausführung hergestellt hatten. Ein Kriminalbeamter fasste am Montag die Ermittlungen zum «Pogromly»-Spiel zusammen. Die Fotos zeigen ein Spielfeld in Anlehnung an das Gesellschaftsspiel «Monopoly». Anstelle von Straßen gibt es deutsche Städte, die der Spielanleitung zufolge «judenfrei» gemacht werden sollen. Statt der Bahnhöfe des Originalspiels gibt es Felder mit Konzentrationslagern: Auschwitz, Buchenwald, Ravensbrück, Dachau. So belegt das Spiel die rechtsextreme, antisemitische Einstellung des Trios (Greenpeace Magazin, tlz, Spiegel online).
Nürnberg will "N-SU"-Autoschilder aus dem Verkehr ziehen
Autoschilder sollen von den Straßen verschwinden – Stadt lockt mit Gebührenbefreiung beim Umtausch (mainpost.de).
NPD-Fan gesteht Mord an zwölfjährigem Mädchen in Möckenlohe
Es ist ein brutales Verbrechen, das seit dem Wochenende nicht nur Bayern, sondern ganz Deutschland aufwühlt. Der einschlägig vorbestrafte Stefan B. verfolgt, missbraucht und tötet die zwölfjährige Franziska O. aus Möckenlohe (Landkreis Eichstätt). Die Tat hat der zweifache Vater mittlerweile eingeräumt. Bereits früher soll der Arbeitslose, der bei Facebook Sympathien für die NPD bekundete, Kinderpornos aus dem Internet heruntergeladen und verbreitet haben (Endstation rechts). Hintergründe gibt es bei a.i.d.a. e.V.
Nach Neonazi-Überfall in Ballstädt: Angst, Wut und politischer Flurschaden
Sechs Tage nach dem brutalen Überfall von knapp 20 Neonazis im thüringischen Ballstädt hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den 38-jährigen Neonazi Thomas Wagner erlassen. Er ist Frontmann der Rechtsrockband SKD („Sonderkommando Dirlewanger“) und einer der drei Eigentümer des braunen Hauses in dem Dorf mit 700 Einwohnern (Publikative.org).
Erste "Unsterblichen"-Demonstration in der Schweiz
Stadtsolothurner Parteien sind befremdet über die Kundgebung der «Nationalen Opposition» von Samstag Abend. Für die SP wird der Frieden zwischen den unterschiedlichen Glaubensgruppierungen gefährdet. Auch SVP und Grüne äussern sich kritisch. Die "Nationale Opposition" war auf der unangemeldeten Demonstration mit weißen Masken und Fackeln durch die Solothurner Innenstadt marschiert, womit sie offenbar das Auftreten der deutschen "Unsterblichen"-Demonstrationen adaptieren. Allerdings wird in der Schweiz statt der Sorge um den "Volkstod" ein schlichtes "Asylanten raus" als Plakat getragen (Grechner Tagblatt, blick.ch).
"Pro Köln"-Anhänger*innen: Krawall bei Demo zu Flüchtlingen
Zu heftigen Auseinandersetzungen kam es am Montag vor einer Informationsveranstaltung in der Jugendherberge in Riehl. „Pro Köln“ hatte eine Kundgebung angemeldet, um gegen Pläne zur Unterbringung von Flüchtlingen zu demonstrieren. Den etwa 15 Mitgliedern und Sympathisanten standen rund 50 Gegendemonstranten verschiedener Organisationen wie der Grünen-Jugend oder des Bündnisses „Köln-Nord gegen Rechts“ gegenüber. Als sie die Kundgebung mit Zwischenrufen und Rasseln störten, kam es zu Handgreiflichkeiten. Augenzeugen zufolge wurde eine 73-jährige Gegendemonstrantin zu Boden gestoßen. Danach löste die Polizei die Kundgebung auf (Kölnische Rundschau).
Auftrittsverbot für "Kategorie C" in Michelstadt (Hessen): Leider kommen die Musiker von dort
Der Bürgermeister von Michelstadt lobt bei einer Podiumsdiskussion mit Schüler*innen, dass die Polizei vor kurzem ein Konzert der Rechtsaußen-Band "Kategorie C" in seiner Stadt verhindert hat. In Zusammenhang mit dem verhinderten Konzert musste Bürgermeister Kelbert allerdings erfahren, „dass einige der Bandmitglieder hier wohnen. Vielleicht sind die hier in der Runde auch bekannt“. Späteren Wortbeiträgen aus den Reihen der Schüler war zu entnehmen, dass es sich durchaus um keine unbekannten Personen handelt, von denen die Rede war (echo-online.de).
“Kategorie C”: Frankreichfahrt zu “Blood & Honour Hexagone”
Für den 7. Juni kündigt die “Blood & Honour”-Division “28 Hexagone” ein besonderes Event an: Eine Kampfsport-Gala mit Mixed Martial Arts (MMA). Musikalisch soll das Event mit einem Auftritt von “Kategorie C / Hungrige Wölfe” abgerundet werden. Auf der Homepage der Band wird der geplante Auftritt in der Region Lyon als “Fightclubabend” aufgeführt. Ganz offen ist dort die Mailadresse von “Blood & Honur Hexagone” als Kontakt angegeben. Neben ”28 Hexagone”, die vor allem in Süden Frankreichs beheimatet sind und sich als offizielle französische Division von “Blood & Honour” bezeichnen, gehört auch das rechte Modelabel “Pride France” zu den Veranstalter der MMA-Gala. Stolz kündigt man auf den Flyern auch die “außergewöhnliche Beteiligung” von “White Rex” an. Die russische Modemarke erfreut sich seit einiger Zeit auch unter Neonazis in ganz Europa an Beliebtheit (Störungsmelder).
Vorpommern: Rechtsextremer Musiker als Wehrführer der Feuerwehr in Postlow
Der Ärger um einen NPD-Kandidaten als Bürgermeister in Pasewalk lodert noch, da brennt es schon wieder im östlichen Landesteil. Die Postlower Feuerwehr will sich ausgerechnet von einem rechtsextremen Musiker führen lassen. Ralf Städing ist Straßenbauer, Gemeindevertreter und laut Verfassungsschutz ein Rechtsextremist. Er spielt in der Nazi-Band "Wiege des Schicksals" den Bass. Von Mittawochabend an könnte er auch Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Postlow sein. Dann nämlich, wenn Bürgermeister Norbert Mielke und die übrigen Gemeindevertreter die Wahl Städings zum Wehrführer bestätigen. Zweifel daran, dass es so kommen wird, scheint in Postlow niemand zu haben. Der Bürgermeister sieht Städing als "demokratisch gewählt" an. Erlasse des Innenministeriums, dass Mitglieder der Feuerwehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen müssen, will er ignorieren (Nordkurier).
120 Fragen, kaum Antworten
Innensenator Henkel sieht keine neue V-Mann-Affäre auf sich zukommen. Grüne und LINKE forderten in über 100 Fragen Antworten zum ehemaligen V-Mann Nick Greger. Innensenator Henkels (CDU) Antwort: Er sieht keinen Bezug zum rechten Terrornetzwerk NSU (ND).
Ministerium: Antiziganismusvorwurf unbegründet
Das Innenministerium hat Rassismusvorwürfe des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma gegen Ermittler zurückgewiesen. Die Beamten hätten sich bei den Ermittlungen nach dem Heilbronner Polizistenmord korrekt verhalten, sagte ein Sprecher gestern: "Wir sind sauber." Die Vorwürfe beziehen sich auf Akten-Vermerke, die im Münchner NSU-Prozess zitiert wurden. Darin ist laut einer Vertreterin der Nebenklage von "Negern" und "Zigeunern" die Rede, die "typischerweise lügen würden". Der Sprecher erklärte, die Aussagen stammten von einem Zeugen und einem serbischen Gutachter. Die Polizisten hätten diese nur protokolliert (Südwestpresse).
Umfragehoch für Österreichs Rechtspopulisten: Die Freiheitlichen fühlen sich beflügelt
In Österreich haben die rechtspopulistischen Freiheitlichen mit ihrer EU-Kritik derzeit faktisch ein Monopol. Ihr Umfragehoch ist aber auch eine Folge des Versagens der Regierung (nzz.ch).
Bayerische Islamfeinde
„Pro-Bayern“ agitiert vor Ort und im Internet seit längerer Zeit gegen den geplanten Bau einer Moschee in Schrobenhausen. Jetzt mobilisieren die Rechtspopulisten für den 8. März auch zu einer Demonstration in die oberbayerische Stadt (BNR).
Mehr Geld für umstrittenes Programm gegen Linksextremismus ausgegeben
Ungeachtet wachsender fachlicher Kritik hat das Bundesfamilienministerium 2013 sogar mehr Geld für das Präventionsprogramm gegen Linksextremismus ausgegeben als im Vorjahr. Das geht aus einer Antwort des Familienministeriums an die Linkspartei-Abgeordnete Diana Golze hervor, die der taz vorliegt. Demnach stiegen die Ausgaben für die umstrittene "Initiative Demokratie Stärken" unter der ehemaligen Familienministerin Kristina Schröder (CDU) von 1,16 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 1,42 Millionen Euro im Jahr 2013 (taz).
Diese Woche auf netz-gegen-nazis.de:
| Wenn "Panzertiger" schwarze Spieler aus der "Goodgames Empire"-Allianz wirft
| NSU-Nebenklage: Generalbundesanwaltschaft behindert Aufklärung