Drohbrief im Briefkasten: Bonner Familie mit Brandanschlag gedroht +++ Lichterkette München-Berlin: Unterwanderungspläne von Neurechten aufgedeckt +++ NSU-Prozess: Ralf Wohlleben - noch einer, der von nichts weiß +++ Allensbach-Studie: Mehrheit fühlt sich über Flüchtlinge einseitig informiert.
Drohbrief im Briefkasten: Bonner Familie mit Brandanschlag gedroht
Unbekannte haben einen Säugling und dessen Eltern aus der Bonner Nordstadt bedroht. Die Familie fand im Briefkasten einen Brief, in der der Familie mit einem Brandanschlag gedroht wurde. Die Polizei und der Staatsschutz ermitteln. Ein Unbekannter hat einen Säugling und dessen Eltern aus der Bonner Nordstadt bedroht. Die Familie fand im Briefkasten einen Brief, in dem – ob handschriftlich oder gedruckt, ist nicht bekannt – stand: „Wir wollen nicht noch einen Türken im Viertel, also packt den Balg und verzieht Euch!“ Schließlich hieß es noch: „Oder muss die Bude erst fackeln?“ Unterzeichnet war das Schreiben mit „Die Nachbarn“.
Lichterkette München-Berlin: Unterwanderungspläne von Neurechten aufgedeckt
In Berlin versuchen Neurechte, die für Samstag geplante Lichterkette von München nach Berlin zu unterwandern – der Veranstalter wehrt sich. Leicht umzusetzen war Horst Fallenbecks Idee von Anfang an nicht: eine Lichterkette von München nach Berlin, 650 Kilometer lang. Rund 650.000 Menschen müssten sich am Samstagabend mit einer Kerze in der Hand beteiligen, damit die Kette zustande kommt, mit der Fallenbeck, Tierhotelbetreiber in einer baden-württembergischen Kleinstadt, ein Zeichen gegen Krieg, Terror und Angst setzen will. Ein Mammutprojekt, das allerdings erstaunlich großen Zuspruch fand: Über 200.000 TeilnehmerInnen haben sich auf der Internetseite zu der Aktion bereits angemeldet. Seit Anfang dieser Woche ist das Projekt allerdings noch um einiges komplizierter geworden. Denn da erfuhr Horst Fallenbeck, dass sein Vorhaben auch Leute anzieht, die damit ihre ganz eigene politische Agenda verfolgen: Mit der Gruppe Friedensfusion hatten in Berlin AnhängerInnen der neurechten Mahnwachenbewegung die Organisationsarbeit vor Ort übernommen. „Diese Gruppe ist mindestens rechtsoffen, eng mit dem Pegida-Ableger Endgame verbandelt und bietet mit ihren Aktionen ein Podium für antisemitische Verschwörungstheorien“, sagt Benjamin Steinitz von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus.
http://www.taz.de/Lichterkette-Muenchen-Berlin/!5258547/
NSU-Prozess: Ralf Wohlleben - noch einer, der von nichts weiß
Der im NSU-Prozess Angeklagte grüßt die Neonazis im Gericht, sagt aber, er sei kein Ausländerfeind und verliest seine Aussage selbst. Sein Auftritt hat viel mit Werbung zu tun. Für die Bundesanwaltschaft ist Ralf Wohlleben die Spinne im Netz, der Mann, der die Hilfe für die drei untergetauchten mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gesteuert hat. Ein ehemaliger NPD-Funktionär, der genau wusste, was er tat. Der wichtigste Angeklagte im NSU-Prozess, nach Beate Zschäpe. Er hat in 250 Verhandlungstagen kein Wort gesprochen. Am Mittwoch hat er nun geredet, überraschend. Und er hat seine Erklärung selbst abgegeben, nicht verlesen lassen durch einen Anwalt wie Zschäpe. Fast zwei Stunden lang zeichnete Wohlleben ein völlig anderes Bild von sich und dem NSU, als es die Anklageschrift tut.
- http://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-prozess-ralf-wohlleben-noch-einer-der-von-nichts-weiss-1.2786252
- http://www.faz.net/aktuell/politik/nsu-prozess/terrorhelfer-ralf-wohlleben-sagt-im-nsu-prozess-aus-13969075.html
- http://www.fr-online.de/neonazi-terror/nsu-prozess-auslaender---haben-keine-rolle-gespielt-,1477338,32941734.html
- http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Und-noch-ein-Opfer-Wohlleben-plaediert-auf-nicht-schuldig-103217570
- http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-prozess-ralf-wohlleben-bestreitet-beschaffung-der-waffe-a-1068102.html
Terrorzelle NSU: Zweiter Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit auf
Die Mordserie des NSU-Trios hat bereits einen Untersuchungsausschuss beschäftigt. Doch nach Abschluss der Arbeit blieben viele offene Fragen. Jetzt nimmt ein zweiter Ausschuss seine Arbeit auf. Die Erwartungen an das neue Gremium sind hoch. Allen Fraktionen im Deutschen Bundestag war im Dezember 2011 eines klar: Die zehn Morde, die zahlreichen Banküberfälle und Sprengstoffanschläge, mutmaßlich verübt vom Trio des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU), werden die deutschen Sicherheitsbehörden in Erklärungsnot bringen. Nachdem der Erste Untersuchungsausschuss in 8.000 Akten geblättert hatte, in mehr als 340 Sitzungsstunden über 90 Zeugen gehört wurden, fiel das Fazit dann vernichtend aus: Polizei und Verfassungsschutz hatten bei der Suche nach den Tätern völlig versagt. Und auch wenn der Ausschuss einiges zu Tage fördern konnte, blieben für Armin Schuster von der CDU viele Fragen offen: "Wer der eigentliche Kopf war, das Netzwerk, die scheinbar ahnungslose V-Leute-Szene. Alles das sind Fragen, die wir in der ersten Auflage nicht genügend klären konnten." Völlig ungeklärt ist aus Sicht der SPD, ob mögliche Unterstützer des NSU-Trios nicht auch in der organisierten Kriminalität zu finden sind, meint Uli Grötsch: "Mit organisierter Kriminalität meine ich vor allem die klassische organisierte Kriminalität - Drogen, Prostitution, Waffen, aber auch im Speziellen die Verflechtungen in der Rockerszene. Ich glaube, dass dort noch richtig viel zu holen ist für den Ausschuss."
http://www.tagesschau.de/inland/nsu-ausschuss-rechtsextremismus-101.html
Allensbach-Studie: Mehrheit fühlt sich über Flüchtlinge einseitig informiert
Eine Mehrheit der Deutschen ist der Ansicht, dass die Medien kein zutreffendes Bild der Flüchtlinge zeichnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Allensbach-Umfrage im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die "Lügenpresse"-Propaganda wirkt. So ist es beispielsweise bemerkenswert, dass 39 Prozent der erwachsenen Bevölkerung finden, an dem von Pegida propagierten Vorwurf der „Lügenpresse“ sei etwas dran, Medien verdrehten Sachverhalte und verheimlichten wesentliche Informationen; in Ostdeutschland halten sogar 44 Prozent diesen Vorwurf für zutreffend. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung halten die Berichte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und der Tagespresse im Allgemeinen für zuverlässig - ein Drittel also nicht. Das Urteil variiert jedoch mit dem Thema. So wird die Berichterstattung der letzten Monate über die Flüchtlingssituation überwiegend kritisch bewertet. 42 Prozent der Bürger sind mit der Berichterstattung zufrieden, 51 Prozent in Teilen oder gänzlich unzufrieden. Überdurchschnittlich kritisch äußern sich hier die politisch interessierten Bevölkerungskreise, von denen 39 Prozent eine positive Bilanz ziehen, während 58 Prozent Kritik üben. Viele hatten in den letzten Monaten den Eindruck, die Berichte seien zu einseitig. Im Oktober waren davon 47 Prozent der Bevölkerung überzeugt, jetzt noch 41 Prozent. Allmählich wächst hier wieder das Vertrauen, ausgewogen informiert zu werden. Nach wie vor konstatiert die Mehrheit jedoch Mängel: So sind 53 Prozent überzeugt, dass die Zusammensetzung der Flüchtlinge eine andere ist, als aufgrund insbesondere vieler Bilder zu vermuten ist.
„Liebesfest zwischen Pegida und Dresden-Nazifrei“
Bei der ersten Bürgerversammlung zur Asylpolitik in der Kreuzkirche wird klar: Viele sehnen sich wieder nach Frieden in der Stadt. „Wir sind der Hoffnung, dass unsere Kirche gemäß unseres historischen Auftrags erneut ein Ort der Begegnung und des Gespräches wird“, sagte der evangelisch-lutherische Kreuzkirchenpfarrer Holger Milkau vor mehreren Hundert Menschen. Und in der Tat, sie begegneten sich, die extremen Meinungen der Stadt. Als ein junger Mann Pegida als „neofaschistisch“ bezeichnete, riefen andere ihm zu, er solle sich nach Leipzig verziehen „zu den Linksfaschisten“. Man beleidigte sich lautstark, es kam zu leichtem Tumult. Frank Richter schaffte es, die Stimmung zu beruhigen, indem er deutlich machte, dass jedwede Beschimpfung untersagt ist. „Manchmal muss man eben Menschen aushalten, die ganz anders denken als ich“, sagte er. Das war der einzige Zwischenfall bei der rund zweistündigen Abendveranstaltung. Insgesamt kamen rund 20 Leute in der Bürgerrunde zu Wort, deren Meinungen vom „Verlust deutscher Werte und Normen“ bis hin zum „Gewinn durch multikulturelle Vielfalt“ reichten.
- http://www.sz-online.de/nachrichten/liebesfest-zwischen-pegida-und-dresden-nazifrei-3277313.html
- http://www.dnn.de/Dresden/Lokales/Kein-Dialog-mit-Pegida-Dresden-fuer-Alle-sagt-Teilnahme-an-Buergerversammlung-ab
Rockerprozess in Regensburg: Geldstrafe für NPD-Funktionär Roßmüller
Nach einem Angriff gegen einen verfeindeten Motorradclub in Straubing ist der NPD-Funktionär Sascha Roßmüller zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Regensburg sprach ihn wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung schuldig. Der 43-Jährige muss 80 Tagessätze zu je 20 Euro zahlen. Ein 39 Jahre alter Mitangeklagter wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Zwei weitere Angeklagte erhielten ebenfalls wegen Beihilfe Geldstrafen. Bis zu zehn Bandidos hatten sich mit ihren Kutten in Straubing versammelt und eine Gaststätte aufgesucht, die gegenüber des Stammlokals des Gremiums liegt. Auf dem Platz zwischen den Lokalen war es dann zu einer heftigen Schlägerei gekommen. Der Ablauf ließ sich nicht mehr genau klären, weil kaum einer der Beteiligten vor Gericht eine Aussage gemacht hatte. Ihr Ehrenkodex verbietet Rockern eine Zusammenarbeit mit der Justiz. Nur die Messerattacke des heute 39 Jahre alten Hauptangeklagten gegen den Gremium-Präsidenten sei gesichert aufgeklärt worden, betonte das Gericht. Der Rockerchef hatte dabei eine klaffende Schnittwunde im Gesicht erlitten.
Steinwürfe auf Güstrower Asylbewerberunterkunft aufgeklärt
Die Steinwürfe auf eine Güstrower Asylbewerberunterkunft vom vergangenen Samstag sind aufgeklärt. Wie die Polizei am Mittwoch berichtete, konnten nach Zeugenhinweisen eine 16-Jährige und ein 19-Jähriger aus Güstrow als Täterverdächtige ermittelt werden. Sie gehörten vermutlich dem rechtsextremistischen Milieu an. Es gebe den Verdacht, dass sie die Tat begingen, um ihrer politischen Gesinnung Ausdruck zu verleihen, hieß es. Zunächst hätten sie erfolglos versucht, mit einem Fußball die Überwachungskamera zu beschädigen. Dann hätten sie mit Steinen zwei Fensterscheiben des Gebäudes eingeworfen. Dabei sei niemand verletzt worden.
Hans-Olaf Henkel: "Die Bedrohung von rechts hab ich unterschätzt"
Einst begeistertes Mitglied, heute desillusioniert: In der ZEIT rechnet Hans-Olaf Henkel mit der AfD ab. Der Europaabgeordnete und frühere AfD-Spitzenpolitiker Hans-Olaf Henkel kämpft gegen seine frühere Partei: "Ich fühle mich verpflichtet, alles zu tun, um zu verhindern, dass diese AfD Fuß fasst, so wie sie heute dasteht", sagte der Ex-Manager der ZEIT. "Das ist für mich auch eine Art, ich will mal sagen: Korrektur dessen, was ich mitgeholfen habe anzurichten."
Brandanschlag auf Asylunterkunft: Vorra setzt ein Zeichen
Vor einem Jahr haben Unbekannte eine geplante Flüchtlingsunterkunft im mittelfränkischen Vorra angezündet. Der kleine Ort hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Am Mittwoch sind die ersten Flüchtlinge in die sanierte Unterkunft eingezogen. Sie sind herzlich empfangen worden – von Bürgern, die ein Zeichen setzen wollen.
Pöbeleien bei "Herz-Statt-Hass"-Aktion in Roßlau: Projekt Gegenpart kritisiert Polizeientscheidung
Nach dem vorzeitigen Abbruch der „Herz-statt-Hass“-Aktion vor der geplanten Gemeinschaftsunterkunft in der Roßlauer Waldstraße hat das Projekt Gegenpart, das mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt, die Taktik der Polizei kritisiert. Plötzlich aufgetauchte Störer hatten dort am Dienstag voriger Woche Kundgebungsteilnehmer beschimpft und beleidigt. Der Veranstalter hatte die Polizei aufgefordert, Platzverweise auszusprechen. Was diese nicht tat. „Die Einsatzleitung argumentierte stattdessen“, sagte Steffen Andersch vom Projekt Gegenpart, „dass es keine rechtliche Grundlage für eine polizeiliche Intervention gäbe, da die Rechtsextremisten auch nominelle Teilnehmer der Kundgebung sein könnten.“ Andersch kritisierte das als „fatale Fehleinschätzung“. Die Rechtsauffassung sei nicht nachvollziehbar. „Schon die pure Anwesenheit von Neonazis bei einer Protestkundgebung gegen Rechtsextremismus ist ein erheblicher Grund, zu intervenieren.“ Die Polizei hätte seiner Meinung nach wenigstens versuchen müssen, eine räumliche Trennung herbeizuführen.
Sachsen-Anhalt: Immer mehr Ermittlungen gegen Pöbelei im Netz
Die Landesbehörden ermitteln verstärkt wegen Pöbelei im Netz. Viele Verdächtige galten bisher als unbescholten. Wird Volksverhetzung jetzt salonfähig? Hetze im Internet gegen Flüchtlinge wird immer häufiger ein Fall für die Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Behörden in Sachsen-Anhalt verzeichnen einen sprunghaften Anstieg der Verfahren wegen sogenannter Hasskriminalität im Netz, also politisch motivierter Straftaten, für die der Staatsschutz zuständig ist. Im Fokus steht vor allem das Netzwerk Facebook - einer der Tummelplätze für fremdenfeindliche Kommentatoren. Die Wut-Kultur in Zahlen liest sich so: Seit dem Jahr 2013 wuchs die Zahl der Verfahren um das Siebenfache. Im laufenden Jahr ermittelten die Behörden landesweit bereits in 41 Fällen, in denen Personen gegen Migranten und deren Unterstützer hetzten. „Ich habe das Gefühl, die Dämme sind gebrochen“, sagt Sebastian Striegel, Abgeordneter der Grünen im Landtag. Wie entfesselt der Hass im Netz gegen Migranten bereits ist, konnten Internetnutzer von Halle bis Magdeburg zuletzt live am Computerbildschirm erleben. Ein Beispiel aus Kretzschau (Burgenlandkreis): Als im Oktober 30 syrische Kriegsflüchtlinge eine Asylunterkunft bezogen, schrieb ein Facebook-Nutzer in einer öffentlichen Gruppe: „jetzt anzünden“. Oder in Halle: Auf einer Facebook-Plattform wurde über Wochen hinweg das Gerücht um den angeblich geköpften Hausmeister des ehemaligen Maritim-Hotels befeuert - und im Netz entluden sich die fremdenfeindlichen Äußerungen der Kommentatoren. Auch das Maritim dient als Asylunterkunft. „Vieles, was früher nur an Stammtischen gesagt wurde, schafft es jetzt in die Öffentlichkeit“, sagt Striegel. „Aber auch im Internet müssen die Gesetze eingehalten werden.“ Tatsächlich zeigt der Ministeriums-Bericht, dass die Wut-Kultur im Netz zu großen Teilen von bisher unbescholtenen Bürgern ausgeht: Nur jeder Zweite, gegen den seit 2013 wegen Hasskriminalität gegen Migranten ermittelt wurde, ist polizeibekannt - und wenn, dann in der Regel nicht wegen politischer Straftaten.