12.06.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Bad Schandau: Bewährungsstrafen im Prozess im Überfall auf Hamburger Schüler +++ Traunstein: Asylbewerberheim wurde beschmiert +++ Der Nazi-Anwalt, dem die Bürgermeister vertrauen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Bad Schandau: Bewährungsstrafen im Prozess im Überfall auf Hamburger Schüler

Sie schlugen einen 15 Jahre alten Hamburger Schüler asiatischer Abstammung im sächsischen Bad Schandau brutal zusammen – dafür erhielten drei junge Männer nun Bewährungsstrafen. Einen fremdenfeindlichen Hintergrund, wie zunächst vermutet, konnte das Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Pirna am Mittwoch aber nicht feststellen. Die Tat hatten die 18, 20 und 26 Jahre alten Angeklagten in der nichtöffentlichen Verhandlung gestanden. Das Gericht verurteilte die Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen 8 und 15 Monaten auf Bewährung unter anderem wegen schwerer Körperverletzung. Ihrem Opfer zahlen sie 3500 Euro Schmerzensgeld. Völlig unverständlich ist, warum das Gericht keine rechtsextreme Motivation erkennen konnte: Auf Klassenfahrt in der Sächsischen Schweiz war das Opfer den Tätern in der Jugendherberge zufällig begegnet. Diese hatten sich bei einem Dorffest mit Klassenkameraden des Hamburgers angelegt und waren ihnen in die Herberge gefolgt. Dort schlugen sie dem 15-Jährigen so brutal ins Gesicht, dass Kiefer und Augenhöhle brachen. Einige Zeugen hatten ausgesagt, dass auch rechtsradikale Parolen gerufen worden seien. Die Polizei vermutete schnell einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Der Vorwurf wurde dann aber wieder fallengelassen. Es sei um Fußball gegangen, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Als sei so eine Ignoranz noch nicht schlimm genug, begründet das Gericht zynisch weiter, die Täter seien "sehr unbedarft und sehr unüberlegt an die Sache herangegangen" (Hamburger Abendblatt).

Traunstein: Asylbewerberheim wurde beschmiert

In der Nacht von Sonntag, 8.6., auf Montag, 9.6.2014, wurden an der Asylbewerberunterkunft vermutlich in der Zeit zwischen 2 und 3.30 Uhr von einer bisher unbekannten Person zwei Hakenkreuze an der Außenmauer aufgesprüht (wochenblatt.de).

Der Nazi-Anwalt, dem die Bürgermeister vertrauen

Diverse Kommunen im Osten engagierten einen Anwalt, der sonst vor allem Nazis vertritt. Ein Beispiel dafür, wie tief rechte Strukturen in der Gesellschaft verankert sind. Denn Thomas Jauch ist Anwalt, mehr noch, er ist das, was man einen Szeneanwalt nennt. Jauch vertritt als Strafrechtler vor allem Neonazis. Das ist eigentlich kein Problem. Jeder Bürger hat das Recht auf einen Anwalt und jeder Anwalt kann sich seine Klienten aussuchen. Wenn der Anwalt aber einerseits der Haltung seiner Klienten nahe steht, andererseits jedoch für verschiedene Kommunen arbeitet und dafür teuer aus Steuern bezahlt wird, dann wird es zum Problem. Recherchen von ZEIT ONLINE und dem MDR legen nahe, dass sich mindestens elf Gemeinden in Ostdeutschland von einem Nazi-Anwalt haben beraten und vertreten lassen. Gleich mehrere Kommunen haben ihm für zum Teil rechtswidrige Verträge Hunderttausende Euro an Honoraren bezahlt (ZEIT online, MDR).

Berlin: Rassistischer Übergriff im Wedding

Ein derzeit Unbekannter hat am Montagabend auf dem S-Bahnhof Gesundbrunnen einen Mann fremdenfeindlich beleidigt und anschließend geschlagen. Gegen 21.45 Uhr befand sich das 33-jährige Opfer auf dem Zubringersteg von der Swinemünder Straße zum S-Bahnhof, als der Unbekannte, der in Begleitung einer Frau war, ihn aufgrund seiner Hautfarbe mehrfach beleidigte und anschließend mit den Fäusten schlug. Nach Angaben des Opfers sagte der Unbekannte: "Scheiß N***, glotz' meine Frau nicht so an." Das Opfer stürzte bei den Schlägen und verlor hierbei einen Schuh, den die Frau nahm und auf die Gleise warf. Beide Personen entfernten sich dann in unbekannte Richtung (Tagesspiegel).

Aufmarsch vor Flüchtlingsheim: Berlin-Hellersdorf wieder Hetzersdorf

Am Pfingstsonntag war eine Demo der „Bürgerbewegung Hellersdorf“, die gegen die Flüchtlingsunterkunft in der Carola-Neher-Straße hetzt, mit knapp 40 TeilnehmerInnen durch den Bezirk und dabei mehrmals direkt an der Unterkunft vorbeigezogen. Unter den DemonstrantInnen waren laut Informationen des Antifaschistischen Pressearchivs mehrere bekannte Neonazis, etwa der Berliner NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke, Mitglieder der Partei Die Rechte sowie ehemalige Kameradschaftler. Schmidtke hielt eine Rede auf der Abschlusskundgebung am Alice-Salomon-Platz.  Als die Polizei vor Ort war, hätte sich aus der Kundgebung ein Demonstrationszug von 30 Teilnehmern entwickelt, der bereits das Heim passiert hatte. Die Ordnungshüter hätten die Auflage erteilt, nicht erneut am Heim vorbeizulaufen. Angemeldet war ursprünglich nur eine "spontane" Kundgebung. Der Bezirksverordnete Klaus-Jürgen Dahler (LINKE) war Augenzeuge: »Die Rechten haben direkt vor dem Heim die völlig verunsicherten Bewohner beschimpft.« Ein Video, das die angebliche »Bürgerbewegung Hellersdorf« selbst ins Netz gestellt hat, belegt das ebenfalls. Ein psychisch erkrankter Bewohner hatte sich im dritten Stock in Panik ins Fenster gestellt. Man hört in dem Video Rufe der Rechten wie: »Spring!«, »Springt doch, ihr Parasiten« und »Das ist unsere Heimat«. Auf der Website der rechten Bürgerbewegung wird das entsprechend kommentiert. Nun wollen nicht-rechte Hellersdorfer*innen den Widerstand gegen die Naziaktionen wieder besser koordinieren (taz, ND).

Kein Platz für Neonazis bei Sitzungen der Dortmunder Bezirksvertretungen

Hausverbote und ein Sicherheitsdienst: Ohne größere Zwischenfälle gingen am Mittwoch die ersten Sitzungen von Bezirksvertretungen mit Vertretern der Partei "Die Rechte" über die Bühne. Demokraten besetzten alle Zuschauerplätze, so dass Neonazis keinen Platz fanden (DerWesten).

Birlikte trotz Unwetters: Wir stehen zusammen

„Es war großartig!“ „Danke für diesen TOLLEN Tag!“ „Eine wirklich beeindruckende Veranstaltung. Sehr friedliche Stimmung, eine tolle Atmosphäre, abwechslungsreiche Beiträge und tolle Musik.“ Der Tenor der Kommentare und Nachrichten bei Facebook und Twitter ist einhellig: Die große Birlikte-Kundgebung am Pfingstmontag hat die Menschen bewegt. Das gemeinsame Fest gegen Rassismus im Gedenken an die Opfer des NSU-Nagelbombenanschlags ist gelungen – auch, wenn die Veranstaltung wegen einer Unwetterwarnung vorzeitig abgebrochen werden musste. Schwere Regenfälle und Orkanböen bedrohten die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher. Deswegen entschieden sich die Veranstalter schweren Herzens, die Kundgebung anderthalb Stunden vor dem geplanten Ende abzubrechen (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

Eschede: Gefährliche Körperverletzung in Eschede möglicherweise ohne rassistischen Hintergrund

Nach der Schlägerei am Sonntagfrüh beim Schützenfest in Eschede geht die Polizei nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus. So hätten sich die beiden Opfer, zwei Asylbewerber aus dem Sudan, gegenüber den Beamten geäußert, sagte am Dienstag Polizeisprecher Thorsten Wallheinke in Celle. Er betonte, dass nach wie vor in alle Richtungen weiter ermittelt werde (Cellesche Zeitung).

US-Vizepräsident: Deutschland ist ausländerfeindlich

Ist Deutschland ausländerfeindlich? Laut dem US-Vizepräsident Joe Biden ist dies der Fall -  zumindest im Vergleich zu den USA. Die Vereinigten Staaten seien die einzige Wirtschaftsmacht der Welt, die Immigranten willkommen heißt. Biden sieht darin den Schlüssel für amerikanische Wirtschaftserfolge. „Schauen Sie nach Deutschland, schauen Sie auf den Rest der Welt. Wir sind die einzige nicht-ausländerfeindliche Nation der Welt, die eine Wirtschaftsmacht ist“. Aus diesen Gründen wirbt Biden in seiner Rede für ein neues Immigrationsgesetz für die USA. Zudem müsse das Land vermehrt in die Infrastruktur investieren (Focus).

Schweiz: 12 Jahre Haft und Verwahrung für Neonazi

Neonazi Sebastien N. ist vom Bezirksgericht Zürich zu 12 Jahren Haft verurteilt worden. Er hat im Zürcher Niederdorf vor zwei Jahren einen Mann niedergeschossen (20min.ch, blick.ch)

Protestcamp gegen Nazi-Festival "Rock für Deutschland" in Gera

2003 gab es erstmals und von der Öffentlichkeit kaum beachtet ein Rechtsrockfestival in Gera. Damals noch unter dem Motto „Rock gegen Krieg“. Nur wenige Hundert Besucher kamen zu dem Konzert. Zehn Jahre später ist die in „Rock für Deutschland“ unbenannte Veranstaltung zu einem der größten Rechtsrock-Events Deutschlands geworden. Organisiert wird das Szeneereignis von NPD und der militanten Neonazi-Szene. Angemeldet als politische Kundgebung, sind die Möglichkeiten eines Verbotes gering. Wie schon in den vergangenen Jahren, wollen zivilgesellschaftliche Gruppen das Nazi-Festival blockieren. Sie planen erneut ein Protestcamp direkt auf der Wiese vor dem Hauptbahnhof (Störungsmelder).

Halstenbek: Spediteur schmeißt Neonazis raus

Diesen Augenblick wird der Halstenbeker Speditionsunternehmer Rolf-Oliver Hertling wohl nie vergessen: „In unserer Firma arbeiten Neonazis“, teilte ihm ein aufgeregter Mitarbeiter per Telefon mit. Hertling, der sich gerade im Urlaub befand, war so schockiert, dass er abrupt die Heimreise antrat. „Ich sah mein Lebenswerk und das meiner Familie in Gefahr“, sagt der 50-Jährige. Zurück in Halstenbek sah er sich mit einer Internetseite konfrontiert, auf der seine Spedition als Nazi-freundlicher Arbeitgeber an den Pranger gestellt wird. Schlimmer noch: Die auf der Website namentlich genannten fünf Personen aus der rechtsextremen Szene Norddeutschlands hätten in sozialen Netzwerken mit ihrem Arbeitgeber geprahlt und rassistische Sprüche neben das Firmenlogo gestellt, war auf der links gerichteten Internetseite zu lesen. „Keine Ruhe für Nazis am Arbeitsplatz“ lautet der Slogan der Initiative, die Unternehmen an den Pranger stellt, wenn sie Rechtsextremisten in der Belegschaft ausgemacht hat – ohne Rücksicht darauf, ob die betreffende Firma davon weiß oder nicht. Für Hertling ein Alptraum. Das Halstenbeker Unternehmen zählt zu den Großen der Branche – auch im internationalen Geschäft. „Wir beschäftigen Menschen aus vielen Nationen mit unterschiedlichen Religionen. Menschen mit rechtsextremer Gesinnung im Betrieb – das ist für uns rein menschlich und als Unternehmen vollkommen untragbar“, sagt der Geschäftsmann, der versichert, keine Kenntnis von der Gesinnung dieser Mitarbeiter gehabt zu haben. „Hier sind mehr als hundert Mitarbeiter unterwegs, wie soll man da jeden einzelnen kennen“, fragt er. Er handelte sofort: Vier der Rechtsextremisten waren nicht direkt in seiner Firma, sondern bei Subunternehmern beschäftigt – ihr Vertrag wurde mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Den fünften Mann, einem direkt bei der Spedition Hertling Beschäftigten, beurlaubte er und sprach ihm die fristgerechte Kündigung aus (shz.de).

Reinhard Rauball: »Rechtsextreme: im Stadion so viele wie in der Politik«

Interview mit Reinhard Rauball über das Engagement der DFL und ein nötiges NPD-Verbot in der Jüdischen Allgemeinen.

Neue Rechtsallianz formiert sich im Europaparlament

Rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien von Front National, FPÖ bis Vlaams Belang und Lega Nord formieren sich zu einer gesamteuropäischen Fraktion. Die neue Galionsfigur ist eine Frau (Welt.de, kleinezeitung.at).

Schöffengericht verurteilt frühere NPD-Vorsitzende zu Geldstrafe: Volksverhetzung wird teuer

Wegen Volksverhetzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen aus der Zeit des Nationalsozialismus‘ im Zeitraum vom Mai bis August 2011 verurteilte das Schöffengericht in Rheine am Dienstag die frühere Ortsverbandsvorsitzende der NPD in Rheine und heute 39-jährige arbeitslose Mutter von zwei Kindern aus Greven zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Die Staatsanwältin hatte ein Jahr und sechs Monate mit Bewährung beantragt, der Verteidiger hatte vergeblich eine Einstellung angeregt (mv-online.de).

Die Wartburg wirft die Burschen raus

Für ihren Fackelzug muss sich die Deutsche Burschenschaft in Eisenach einen Ausweichort suchen. Die Wartburg steht dem gespaltenen Verband nicht mehr zur Verfügung (ZEIT online).

SV Todtglüsingen will Flüchtlinge besser integrieren

Der Verein, der seit Jahren hervorragende Arbeit bei der Integration von Migranten und straffällig gewordenen Jugendlichen leistet, möchte sich jetzt bei der Integration von jungen Asylbewerbern engagieren (Hamburger Abendblatt).

(G)Lanzstück: Markus Lanz lässt AfD-Chef Bernd Lucke ziemlich alt aussehen

Okay, das mit „Wetten, dass..?“ hat nicht geklappt. Aber Markus Lanz braucht die Show auch nicht. Er müsste stattdessen einfach in seiner Talksendung häufiger so auftreten, wie er es am Dienstagabend getan hat. Wie er mit AfD-Chef Bernd Lucke umging, war beste politische Unterhaltung. Das waren gute Fragen und nicht dieses Wischiwaschi, das er mit den Hollywood-Stars auf dem Sofa gepflegt hat. Mal lustig, mal sehr ernst (Huffington Post).

Justin Bieber oder Kann Rassismus lustig sein?

Fünf Jahre alte Aufnahmen von Justin Bieber tauchen auf, darin erzählt und singt er rassistische Witze und wird damit erpresst. Die Musikbranche steht wie ein Mann hinter ihm (Welt online).

 

 

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