Nach den Rechten sehen: NSU: Eva Högl (SPD) spricht über Behördenversagen +++ Jobcenter Höchst: NPD-Mann bleibt vorerst freigestellt +++ Auch Frei.Wild geht gegen die NPD vor.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
NSU: Eva Högl (SPD) spricht über Behördenversagen
War Polizistin Michele Kiesewetter ein Zufallsopfer des NSU? Bisher ist das die These, die auch durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages nicht widerlegt werden konnte. Eva Högl, Ombudsfrau der SPD im Untersuchungausschuss, äußerte bei einer Veranstaltung in Schwäbisch Hall nun Zweifel an dieser These. Die Rolle ihres Gruppenführers, der auch Ku Klux Klan-Mitglied gewesen sei, sei weiterhin völlig undurchsichtig. Auch sei ihrer Meinung nach der NSU keinesfalls nur ein "kleines" Netzwerk aus drei Personen mit wenigen Unterstützer*innen gewesen. Nur gebe es bisher keine Beweise, diese Vermutungen zu belegen. Sie sei, so Högl, "beunruhigt, weil ich das Gefühl habe, viele Hintergründe, Fragen und Zusammenhänge werden nicht weiter ermittelt und auch im Prozess in München nicht ausreichend erörtert". (swp).
Jobcenter Höchst: NPD-Mann bleibt vorerst freigestellt
Die Zukunft des stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD als Mitarbeiter des Jobcenters Höchst ist weiter offen. Die Stadt braucht noch Zeit, möchte ihn aber eigentlich kündigen. Stefan Jagsch äußert sich derweil jetzt auch selbst: Er will das nicht akzeptieren. Er stehe trotz NPD-Mitgliedschaft zum Grundgesetz (PNP).
Auch Frei.Wild geht gegen die NPD vor
Wie schon gestern bekannt wurde, hat die NPD in ihren Werbebriefen für Jung-Wähler*innen zum einen den HipHopper Fler zitiert (mit: ""Bei mir hängt die Fahne nicht nur zur Fußball-WM" aus Stabiler Deutscher"). Der geht nun anwaltlich gegen die NPD vor. Wie laut.de berichtet, kommt im Schreiben allerdings auch eine Zeile "Das ist das Land der Vollidioten, die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat" der Band Frei.Wild vor. So rechts wie die NPD wollen die aber nicht sein und schalteten auch ihre Anwälte ein (laut.de). Da allerdings sowohl der HipHopper als auch die Band in ihrem musikalischen Oeuvre gern mit Rechtsaußen-Themen spielen, kommt der Versuch der Vereinnahmung durch die NPD nicht völlig überraschend.
Wien: Neue Rechte der "Identitären" gehen auf die Straße
Kritiker nennen die "Identitäre Bewegung" rechtsextrem. Sie selbst gibt sich als Jugendbewegung. Am Samstag geht sie in Wien erstmals auf die Straße - und treffen auf linke Gegendemonstrant*innen (Die Presse, Der Standard).
Erneut Ermittlungen gegen NPD-Mann Petereit
Staatsanwaltschaft und Polizei haben heute Wohn- und Geschäftsräume des rechtsextremen NPD-Abgeordneten David Petereit durchsucht. Dem 33-jährigen stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden wird vorgeworfen, im Juli 2013 eine CD verkauft zu haben, die auf Englisch zum Hass und zur Gewalt gegen Menschen mit pädophilen Neigungen aufruft. Petereit unterhält mehrere Versandhandel, in denen er Bücher und CDs mit eindeutig rechtsextremem Inhalt im Internet anbietet. Nach Informationen des NDR waren Petereits Wohn- und Geschäftsräume in Neustrelitz, Grevesmühlen und in der Nähe von Satow Ziel der Durchsuchungen. Ergebnisse sind noch nicht bekannt (NDR)
Anklage gegen Neonazi-Gruppe "Besseres Hannover" erhoben
Die Staatsanwaltschaft Hannover hat Anklage gegen zwei führende Köpfe der vor gut eineinhalb Jahren verbotenen Neonazi-Gruppe "Besseres Hannover" erhoben. Den 28 und 31 Jahre alten Männern werde Volksverhetzung vorgeworfen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge am Freitag. "Die Angeklagten sollen zum Hass aufgestachelt und die Menschenwürde anderer verletzt haben." Die Staatsanwaltschaft hält die beiden verantwortlich für eine Serie ausländerfeindlicher Videos, die die Gruppe ins Internet stellte, sowie für eine Droh-E-Mail an die damalige niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU). Die Angeklagten hätten den öffentlichen Frieden gestört, sagte Klinge der "Neuen Presse" (t-online-News).
"Fehlerhäufungen" bei Pro Köln
Zeitgleiche Termine, unvollständige Anwesenheitslisten und eine hohe Summe Sitzungsgeld – im Prozess um möglichen bandenmäßigen Betrug mit Sitzungsgeldern im fünfstelligen Bereich gegen Ratsmitglied Jörg Uckermann und drei weitere Mitglieder von Pro Köln wurde am Donnerstag Hans Joachim Mohr befragt, vor seiner Pensionierung vergangenes Jahr Abteilungsleiter und später stellvertretender Leiter des Amtes des Oberbürgermeisters. In seinen Verantwortungsbereich fiel auch die Abrechnung von Sitzungsgeldern. „Bei Pro Köln gab es Fehlerhäufungen“, so Mohr. Die Anwesenheitslisten der Fraktion bei Ausschusssitzungen oder Arbeitskreisen seien oft nicht nachvollziehbar gewesen. Die Verwaltung habe sie zur Klärung an die Fraktion zurück schicken müssen, bevor Sitzungsgeld angewiesen werden konnte (Ksta.de).
Ermittlungen gegen AfD-Jugendorganisation wegen Aufruf zu Selbstjustiz
Die AfD ist nicht nur eurokritisch, die Partei setzt auch auf Law and Order: "Wenn der Staat seine Aufgaben nicht wahrnimmt, werden es andere tun", schreibt die AfD-Jugendorganisation auf ihrer Facebook-Seite. Selbstjustiz sei die neue Polizei, meinen die Jungpolitiker in Sheriff-Manier. Die Jugendorganisation ist deshalb ins Visier der Brandenburger Justiz geraten.
Eisenach: NPD wirbt mit Luther und Bach
In Eisenach wirbt die NPD im Kommunalwahlkampf mit den berühmtesten Söhnen der Stadt: Martin Luther und Johann Sebastian Bach. Das sorgt für verärgerte Bürger*innen und Gegenaktionen (mdr). Die OTZ erklärt derweil, was die Wähler*innen bekommen, falls sie sich für die NPD entscheiden sollten - damit sie nicht hinterher sagen, DAS hätten sie aber nicht gewollt.
Rechtsextreme WG in München: Zerstrittene Neonazis ziehen aus
Die Neonazi-Wohngemeinschaft in Obermenzing löst sich voraussichtlich auf. Das hat die Vermieterin des Hauses in der Carl-Hanser-Straße nach Angaben von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) der Stadtspitze mitgeteilt. Der OB zeigt sich erfreut über das wahrscheinliche Ende des rechtsextremistischen Szenetreffpunkts, der eineinhalb Jahre lang für Feiern und Fortbildungen genutzt worden war. Reiter bedankt sich bei den Bürgern, die mit ihren Protesten dafür gesorgt hätten, "dass ein solcher Treffpunkt nicht einfach als normal akzeptiert wurde". Ein Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes bestätigte, dass der Auszug der drei Rechtsextremisten noch im Mai bevorstehe. Grund sei, dass ein "Riss" durch die rechte Szene gehe, der sich offenbar auch in der Wohngemeinschaft bemerkbar mache. Demnach spalte sich die Szene aktuell in Unterstützer der NPD-nahen "Bürgerinitiative Ausländernstopp" (BiA) und der neuen rechtsextremen Partei "Die Rechte" (sueddeutsche.de).
Überfall auf linke Kneipe Hirsch-Q: Verurteilter Neonazi Sven K. legt Revision ein
Der Hirsch-Q-Prozess geht in die nächste Runde. Neonazi Sven K. hat Revision gegen seine Verurteilung eingelegt. Das hat sein Verteidiger auf Anfrage bestätigt. Nun muss sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Neonazi-Überfall auf die linke Kneipe 2010 beschäftigen. Der wegen Totschlags vorbestrafte Sven K. steht seit der vergangenen Woche vor einer Haftstrafe von insgesamt drei Jahren und einem Monat. Die Strafe setzt sich aus der Verurteilung für den Hirsch-Q-Überfall (16 Monate) und der bereits rechtskräftigen für die Attacke auf zwei türkischstämmige Jugendliche auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt (21 Monate) zusammen. (Ruhrnachrichten.de).
Niedersachsen: Innenminister Pistorius kündigt Reform des Verfassungsschutzes an
Der in der Kritik stehende Verfassungsschutz soll reformiert, aber nicht abgeschafft werden. „Die Abschaffung des Verfassungsschutzes ist keine Option und war es auch nie“, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Mittwoch in seiner ersten Regierungserklärung im Landtag in Hannover. Eine Reform solle „ohne Verzögerung“ beginnen. Ziel sei es, „das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Politik in die Professionalität und Expertise des Verfassungsschutzes wiederherzustellen“ (nwzonline).
Der NSU und die radikale Rechte: Die Szene von Ballstädt und Crawinkel
Mit dem Mieten und Kaufen von Häusern in Crawinkel und Ballstädt haben sich militante und gewaltbereite Neonazis in Thüringen immer mehr vernetzt. Trotz des Drucks von Polizei und Staatsanwaltschaften sind die Kameradschaften weiter aktiv (WDR).
Verurteilung nach Eintrag bei Facebook
Ein 34-jähriger Emder wurde am Donnerstag vom Amtsgericht Emden wegen Volksverhetzung schuldig gesprochen. Den Mann konnten die Beamten ausfindig machen, obwohl er mit einem Pseudonym geschrieben hatte. "Welche Fachkräfte? Abschieben. Oder Zyklon B. Hat vor 75 Jahren auch geholfen." Weil er diesen Text zum Thema Asylbewerber im sozialen Netzwerk Facebook geschrieben hat, ist ein 34-jähriger Emder am Donnerstag vom Amtsgericht Emden zu fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Strafe wurde auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zudem muss der Verurteilte 120 Sozialstunden ableisten (Emder Zeitung).
Krautheim und sein Flüchtlingsheim: Ein Steinwurf machte den Unterschied
Die Krautheimer waren entsetzt. Erst über die Asylsuchenden, die sie beherbergen sollten, dann über den Stein, der ins Heim geworfen wurde. Der Stein wurde zum Anstoß, nachzudenken. Mittlerweile hat sich aus Ablehnung beinahe Freundschaft entwickelt. Doch die Skepsis bleibt. Gute Reportage, in der unter anderem ein einfacher wie wichtiger Satz zu finden ist: "Viele Krautheimer waren erschrocken, dass aus bösen Worten auch Taten werden können." So ist es aber (Kontext).
Uni-Projekt will über Rassismus im Internet aufklären
Das EU-Projekt "e-Engagement against violence" mit Beteiligung der Universität Wien nimmt die Anwerbestrategien rechtspopulistischer Organisationen im Internet unter die Lupe. In Österreich wurden die Identitäre Bewegung Österreich (IBÖ) und der Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) untersucht. Darauf aufbauend sollen nun Aufklärungs-Tools für Schüler und Lehrer ausgearbeitet werden (DerStandard).
Studie: Jeder Vierte weltweit hat antisemitische Überzeugungen
Das hat eine Studie der Anti-Defamation League ergeben, die gegen die Diskriminierung von Juden aktiv ist. Sie hat mehr als 50.000 Menschen aus 102 Ländern befragt und danach mehr als ein Viertel der Teilnehmer als antisemitisch eingestuft (Deutschradiokultur).
Nazi-Morde in Berlin: Die Liste umfasst 78 verdächtige Taten
Mord und Totschlag im Namen des rechten Wahns. Berlin veröffentlicht seine Liste der Nazi-Schande. Der Linken-Abgeordnete Hakan Tas wollte vom Senat wissen, wie viele rechtsmotivierte Tötungsdelikte es seit 1990 in der Hauptstadt gegeben habe. Die Antwort, die er bekam, ist beklemmend: Insgesamt 78 verdächtige Taten (auch versuchte) hat die Polizei dem Bundeskriminalamt bereits gemeldet. Eine Auswahl beim Berliner Kurier.
„Alter Hass in neuen Kleidern“: Verein „Back-Up – ComeBack“ bringt Broschüre zur Partei „DIE RECHTE“ heraus
In der vorliegenden Publikation hat sich der Verein „BackUp – ComeBack … e.V.“ exemplarisch das Wahlprogramm der Partei „DIE RECHTE“ für die Kommunalwahl in Dortmund angesehen, deren „Forderungen“ analysiert sowie für die Auseinandersetzung mit rechtsextremen Positionen Fakten und Argumentationshilfen zusammengestellt (Nordstadtblogger.de)