10.06.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Tausende feiern BIRLIKTE-Fest in Köln +++ "Tag der deutschen Zukunft in Dresden": 450 Neonazis laufen dank Gegendemos durchs Niemandsland +++ Bundesverfassungsgericht: NPD muss bei Bundespräsidentenwahl schweigen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Am Pfingst-Wochenende fand in Köln in Gedenken an das Nagelbombenattentat des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) das Fest und Festival "BIRLIKTE - Zusammenstehen" statt

Die Berliner Morgenpost berichtet: "Tatsache ist aber: Es hatte nach dem Anschlag nicht nur sieben Jahre gedauert, bis durch das NSU-Bekennervideo klar wurde, dass Rechtsterroristen hinter dem Anschlag steckten. Seit der Aufdeckung des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) im Jahr 2011 sind zudem nun noch einmal fast drei Jahre vergangen, bis eine öffentliche Großveranstaltung für mehr "Miteinander der Verschiedenen", wie Gauck es nannte, auf die Beine gestellt wurde. Dass "Birlikte" erst jetzt stattfinde, hält Anetta Kahane für einen deutlichen Fingerzeig. "Deutschland hat ein Problem mit Rassismus, mit der gruppenbezogenen Abwertung von Menschen", mahnte die Chefin der Antonio-Amadeo-Stiftung bei einer Podiumsdiskussion. "Wir müssen Minderheiten anders behandeln, sonst geht das nicht weg." Kahane sagte: "Rechtsextreme Gewalt nimmt nicht ab, ganz im Gegenteil", sagte sie. "Der Alltagsterror und die Spontangewalt sind signifikant gestiegen." "Birlikte" sollte Gauck zufolge eine "Botschaft an alle rechtsextremen Verächter unserer Demokratie" senden: "Wir sind zahlreich, wir sind die Vielen. Wir zeigen, wie wir in diesem Land leben wollen, respektvoll und friedlich. Wir sind verschieden, aber wir gehören zusammen und wir stehen zusammen."  Dennoch: Die Kundgebung am Pfingstmontag war deutlich schlechter besucht als erhofft. Zuvor hatten die Veranstalter gemahnt, dass das Gelände geschlossen werde, sobald 70.000 Gäste eingetroffen seien. Doch schließlich, als die Kundgebung um 15.50 Uhr mit einer Gedenkminute für die Opfer der Rechtsterroristen eröffnet wurde, war der Platz nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Mag sein, dass es an der Unwetterwarnung lag, wegen der gegen Mittag sogar das gesamte Areal kurzzeitig geräumt worden war. Oder ist etwa die Bereitschaft zusammenzustehen, tatsächlich noch nicht so weit gewachsen wie erhofft? Ein Schlaglicht auf den "NSU und die Folgen" hatte am Mittag eine Podiumsdiskussion im Depot des Kölner Schauspiels geworfen, nur ein paar Hundert Meter entfernt von dem Ort des Anschlags. Als Vertreter der Politik war eigentlich Vize-Kanzler Sigmar Gabriel eingeladen, doch der SPD-Chef schickte seinen Justizminister Heiko Maas. Nur mühsam konnte Moderator Hans-Ulrich Jörges von der "Stern"-Chefredaktion seinen Ärger über die Absage des Wirtschaftsministers kaschieren. "Danke, dass Sie am Feiertag nach Köln gekommen sind", lobte er Maas. "Es ist ja keineswegs üblich, dass sich ein Minister Zeit nimmt für diese Diskussion."

Die taz schreibt: "Zum Auftakt sprechen die Brüder Özcan und Hasan Yildirim im angrenzenden Schauspiel Köln. Es ist ihr Friseursalon, vor dem vor zehn Jahren der Sprengsatz hochging. Die Zimmermannsnägel trafen Hasan Yildirim am Oberkörper und im Gesicht. Es sei „wie eine zweite Bombe“ gewesen, dass die Ermittlungsbehörden nach dem Anschlag allzu schnell einen rechtsterroristischen Hintergrund ausschlossen und stattdessen ihr Augenmerk auf die Menschen in der Keupstraße richteten. Dabei habe er damals dem Täter kurz ins Gesicht geblickt. Er beschrieb einen blonden Mann. Die Polizei fahndete nach einem dunkelhaarigen. Abdullah Özkan hatte sich gerade die Haare schneiden lassen und wollte das Ladenlokal der Yildirims verlassen, als die Bombe explodierte. Die Wucht der Detonation schleuderte ihn durch das Geschäft. Auf einer der zahlreichen Veranstaltungen am Samstag erzählt der bullige Mann, was danach geschah. „Man hat uns erst mal sechs, sieben Stunden verhört“, berichtet er. „Da wussten wir, dass wir nicht als Opfer, sondern als Täter angesehen werden.“ In einem Kommentar meint die taz weiter: "Das Fest rund um die Kölner Keupstraße ist geworden, wie es geplant war: ein Megaevent. Der Bundespräsident hielt die erwartete salbungsvolle Predigt und anschließend erfreuten sich die Massen an den alten Gassenhauern von Lindenberg, Niedecken, Maffay & Co. Zynisch ließe sich formulieren, die Kölnerinnen und Kölnern lassen sich eben keine Gelegenheit zum Feiern entgehen. Aber zu Zynismus besteht kein Anlass. Diese Großveranstaltung an Pfingsten mag auf den ersten Blick wohlfeil erscheinen. Schließlich kommt sie reichlich spät. Genau genommen zehn Jahre zu spät. Aber sie war trotzdem richtig und wichtig. Denn sie hat den türkeistämmigen Menschen, die auf der Keupstraße leben und arbeiten, gutgetan. Endlich wurde ihnen die Wertschätzung entgegengebracht, die ihnen so lange vorenthalten wurde. So jedenfalls haben sie es empfunden. Nur darauf kommt es an. (...) Ein einzelnes Fest allein reicht nicht, um die aufgerissenen Wunden zu schließen. Aber es hat wenigstens etwas Linderung gebracht. Denn es war eben nicht nur eine große Party. Auch die zahlreichen Informations- und Diskussionsveranstaltungen waren gut besucht. Die Besucher machten, was die Ermittler so sträflich unterlassen hatten: Sie hörten den Opfern zu, zeigten Anteilnahme an ihrem Schicksal. Dieses Pfingstwochenende war der kollektive Versuch, bei den Menschen der Keupstraße um Entschuldigung zu bitten. Ein Anfang. Es wird sich zeigen, wie ernst es die Mehrheitsgesellschaft meint. Seine Alltagstauglichkeit muss das Veranstaltungsmotto jedenfalls erst noch beweisen: Birlikte – Zusammenstehen!"

tagesschau.de berichtet: "Gauck gedenkt der NSU-Opfer in Köln: "Ihr seid nicht allein". Beifall für das Staatsoberhaupt in der Kölner Keupstraße: Zehn Jahre nach dem Nagelbombenattentat der Rechtsterrorgruppe NSU in der Keupstraße haben die überwiegend türkischen Bewohner Bundespräsident Joachim Gauck einen herzlichen Empfang bereitet. Bei der anschließenden Eröffnung einer Großkundgebung mit zahlreichen Künstlern gedachte der Bundespräsident vor Zehntausenden Menschen der Opfer des Anschlages und ihrer Familien. "Wir denken heute auch daran, wie viele Betroffene sich später allein gelassen oder sogar als Verdächtige behandelt fühlen mussten, wie viel Misstrauen damals gesät wurde", sagte Gauck zum Auftakt der sechsstündigen Großkundgebung, die unter dem Motto "Birlikte" (türkisch: "Zusammenstehen") stand.

Welt.de schreibt: "Zehn Jahre nach dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße hat sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bei den Opfern des NSU-Terrors für die jahrelangen falschen Verdächtigungen entschuldigt. "Wir können nur um Vergebung bitten, so lange so unentschuldbar blind gewesen zu sein", sagte Kraft.

Focus.de berichtet: "Immer wieder wurde das Versagen der deutschen Behörden angesprochen. "Die falschen Verdächtigungen der Behörden waren für mich der eigentliche Anschlag, fast noch schlimmer als die Tat selbst", sagt Uzay Özdağ, der in einer Familienkonditorei in der Keupstraße arbeitet. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte am Montag bei einer Podiumsdiskussion: "Ich schäme mich dafür, dass der deutsche Staat es nicht geschafft hat über so viele Jahre, dafür zu sorgen, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger besser geschützt wurden."

ZEIT online schreibt: "Grünen-Parteichef Cem Özdemir nannte es in Berlin "einen Skandal, dass die Hintergründe der NSU-Verbrechen nach wie vor nicht restlos aufgeklärt sind". Der Anstand gegenüber den Opfern gebiete es, Konsequenzen aus den zahlreichen Ermittlungspannen zu ziehen. Özdemir verlangte insbesondere erneut einen "radikalen Schnitt" beim Bundesamt für Verfassungsschutz "in personeller und struktureller Hinsicht". Der Zentralrat der Muslime (ZMD) forderte angesichts des Kölner Jahrestags eine lückenlose Aufarbeitung aller NSU-Anschläge. "Auch zehn Jahre nach diesem schrecklichen Tag und zweieinhalb Jahre nach der Aufdeckung der NSU-Terrorzelle erschrecken die fahrlässigen polizeilichen Ermittlungen", sagte der Zentralrat. Er forderte eine kritische Analyse der damaligen Ereignisse, "damit so etwas nie mehr wieder geschehen kann". Außerdem gibt es hier ein Video von Gaucks Treffen mit den NSU-Opfern.

Der Deutschlandfunk kommentiert: "In Köln wurde des Nagelbombenanschlags des NSU vor zehn Jahren mit Musik, Literatur, gutem Essen und viel Gemeinsamkeit gedacht. Genau das sei die richtige Antwort auf Fremdenhass, Rechtsextremismus und Ausgrenzung.

Die Deutsche Welle meint: "Mit Blick auf den bedrohlichen Rechtsruck bei den Wahlen zum Europäischen Parlament Ende Mai müssen Deutsche auch mit gutem Beispiel für andere Europäer vorangehen. Sie müssen sich der Angriffe auf ihre Demokratie und Menschenwürde mit allen rechtsstaatlichen Mitteln wehren. Stellvertretend für alle Deutschen sprach Gauck zu den enttäuschten und wütenden Türken und gab - gerichtet an Rechtsextreme - das Ziel vor: "Euer Hass ist unser Ansporn!" Die Verbrechen der NSU-Terroristen dürfen nicht noch einmal zur selbstzerstörerischen Lethargie führen. Wer heute zu rechtsextremistischen Gräueltaten schweigt, verschuldet ein für die pluralistische Grundordnung großes Risiko." Bei der Deutschen Welle gibt es auch viele Fotos von den Veranstaltungen am Wochenende.

BILD.de berichtet: "Köln steht zusammen! Es ist Samstag kurz nach 14 Uhr, als Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters und der Türkische Botschafter Hüseyin Avni Karslioğlu die Käfige öffnen. 100 weiße Tauben fliegen der Keupstraße entgegen. Die weißen Vögel - sie sollen endlich bringen, was so lange fehlte: Frieden. Und Vertrauen. Beides ging vor genau zehn Jahren auf der Keupstraße verloren." 

Die WAZ kommentiert: "Den rechten Terror der NSU-Mörder sehen die allermeisten Deutschen mit Abscheu. Das ist gut so. Doch Rassismus und Ausgrenzung beginnen nicht mit Bomben und Morden. Feste wie in Köln verleihen Kraft. Kraft, die man dringend braucht, um auch gegen alltäglichen Rassismus einzuschreiten."

Gmx.ch sprach mit Abdulla Özkan, 39. Er war eines der Opfer des Anschlags. Im Interview erzählt er, welche Folgen das Attentat für ihn hatte.

Zum Schluss berichtert der WDR: "Strahlender Sonnenschein, Superstimmung - und dann das Aus: Das Konzert zum Abschluss des dreitägigen Birlikte-Festivals in Köln-Mülheim am Pfingstmontag (09.06.2014) musste wegen des Unwetters über NRW vorzeitig abgebrochen werden. Zuvor hatten sich Politiker und Künstler gegen Rechts positioniert." Beim WDR lief auch eine Interview mit Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung, die "BIRLIKTE" im Rahmen der "stern"-Aktion "Mut gegen rechte Gewalt" mit organisiert hat.

Das dubiose Behördenversagen nach der Nagelbombe

Heute vor zehn Jahren verübte der NSU einen Nagelbombenanschlag in Köln. Intern ordnete der Verfassungsschutz die Tat wohl richtig ein, öffentlich wurde Rechtsterror ausgeschlossen. Warum? Welt.de bringt einen Auszug aus dem Buch "Heimatschutz" von Stefan Aust und Dirk Laabs zum Thema. Eine gute Analyse gibt es auch beim "Blick nach rechts".

"Tag der deutschen Zukunft in Dresden": 450 Neonazis laufen dank Gegendemos durchs Niemandsland

Rund 450 Neonazis sind dem Aufruf zur Abschlussdemonstration der neonazistischen Kampagne „Tag der deutschen Zukunft“ nach Dresden gefolgt. Die sinkenden Teilnehmerzahlen zeigen die Mobilisierungsschwäche der Szene. Statt der bekannt gewordenen Route wurde zudem eine deutlich verkürzte Strecke gelaufen. Die angereisten Neonazis kamen vor allem aus Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Insgesamt konnten die angereisten Neonazis keine drei Kilometer durch Dresden laufen (Publikative.org). 1.500 Menschen haben in Dresden einen Marsch von etwa 400 Neonazis am Samstag ins Stadtzentrum verhindert. „Es waren deutlich mehr Gegendemonstranten auf Dresdens Straßen als Teilnehmer des rechten Aufzuges. Sie protestierten an vielen Stellen lautstark und friedlich gegen den Aufzug“, sagte der leitende Polizeidirektor Horst Kretzschmar. Angesichts des Widerstandes verzichteten die Rechten schließlich auf die symbolträchtige Route zum Goldenen Reiter und wurden stattdessen unter Polizeischutz stadtauswärts durch die Stadtteile Pieschen und Trachau gelotst (focus, mdr, ND, neustadt-ticker.de, Dresden-Fernsehen).

2015: Nazi-"Tag der deutschen Zukunft" in Neuruppin

Brandenburg droht im Jahr 2015 der größte Neonazi-Aufmarsch seit acht Jahren – und einer der traditionell großen Aufzüge der braunen Szene in Deutschland mit bis zu 500 Teilnehmen. Neonazis wollen am 6. Juni 2015 ihren siebten „Tag der deutschen Zukunft“ in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) abhalten. Das verkündeten sie am Samstag über den Kurznachrichten-Dienst Twitter (PNN)

Bundesverfassungsgericht: NPD muss bei Bundespräsidentenwahl schweigen

Die Wahlen von Horst Köhler und Christian Wulff zu Bundespräsidenten in den Jahren 2009 und 2010 sind korrekt abgelaufen. Bei solchen Wahlen haben die Delegierten der Bundesversammlung kein Rede- oder Antragsrecht, wie das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag verkündeten Urteil entschied. Der NPD-Vorsitzende Udo Pastörs hatte geklagt, weil er angebliche Fehler bei der Delegiertenauswahl nicht vor der Bundesversammlung zur Sprache bringen und ein Rederecht für den NPD-Kandidaten nicht beantragen durfte (Die Welt, reuters).

Berlin: Mann wird fremdenfeindlich beleidigt und verletzt Täter

Ein Zeuge hat in der Nacht zu Sonntag, den 08.06.2014, die Polizei in Friedrichshain alarmiert. Er hatte gegen 1.30 Uhr beobachtet, wie ein Unbekannter aus dem Ostbahnhof auf den Hermann-Stöhr-Platz gerannt kam und von einem Mann verfolgt wurde, der ihn fremdenfeindlich beleidigte. Der Verfolger zog dabei sein Shirt aus und rannte mit freiem Oberkörper dem dunkelhäutigen Mann hinterher. Als er ihn fast eingeholt hatte, warf der Flüchtende eine Flasche in Richtung des Verfolgers und traf ihn auch. Während der Unbekannte über die Koppenstraße in Richtung Karl-Marx-Allee lief, blieb der 32-Jährige mit einer Schnittwunde verletzt zurück. Alarmierte Polizisten übernahmen die Erstversorgung des alkoholisierten Mannes, der zur Behandlung in ein Krankenhaus kam. Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt übernahm die Ermittlungen wegen fremdenfeindlicher Beleidigung durch den 32-Jährigen. Krass: Offenbar wird auch gegen den Verfolgten, der sich gewehrt hat, wegen Körperverletzung ermittelt (Berliner Morgenpost).

Berlin: Nachbarn zeigen Solidarität mit Gastwirt Hussein Badiny

Weil Neonazis sein Restaurant demolierten, muss ein migrantischer Gastronom seinen Laden aus Friedrichshain in einen anderen Kiez verlegen. Seine Nachbarn zeigten am Wochenende Flagge für das Opfer: Mit einem Nachbarschaftsfest. Bei dem Überfall wurden nicht nur Stühle aufgeschlitzt und das Restaurant verwüstet, sondern auch teure Küchengeräte zerstört. »Von dem, was ich hier reingesteckt habe, werde ich auch von der Versicherung nur etwa ein Drittel zurückbekommen«, sagt Badiny. Spenden annehmen, wie es ihm die Solidaritäts-Initiative am Anfang vorschlug, will er trotzdem nicht: »Ich habe auch meine Ehre«, sagt er. Und: »Betteln möchte ich nicht.« Die Initiative kam deshalb auf die Idee mit den Gutscheinen. Wer Baldiny unterstützen möchte, kann für einen Betrag seiner Wahl einen Gutschein erwerben, der dann im neuen Restaurant, so bald es fertig ist, eingelöst werden kann. Baldiny bekommt so kurzfristig finanzielle Unterstützung, die er gut brauchen kann, denn er möchte so bald wie möglich neu eröffnen. Allerdings nicht mehr in der Koppenstraße: »Hier ist mein Sicherheitsgefühl weg, weder ich noch meine Familie fühlen uns hier noch wohl«, sagt er (ND).

Eschede: Zwei sudanesische Flüchtlinge schwer verletzt

Zwei sudanesische Asylbewerber sind am frühen Sonntagmorgen in Eschede (Landkreis Celle) von mehreren Menschen schwer verletzt worden. Die beiden 29 und 34 Jahre alten Männer seien von der Gruppe gemeinschaftlich geschlagen worden, teilte ein Polizeisprecher mit. Die Gruppe habe dann auch noch auf einen bereits am Boden liegenden Mann eingetreten. Warum es auf dem Schützenplatz zum Streit gekommen war, ist noch nicht bekannt (Kreiszeitung).

Karlsruhe: Brandstiftung im Flüchtlingsheim

In der zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Baden-Württemberg in Karlsruhe haben Unbekannte zwei Brände gelegt. Dabei erlitten drei Bewohner der Karlsruher Unterkunft in der Nacht zum Freitag leichte Rauchgasvergiftungen, wie die Polizei mitteilte. In der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) warten die Asylbewerber darauf, auf kleinere Unterkünfte im Land verteilt zu werden. "Natürlich bereitet es uns Sorge, wenn es zu einem solchen Vorfall kommt", sagte ein Sprecher des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Die Einrichtung ist seit Monaten voll belegt bis überbelegt. Das erste Feuer wurde bald nach Mitternacht in einem Treppenaufgang der Frauenunterkunft entdeckt. Dort war nach Polizeiangaben ein mit Bettzeug und Schaumstoff gefüllter Plastiksack angezündet worden. Bewohner und der Sicherheitsdienst konnten den Brand löschen. Während die Polizei Ermittlungen zu diesem Vorfall aufnahm, meldeten Bewohner der Männerunterkunft ein weiteres Feuer in einem unbewohnten Zimmer im dritten Obergeschoss, in dem drei Etagenbetten und ein Schrank standen. (Rhein-Neckar-Zeitung, focus.de)

Frankreich: Papa Le Pen und sein antisemitischer Ausfall

Le Pen senior stört sich am Mäßigungskurs seiner Tochter - und an ihrem Erfolg. Tochter Marie hat nach den antisemitischen Ausfällen ihres Vaters scharfe Kritik an ihm geübt. Damit ist der Kursstreit der Front National ausgebrochen. Solche Wortspiele liebt der sprachgewaltige Altpräsident des Front National (FN). Auf dem Parteisender gefragt, was er vom Künstler Patrick Bruel halte, antwortete er lachend: „Daraus werden wir nächstes Mal eine Ofenladung machen.“ Der jüdische Schauspieler und Sänger hatte vorgängig erklärt, er werde nicht an Orten auftreten, die der FN bei den Gemeindewahlen von Ende März erobert habe. Das Wort Ofenladung, auf Französisch „fournée“, erinnert an Le Pens bekanntestes Wortspiel von 1988 über den damaligen Minister Michel Durafour und ein „Krematorium“ – das heißt die Gaskammern der Nazis. „SOS Racisme“ und ihre Schwesterorganisation „Mrap“ kündigen nicht zum ersten Mal eine Gerichtsklage gegen Le Pen an. Neu war dagegen die Reaktion in seiner eigener Partei. Vizechef Louis Aliot, der Lebenspartner von Marine Le Pen, kritisierte den „üblen Satz“, der „politisch dumm und konsternierend“ sei. Le Pen konterte sofort, dumm sei es nur, seine Worte als antisemitisch zu interpretieren. Darauf hakte aber seine Tochter nach: Die Aussage sei ein „politischer Fehler, deren Konsequenzen der FN zu tragen“ habe, urteilte die heutige FN-Vorsitzende Marine Le Pen (Frankfurter Rundschau, Euronews).

USA: Neonazi-Ehepaar erschießt in Las Vegas drei Menschen

Ein bewaffnetes Ehepaar hat in einer Pizzeria in Las Vegas zwei Polizisten und dann den Kunden eines Kaufhauses erschossen. Nach einem Schusswechsel mit der Polizei tötete die 22 Jahre alte Frau dann am Sonntag ihren 31-jährigen Mann und erschoss sich anschließend selbst, wie die Polizei der Metropole im US-Staat Nevada mitteilte. Einer der Polizisten hinterlässt eine Frau und sechs Kinder, sein jüngerer Kollege eine Frau und ein Baby. Nach Angaben der Ermittler handelte es sich bei den Tätern um erklärte Gegner des Staates und Verfechter rechten Gedankenguts. Auf der Leiche eines getöteten Polizisten hätten sie das Bild eines Hakenkreuzes und die Notiz "Die Revolution beginnt" hinterlassen. Den anderen hätten sie mit einem Symbol des amerikanischen Widerstandes gegen die britischen Kolonialherren markiert (Focus.de, 20min.ch).

Landshut: Zwei Jahre Haft für Ausländer-Hatz 

Die „Hatz” auf einen Asylbewerber und der Widerstand, den ein 18-jähriger Wallersdorfer Azubi bei seiner Festnahme durch Polizeibeamte leistete, brachte das Fass zum Überlaufen: Der bereits mehrfach vorbestrafte Maler und Lackierer muss für zwei Jahre und vier Monate in den Jugendknast. Der erheblich alkoholisierte 18-Jährige war am 29. August letzten Jahres gegen 21.30 Uhr als Sozius auf dem Roller eines Freundes im Bereich der Asylantenunterkunft unterwegs. Als er dort den 36-jährigen Somalier bemerkte, warf er eine Bierflasche, die er in der Hand hatte, nach ihm. Als er ihn verfehlte, sprang er vom Roller, holte den flüchtenden Somalier ein und versetzte ihm Faustschläge. Erneut gelang es dem Asylbewerber, davonzulaufen. Um ihn zu stoppen, forderte der Azubi den Rollerfahrer auf, dem Flüchtenden nachzufahren. Der kam der Aufforderung nach und streifte dann auf der „Hatz” den 31-Jährigen, so dass dieser zu Sturz kam, sich dabei drei Schneidezähne abbrach und auch schmerzhafte Sturzverletzungen vor allem am Knie zuzog (Wochenblatt.de).

Griechenland: Nazis verehren Hitler auf offener Straße in Athen

Hunderte Nazi-Anhänger sind gekommen, versammeln sich vor dem Parlamentsgebäude in Athen. Sie zeigen den Hitlergruß, singen das Horst-Wessel-Lied, schwenken Fahnen mit einem dem Hakenkreuz nachempfundenen Symbol! So offen zeigen die Anhänger der griechischen Partei Chrysi Avgi (dt. „Goldene Morgenröte“) ihre Nazi-Gesinnung. Anlass für die gruselige Nazi-Show im Herzen Athens: ein seltener Auftritt des Parteichefs Nikolaos Michaloliakos (56) vor dem griechischen Parlament. Michaloliakos sitzt in einem Hochsicherheitsgefängnis, zusammen mit 5 weiteren Abgeordneten der Nazi-Partei – Verdacht auf „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ (BILD.de, viele gruselige Fotos).

Flüchtlinge: Sie riskieren alles für die Freizügigkeit

Flüchtlinge und ihre Unterstützer wandern aus Protest gegen Europas Asylpolitik nach Brüssel. Nicht-EU-Bürger ohne Papiere riskieren dabei ihre Abschiebung (ZEIT online).

"Lampedusa in Hamburg": Zwei Großeinsätze in zwei Tagen

Erst die Räumung des von Lampedusa-Flüchtlingen besetzten Rathausmarktes am Donnerstag, dann die eskalierte Demonstration im Schanzenviertel. Der Streit um das Bleiberecht der Lampedusa-Flüchtlinge spitzt sich zu (Hamburger Abendblatt). Die taz berichtet, dass bei der Räumung des Sitzstreiks der Lampedusa-Gruppe vor dem Rathaus Polizisten den Befehl verweigerten, weil sie ihn unangemessen fanden.

Die Betonung liegt auf »Bildung«

Seit fast zehn Jahren kämpft die Antifa-BI aus Wetterau gegen rechtsextremistische Umtriebe zwischen Vogelsberg und Taunus. Die Ergebnisse der vorigen Landtagswahl, dass diese Arbeit nötig ist. Nachdem die Mitgliederzahl des Vereins stark angestiegen ist, unterhält er nun eine Geschäftsstelle (Wetterauer Zeitung).

Verfassungsschutzbericht Niedersachsen: Gut vernetzte Nazi-Szene

Der niedersächsische Verfassungsschutz zählt zwar weniger Rechtsextremisten, davon werden aber zwei Drittel als gewaltbereit eingestuft. Aus dem niedersächsischen Verfassungsschutzbericht geht hervor, dass sowohl führende Aktivisten wie auch Gruppierungen der rechtsextremen Szene über gute Verbindungen verfügen, die weit über ihre Region hinausgehen. Kontakte existieren häufig in benachbarte Bundesländer („Die Rechte“), deutschlandweit (Dieter Riefling aus Hildesheim) oder sind gar internationaler Natur (Rigolf Hennig, „Europäische Aktion“). Bei der über Grenzen hinweg operierenden Zelle „Weisse Wölfe Terrorcrew“ umfasste das Netz Anlaufpunkte in den Niederlanden, in der Schweiz, in Hamburg, in Mecklenburg-Vorpommern und marginal in Schleswig-Holstein und Berlin (bnr.de).

Dortmund: Der Abgeordnete SS-Siggi stellt sich vor

Dortmund hat vieles richtig gemacht im Kampf gegen Neonazis. Bis Abgeordnete des Stadtrats plötzlich einer Bande rechter Schläger gegenüberstanden (ZEIT online).

Netzaktivisten legten Freitag mehrere NPD-Seiten lahm

Seit Mitternacht sind einige Internet-Seiten der rechtsextremen Partei NPD lahmgelegt, darunter die Hauptseite und verschiedene Seiten der Landesverbände. Dahinter stecken offenbar Netzaktivisten von Anonymous. So berichten einige Hacker auf Twitter unter dem Hashtag #OPBlitzkrieg über die erfolgreichen Cyber-Angriffe auf die Websites. Die rechtsradikale Partei war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen (Tagesspiegel.de). 

Sportkommentator Buschmann weist Rassismus-Vorwurf zurück

Wegen einiger Aussagen bei der "Autoball WM" bei ProSieben sah sich Sportkommentator Frank Buschmann am Wochenende einem Rassismus-Vorwurf von "Spiegel Online" ausgesetzt. Doch der Sportexperte wies diesen entschieden zurück und bezeichnete das Geschriebene als eine Frechheit. Einen "gut gelaunten Rassismus" bescheinigte "Spiegel Online" am Sonntag dem Sportmoderator Frank Buschmann bescheinigt, der Tags zuvor die "Autoball WM" auf ProSieben kommentiert hatte. So hatte er etwa Ex-Fußballer Hans Sarpei als "dunklen Mann" bezeichnet. Ein Duell des Italieners Giovanni Zarrella gegen den Türken Eko Fresh bezeichnete der Kommentator als einen Wettkampf zwischen Pizza und Döner.  Doch auch dem Vorwurf der Homophobie sah sich Buschmann bei "Spiegel Online" ausgesetzt, weil er aufgrund einer Verletzung des homosexuellen Sängers Ross Anthony in mehrdeutiger Art und Weise betont hatte, ihm "tut der Popo weh" (digitalfernsehen.de).

drucken