Nach den Rechten sehen: “HoGeSa” in Hannover: 2.500 kommen, Krawalle bleiben aus +++ Guerilla-Aktion bei Nazi-Aufmarsch: Dumm gelaufen für die Nazis in Wunsiedel +++ Neonazi-Aufmärsche in Berlin: 400 in Köpenick gegen Flüchtlinge.
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“HoGeSa” in Hannover: 2.500 kommen, Krawalle bleiben aus
Weitgehend ruhig und ohne die befürchteten Krawalle ist gestern in Hannover eine Kundgebung der Gruppe „Hooligans gegen Salafisten“ zu Ende gegangen. Auch zwei Gegendemonstrationen von Nazigegnern blieben die meiste Zeit über friedlich. Einige Tausend Polizisten hatten die Innenstadt von Hannover zu einer Festung gemacht (Weser-Kurier, nwzonline, Neue Presse, taz, viele Fotos beim Störungsmelder). Nur noch rund 2.500 Teilnehmer hat es zur „HoGeSa“-Veranstaltung nach Hannover gezogen. Die Veranstaltung blieb auf Grund des engen behördlichen Korsetts weitestgehend friedlich. Mit Hannover hat der Zerfallsprozess einer Gruppe eingesetzt, die außer einem diffusen Hass und Aktionismus wenig eint (Publikative.org).
Guerilla-Aktion bei Nazi-Aufmarsch: Dumm gelaufen für die Nazis in Wunsiedel
In Wunsiedel treffen sich einmal im Jahr Neonazis zu einem Gedenkmarsch. Ein Anti-Rechts-Bündnis hat das diesjährige Treffen geentert und macht aus dem Aufmarsch einen Spendenlauf für den guten Zweck. Am Samstag "gedachten" Rechtsextreme wieder im ober-fränkischen Wunsiedel ihrer Helden: ehemaligen Nazis, die sie mit einem sogenannten Trauermarsch ehren wollen. Seit vielen Jahren protestieren Bürger gegen diesen Aufmarsch. Aber heute wird besonders phantasievoll demonstriert, dass Neonazis weder hier noch anderswo erwünscht sind. Der Aufmarsch wurde kurzerhand zu einem Spenden-Appell für die Berliner Neonazi-Aussteiger-Initiative "Exit" umfunktioniert. Nach dem Vorbild eines "Charity"-Laufs und mithilfe zahlreicher Spender bringt jeder von Rechtsradikalen gemachte Schritt denen Geld, gegen die Neonazis seit Jahre kämpfen. Über Wochen wurde diese ungewöhnliche Aktion vorbereitet. Die Idee der Jugendinitiativen aus Wunsiedel und den Helfern aus vielen Bündnissen ist recht simpel: die Demonstration so gestalten, als ob es sich um ein sportliches Ereignis für einen guten Zweck handelt. Mit Bannern und Ermutigungen am Wegesrand. Und Mitteilungen, wieviel Spenden pro gelaufenen Meter eingehen (stern.de, sueddeutsche.de, Videos der Aktion: Youtube I (s.u.), Youtube II, Facebook-Seite der Aktion "Rechts gegen Rechts" ).
Neonazi-Aufmärsche in Berlin: 400 in Köpenick gegen Flüchtlinge
2013 sorgten rassistische Demos gegen ein Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf für Gegenproteste. Nun machen Neonazis in Marzahn und Köpenick Stimmung. Mit Sorge sehen Senat, Opposition und Polizei in Berlin das Wiedererstarken rechtsextremistisch gesteuerter Demonstrationen gegen Asylbewerber in den Berliner Stadtteilen Marzahn und Köpenick. Etwa 400 Menschen haben am Samstagnachmittag im Salvador-Allende-Viertel in Berlin-Köpenick gegen eine geplante Container-Siedlung für Flüchtlinge protestiert. Zu den Demonstranten gehörten nach Medienberichten neben Anwohnern auch der Berliner Landeschef der rechtsextremen NPD, Sebastian Schmidtke, und der ehemalige Parteichef Udo Voigt. Zu einer Gegenveranstaltung kamen nach Polizeiangaben etwa 180 Menschen. Beide Veranstaltungen verliefen weitgehend friedlich. Zwei Polizisten wurden leicht verletzt (taz, Berliner Zeitung, Berliner Morgenpost, Störungsmelder, moz, rbb).
Zahl der rechten Angriffe auf Flüchtlingsheime nimmt stark zu
Einem Bericht des Bundeskriminalamts zufolge hat die Zahl der rechtsxtremen Angriffe auf Asylbewerberheime 2014 im Vergleich zu den beiden Vorjahren stark zugenommen. Das Bundeskriminalamt habe von Januar bis September bereits 86 Straftaten gegen Asylbewerberheime gezählt, darunter Hakenkreuz-Schmierereien, eingeworfene Scheiben und Brandstiftung, berichtete der Spiegel am Sonntag vorab aus seiner neuen Ausgabe. Dies seien mehr Angriffe als in den Jahren 2012 und 2013 zusammengenommen. Das Bundesinnenministerium erklärte dem Spiegel zufolge, es beobachtete die steigenden Zahlen "mit großer Aufmerksamkeit" (Augsburger Allgemeine; wir bestätigen diese Beobachtung: Chronik der Übergriffe auf Flüchtlinge 2014).
Bernau: Eskalation an der Dosto-Klubtür
Nach einer längeren Phase der eher konfliktfreien Akzeptanz kam es am Mittwoch am Bernauer Jugendklub Dosto zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Mitarbeitern der Jugendeinrichtung und der NPD-Stadtverordneten Aileen Rokohl sowie dem NPD-Kreistagsabgeordneten Marcel Zech. "Unsere Mitarbeiter haben sich bedroht gefühlt, denn es wurde versucht, sich durch die Tür gewaltsam Zugang zum Klub zu verschaffen", berichtete hinterher Benno Schwigon, Vorstandsvorsitzender der Jugendbildungs- und Freizeitinitative Bernau (bif) (moz).
Johanngeorgenstadt / Hoyerswerda: 80 Hakenkreuze
Unbekannte Täter haben in der Nacht zu Samstag in Johanngeorgenstadt (Erzgebirgskreis) in mehreren Straßen Hakenkreuze und ausländerfeindliche Parolen an Häuser und Verkehrsschilder geschmiert. Es seien allein 80 Hakenkreuze gesprüht worden, teilte die Polizeidirektion Chemnitz am Sonntag mit. Die Täter hätten offensichtlich Schablonen verwendet. In Hoyerswerda war ein Döner-Imbiss das Ziel rechter Schmierer. Mit brauner Sprayfarbe sprühten sie ein Hakenkreuz, SS-Runen und verschiedene Zahlenkombinationen an den Imbiss (Welt).
Verfassungsschutz: Rechte Gewalt verlagert sich in Berlin von Randbezirken in die Mitte
Gewalt von Neonazis wird zunehmend zum Phänomen Gesamtberlins. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Berliner Verfassungsschutz. Mehr rechte Attacken gibt es in Friedrichshain oder Prenzlauer Berg. Der typische rechtsextreme Gewalttäter ist ungebildet, häufig arbeitslos und oft vorbestraft. Er ist fast immer männlich, Anfang zwanzig und lebt meist bei den Eltern. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Rechte Gewalt in Berlin" des Berliner Verfassungsschutzes. Die Behörde hat Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund zwischen 2003 und 2012 untersucht. Die Zahlen schwanken zwischen 28 Taten 2010 und 96 im Jahr 2006. Auffallend ist, dass Rechtsextreme offenbar meist spontan Gewalt ausüben. So schlugen die Tatverdächtigen in 191 Fällen sonnabends zu und meist zwischen 23 und 24 Uhr – offenbar beim abendlichen Ausgehen und oft alkoholisiert. In gut 80 Prozent aller Fälle nutzten die Täter keine Waffen, sondern schlugen mit Händen und Fäusten oder traten zu. "Rechte Gewalt ist unberechenbar", sagte Palenda. Am häufigsten schlugen Rechtsextreme im untersuchten Zeitraum in Treptow-Köpenick zu (95 Taten). Es folgen die Bezirke Lichtenberg (92), Pankow (90) und Mitte (87). Am wenigsten Taten gab es in Tempelhof-Schöneberg (12) (Berliner Morgenpost).
Nazis attackieren Sorben: Jagdszenen in der Oberlausitz
Anfangs wurden nur die sorbischen Namen auf zweisprachigen Ortsschildern und Wegweisern übersprüht. Da dachten viele in der sächsischen Oberlausitz noch, es handele sich bloß um Dumme-Jungen-Streiche. Doch dann begannen vor einigen Wochen gezielte Übergriffe: Vor sorbischen Jugendclubs lauerten Gruppen von teilweise maskierten Jugendlichen, die offenbar zur rechtsradikalen Szene der Städte Bautzen und Görlitz gehören. Im Vereinshaus von Cunnewitz im Landkreis Bautzen zeigten Neonazis den Hitlergruß und bedrohten sorbische Besucher. Nach einer sorbischen Feier in Schönau griff eine Gruppe Neonazis zwei sorbische Jugendliche an. „Sie beschimpften uns als Sorbenschweine und versuchten, die Autotüren aufzureißen“, schilderte einer der beiden die Vorfälle. „Die Angreifer nennen sich Jungsturm, beleidigen uns und sagen, dass hier Deutsch gesprochen wird.“ Inzwischen ist der sorbische Dachverband Domowina mit Sitz in Bautzen alarmiert. Der Vorsitzende David Statnik spricht von einer regelrechten Gewaltwelle gegen Sorben, die in Deutschland als nationale Minderheit anerkannt sind. Die Täter würden sehr organisiert und sehr gezielt gegen Einzelpersonen vorgehen. Für junge Sorben bedeute dies: „Man geht auf eine Feier und muss damit rechnen, dass es Probleme gibt – ohne dass man dafür etwas getan hat.“ (Weser-Kurier).
Schwarz in Magdeburg: "Nicht alle können Deutsche sein"
Ihre Hand lässt sich trotz mehrerer Operationen nur noch eingeschränkt bewegen - eine Folge des Neonazi-Angriffs im Jahr 2011. Ihren Job als Lageristin konnte Rose G. nicht mehr ausüben. Der eigene Laden ist jetzt ihre große Hoffnung. Dort verkauft Rose G. afrikanische Lebensmittel und Kosmetik. In Ruhe lässt man sie dort aber nicht. Im Februar seien ihr die Schaufensterscheiben eingeworfen worden, erzählt sie. Nachbarn störten sich an der afrikanischen Kundschaft. Erst vor ein paar Tagen sei ein kleiner Junge draußen vor der Tür stehen geblieben und habe sie rassistisch beleidigt (mdr).
Journalistin Andrea Röpke: "Frauen sind fanatischer als Männer - so wie Beate Zschäpe"
Am Montag beginnt in der Gedenkstätte Buchenwald die Tagung "Küche, Kinder, Kriegerin". Bis Mittwoch setzen sich Experten aus Justiz, Polizei, Schule und Jugendhilfe mit den Rollen auseinander, die Mädchen und Frauen in der rechten Szenen verkörpern (Thüringer Allgemeine).
Obwohl viele Schüler über Nazi-Deutschland nichts mehr wissen: Fach Geschichte wird gekürzt
War der NS-Staat eine Diktatur oder eine Demokratie? Schon diese Frage überfordert viele Neunt- und Zehntklässler in Deutschland. 24 Prozent sind sich sicher: Nazi-Deutschland war keine Diktatur. Die DDR auch nicht, meinen knapp 30 Prozent, wie eine Studie mit dem Titel „Später Sieg der Diktaturen?“ vor zwei Jahren ans Licht brachte. Ist es angesichts solcher Befunde richtig, den Geschichtsunterricht zusammenzustreichen? Das Fach soll künftig in den Brandenburger Schulen in den Klassen 5 und 6 in Gesellschaftswissenschaften unterrichtet werden. Die Geschichtslehrer sind alarmiert (news4teachers).
Die Provokationen der Rechtsextremen: Der schwierige Umgang mit Nazi-Propaganda in den Medien
Wo leben Dortmunds Juden? Mit dieser Anfrage im Stadtrat löste die Neonazi-Partei "Die Rechte" bundesweit Empörung aus - ein PR-Coup für die eigentlich politisch unbedeutende Splittergruppe. Immer wieder macht "Die Rechte" mit Provokationen auf sich aufmerksam. Doch wie gehen wir am besten mit dieser Propaganda um? (ruhrnachrichten.de)
Die deutsche Rap-Szene ist durchsetzt von Rassismus
Ein Schlagabtausch zwischen den Rappern Fler und Farid Bang sorg derzeit für Wirbel. Auf Facebook schreibt Fler, Farid soll froh sein, in Deutschland sein zu dürfen – Kaveh Ahangar kommentiert auf migazin.de.
Sachsen: Fremdenfeindliche Sprüche auf Facebook-Seite eines Polizisten
Polizisten sind auch in der Freizeit an ihren Diensteid gebunden. Ein Beamter in Aue sah das offenbar nicht so. Er hetzte im Netz gegen Ausländer. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche ist gestern ein Fall von fremdenfeindlichen Äußerungen eines Polizeibeamten in der Region bekannt geworden. Diesmal handelt es sich um einen Streifenpolizisten im Revier Aue, der auf seiner privaten Facebook-Seite keinen Hehl aus seiner Gesinnung gegenüber Ausländern machte. Dort waren seit mindestens zwei Wochen abfällige ausländerfeindliche Sprüche und vermeintliche Witze zu lesen, auf deren Wiedergabe an dieser Stelle bewusst verzichtet wird. Auch klar islamfeindliche Äußerungen waren enthalten. Zum Teil bediente der Polizist sich des Vokabulars der rechtsextremen NPD. Der 50-jährige Beamte wurde angewiesen, die Einträge zu löschen. Die Inhalte der Facebook-Seite seien aber für das eingeleitete Ermittlungsverfahren gesichert worden, sagte der Sprecher der Polizeidirektion Chemnitz, Frank Fischer, auf Anfrage (Freie Presse).
MV: AfD-Mitglied nach Reizgasattacke an Polizeischule versetzt
Die Grünen im Schweriner Landtag haben die Versetzung des wegen einer Reizgasattacke angeklagten Polizisten und AfD-Mitglieds an die Polizeihochschule Güstrow heftig kritisiert. Der Beamte sei dort als Dozent eingesetzt, teilte der innenpolitische Fraktionssprecher der Grünen, Johannes Saalfeld, gestern mit. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte die Versetzung des Mannes. Er unterrichte an der Hochschule jetzt Einsatzlehre. Das Ministerium begründete den Schritt damit, dass der Mitarbeiter des höheren Dienstes angemessen „zu verwenden“ sei. Entsprechende Posten im höheren Dienst seien rar. Zuvor sei der Beamte im Polizeipräsidium Rostock für Prävention zuständig gewesen. Eine Suspendierung vom Dienst sei nicht erfolgt, weil das einer Vorverurteilung gleichgekommen wäre, sagte der Sprecher. Das Ministerium habe ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft Schwerin hatte am Donnerstag den 52-jährigen Polizeibeamten wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Er soll Mitte Mai an einem AfD-Informationsstand zwei Männer mit Pfefferspray besprüht und verletzt haben, diese hatten Konfetti auf den Stand geworfen. Danach versprühte der Polizist noch Reizgas in einem Einkaufscenter (SVZ).
Kommentarkultur im Internet: Die Hassgesellschaft
Von Toleranz ist in vielen Foren und Netzwerken wenig zu spüren, der Umgangston ist oft rau. Wie "Triebtäter" trampeln sogenannte Trolle durchs Netz und vergiften mit ihrem Spam die Online-Diskussionen. Woher rührt der wüste Umgang? Und welche Wirkung geht von den Hass-Kommentaren aus? Eine Bestandsaufnahme (ARD.de).
Dann kommt die Wut - die neue Protestkultur der Verunsicherten
Angst vorm Islam, Furcht vor Ausländern, Vorbehalte gegen Fremdes: Die neue Protestkultur der Verunsicherten. Neulich im Holiday Inn. „Persönlichkeit und Herzlichkeit erwarten Sie“ wirbt das Hotel in der Dresdner Neustadt. Geladen hat die FDP-nahe Wilhelm-Külz-Stiftung. Im vollen Saal „Adagio“ sitzt ein kleiner Türke und redet vom Ficken. Der Schriftsteller Akif Pirincci wirft mit vulgären Begriffen nur so um sich. Provokation als Pose. Angeregt verfolgen die Zuhörer, die gekommen sind, weil sie sich um den Erhalt der deutschen Kultur sorgen, den Tiraden. „Deutschland von Sinnen“, heißt Pirinccis aktuelles Buch, und in der Einladung zur Lesung hat die „liberale“ Stiftung gefragt: „Muss sich Deutschland noch vor Feinden fürchten, wenn nicht einmal die Deutschen seine Freunde sind?“ (sz-online).
Ukip, die Partei zum Fürchten
Die rechtspopulistische Ukip wird in Großbritannien immer stärker. Einst von einem Linksliberalen gegründet, vereint sie heute europafeindliche, rassistische Wähler (taz).
Frankreich: Zonen des Antisemitismus
Vor zehn Jahren befand eine Studie in Frankreich, dass die Verantwortung der extremen Rechten für antisemitische Gewalt sich verringert habe und die der jungen Einwanderergeneration gestiegen sei. 2014 kommen Forscher zu einem anderen Schluss - und sprechen von einem Bodensatz antisemitischer Vorstellungen (Deutschlandfunk).
Niederlande: Über 90 Festnahmen bei Nikolaus-Ankunft in Gouda
Lange Zeit war der vorweihnachtliche Einzug des Nikolaus in den Niederlanden ein unbeschwertes Kinderfest. Jetzt ist dafür Polizeischutz nötig: Demonstranten kritisieren den Brauch als rassistisch (stern.de).