10.11.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Rassistischer Übergriff: Familie in Wittenberg mit Pfefferspray angegriffen + + + Neonazi-Anschlag auf studentischen Veranstaltungsraum in Bamberg + + + AfD-Chef Lucke spricht auf Veranstaltung von Ukip-Chef Farage

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Rassistischer Übergriff: Familie in Wittenberg mit Pfefferspray angegriffen

Wittenberg. Die Polizei sucht nach zwei Männern, die am Samstagnachmittag in Wittenberg eine deutsch-türkische Familie angegriffen haben sollen. Fünf Personen wurden bei dem Übergriff mit Pfefferspray verletzt. Die Täter hatten zwei Familien gegen 15.15 Uhr am Supermarkt nahe der Hafenbrücke zunächst beleidigt, dann Reizgas gesprüht und anschließend rechtsgerichtete Parolen gebrüllt (mz-web).

Neonazi-Anschlag auf studentischen Veranstaltungsraum in Bamberg

Bereits vor drei Jahren hatten Neonazis einen Farbanschlag auf das Bamberger Balthasar verübt. Nun kam es erneut zu schweren Sachbeschädigungen und Hakenkreuzschmierereien – offenbar auch im Kontext einer aktiver werdenden extrem rechten Szene in Oberfranken.Bereits im Sommer 2011 gab es in Bamberg einen ähnlichen Anschlag auf das Balthasar: Damals hatten Unbekannte Farbe an die Fassade gekippt und neonazistische Aufkleber hinterlassen. Darunter auch Propagandamaterial des vor kurzem verbotenen „Freien Netzes Süd“. Da damals die Täter nicht ermittelt werden konnten, ist unklar, ob der erneute Anschlag aus den gleichen Strukturen heraus verübt wurde. Dennoch scheint sich in Oberfranken die Neonazi-Szene wieder zu reaktivieren. Auch das Verbot des „Freien Netzes Süd“ scheint dabei kaum eine Rolle zu spielen. Ob die Täter diesmal ermittelt werden können, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Für eine Presseanfrage zum Anschlag war bei der Polizei niemand zu erreichen (Störungsmelder)

AfD-Chef Lucke spricht auf Veranstaltung von Ukip-Chef Farage

Pikanter Termin für die Spitze der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD): Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel tritt der Europaparlamentarier und AfD-Chef Bernd Lucke am Mittwoch in Brüssel als Redner auf einer Veranstaltung zum Thema "25 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs" auf - als Gast des Anti-Europäers Nigel Farage. Im Europawahlkampf hatte Lucke noch auf Distanz zu dem Briten geachtet, dessen Partei Ukip eine Auflösung der Europäischen Union (EU) fordert. So rügte Lucke vor der Europawahl den nordrhein-westfälischen AfD-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell, weil dieser einen Auftritt Farages bei der AfD-Jugend in Köln unterstützt hatte. Unterdessen gab die Partei bekannt, sich künftig noch stärker für mehr Härte im Umgang mit Islamist_innen einzusetzen. "Die AfD ist nicht bereit, länger zu tolerieren, wie in Deutschland in Teilen der islamischen Gesellschaft das Grundgesetz und das Rechtssystem missachtet wird", erklärte die Parteispitze am Samstag zum Ende einer zweitägigen Vorstandsklausur in Regensburg (taz).

AfD-Mann nennt Hooligan-Proteste „friedliche Demonstration“

Und täglich zofft sich die AfD. Auf dem Hamburger Landesparteitag hat ein AfD-Mitglied die brutalen Hooligan-Demonstrationen  als „friedlich“ verteidigt. Seinen Landesvorsitzenden nannte er "amoklaufenden Parteichef", weil der gegen Hooligan-Sympathisanten in der AfD vorgehen wollte. Der in der Alternative für Deutschland (AfD) schwelende Streit um die Hooligan-Demonstration in Köln ist auf dem Landesparteitag in Hamburg eskaliert. Im Kern ging es um die Sympathiebekundungen von Parteimitgliedern für die Kundgebung "Hooligans gegen Salafisten" Ende Oktober in der Domstadt (focus.de).

Hunderte protestieren gegen Diebstahl der Eingangstür der KZ-Gedenkstätte Dachau

Es war die erste Demonstration, die der 73 Jahre alte Dachauer Stadtrat Günter Heinritz (SPD) in seinem Leben angemeldet hat. Er rechnete mit 30 bis 50 Teilnehmern und ist jetzt überwältigt: Ungefähr 300 Menschen aus der Stadt Dachau, dem Landkreis und München versammeln sich am Sonntagmittag zu einer halbstündigen stillen Mahnwache vor dem ehemaligen Jourhaus in der KZ-Gedenkstätte, um gegen den Diebstahl der Tür im Eingangstor mit der zynischen Aufschrift "Arbeit macht frei" zu protestieren. Von den Tätern indes fehlt nach wie vor jede Spur (sueddeutsche.de)

Erfurt: CDU und Rechte demonstrieren gegen Rot-Rot-Grün

Bis zu 4000 Menschen haben am Sonntagabend in Erfurt gegen eine rot-rot-grüne Landesregierung unter einem Ministerpräsidenten der „Linken“ demonstriert. Insgesamt sei die Kundgebung friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher am Abend. Viele Teilnehmer_innen hatten Kerzen oder Teelichter in der Hand. Wie auf Videos im Internet zu sehen ist, riefen Rechtsextreme “Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ und “Stasi raus!“.Zu der Kundgebung auf dem Domplatz hatte der stellvertretende Landesvorsitzende der Thüringer CDU-Mittelstandsvereinigung, Clarsen Ratz, aufgerufen. Es waren eigentlich nur 600 Teilnehmer_innen erwartet worden. Neben CDU-, FDP- und AfD-Politikern hatten über Facebook auch führende NPD-Kader, Mitglieder Freier Kräfte und Freier Kameradschaften sowie Mitglieder der NPD-Nachwuchsorganisation ihr Kommen angekündigt. Zur Teilnahme an der Veranstaltung wurde zudem in verschiedenen Neonaziforen aufgerufen (ND)

Berlin: "Reichsbürger"-Demonstration am Reichstag

"Wir haben in Deutschland nur eine Verfassung, und das ist die Weimarer Verfassung von 1919. Das Grundgesetz ist keine Verfassung" - solche und ähnliche Parolen waren am Sonntagnachmittag gegen 13 Uhr vor dem Berliner Reichstagsgebäude zu hören. Eine Gruppe aus dem so genannten Reichsbürgerspektrum präsentierte ihre Ideologie. Dagegen wiederum gab es Proteste. Schließlich hatten auch noch die so genannten „Friedensaktivisten Berlin“ mit Unterstützung der "Unabhängigen Montags-Demo Berlin" eine Bühne und einen Infostand aufgebaut und wetterten gegen Großbanken und die Bundesregierung. Zwischenzeitlich waren etwa 250 Demonstranten auf dem Platz vor dem Reichstag. Es kam zu handgreiflichen Auseinandersetzungen (Tagesspiegel, fussball-gegen-nazis.de)

Kritik an Zusammensetzung des neuen NSU-Untersuchungsausschusses in NRW

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtages stößt auf Kritik. Die Initiative "NSU Watch NRW" stößt sich daran, dass auch Polizisten in den Ausschuss gewählt wurden. Das sei generell heikel, weil sie dann die Arbeit ihrer ehemaligen Kollegen untersuchen müssten. Unter den stellvertretenden Ausschussmitgliedern ist auch der ehemalige Hagener Polizeikommissar Dirk Schatz. Die Initiative "NSU Watch NRW" will die Arbeit des Untersuchungsausschusses kritisch begleiten (WDR).

Nazi-Camp mitten im Wald: Zobes und das braune Problem

Während der Rest des Landes den Mauerfall feiert, wird ein Dorf zum Sperrgebiet. An jeder Straße nach Zobes steht Polizei. Sie kontrolliert, wer in den 400-Seelen-Ort will. Denn dort machen 500 Neonazis Party (Freie Presse).

Lautstarker Protest gegen NPD-Demonstration in Bautzen

Mehrere Hundert Menschen haben am Sonnabend in Bautzen lautstark und weitgehend friedlich gegen einen Aufmarsch der NPD protestiert. Nach Polizeiangaben waren rund 550 Rechtsextreme am Abend durch die Stadt gezogen, 300 Demokrat_innen protestierten (sz-online, taz).

Freisinger bringen Neonazis zum Schweigen

Rund 100 Demonstrant_innen stören NPD-Kundgebung in Freising und verhindern Provokation mit dem Deutschland-Lied. Mit einer Gegendemonstration haben am Sonntag an die 100 Neonazi-Gegner_innen gegen eine Kundgebung der NPD am Freisinger Kriegerdenkmal aus Anlass des Mauerfalls von 25 Jahren protestiert. Die Freisinger Gruppe "Freising ist bunt" hatte zu dieser Kundgebung aufgerufen. Auf Anweisung der Stadt war wieder das Freisinger Kriegerdenkmal verhüllt worden (sueddeutsche.de)

Der Neonazi Tino Brandt soll Jugendliche für Sexdienste vermittelt haben - so auch einem Verurteilten 56-Jährigen

Gera. Das Landgericht Gera hat einen 56-Jährigen aus Ranis zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er Sex mit minderjährigen Jungs hatte. Dafür soll er ihnen - einer war gerade einmal 14 Jahre alt - teils mehrere Hundert Euro gezahlt haben. Der Fall tangiert Ermittlungen gegen den Neonazi Tino Brandt. Der Rechtsextreme soll Jugendliche für Sexdienste vermittelt haben - so auch dem Angeklagten. Brandt, einst Kopf der Neonazi-Kameradschaft "Thüringer Heimatschutz" und V-Mann des Verfassungsschutzes, sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen - auch wegen Versicherungsbetruges - gegen ihn laufen laut Staatsanwaltschaft Gera noch. Vor Gericht legte der 56-Jährige am Donnerstag ein umfangreiches Geständnis ab. Allerdings erklärte er, Brandt selbst nicht zu kennen und damals nicht bewusst Kontakt zu ihm gehabt zu haben. Doch habe er den Verdacht gehabt, beim Online-Kontakt nicht immer direkt mit dem Jugendlichen kommuniziert zu haben. Zudem habe ihm einer der Jungs einmal gesagt, Brandt habe ihn schon mit elf Jahren auf den Strich geschickt, berichtete der Mann (tlz).

AfD und Verschwörungstheoretiker- Annäherung an die Wirrköpfe 

Im vergangenen Jahr blieb der Coup noch aus. Frauke Petry, Sprecherin der Alternative für Deutschland (AfD), sagte ihre Teilnahme an einer Konferenz des von Jürgen Elsässer herausgegebenen Magazins Compact kurzfristig ab. Dem ehemals linken Publizisten, der sich heute an ein extrem rechtes Spektrum mit dem Hang zu Verschwörungstheorien wendet, blieb der Brückenschlag zur AfD damals verwehrt. Seitdem ihn die linke Tageszeitung junge welt 2008 wegen rechter Provokationen vor die Tür setzte, agiert Elsässer in einem Milieu, in dem Eva Herman verehrt und Putin hofiert wird sowie die Terroranschläge auf das World Trade Center infrage gestellt werden. Auf der vierten Konferenz, die Elsässers Magazin unter dem Titel „Frieden mit Russland“ am 22. November in Berlin ausrichten will, scheint nun jedoch die Teilnahme eines führenden AfD-Politikers möglich. Brandenburgs Landes- und Fraktionschef Alexander Gauland soll laut Programm zum Thema „Von Bismarck zu Merkel: Deutsche Russland-Politik“ referieren (taz).

Grünen-Studie: Jede_r Zweite in Bayern ist islamfeindlich

Antisemitismus und eine negative Haltung gegenüber Muslimen sind nach einer von den Grünen in Auftrag gegebenen Studie in Bayern so hoch, wie in keinem anderen Bundesland. Demnach gilt jeder Zweite als islamfeindlich. Jeder Dritte in Bayern stimmte außerdem negativen Aussagen über Juden zu. „Unsere Studie zeigt, dass besonders die Abneigung gegenüber andersartig wahrgenommenen Gruppen sehr hoch ist“, sagte Studien-Leiter Oliver Decker von der Universität Leipzig am Freitag. Besonders dieser Faktor sei im Laufe des zehnjährigen Untersuchungszeitraums konstant geblieben. Andere Untersuchungsbereiche, wie die Verharmlosung des Nationalsozialismus, seien seit 2004 zurückgegangen (Augsburger Allgemeine).

Österreichischer Politiker beschimpft Asylbewerber_innen als „Höhlenmenschen“

Einmal mehr fällt ein Politiker der rechtspopulistischen FPÖ mit rassistischen Parolen auf: Demonstrierende Flüchtlinge in einer österreichischen Kleinstadt bezeichnete Christian Hörbart bei Facebook als „Erd- und Höhlenmenschen“ – und sieht keinen Grund, sich zu entschuldigen. Die Freiheitliche Partei Österreichs kurz FPÖ hat einmal mehr ihre rechtsextreme Gesinnung unter Beweis gestellt. Ihr geschäftsführender Vorsitzender in Niederösterreich, Christian Hörbart, nannte in einem Facebook-Kommentar Asylbewerber „Erd- und Höhlenmenschen“. (focus.de).

Ausstellung zum NSU: "Ein Lehrstück in Rassismus"

LÖRRACH (seh). Noch bis zum 28. November läuft erst in der Mathilde-Planck-Schule und dann im Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung die Ausstellung "Die Opfer der NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen". Birgit Mair, die für die Ausstellung verantwortlich zeichnet, besuchte zum Eröffnung Lörrach, berichtete, wie es zu dem Projekt kam und welche Erfahrungen sie an den Stationen der wandernden Ausstellung so macht. An vielen Orten in ganz Deutschland war sie schon, doch nirgends findet sie so wenig Beachtung wie in Baden-Württemberg. Und die wenigsten Besucher überhaupt kamen nach Mairs Bilanz in Heilbronn – obwohl die Täter des NSU hier die Polizistin Michèle Kiesewetter ermordeten und ihren Kollegen lebensgefährlich verletzten (Badische Zeitung)

Kolumne zu den Novemberpogromen 1938: Ein deutscher Monat

Hätte sich die Bevölkerung in Deutschland spätestens 1938 dagegen gewehrt, dass aus ihrer Mitte heraus Nachbarn und Freunde gebrandmarkt und geschändet wurden, würde keine Feier zum Mauerfall nötig sein. Kolumne von Anetta Kahane, Amadeu Antonio Stiftung (Berliner Zeitung).

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