10.02.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Ballstädt (Thüringen): Rechtsextreme überfallen Vereinsfeier +++ Hamburg-Eimsbüttel: 13-Jähriger hat Flüchtlingsunterkunft angezündet +++ Neonazis haben 2013 mindestens 561 Menschen verletzt.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Ballstädt (Thüringen): Rechtsextreme überfallen Vereinsfeier

Rechtsextreme haben nach Augenzeugenberichten eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt im Landkreis Gotha überfallen. Am frühen Sonntagmorgen drang eine Gruppe von 15 Neonazis in den Gemeindesaal ein und begann, auf die überwiegend jungen Festgäste einzuprügeln. Neun Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt, zwei von ihnen schwer. Beide werden noch im Krankenhaus behandelt. Die Einrichtung des Dorfgemeinschaftshauses soll stark beschädigt worden sein. Die Ballstädter Bürgermeisterin Erika Reisser brachte ihr Entsetzen zum Ausdruck, nachdem sie den Tatort gesehen hatte. Es sei "alles blutverschmiert" gewesen, sagte sie MDR THÜRINGEN. Mindestens einer der Angreifer wurde bei der Aktion offenbar erkannt. Es handelt sich angeblich um einen 31-jährigen Neonazi aus einer Gruppierung aus dem Raum Gotha rund um die Rechtsrock-Band „SKD“ (Sonderkommando Dirlewanger) (dtoday, publikative, thueringer-allgemeine.de).

Hamburg-Eimsbüttel: 13-Jähriger hat Flüchtlingsunterkunft angezündet

Den Brand in einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft, bei der eine pakistanische 33-Jährige und ihre 6 und 7 Jahre alten Söhne ums Leben kamen, hat offenbar ein 13-Jähriger mit indischen Wurzeln gelegt, der sich außerdem in psychiatrischer Behandlung befand. Er gab an, seit zwei Monaten Mitglied der Jugendfeuerwehr zu sein und auch einmal bei einem Einsatz dabei sein zu wollen (taz). Der Junge sei kein notorischer Brandstifter, die Tat sei weder politisch noch persönlich motiviert gewesen, erklärte nun der Direktor für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg, Michael Schulte-Markwort, wo der Täter aktuell behandelt wird. "Es handelt sich um einen ungerichteten aggressiven Impuls, der nicht vorhersehbar war. Am Mittwoch hatte er für alle unvorhersehbar und plötzlich den Impuls, Papier in einem ihm unbekannten Haus anzuzünden. Die Folgen seines Handelns waren ihm nicht klar. Keinesfalls wollte er das Haus anzünden", erklärte Schulte-Markwort. Aufgabe der Klinik sei es nun, "den Jungen so zu behandeln, dass er trotz dieser schweren Schuld weiterleben kann".(Spiegel online).

Neonazis haben 2013 mindestens 561 Menschen verletzt

Die Polizei registrierte nach vorläufigen Zahlen von Januar bis Dezember bundesweit 11.761 rechts motivierte Delikte, darunter 574 gewaltsame Attacken. Dabei wurden 561 Menschen verletzt. Insgesamt 5631 Tatverdächtige konnte die Polizei ermitteln, 126 mutmaßlich rechte Kriminelle wurden festgenommen. Haftbefehle gab es nur elf, berichtet der Tagesspiegel.

600 setzten rechtsextremem Auflauf in Weimar erneut enge Grenzen

Rund 600 Gegendemonstranten hatten sich in Weimar einem Häuflein von 79 Neonazis entgegen gestellt, die zum wiederholten Mal die Bombenopfer vom 9. Februar 1945 für ihre Propaganda instrumentalisieren wollten. Der Einsatzleider der Polizei wurde von einem rechten Täter attackiert und verletzte sich dabei leicht (Thüringer Allgemeine, Otz.de).

Schnelles Ende für Neonazi-Aufmarsch in Gera

Die sogenannte Mahnwache von Neonazis für die deutschen Opfer des Bombenangriffs 1945 auf Dresden hatte am Sonnabendnachmittag ein recht schnelles Ende. Anders als im Vorjahr vor dem Geraer Hauptbahnhof mit einem großen Aufmarsch von Zugereisten aus der rechtsextremen Szene hatte sich diesmal auf dem Museumsplatz mitten im Stadtzentrum lediglich ein Häuflein von etwa einem Dutzend Neonazis um den Geraer NPD-Kreisvorsitzenden geschart. Mit Plakaten wie "Kein Platz für Neonazis"und grünen Beuteln mit "Rassismus kommt mir nicht in die Tüte" und mit Trillerpfeifen protestierten an die 80 Demokraten gegen die geschichtsverfälschende Propaganda der rechten Szene (TLZ).

Berlin: 10 Nazis allein auf der Straße

Die rechtsextreme NPD wollte am Sonnabend an verschiedenen Orten gegen das deutsche Asylrecht demonstrieren - doch zahlreich erschien sie nicht. Laut Polizei war der Zuspruch zu vier Kundgebungen in der Nähe von Unterkünften für Asylbewerber gering. Demnach kamen zwischen 10 und 20 NPD-Anhänger in Köpenick, Friedrichsfelde, Hellersdorf und Pankow zusammen. Diese hätten sich bis zu 80 Gegendemonstranten gegenüber gesehen (B.Z., Berliner Zeitung, Prenzlberger Stimme, taz).

Schweizer stimmen für Begrenzung der Zuwanderung

Die Mehrheit Schweizer sympathisieren mit der Anti-Einwanderungskampagne der rechtsnationalen Schweizerischen Volkspartei - und stimmten am Sonntag für eine Begrenzung der EU-Zuwanderung. Im Kern verlangt die SVP-Initiative eine Neuverhandlung des Schweizer Abkommens mit der EU über die Personenfreizügigkeit. Innerhalb von drei Jahren soll die neue Übereinkunft stehen – mit Kontingenten und Obergrenzen für Zuwanderer aus Deutschland, Österreich oder Luxemburg in die Eidgenossenschaft. Zudem müssen die Eidgenossen jetzt die Verfassung explizit um die Höchstbegrenzung ergänzen. Einen anderen Weg gibt es nicht, da die Regierung mit der Zulassung der Abstimmung diese schon als rechtskonform gebilligt hat. Jetzt muss sie Wort für Wort umgesetzt werden. Damit gefährden die Schweizer*innen auch die Teilnahme an weiteren Grundfreiheiten, die bisher der Schweizer Wirtschaft sehr nützen (Tagesspiegel; Hintergrund in der Rheinischen Post). 

Rechtsextremismusexperte Sebastian Edathy (SPD) legt sein Bundestagmandat nieder

Der SPD-Politiker Sebastian Edathy legt mit sofortiger Wirkung sein Bundestagsmandat nieder. Der Innenpolitiker ist seit 1998 Mitglied des Bundestags. Es war Vorsitzender im NSU-Untersuchungsausschuss. Grund für seinen Schritt seien gesundheitliche Probleme (Spiegel online).

Tortenwurf auf Innenminister von BaWü: Süße Forderung nach NSU-Ausschuss

Ein 19-Jähriger bewirft den Innenminister von Baden-Württemberg, Reinhold Gall (SPD), mit einer Himbeersahnetorte. Er fordert, das Land solle endlich einen Untersuchungsausschuss zum NSU einrichten (taz, Stimme, stern).

Dresden: Nazis dürfen nicht zur Frauenkirche - aber an anderer Stelle in die Innenstadt

Das Verwaltungsgericht Dresden hat die grundsätzliche Entscheidung der Stadt bestätigt, die Kundgebung eines rechtsextremen Bündnisses vom Neumarkt an einen anderen Ort zu verlegen. Das teilte das Gericht am Freitag mit. Das Gericht ordnete allerdings einen anderen, nicht näher benannten Ort in der Dresdner Innenstadt für die Kundgebung an. Der von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Ausweichort, eine Fläche am Hauptbahnhof, sei dem Anliegen der Anmelder nicht angemessen. Aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtes geht hervor, dass es sich bei dem Ausweichplatz nicht um die von den Rechtsextremen gewünschten Orte Theaterplatz, Schloßplatz, Altmarkt oder Postplatz handeln kann (ovz.de, sz-online.de, Blick nach rechts, Publikative).

Nürnberg: Gruppenfoto als Warnung vor Nazis

Über 2.000 Bürger haben sich am Wochenende in der Nürnberger Straße der Menschenrechte versammelt. Mit einer Fotoaktion wollen sie im Vorfeld der Kommunalwahl vor Rechtsextremismus warnen (BR, nordbayern.de).

Greiz: Fußballverein distanziert sich von stadtbekanntem Neonazi

Der SV Blau-Weiß 90 Greiz ist ein kleiner Sportverein. Im Stadtteil Pohlitz, wo er zu Hause ist, kennt jeder jeden. Einer der Vereinssponsoren, der Neonazi David Köckert, zieht seit Herbst 2013 mit rassistischer Hetze gegen Flüchtlinge öffentliches Interesse auf sich. Jetzt hat sich der Verein von seinem Sponsor distanziert (mdr).

Rheinfelden: Tricks im Neonazi-Prozess

Die Szene-Verteidigerin der Neonazis, denen unter anderem eine große Schlägerei in Herten und Sachbeschädigungen an der Rheinfelder Moschee zur Last gelegt werden, versuchen mit einigen juristischen Tricks das Verfahren zu Fall zu bringen. Am gestrigen vierten Verhandlungstag sah sich das Gericht mit einer Ablehnung wegen angeblicher Befangenheit konfrontiert - und mit sieben weiteren Beweisanträgen von Nazi-Anwältin Nicole Schneiders (Badische Zeitung).

Sachsen hält an umstrittener Extremismusklausel fest

Wer für seine Arbeit gegen Rechts Geld vom Staat will, muss sich per Unterschrift zum Grundgesetz bekennen. Jetzt schafft die Bundesregierung die sogenannte Demokratieerklärung faktisch ab - nur Sachsen hält daran fest (Deutsche Welle).

NS-Hochschulgruppe in Greifswald 

Eine Studentin im ersten Semester möchte sich im Internet über Greifswalder Hochschulgruppen informieren. Sie stößt dabei auf eine “NS-Hochschulgruppe” und fragt sich: “Gibt es diese Gruppe wirklich?“ Jein. Obwohl man schon lange nichts mehr von der Gruppe gehört hat, ist dennoch unbestreitbar, dass es Verstrickungen mit der örtlichen Neonazi-Gruppe, den „Freien Kräften Greifswald“ gibt (Webmoritz.de).

Groß Germersleben: Nachbar kauft Neonazi Schloss ab

Das Schloss Groß Germersleben in der Börde hat einen neuen Besitzer. Wie die "Volksstimme" berichtet, hat ein Anwohner das Anwesen dem bisherigen Besitzer, einem rechten Konzertveranstalter, abgekauft. Vermutlich seien dem Neonazi die Auflagen für die Veranstaltungen zu hoch gewesen. Der Zeitung zufolge versprach der neue Besitzer, keine Rechtsrockkonzerte auf dem Gelände zu veranstalten. Die Bürgerinitiative gegen den früheren Besitzer und der Oschersleber Bürgermeister reagierten erleichtert auf die Nachricht (mdr).

Michelstadt (Hessen): Polizei verhindert Nazi-Konzert

Die Polizei hat am Freitag den Auftritt einer rechtsradikalen Band in Michelstadt verhindert. Die Nazi-Musiker hatten ihr Konzert in der Innenstadt unter falschem Namen angemeldet (hr online).

NSU-Prozess: Der Tunnelblick der Bundesanwaltschaft

Vor dem Münchner Oberlandesgericht bekämpfen sich Ankläger und Nebenkläger. Die einen wollen harte Urteile, die anderen die ganze Wahrheit (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

NSU als Theaterstück: "Schön braun! Kleiner Nazikuchen"

Eine Theaterbühne für Beate Zschäpe und die beiden Uwes? In Frankfurt wurde ein Stück über das NSU-Trio uraufgeführt. Doch was will so eine Fiktion sein: krasser oder harmloser als die Wirklichkeit? (Welt)

Letzte Woche auf netz-gegen-nazis.de:

| Rechtsextreme Strategie: Rassistische "Elterninitiative" in Leipzig

| Wahrnehmungsdefizite im Umgang mit rechtsextremen Frauen am Beispiel von Beate Zschäpe

| "Occupy Pedofiljaj": Russische Nazis misshandeln Homosexuelle im Namen des "Kinderschutzes"

| Antiziganismus in den Medien: „Die Bilder sind etabliert“

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