Nach den Rechten sehen: Tröglitzer Ortsbürgermeister tritt nach Nazi-Drohung wegen Engagment für Flüchtlinge zurück +++ Neonazi-Angriff auf Demo für Frauenrechte in Nürnberg +++ Attacken und Proteste in Gera, Freital, Hoyerswerda, Magdeburg, Dortmund: Neonazis und "besorgte Bürger" gegen Flüchtlingsheime.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Tröglitzer Ortsbürgermeister tritt nach Nazi-Drohung wegen Engagement für Flüchtlinge zurück
Markus Nierth, Ortsbürgermeister von Tröglitz, legt ab sofort sein Amt nieder. Auslöser ist ein erneut für Sonntag geplanter Hetzmarsch durch den Ort, euphemistisch "Lichterspaziergang" genannt, den NPD-Kreisrat Steffen Thiel angemeldet hat. Er sollte in einer Kundgebung vor dem Wohnhaus des Bürgermeisters enden - weil dieser sich für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge in seinem Ort bemüht (www.mz-web.de, Welt).
Neonazi-Angriff auf Demo für Frauenrechte in Nürnberg
Vermummte Neonazis haben am Samstagabend am Nürnberger Hauptbahnhof versucht, gewaltsam gegen eine feministische Demonstration von Linken vorzugehen. Die Polizei konnte die beiden Gruppen nach Angaben eines Sprechers jedoch auseinanderhalten. Es wurde Pfefferspray eingesetzt. Mehrere Personen wurden in Gewahrsam genommen. Das Polizeiaufgebot am Hauptbahnhof war am Samstagnachmittag nicht zu übersehen. Die Beamten waren auf Ärger vorbereitet, schließlich fanden etwa zeitgleich zwei Kundgebungen von Gruppen unterschiedlicher Gesinnung statt: Vor der Justizvollzugsanstalt demonstrierte "Die Rechte" für die Freilassung des wegen Volksverhetzung verurteilten Neonazis Gerhard Ittner, und in der Innenstadt ging ein Bündnis links-feministischer Demonstranten für die Rechte von Frauen auf die Straße. Etwa 150 bis 200 Menschen versammelten sich um 15 Uhr am Weißen Turm und zogen gegen 17.30 Uhr los in Richtung Aufseßplatz. Ihre Route führte sie über den Hauptbahnhof, wo es gegen 18.40 Uhr zu unschönen Szenen kam. Nach Auskunft eines Polizeisprechers mussten die am Bahnhofsplatz postierten Beamten des Unterstützungskommandos (USK) der bayerischen Bereitschaftspolizei eingreifen, als eine dreizehnköpfige Gruppe von Personen, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden können, einen gewaltsamen Angriff auf die Teilnehmer der Frauenrechts-Demo startete. Die Angreifer seien "unvermittelt aus dem Bahnhofsgebäude" auf die Feministen zugerannt, heißt es im Polizeibericht. Ein direktes Aufeinandertreffen habe aber verhindert werden können, so der Polizeisprecher. Es kam zum Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken (nordbayern.de, Störungsmelder).
Attacken und Proteste in Gera, Freital, Hoyerswerda, Magdeburg, Dortmund: Neonazis und "besorgte Bürger" gegen Flüchtlingsheime
Proteste und Übergriffe gegen Flüchtlinge häufen sich. Im sächsischen Freital versuchten Teilnehmer einer Demonstration "Nein zum Hotelheim" von "Frigida" am Freitagabend, die dortige Unterkunft der Asylbewerber zu attackieren. Sie wollen ein Klima der Angst schaffen, landauf, landab: Demonstranten in vielen deutschen Städten machen gegen Flüchtlinge mobil, die angeblich überwiegend nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kommen. Die Attacken gegen Asylbewerber, an denen oft Neonazis beteiligt sind, häufen sich. Jüngstes Beispiel: die sächsische Stadt Freital bei Dresden. In Freital demonstrierten am Freitagabend mehr als 1500 Bürger unter dem Motto "Freital wehrt sich. Nein zum Hotelheim". Sie trugen Transparente wie "Wirtschaftsflüchtlinge abschieben" oder "Dem Volk reichts!" Anführer des Protestzugs verließen die genehmigte Route und zogen zu der Flüchtlingsunterkunft in einem Hotel. Nach Darstellung von Augenzeugen versuchten die Demonstranten, Polizeiketten durchzubrechen, um die Unterkunft anzugreifen. Auch ein Fotojournalist sei massiv bedroht worden. Die Initiative "Nein zum Heim" gab nach der Eskalation zu: "Vorne haben einige Unverbesserliche eigenmächtig die Route geändert und alle die dahinter liefen sind eben einfach hinterhergelaufen. Sie wussten es ja nicht besser." Erst am Donnerstag war im ostsächsischen Hoyerswerda eine geplante Unterkunft für Asylbewerber zum Ziel rechter Randalierer geworden - ausgerechnet also in der Stadt, die 1991 als Schauplatz fremdenfeindlicher Ausschreitungen weltweit Aufsehen erregte. Die Polizei nahm fünf Verdächtige zwischen 20 und 32 Jahren fest. Sie sollen die noch unbewohnte Turnhalle mit rechten Parolen und verfassungsfeindlichen Symbolen beschmiert und zahlreiche Fensterscheiben zerstört haben. Deutlichen Unmut zeigten am Freitag in Gera fast 2000 Menschen: Sie wollen nicht akzeptieren, dass ein Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in ihrer Stadt angesiedelt wird. Thüringens Integrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) sprach zu den Demonstranten, wurde dabei aber immer wieder mit Zwischenrufen und Sprechchören gestört (mdr). Für den seit 2001 amtierenden Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) hat es ernste Konsequenzen, dass er sich mit dem Magdeburger Ableger der Anti-Islam-Bewegung Pegida angelegt hat. Er steht nun wegen Morddrohungen mit Nazisymbolen unter Personenschutz (mdr). In Dortmund drangen Unbekannte in der Nacht zum Donnerstag in eine noch leer stehende Flüchtlingsunterkunft ein. Bei den Tätern handelt es sich offenbar um Neonazis. Sie hinterließen Aufkleber mit ausländerfeindliche Parolen. "Ausländer rein? Wir sagen Nein" und "Antifa-Gruppen zerschlagen" steht auf den Stickern, wie die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung", die Welt und der Blog Ruhrbarone berichteten (Tagesspiegel).
Übergriff aus Muslimin in Kaiserslautern
Eine 21-jährige Muslimin ist Montag den, 09.02. am späten Nachmittag auf der Strecke zwischen Universitätsmensa und Davenportplatz in Kaiserslautern mutmaßlich attackiert worden. Dabei verlor sie ihr Bewusstsein. Die Maschinenbau-Studentin hatte sich kurz davor von einer Freundin verabschiedet und befand sich auf dem Weg nach Hause. Was danach geschehen ist, bleibt noch im Unklaren. Als die junge Frau wieder aufwachte, fand sie ihr Kopftuch heruntergerissen und Teile ihrer Kleidung in Alkohol getränkt. Ein Zeuge aus der naheliegenden Fahrschule beschrieb sie als daraufhin orientierungslos umherirrend. Die Mutter, selbst Ärztin, berichtet, dass ihre Tochter völlig aufgelöst zu Hause ankam und ihre ersten Worte lauteten „Mama, es ist etwas sehr Schlimmes passiert“. Die Studentin steht noch unter Schock und erinnert sich nur noch an die plötzliche Gewalteinwirkung. Untersuchungen im Krankenhaus ergaben, dass sie eine Gehirnerschütterung und Amnesie erlitten hat (Ramsa-Deutschland).
Guben: 15 Jahre nach Hetzjagd wieder Neonazi-Aufmarsch
Mehr als 200 Menschen haben am Samstag gegen einen Neonazi-Aufmarsch in Guben (Spree-Neiße) protestiert – vor einem Asylbewerberheim. Auslöser war eine von der NPD gesteuerte und von der „Nein zum Heim“-Initiative angemeldete Kundgebung direkt vor der Flüchtlingsunterkunft. Die Hälfte der 70 Teilnehmer des Aufmarsch war der Neonazis-Szene zuzurechnen und kam aus verschiedenen Landkreisen Brandenburgs angereist, darunter waren Aileen Rokohl und Manuela Kokott, beide Mitglieder des NPD-Landesvorstandes. Einige wenige Anwohner reagierte auf die Reden der Neonazis in Hör- und Sichtweite zum Asylheim zustimmend (pnn, rbb-online).
Dessau-Roßlau protestiert mit Menschenkette gegen Neonazis
Weit mehr als 1000 Menschen haben nach Polizeischätzungen in Dessau-Roßlau gegen einen Neonazi-Aufmarsch demonstriert. Die Teilnehmer bildeten am Samstagnachmittag eine lange Menschenkette um den Innenstadtkern, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Kette habe gut 20 Minuten gehalten. Zudem läuteten überall die Kirchenglocken. An der rechtsextremen Demo beteiligten sich laut Polizei rund 150 Menschen (Welt, mdr).
AfT & NPD: „Nichts gegen Asylbewerber, aber...“
Die Proteste der Pegida-Schwester in Mecklenburg-Vorpommern ebben zunehmend ab – und Neonazis versuchen über Tarnorganisationen und „Bürgerinitiativen“ an die Stimmung anzuknüpfen. Doch über einen harten Kern hinaus kann die rechtsextreme Szene kaum neue Anhänger mobilisieren. Dies misslang auch heute in Torgelow (Endstation rechts).
Brandenburg: Rechtsextreme wegen Pegida "euphorisch" gestimmt
Neonazis in Brandenburg nutzen die Aufmerksamkeit für Pegida, um Gleichgesinnte zu mobilisieren und ein bürgerliches Publikum zu erreichen. Laut Innenministerium haben Hooligans und rechtsextreme Gruppen im vergangenen Jahr allein in Brandenburg acht Demos gegen Flüchtlinge organisiert. Die Dresdner Pegida-Macher haben diese Brandenburger Gruppen öffentlich nicht anerkannt. Bei ihren Aktionen gegen Asylbewerber kopieren Rechtsextremisten in Brandenburg verstärkt die islamkritische Pegida-Bewegung. Das geht aus einer Antwort von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der CDU-Fraktion hervor. So habe es seit Dezember vergangenen Jahres in Brandenburg acht solche an Pegida in Dresden angelehnte Demonstrationen gegeben: vier in Brandenburg an der Havel, zwei in Oranienburg und zwei in Fürstenwalde. An den als "Montagsspaziergang" oder "Abendspaziergang" bezeichneten Veranstaltungen hätten bekannte Neonazis, Mitglieder der NPD und der Jungen Nationaldemokraten (JN), rechtsextreme Hooligans aus Berlin und Brandenburg sowie Mitglieder der "Identitären Bewegung" und der rechtsextremen Gruppierung "Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung" teilgenommen. Ähnliche Veranstaltungen seien für die kommenden Wochen in Königs Wusterhausen und Luckenwalde geplant. Von Pegida in Dresden anerkannt seien die Gruppierungen nicht. Das gelte nur für Cogida in Cottbus (rbb-online).
Würzburg: Konfliktforscher: "Rechte Szene will sich verankern"
An diesem Montag will Wügida zum 15. Mal in Würzburg auftreten. Warum diese Menschen auf die Straße gehen, was sie damit auslösen und wie die Gesellschaft darauf reagieren muss sind Fragen, denen sechs Würzburger Bildungshäuser am Freitagabend gemeinsam nachgingen. „Der Pedigda-Komplex. Was ist dran an der Angst vor dem Fremden?“, hieß die Veranstaltung, deren Diskussionsrunde Main-Post-Redakteur Andreas Jungbauer moderierte (mainpost).
Ermittler im Fall Florian H. hatte Kontakte zum Ku-Klux-Klan
Florian H., ein früher Hinweisgeber zum NSU, starb 2013 unter mysteriösen Umständen. Nun wird bekannt: Ein Ermittler im Fall stand selbst im NSU-Komplex im Fokus - Jörg B. hatte Kontakte zum Ku-Klux-Klan (swp).
Warum die Münchner AfD ein Islam-Problem hat
Die Münchner AfD will eine bürgerliche Alternative zu den etablierten Parteien sein. Das Islam-Thema wird für ihn trotzdem zunehmend zum Problem. André Wächter, bayerischer AfD-Chef und einer der zwei Stadträte der Eurokritiker, gilt als anständiger Mann. Politisch gemäßigt, freundlich im Umgang: So ist auch das Bild, das er selbst von sich zeichnen möchte. Wächters Problem aber hat einen Namen: Fritz Schmude. Der andere Münchner AfD-Stadtrat ist Islamkritiker. Nicht ein bisschen, sondern „bis in die Knochen“, so drückt er es selbst aus. Im Münchner Stadtrat, der von den rot-grünen Jahrzehnten geprägt ist, geht das vielen zu weit. Die AfD sehen mittlerweile viele ziemlich weit rechts. Die formale Kooperation mit den Freien Wählern scheint zwar zu halten – eine politische Zusammenarbeit mit anderen Kräften wird aber immer unwahrscheinlicher (merkur-online).
Russischer Nationalist und "Vordenker" Alexander Dugin Stargast bei rechtsextremen Treffen in Zeulenroda
Die extreme Rechte in Deutschland sucht Verbündete schon seit längerem über Ländergrenzen hinweg. Besonders viel gelegen ist der Szene an der deutsch-russischen Freundschaft. Einer der Vordenker dieses Bündnisses war am Wochenende zu Besuch in Deutschland: Alexander Dugin, ein ehemaliger Politikprofessor der Moskauer Lomonossow-Universität und Mitbegründer der Nationalbolschewistischen Partei und später Gründer der Eurasischen Partei. Einmal im Jahr lädt die rechtsextreme Monatszeitschrift "Zuerst!", die sich den Beinamen "Deutsches Nachrichtenmagazin" gegeben hat, zu einem großen Lesertreffen ein. Ein Wochenende lang gibt es Vorträge von rechtsintellektuellen Rednern. Das Lesertreffen findet dabei regelmäßig unter strenger Geheimhaltung statt, um Gegenproteste möglichst zu verhindern - man möchte ungestört tagen (Telepolis).
»Röcke sind für alle da«: 7000 Menschen gehen für Gleichberechtigung und Frauenrechte auf die Straße
Am Sonntag demonstrierten über 7000 Menschen am Frauenkampftag in Berlin und in anderen Städten. Es ging um den Kampf gegen Sexismus, um sexuelle Vielfalt, und auch um gleichen Lohn für gleiche Arbeit. 104 Jahre ist er alt, wirkt aber immer noch jung: Der Frauenkampftag. Seit 1911 demonstrieren arbeitende Frauen an diesem Tag für ihre Rechte. Am Sonntag zogen über 7000 Menschen durch Berlin-Mitte. Die bundesweite Demonstration lief unter dem Motto »Feministische Kämpfe verbinden!« und in der Tat war ein sehr breites Bündnis vertreten. Der Boulevard »Unter den Linden« war voller selbstgebastelter Schilder mit einem genauso breiten Angebot an Themen. Gegen Sexismus im Alltag und Machotum sollte man »Mehr Intoleranz wagen!« So hieß es auf einem. Genauso ging es um die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit oder um ein Ende sexualisierter Gewalt. Die Anerkennung sexueller Vielfalt stand für viele Teilnehmer im Mittelpunkt, mit Losungen wie »Röcke sind für alle da« und »Es gibt mehr als nur zwei Geschlechter« (nd).
Bayern: Ministerium findet bei Überprüfung keine Hinweise auf weitere Neonazi-Morde
Nach der Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe NSU hat das Innenministerium bei einer internen Überprüfung keine Hinweise auf weitere ungeklärte Neonazi-Morde in Bayern gefunden. Die Landtags-Grünen bezweifeln das jedoch und fordern nun die Einsetzung einer unabhängigen Kommission (Welt).
"Renommierprojekt der Rechten": Die Bibliothek des Konservatismus
Die Bibliothek des Konservatismus ist der Neuen Rechten zuzuordnen. Ulli Jentsch vom Verein Apabiz fordert eine ernsthafte politische Auseinandersetzung (taz).
Flüchtlinge: Nicht überall willkommen in Wittstock
Im letzten Herbst kamen fünfzig Flüchtlinge nach Wittstock im Land Brandenburg. Fünf Familien sind geblieben, darunter drei Familien aus Syrien. Der Krieg hat sie aus ihrer Heimat vertrieben, in der nordbrandenburgischen Kleinstadt hoffen sie auf Schutz und Frieden. Doch die Stimmung ist angespannt (Deutschlandradiokultur).
Baltic Open Air in Schleswig: Politik macht Front gegen „Frei.Wild“
Der Auftritt der umstrittenen Südtiroler Band „Frei.Wild“ beim Baltic Open Air am 28. August auf der Freiheit hat jetzt auch Ordnungsamt und Polizei auf den Plan gerufen. Man gehe von einer „abstrakten Gefahr“ aus, erklärte Bürgermeister Arthur Christiansen vor dem Kulturausschuss im Rathaus. Die öffentliche Diskussion um die Band und ihre mögliche Nähe zu rechtsextremem Gedankengut habe zu einer „Eskalationsspirale“ geführt, die schwer einzuschätzen sei. Vom Veranstalter Daniel Spinler erwarte er „in erheblichem Maße Vorleistungen zu erbringen, damit bestimmte Szenarien nicht eintreffen“. Tewes ärgerte sich besonders darüber, dass der Veranstalter „Frei.Wild“ verpflichtet habe, nachdem man ihm bereits mitgeteilt habe, dass man über den Auftritt von Kevin Russell, dem Sänger der ebenfalls politisch umstrittenen „Böhsen Onkelz“, nicht glücklich sei. „Wir bei den Grünen sind einigermaßen empört“, sagte die Ausschuss-Vorsitzende (shz).