10.04.2014 … Presseschau

Nach dem Rechten sehen: Keine empirischen Belege für "Armutszuwanderung" +++ Braunes Haus bald buntes Zentrum +++ "Freie Kräfte" in Brandenburg auf Vormarsch.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Keine empirischen Belege für "Armutszuwanderung"

Die Bundesregierung musste in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Grünen einräumen, dass sie keine belastbaren Informationen über den angeblichen Missbrauch der deutschen Sozialsysteme durch Einwander*innen aus Rumänien und Bulgarien hat.  „Wer so wider die Empirie Stimmung macht, schadet dem gesellschaftlichen Frieden und dem Ziel eines modernen und offenen Europas, für das auch Unions-Politiker einst kämpften“, kritisierte Volker Beck von den Grünen die Regierung. Die CSU, die mit dem Slogan "Wer betrügt, der fliegt" gegen angeblichen Sozialmissbrauch von Zuwander*innen anging, will sich auch im Europawahlkampf auf das Thema fokussieren. Dabei hat schon ein im März vorgelegter Zwischenbericht eines Staatssekretärsausschusses keine Belege für eine massenhafte Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme gefunden – und die gelungene Integration der meisten Rumän*innen und Bulgar*innen hervorgehoben (fr-online.de).

Braunes Haus bald buntes Zentrum

Das berüchtigte "Braune Haus" im thüringischen Crawinkel kann endlich in den Besitz der Gemeinde übergehen, nachdem der Besitzer der Immobilie das Vorkaufsrecht der Gemeinde akzeptiert hat. Im braunen Haus lebten Neonazis aus dem Umfeld der Nazi-Band "S.K.D. Dirlewanger", die Immobilie entwickelte sich schnell zum überregional bekannten Nazi-Treff. Nun plant die Gemeinde den Umbau des Hauses – zu einem multikulturellen Zentrum (bnr.de).

"Freie Kräfte" in Brandenburg auf dem Vormarsch

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat seinen aktuellen Bericht für Brandenburg vorgelegt. Die Bilanz: Die NPD schwächelt und verliert Mitglieder, wird aber durch kameradschaftsnahe "Freie Kräfte" unterstützt und über Wasser gehalten (rbb-online.de). Zwei weitere Entwicklungen erfüllen den Verfassungsschutz mit Sorge: Verbindungen zwischen Rocker- und Nazimilieu, und das Erstarken der Nazipartei "Die Rechte" (rbb-online.de , nordkurier.de).

Berlin-Friedrichshain: Rassistische Attacke auf 21-Jährige

Am belebten S-Bahnhof Warschauer Straße ist am gestrigen Mittwochabend eine 21-Jährige aus Guinea von einer Frau rassistisch beleidigt, bespuckt und geschlagen worden. Die Täterin konnte unerkannt mit der S-Bahn flüchten (tagesspiegel.de)

Racial-Profiling: Polizei soll dokumentieren

In Berlin haben der Migrationsrat und die Opferberatungsstelle "Reach Out" ein Formular vorgestellt, mit dem die Polizei künftig Personenkontrollen dokumentieren soll. Racial Profiling soll durch die Pflicht zur schriftlichen Dokumentation verhindert werden. Das Angebot zur Selbstkontrolle könnte es der Polizei ermöglichen, Rassismus-Vorwürfe statistisch zu entkräften, und beruht auf US-amerikanischen Vorbildern. Die Grünen- Abgeordnete Canan Bayram sagte die Polizei solle die ausgestreckte Hand annehmen, schließlich habe sie ein großes Defizit beim Thema "interkulturelle Kompetenz" (rbb-online.de).

Denkmal für Synagoge zerstört – Nazis schmieren in der Eiffel

In den vergangenen Wochen wurden in der Eiffel wiederholt Nazi-Schmierereien entdeckt. Auch das Denkmal für die 1938 in Brand gesteckte Synagoge in Hellenthal- Blumenthal wurde wiederholt zerstört, noch dazu wurden Hakenkreuze und andere rechte Symbole auf Häuser und Straßenschilder gesprüht (express.de).

Polizei wird einmal pro Woche von Neonazis angegriffen

Von 2001 bis einschließlich 2013 wurde die Polizei fast 1000 mal von Neonazis angegriffen, ergab die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken. Dazu gehört Mord genauso wie andere Gewaltdelikte. Herausgerechnet hat die Regierung allerdings auch das in der Anfrage noch enthaltene Jahr 2000 – in diesem erschoss ein Neonazi aus Dortmund zwei Polizeibeamte und eine Polizeibeamtin (tagesspiegel.de).

Neonazis planen Osterfest im Harz

Der Verein „Junge Landsmannschaft Ostdeutschland“ plant ein heidnisches Osterfest im Harz. Dies ist weitaus weniger harmlos als es klingt:  die JLO agiert offen neonazistisch und vertritt eine völkische Ideologie, trat mehrere Jahre als Anmelder für die Nazi-Aufmärsche am 13.2. in Dresden in Erscheinung.  Beobachter*innen  gehen davon aus, dass das „Osterlager“ in Steinbrücken stattfindet, einem Ortsteil des 340-Einwohner*innen-Ortes Abberode im Kreis Mansfeld-Südharz (mz-web.de).

NS-Chemnitz: Verbot hat Lücken

Teile der konspirativ handelnden Kameradschaft „Nationale Sozialisten Chemnitz“ (NSC)  bereitete sich zum bewaffneten Kampf vor. Mehrfach überfielen ihre Mitglieder Migrant*innen. Auch deshalb wurden die NSC verboten, die Kontakte der Gruppe zum NSU werden mit keinem Wort erwähnt. Doch Kameradschaften haben bereits Strategien entwickelt, um Gruppenverbote zu umgehen (publikative.org).

NSU Prozess: Ex-Verfassungsschützer mit Gedächtnislücken

Im NSU Prozess wird derzeit der Mord an Halit Yozgat in München verhandelt. Für die Ermittlungsbehörden ist der Fall besonders heikel, weil einer ihrer Leute während des Mordes am Tatort war: Andreas T. vom hessischen Verfassungsschutz. Dieser führte 2006 ein Telefonát mit einem anderen Verfassungsschützer, der sich daran aber nicht mehr so richtig erinnern will.  Sein Lob für T., dass sich dieser bei seiner Aussage beim Verfassungsschutz nicht so "restriktiv" verhalten habe wie bei der Polizei, wertet die Nebenklage als weiteres Indiz dafür, dass ihr wichtige Hinweise vorenthalten werden (sueddeutsche.de).

Asylbewerber*innen protestieren in Mittelbayern

Im mittelbayrischen Cham haben Asylbewerber*innen aus der nahen Unterkunft ein Protestzelt aufgebaut, um für 10 Tage zu demonstrieren. So wollen sie auf ihre Lage aufmerksam machen, für mehr Rechte für Geflüchtete kämpfen. Die 30-Jährige Eshrat Hosseini sagt: "Wir sind Unbürger, weil wir keine Rechte haben". Die Geflüchteten wünschen sich mehr Anerkennung, und hoffen auf Unterstützung aus der Bevölkerung (mittelbayrische.de).

Akif Pirinçci-Auftritt im ZDF: Rassismus statt Meinungsfreiheit

Nach dem Auftritt von Akif Pirinçci im ZDF-Mittagsmagazin stellt sich Sabine Schiffer im Migazin die Frage, was das ZDF zu dieser Einladung bewegt hat – und dazu, keine professionelle Moderation zu bieten. Pirinçcis Behauptungen widersprechen jeder halbwegs seriösen Forschung zu Diskriminierungsstrukturen und der Faktenlage im Alltag, stellt die Autorin fest, und ergänzt: Unter Meinungsfreiheit fällt für Rechtspopulisten das Ausbreiten von Fäkalsprache zur Unterfütterung von Allgemeinplätzen (migazin.de).

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