14.05.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Tierschutz als Vorwand: Rechtsextremenaufmarsch am Flüchtlingsheim in Apolda und Eisenberg +++ Digitale Bürgerwehr für Rostock - mit Rockern, Neonazis und Hooligans +++ Uni Siegen interveniert - Von Professor eingeladener Rechtspopulist darf nicht zum "Untergang des Abendlandes" reden.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Tierschutz als Vorwand: Rechtsextremenaufmarsch am Flüchtlingsheim in Apolda und Eisenberg

Mit einer ebenso lautstarken wie fröhlichen Gegendemonstration wurden am Dienstag auf dem Kirschberg Neo-Nazis erfolgreich daran gehindert, ihre Parolen zu verbreiten. Ihre pure Wahlkampfpropaganda hatte die NPD unter dem Deckmantel des Tierschutzes angekündigt. Mit ihrer Aktion wollten sie gegen den angeblichen Verkauf von Halal-Fleisch in der geplanten Verkaufseinrichtung im Apoldaer Asylbewerberheim protestieren. Weil ein solcher Verkauf von Anfang an nicht vorgesehen war, wie Michael Rauch vom Landratsamt gegenüber TA bestätigte, wäre es sowieso ein grundloser Aufmarsch gewesen (Thüringer Allgemeine). Auch die spätere NPD-Kundgebung in Eisenberg im Saale-Holzland-Kreis war von einer Gegenkundgebung begleitet. Dort trat die Partei in der Nähe der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber auf und protestierte gegen die Aufnahme von Flüchtlingen (mdr, otz). 

Digitale Bürgerwehr für Rostock - mit Rockern, Neonazis und Hooligans

„Bürgerwehr jagt Verbrecher via Internet“ meldete die „Ostsee-Zeitung“ am 6. Mai. Ein Rostocker Ehepaar hatte bei Facebook die Gruppe „Bürgerwehr Rostock“ gegründet und sofort 240 Mitglieder gefunden, die Zahl weiterer Sympathisanten wuchs stündlich, inzwischen sind es über 600. „Wir tun was für unsere Stadt!“ lautete die Ankündigung und „Wir auf Facebook sind oft schneller als die Polizei!“ Initiator der „Bürgerwehr“ ist Maik E., ein dreifacher Familienvater aus dem Rostocker Stadtteil Dierkow, einer Plattenbausiedlung, an deren Rande am 1. Mai die NPD marschierte. E. trägt die Haare sehr kurz, ist aber kein Neonazi. Doch seit neuestem ist er mit zahlreichen Rockergang-Mitgliedern, Fans brutaler Fußball-Kultur und auch Neonazis befreundet. Die mögen ähnlich martialische Sprüche wie den, den die Bürgerwehr-Mitbegründerin und Ehefrau von E. mit „gefällt“ markiert hat: „Packst du mein Kind an, hast du ab morgen Pflegestufe 5“. Ziel der digitalen Gruppe: Ermutigung zur Selbstjustiz (Blick nach rechts)

Uni Siegen interveniert - Von Professor eingeladener Rechtspopulist darf nicht zum "Untergang des Abendlandes" reden

Zum Thema "Untergang des Abendlandes" sollte er vor Student*innen reden: Der rechtspopulistische  Rassentheoretiker Tomislav Sunic. Der Siegener Professor Jürgen Bellers hatte ihn eingeladen. Nach Intervention der Hochschulleitung darf Sunic nun doch nicht reden. Es ist nicht das erste Mal, dass Bellers provoziert. Sunic, US-Staatsbürger und gebürtig aus Zagreb, sprach unter anderem 2012 bei der „Sommeruniversität der NPD Saar“. In einer Stellungnahme hatte Bellers die Veranstaltung im Vorfeld als politisch unbedenklich eingeschätzt. Wenn Sunic Begriffe verwende sei dies „kulturell gemeint, nie biologistisch“. Später lenkte er zum Teil ein und kündigte an, den Vortrag abzusagen. Statt dessen wolle er referieren. Thema: Zensur in den Wissenschaften? – am Beispiel der Diskussion um die Neue Rechte (DerWesten).

Strategie: Rechtsextreme Tarnlisten zu den Kommunalwahlen am 25. Mai

Manche Themen liegen in der Luft: Während der Netz-gegen-Nazis.de-Artikel von gestern sich mit "Rechten Bürgerinitiativen, Tarnlisten und Kleinstparteien vor den Kommunalwahlen 2014" deutschlandweit befasst, gibt es das Thema auch beim Störungsmelder - hier allerdings auf Mecklenburg-Vorpommern beschränkt, dafür aber ausführlicher.

Unbekannte zünden Zelt des Türkisch-Islamischen Kulturvereines an

Unbekannte haben den Zeltpavillon des Türkisch-Islamischen Kulturvereines in der Schwarzwaldstraße angezündet. Die Ermittler gehen von Brandstiftung aus. Ein politisches Motiv sei aber nicht erkennbar, teilt die Polizei mit – etwa 15 Minuten später brannten Gelbe Säcke in der Schillerstraße. "Das lässt den Schluss zu, dass da vielleicht jemand unterwegs war", sagt Polizeisprecher Walter Roth. Am Montagabend, gegen 23.30 Uhr, entdeckte ein Passant ein Feuer am Zeltpavillon unter der Brücke neben der Moschee. Er verständigte ein Mitglied des Kulturvereins, der auf dem dortigen Gelände wohnt – der griff sich einen Feuerlöscher und löschte den Brand. Die Feuerwehr musste nicht anrücken (Badische Zeitung).

Antisemitismus: Angreifer ermittelt

Polizei nimmt junge Männer fest, die in Berlin-Kreuzberg einen Israeli zusammenschlugen. Nach der antisemitischen Attacke auf einen 31-jährigen Israeli Ende April in Berlin-Kreuzberg hat die Polizei drei Täter ermittelt. Die Männer im Alter von 17 bis 22 Jahren mit mutmaßlich arabischem Hintergrund seien am Montagmorgen vorläufig festgenommen worden, teilte die Berliner Polizei am Dienstag mit (Jüdische Allgemeine).

Esslingen: Platzverweise bei Anti-Nazi-Demo

Bei Anti-Nazi-Kundgebungen ist es an verschiedenen Orten im Kreis Esslingen zu Auseinandersetzungen gekommen. Elf Personen des rechten Spektrums nahm die Polizei in Gewahrsam und setzte Schlagstöcke ein. Die angemeldeten Demonstrationen fanden unter dem Motto "Was tun gegen die Neonazis im Landkreis Esslingen" in Nürtingen, Wendlingen und Altbach statt (SWR).

Versuchtes Tötungsdelikt an Polizistin: Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wehrt sich gegen rechtsextreme Pauschalisierung

Hohe Wellen schlägt weiterhin die Auseinandersetzung zwischen einer Sinti-​Großfamilie und der Polizei, die sich am Sonntag nach einem Hilferuf von Angehörigen der Hochschule für Gestaltung im Technikpark Gmünd-​West („Krähe“) abspielte. Dabei sollte die Familie einen Platz, an dem sie ihre Wagen aufgestellt hatte, wegen einer Veranstaltung räumen. Bei der Weiterfahrt zum Wanderparkplatz am Limes-​Informationszentrum im Rotenbachtal, den Ordnungsamtsleiter Gerd Hägele als Bleibe zugewiesen hatte, fuhr der 45-​jährige Fahrer eines Wohnwagengespanns eine Polizistin an und verletzte sie. Ermittelt wird nun gegen den 45-​Jährigen wegen eines versuchten Tötungsdeliktes gegen weitere Personen wegen Beleidigung. Er sitzt in Haft. Das Verhalten der Sinti-​Familie hat sehr viele emotionsgeladene Kommentare in Internetforen, seit zwei Tagen leider auch zunehmend in rechtsradikalen Netzwerken ausgelöst. Pressesprecher und Justitiar Arnold Roßberg des Zentralrats der Sinti und roma bat dringend um Beachtung des gesellschaftlichen Grundprinzips, wonach das Verhalten einzelner Personen nicht für das Bild einer ganzen Bevölkerungsgruppe stehen dürfe, sondern jeder einzelner Mensch für sich selbst verantwortlich sei: "Der Vorfall darf dennoch — wie es bereits auf rechtsextremistischen Internet-​Seiten massiv geschieht — nicht dazu benutzt werden, in rassistischer Weise über die gesamte Minderheit herzuziehen." (Remszeitung)

Ausstellung „Angsträume“ in Ballstädt eröffnet

Am Montag eröffnete in Ballstädt eine Ausstellung zum Thema „Angsträume“ im Kulturzentrum der Gemeinde. Sie zeigt eine Reihe von Tatorten in Thüringen, an denen Rechtsextremisten in der Vergangenheit für Schmerzen und Schrecken sorgten (dtoday.de)

Rechtsextremismus in Rochlitz: "Warum wird das nicht verfolgt?"

Die Zahl rechtsextermer Straftaten in Mittelsachsen ist wieder gestiegen. Die Freie Presse spricht mit einem Mann aus Rochlitz, der eigenen Angaben zufolge schon mehrfach Opfer von Neonazis geworden ist. So auch am 16. Juni 2013. An jenem Sonntag hätten rechte Jugendliche in Rochlitz gegen 4 Uhr aus der Burgstraße einen Gullydeckel herausgerissen und ihn gegen das Fensterseines Wohnhauses geworfen. Bereits zuvor zogen sie laut dem Rochlitzer grölend durch die Innenstadt. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf. Dennoch ist den mutmaßlichen Tätern nichts nachzuweisen gewesen. Das kann der Rochlitzer nicht nachvollziehen. "Das war auch eine Gefährdung des Straßenverkehrs. Warum wird das nicht verfolgt?", kritisiert er.

Europawahl: AfD stellt Strafanzeige wegen Juso-Wahlplakats

Es kracht zwischen SPD und AfD. Anlass ist ein Wahlplakat der Jusos. Die SPD-Nachwuchsorganisation zieht damit in den Europawahlkampf. Das Plakat richtet sich gegen rechte Gruppierungen. Es zeigt einen Gartenzwerg in Hitler-Pose, versehen mit der Aufschrift „Nazis stoppen“. Plakate dieser Art wurden von Mitgliedern der Jusos in Augsburg neben Plakaten der Republikaner und der AfD aufgehängt. Bei dieser Plakataktion handelt es sich um eine bundesweite Aktion der Jusos. Thomas Lis, AfD-Kreisvorsitzender, über das Agieren der SPD: „Mich macht diese Aktion der SPD sehr traurig, weil hier die Demokratie und Meinungsfreiheit mit Füßen getreten wird." Die Augsburger SPD-Vorsitzende Ulrike Bahr: „Ich halte es für sehr schlechten Stil, politische Gegner mit haltlosen Strafanzeigen zu überziehen und einzuschüchtern – anders kann ich dies erst einmal nicht verstehen.“ Die AfD sollte erst einmal für sich selbst klären, „warum sie hier so empfindlich und betroffen reagiert.“ (Augsburger Allgemeine)

Vier Rechtsrock-Acts auf einer Bühne

Gleich vier rechtsextreme Bands werden online über Soziale Netzwerke für ein konspiratives Konzert am 17. Mai in „Mitteldeutschland“ angekündigt. Dabei handelt es sich um „Carpe Diem“ aus Baden-Württemberg sowie um das Bandprojekt „I.C.1.“ – eine Verbindung von „Carpe Diem“ mit dem Sänger von „Razor‘s Edge“. Außerdem werden die „Kinderzimmerterroristen“ (KIZ) beworben. Mitglied der vierköpfigen Thüringer Band ist unter anderem der NPD-Funktionär Norman Helbing (Oldisleben) aus dem Kyffhäuserkreis (Blick nach rechts)

Agnes Miegel: Erst Nazi-Dichterin, dann Heimatpoetin - aber denkmalwürdig?

Sie huldigte Adolf Hitler in schwärmerischen Zeilen: „Laß in deine Hand, Führer, uns vor aller Welt bekennen. Du und wir, nie mehr zu trennen stehen ein für unser deutsches Land“, schrieb Agnes Miegel 1938 in ihrem Gedicht "An den Führer". Doch nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die aus Ostpreußen stammende Schriftstellerin entnazifiziert und als unpolitische Heimat-Dichterin gefeiert. Besonders in ihrem späteren Wohnort Bad Nenndorf gedenkt man Miegel mit einem eigenen Haus und einem Denkmal. "Sie war überzeugte Nationalsozialistin und hat auch niemals von dieser Gesinnung abgeschworen", sagt Jürgen Uebel von der Initiative "Bad Nenndorf ist bunt". "Sie hat sich niemals entschuldigt, hat niemals ihre unabdingbare Liebe zum Führer, die sie noch kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs kundgetan hat, bereut." Deshalb soll die Statue von Miegel entfernt werden. So beschloss es der Stadtrat von Bad Nenndorf 2013. Dagegen wehrt sich die Agnes-Miegel-Gesellschaft: "Sie hat keine politisch anders Denkenden angegriffen, sie hat sich nicht antisemitisch verhalten. Sie hat aber diese blöden Hitler-Gedichte geschrieben." Ja, eben (NDR).

Dortmund: »Die Richter sind blind und taub gegenüber der Gefahr«

Die Partei »Die Rechte« provoziert in Dortmund weiter, sie nimmt sich immer öfter Politiker vor. Doch obwohl offensichtlich ist, wie gewalttätig und gefährlich die rechtsextreme Szene in Dortmund ist, negiert die Justiz bisher die Gefährlichkeit, bemängelt Ulla Richter ist Sprecherin des »Bündnisses Dortmund gegen Rechts« (JW).

Fremdenhass und Aggression: Hamburger Sicherheitsfirma aus Flüchtlingsheim in der Kritik

Für seine RTL-Sendung "Reporter Undercover" hat Günter Wallraff Mitarbeiter in ein Groß-Borsteler Flüchtlingsheim eingeschleust. Jetzt prangert er die Hamburger Sicherheitsfirma an, die das Heim betreut. Der Vorwurf: Druck auf die Wachleute, Aggression und Fremdenfeindlichkeit gegenüber den Flüchtlingen. Dem Reporter gegenüber äußern sich die Sicherheitsleute mit offener Fremdenfeindlichkeit: "Die (Flüchtlinge) haben es nicht so mit der Hygiene. Da solltest du immer schön Abstand halten", sagt etwa einer der Mitarbeiter vor der versteckten Kamera. Oder: "Wenn du linksgerichtet bist: Ein halbes Jahr später bist du rechts." (Hamburger Morgenpost)

 

 

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