09.02.2016 ... Presseschau

Sachsen: Neonazi nach Mordversuch verhaftet +++ Flüchtling vor Asylbewerberheim in Ortenberg angegriffen +++ Neonazis übermalen "Miteinander"-Mahnmal in Heidenau +++ #besorgtejecken zeigen zweifelhafte Motive oder Wenn Pappnasen Pegida machen.

Sachsen: Neonazi nach Mordversuch verhaftet

Im sächsischen Grimma wurde ein 20-Jähriger verhaftet, nachdem er am Freitag einen linksalternativen Jugendlichen lebensgefährlich verletzt hatte. Er hatte versucht, das Opfer je nach Darstellung mit einem Messer oder einem Schraubenzieher zu erstechen. Dabei verfehlte er laut der Antifa Leipzig knapp das Herz, durchstach aber die Lunge. Das Opfer muss seitdem intensivmedizinisch behandelt werden und lag zwischenzeitlich im Koma. Laut der Antifa Leipzig war es unmittelbar vor dem Mordversuch zu einer verbalen Provokation und einer Rangelei zwischen einer rechten und einer linksalternativen Gruppe gekommen. Medienberichten zufolge ging die Polizei zunächst fälschlicherweise von einer Beziehungstat aus. Die Staatsanwaltschaft konnte noch nicht sagen, ob der Angriff politisch motiviert war.

Flüchtling vor Asylbewerberheim in Ortenberg angegriffen

Unbekannte haben einen Flüchtling vor einem Asylbewerberheim in Ortenberg angegriffen. Der 20-jährige Iraker war am Samstagabend nach draußen gegangen um nach dem Rechten zu sehen weil dort mehrere Böller geworfen worden waren. Mehrere Jugendliche schlugen ihm dann ins Gesicht und flüchteten. Der Mann wurde leicht verletzt.  Zu einem möglichen fremdenfeindlichen Hintergrund des Angriffs konnte die Polizei zunächst keine Angaben machen. Die Ermittlungen laufen in alle Richtungen, hieß es.

Alheim: Scheiben von Asylbewerberunkunft zerstört

Bereits in der Nacht zu Samstag warfen bislang Unbekannte zwei Erdgeschossfenster einer Asylberwerberunterkunft in der Straße «Im Boden» im osthessischen Alheim ein. Das Obergeschoss wird bereits bewohnt, das Erdgeschoss ist für eine künftige Belegung vorgesehen, wie ein Polizeisprecher in Fulda am Sonntag berichtet.

Asylheim in Bocholt: Schreckschüsse auf Flüchtlingsheim

Auf ein Flüchtlingsheim in Bocholt ist am Samstagabend aus einem fahrenden Auto heraus mit einer Schreckschusswaffe gefeuert worden. Zwei jugendliche Flüchtlinge, die gerade vor der Unterkunft standen, blieben unverletzt. Die unbekannten Täter flüchteten.

Hirschau: Flaschenwürfe gegen Flüchtlingsheime

Unbekannte werfen am Sonntag in Hirschau eine Flasche durch ein Fenster. Auch im Kreis Schwandorf sind Fremdenfeinde aktiv. Unbekannte haben in den frühen Morgenstunden des Sonntags, 7. Februar, Flaschen auf bzw. in zwei Asylbewerberheime in der Oberpfalz geworfen, ein Fall ereignete sich in Hirschau im Landkreis Amberg-Sulzbach, ein zweiter in Bruck im Landkreis Schwandorf (Details dazu lesen Sie hier.). Es wurde niemand verletzt. 

Neonazis übermalen "Miteinander"-Mahnmal in Heidenau

Im sächsischen Heidenau haben Unbekannte ein Skulptur, die für ein friedliches Miteinander der Kulturen werben soll, mit Farbe beschmiert. Die Täter bemalten die Miteinader-Skulptur in den Farben der Reichsflagge, schwarz, weiß und rot – ein unter Neonazis oft verwendeter Code. »Wir können derartigen rechten Vandalismus nicht dulden«, teilte die Initiative »Heidenau ist bunt« via Facebook mit. Derzeit werde versucht, mit den Künstlern in Kontakt zu treten.

Bautzen: Flüchtling mit Pfefferspray attackiert

Unbekannte Täter haben in Bautzen einen Flüchtling mit Pfefferspray attackiert. Der 32-Jährige wurde am Samstagabend nahe seiner Asylunterkunft mit der Flüssigkeit besprüht, wie die Polizei mitteilte. Bei den Tätern soll es sich nach Angaben des Flüchtlings um eine junge Frau und zwei junge Männern gehandelt haben.

Kauering: "Der Widerstand" droht mit der Faust

Man kann es durchaus als ernstgemeinte Warnung verstehen. An der Eingangstür der zukünftigen Flüchtlingsunterkunft neben der Kauferinger Schwimmhalle hat eine Gruppierung, die sich „Der Widerstand“ nennt, ihr Markenzeichen als Drohung hinterlassen. Es ist eine geballte Faust, aufgesprüht auf die Glastür und die Wand der Tennishalle.

"Der III. Weg" verteilt Flyer gegen Flüchtlinge zur Fastnacht

Die als rechtsextrem eingestufte Partei "Der III. Weg" verteilt in Mainz Infoblätter für deutsche Frauen. Unter anderem wird geraten, Gegenden mit Flüchtlingsheimen besonders an Fastnacht zu meiden. Die Polizei hat in der vergangenen Woche in Flüchtlingsunterkünften über die Feierlichkeiten zu Fastnacht aufgeklärt. Auch Infomaterial in verschiedenen Sprachen wurde ausgegeben. Dies nahm die Partei "Der III. Weg" zum Anlass, ebenfalls Flyer zu verteilen. "Anstatt gutem Zureden bei möglichen Straftätern, gibt die Partei „Der III. Weg“ lieber deutschen Frauen Tipps, wie sie sich vor sexuellen Übergriffen in den „tollen Tagen“ von Asylanten schützen können", schreibt die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei dazu.

#besorgtejecken zeigen zweifelhafte Motive oder Wenn Pappnasen Pegida machen

Ein Panzer mit der Aufschrift "Asylabwehr", Heuschrecken im Balkanexpress – beim Karneval in Bayern und Thüringen sorgen "unzensierte" Motivwagen für Aufregung.

Köln: Gedemütigt, geschlagen und von Nazis verhöhnt

Nach den Übergriffen der Silvester-Nacht verstärkte die Stadt Köln an den Karnevalstagen ihre Polizei-Präsenz. Der Tochter des "Bläck Fööss"-Gitarristen half das leider nicht. Am Freitagabend feierte sie mit ihren Freunden ausgelassen Karneval. Nach einer durchfeierten Nacht trat sie gegen zwei Uhr den Heimweg an. Nichtsahnend verließ sie am Bahnhof Ehrenfeld die Bahn, wo sie auf eine Gruppe Jugendlicher traf, die sogleich begann sie zu bepöbeln und sexistisch zu beschimpfen. Damit nicht genug: Ein Jugendlicher kam auf sie zu und schlug ihr unvermittelt ins Gesicht. Ein weiterer Jugendlicher trat hinzu und drosch weiter auf sie ein. Nur mit letzter Kraft konnte sie sich in eine Kneipe retten. Unglaublich: Der Wirt warf sie wieder aus der Kneipe, anstatt ihr zu helfen. Er wolle keinen Ärger haben. Auch auf der Straße reagierte niemand auf ihre Hilferufe. So allein gelassen konnte sie froh sein, dass sie sich in einen Kiosk flüchten konnte, von wo aus sie die Polizei rufen konnte. Das Mädchen hat kaum Zeit gehabt, um zu realisieren, was die Vorfälle in dieser Nacht in ihr ausgelöst haben, da nutzen rechtspopulistische Gruppierungen den Vorfall bereits für ihre Zwecke. Höhnisch tönt Pro-NRW-Vize Dominik Roeseler: „Für das Mädchen tut es mir leid. Allerdings hat es bei dem Vater die richtige getroffen. Wer gegen HoGeSa, PEGIDA, AFD und PRO NRW hetzt und demonstriert, dem kann ein bisschen Realität nicht schaden.“.

Pegida in München: Auch am Rosenmontag wurde demonstriert

Ab 19 Uhr startete die wöchentliche Pegida-Demo vom Odeonsplatz zum Marienplatz. Es kommen mehr Gegendemonstranten als Anhänger - und noch mehr Polizisten. Gegen Schluss kommt es zu Tumulten. Es nieselt an diesem Montagabend, der Wind weht, außerdem ist Fasching. Trotzdem heißt es auch am Rosenmontag: Pegida-Demo in München. Sehr attraktiv scheint die Veranstaltung nicht zu sein: Noch kurz vor dem offiziellen Beginn um 19 Uhr sind geschätzt 60 Demonstranten am Odeonsplatz, gefühlt genauso viele Gegendemonstranten. 

Potsdam: Pegida trifft am Mittwoch erneut auf viel Protest

Dass der Potsdamer Pegida-Ableger am Mittwoch in Rehbrücke demonstrieren wird, ist klar. Die genau Route steht aber noch nicht fest. Fest steht bereits, dass die Pegida-Anhänger erneut mit viel Gegenprotest rechnen müssen. Vier Demos sind angemeldet. Eventuell wird ein Supermarkt während der Demos schließen.

Hittfeld: Gewalttätiger NPD-Tross

Am Rande einer Mini-Kundgebung in der Nordheide soll der NPD-Funktionär Manfred Börm einem Mann ins Gesicht geschlagen haben. Zuvor gingen seine jungen Kameraden mit Knüppeln auf Gegendemonstranten los. Manfred Börms Bus ist bekannt. Vergangenen Samstag gegen elf Uhr soll er  antifaschistische Gegendemonstranten vor einem Edeka-Markt in Hittfeld nahe Hamburg eng angesteuert haben. Einige Personen griffen daraufhin das Fahrzeug an, warfen Eier und Böller. Laut Polizei wurde auch Reizspray in das Innere des Wagens gesprüht. Schnell stürzten zwei Jungnazis mit Holzknüppeln in den Händen heraus. Weitere vermummten sich. Mittendrin: Der langjährige Leiter des NPD-Bundesordnungsdienstes Börm, der ebenfalls sein Fahrzeug verlassen hatte. Pressefotos zeigen die gewaltbereite Aktion am Rande der Kleinstkundgebung von Wolfram Schiedewitz in Hittfeld. Ein junger Neonazi ist zu sehen, der auf einen Gegendemonstranten einschlägt. Der weicht aus. Kurze Zeit später wird Börms Truppe von der  überforderten Polizei mit Pfefferspray in Schach gehalten. Anschließend fahren sie davon. Die Polizei ordert Verstärkung an.

Militante Geschichtsklitterer in Weimar

Die Teilnehmerzahl beim braunen „Trauermarsch“ in Weimar stagniert bei rund 120 Neonazis. Das „Gedenkbündnis Weimar“ versuchte zum fünften Mal, die Bombardierung der Stadt im Jahr 1945 für seine Zwecke zu instrumentalisieren.

Am Rande der rechtsextremen Demonstration in Weimar ist die Lage eskaliert: Mehrere Polizisten wurden dabei verletzt.

Kaufbeuren: Flüchtlinge nach Brandstiftung in Asylbewerberheim in Angst

Das Feuer in einer Flüchtlingsunterkunft in Kaufbeuren ist wohl absichtlich gelegt worden. Die Asylbewerber haben nach dem mutmaßlichen Anschlag Angst. 

Brand in Beelitzer Asylheim: Haftstrafe

Urteil im Berufungsverfahren gegen Björn K., der in der Silvesternacht auf 2013 das damals noch leerstehende Beelitzer Asylbewerberheim angezündet haben soll. Das Landgericht Potsdam verwarf die Berufung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Der Beschuldigte bleibt in Haft – allerdings nicht so lange wie von erster Instanz festgelegt. Björn K. wollte nicht, dass die Flüchtlinge in das geplante Asylbewerberheim Beelitz-Heilstätten einziehen und handelte „aus fremdenfeindlichen Motiven“. Davon war die Vorsitzende Richterin am Potsdamer Landgericht, Ulrike Phieler-Morbach, überzeugt und verwarf am Montag die Berufung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Beide Seiten hatten das Urteil des Potsdamer Amtsgerichts angefochten, das den 30-jährigen Brandstifter im Mai 2015 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt hatte. Das Landgericht blieb nun unter dieser Forderung und am Ende sogar unter dem Urteil des Amtsgerichts: Für ein Jahr und sechs Monate muss Björn K. in Haft.

So absurd rechtfertigt Beatrix von Storch ihr Facebook-Posting

Rutscht ein Storch auf einer Maus ab: Was so klingt wie ein Kinderwitz, ist die Ausrede, mit der Beatrix von Storch ernsthaft ihre umstrittenen Stellungnahme zur Grenzsicherung rechtfertigt. Die AfD-Vizechefin hatte in der vergangenen Woche die Frage eines Facebook-Users, ob sie Frauen mit Kindern den Grenzübertritt mit Waffengewalt verhindern wolle, mit "Ja" beantwortet. Das löste eine Welle der Empörung aus, von Storch nahm die Aussage zumindest teilweise zurück, hielt aber an Gewalt gegen Mütter fest: "Gegen Kinder ist der Schusswaffeneinsatz richtigerweise nicht zulässig. Frauen sind anders als Kinder verständig." Nun hat die Europaparlamentarierin eine absurde Erklärung geliefert, wie es zu diesem Facebook-Posting kommen konnte. Wie der "Spiegel" in seiner neuen Ausgabe unter Berufung auf Parteifreunde berichtet, habe Beatrix von Storch ihre Aussage mit einem "technischen Fehler" zu rechtfertigen versucht. Sie sei auf ihrer Computermaus "ausgerutscht", heißt es weiter in dem Artikel.

Schießbefehl-Debatte: AfD im Europaparlament zur Rede gestellt

Wegen ihrer Äußerungen zum Schusswaffen-Gebrauch gegen Flüchtlinge wird die AfD-Europaabgeordnete von Storch zur Rede gestellt. Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer sei sich einig, dass Schießen auf Migranten nicht akzeptabel sei, sagte ein Sprecher dem "Spiegel". Führende Mitglieder der Parlamentsgruppe würden nun ein Gespräch mit von Storch führen, um Inhalt und Intention ihrer Kommentare zu klären. Laut dem Magazin wird auch ein Ausschluss der AfD aus der Fraktion diskutiert, der unter anderem die britischen Tories angehören.

http://www.deutschlandfunk.de/schiessbefehl-debatte-afd-im-europaparlament-zur-rede.447.de.html?drn%3Anews_id=578108
 

NPD Bayern imitiert Bekanntmachungen zur Willkommenskultur

Im zunehmenden Konkurrenzkampf völkischer und nationalistischer Gruppen um Aufmerksamkeit für ihre Positionen versucht sich nun auch die NPD Bayern Gehör zu verschaffen. Die veröffentlichten Publikationen zeigen aber eher, wie schlecht es um den Landesverband bestellt ist. Bezeichnenderweise verzichtet die NPD bei den Titelblättern auf die Kennzeichnung des Materials mit dem eigenen Logo. Die Nationaldemokraten wissen wohl selbst, dass sie auf ihre Broschüren und Flyer einen Fünf-Euro-Schein kleben müssten, um es loszuwerden. Oftmals machen Passanten schon aus der Entfernung einen großen Bogen um Infostände der Partei, wenn das Abzeichen offen zu sehen ist. Wie bei Demonstrationen in letzter Zeit häufiger zu sehen, wird ganz auf das Bekenntnis zur dahinterstehenden Organisation verzichtet. Camouflage ist angesagt. Der Name NPD scheint sich auch in den Augen der eigenen Funktionäre verbraucht zu haben.

Deutsch-polnische Freundschaft am rechten Rand

Polens Rechtsextreme sind geteilter Meinung, über den Antiislamismus mit deutschen Rechten zu kooperieren, während die PiS von weiter rechts unter Druck gerät. Sich schämen für Deutschland, das hat Tradition bei Auftritten deutscher Politiker in Warschau. Tatjana Festerling machte da am Samstag keine Ausnahme, doch schämte sich die Frontfrau der islamfeindlichen Bewegung "Pegida" nicht für die Untaten des Dritten Reichs, sondern für die aktuelle Politik der Regierung in Berlin. "Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kontrolle über das Land und sich selbst verloren", erklärte Festerling via Mikrofon vor den 2000 zumeist männlichen und kurzhaarigen Zuschauer mit weißroten Fahnen. Organisiert wurde die Veranstaltung von der rechtsextremen Partei "Nationale Bewegung" (Ruch Narodowy), die erstmals einer deutschen Stimme das Mikrofon überließ. "Wir haben einen gemeinsamen Gegner", erklärte Parteichef Robert Winnicki entschuldigend.

Deutschland: Der Verlust der Mitte

Deutschland geht es wirtschaftlich bestens, aber das Land ist zerrissen wie selten zuvor: Hypermoral von links, blanke Gewalt von rechts. Was ist da passiert? Zu den festen Ritualen der alten Bundesrepublik gehörte es, ständig vor einem Rechtsruck zu warnen, der indes nie eintrat. Die Unheilpropheten fügten dann immer hinzu: Der Firnis der Zivilisation sei dünn, wenn der Wohlstand zurückgehe und die Zeiten härter würden, werde man schnell sehen, wie äußerlich die Bekenntnisse der Deutschen zu Demokratie und Toleranz in Wahrheit seien. Aber es war noch jedes Mal ein Fehlalarm. Und was haben wir heute? Dem Land ging es noch nie so gut – und es war noch nie so zerrissen. 

Die Wurzeln des neuen deutschen Hasses

Die Bundesrepublik war von Beginn an ein auf Mäßigung angelegtes Gemeinwesen. Das ändert sich gerade. Der neue Ton: patzig, primitiv, weinerlich. Und oft auch radikal. Was hat sich geändert? Woher dieser Hass? Woher die Rohheit? Woher die sprachliche Enthemmung? Die Bundesrepublik Deutschland war von Beginn an ein auf Mäßigung angelegtes Gemeinwesen. Der Kompromiss – faul oder nicht – wurde zur Königsdisziplin dieses Staates, fast immer. Zwar hielten sich in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der politischen und der allgemeinen Sprache noch etliche Elemente aus der Rhetorik des Angriffs, der Volksgemeinschaft und der Parlamentsverachtung. Aber das schliff sich im Laufe der Jahrzehnte immer mehr ab. Auf der parlamentarischen Bühne können heute alle mit allen. Eine parteiliche Kampfpresse wie die der Weimarer Republik gibt es längst nicht mehr. Es herrschen Nüchternheit, Konsens und eine große Koalition. Doch das beginnt sich gerade zu ändern.

Rechte Szene in Thüringen wird immer „bunter“: Landesprogramm für Demokratie auf dem Prüfstand

Mindestens vier Millionen Euro stellt Rot-Rot-Grün dieses Jahr für das Landesprogramm für Demokratie und Toleranz bereit. Jenaer Wissenschaftler finden, das Programm sollte überarbeitet werden. Die Autoren Matthias Quent, Franziska Schmidtke und Axel Salheiser fassen nochmals recht ausführlich die Ergebnisse des jüngsten Thüringen Monitors zusammen, der in regelmäßigen Abständen die Einstellungen der Thüringer zur Demokratie misst. Danach sind rechtsextreme Anschauungen nach Jahren des quantitativen Rückgangs im Vorjahr von 17 auf 24 Prozent der Befragten angestiegen. Interessant dabei: Die meisten in dieser Gruppe wähnen sich politisch eher in der Mitte oder ordnen sich gar links von der Mitte ein. Was nun wirklich als rechtsextrem zu gelten hat, ist selbst unter den Akteuren des Landesprogramms kein trennscharfer Begriff. Obwohl sie doch in erster Linie angetreten sind, etwas gegen die Ausweitung des Rechtsextremismus in Thüringen zu unternehmen. Quent schlug deshalb gestern vor, rechtsextreme Vorstellungen von der Ungleichwertigkeit von Menschen als Grundlage für die Einordnung zu verwenden: Abwertung von Langzeitarbeitslosen, Asylbewerbern, Obdachlosen, Homosexuellen. Antisemitismus, Antiziganismus, Anti­feminismus. Eine klarere Definition der Begriffe, sagte Quent, sei schon deshalb nötig, weil bei der steigenden Zahl neuer rechtsextremer Organisationen und im Graubereich der populistischen Protest-Mobilisierungen mit Islamhassern und Verschwörungstheoretikern aller Art die Übersicht verloren gehe. „Man kann schon fast von einer Mosaik-Rechten sprechen“, brachte es der Jenaer auf den Punkt.

„Rathaussturm“: Dokumentation „Zivilcourage ist keine Nötigung“ zur Wahlnacht 2014 in Dortmund vorgelegt

„Zivilcourage ist keine Nötigung“ – unter diesem Motto legt jetzt das „Rechtshilfekomitee Wahlnacht 25. Mai“ eine Dokumentation der Ereignisse vor dem Dortmunder Rathaus nach der Kommunalwahl vor. Damals wollten sich Rechtsextreme gewaltsam Zugang zum Rathaus verschaffen. Mitglieder und Mandatsträger ganz unterschiedlicher demokratischer Parteien, des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus sowie eine Gruppe Autonomer stellten sich ihnen entgegen.

Sächsische AfD-„Patrioten“ suchen Verbündete

Sachsens „Patriotische Plattform“ bemüht sich weiter um eine enge Zusammenarbeit mit anderen Rechtsaußen-Gruppen. Am Freitagabend referierte mit Tatjana Festerling eine Vertreterin des Pegida-Organisationsteams bei dem Verein rechter AfDler.

Rheinland-Pfalz im Online-Wahlkampf: Wenn es in der Blase blubbert

In Facebook und auf Twitter trifft meist ein eingeschworener Kreis aufeinander / Verbale Keulen im Netz sind wuchtiger als im echten Leben. Der Wahlkampf wird auf Twitter und Facebook verbittert geführt – obwohl er dort nicht entschieden wird. „Wir meinen, es gibt in Flüchtlingspolitik sehr große Schnittmengen zwischen AfD und Klöckner.“ Bang. Das haut die grüne Wirtschaftsministerin Eveline Lemke mal eben so der CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner um die Ohren. Natürlich nicht im echten Leben. Da müssen die beiden durchaus miteinander reden. Aber im Netz darf‘s von der Keule gerne mal ein Schlag mehr sein. Diesen Leitsatz folgend legt Lemke auf Facebook nach und fügt dem Eintrag über die politische Mitbewerberin noch ein Hitlerbildchen mit dem Spruch „Grün gegen Nazis“ hinterher. Den Eintrag hat Lemke mittlerweile gelöscht – oder viel mehr löschen lassen. Denn vermutlich wird die stellvertretende Ministerpräsidentin nicht permanent selber ihren Facebook-Account pflegen, sondern dies einem Mitarbeiter überlassen.Zwar hat sich die CDU über den Eintrag pflichtgemäß empört. Aber die Aufregung hat sich schnell und längst gelegt. Zu oft schon haben unglückliche Äußerungen im Netz für Skandale gesorgt. Sodass mittlerweile nur noch Skandälchen übrig bleiben. Zumal es meist eh nicht die erste Reihe ist, die im Netz verbal ausholt. Mit wenigen Ausrutschern gibt sich das Spitzenpersonal staatstragend. Dafür knüppeln Jungaktive gerne mal drauf.

Medienexperte warnt vor zunehmender Hetze im Internet

Jugendschützer fordern ein stärkeres Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit im Netz. Rassistische Äußerungen würden immer häufiger. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) fordert einen verstärkten Kampf gegen Rassismus und Hassbeiträge im Internet. "Hetze im Internet ist kein Kavaliersdelikt", sagte der Vorsitzende der Kommission, Andreas Fischer, am Montag in Hannover. Anlässlich des am Dienstag stattfindenden "Safer Internet Day" ruft Fischer dazu auf, Verdachtsfälle bei der Kommission oder der ihr angegliederten Plattform "jugendschutz.net" zu melden. Auf diese Weise könnten volksverhetzende Äußerungen besser geahndet und das Internet für Kinder und Jugendliche sicherer werden.

Österreich: "Staatsanwaltschaft erteilt Nazi-Logik einen Persilschein"

Eine von der Staatsanwaltschaft Graz eingestelltes Verfahren aufgrund des NS-Verbotsgesetzes gegen die Zeitschrift "Aula" sorgt für Aufregung. Vor allem die Einstellungsbegründung empört die Grünen, die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) - und selbst das Justizministerium. Am Zug ist nun der Rechtsschutzbeauftragte. Der "Aula"-Artikel erschien in der Ausgabe Juli/August 2015 unter dem Titel "Mauthausen-Befreite als Massenmörder". Auch als "Landplage" und "Kriminelle" werden die früheren KZ-Gefangenen darin bezeichnet. Der Grüne Abgeordnete Harald Walser erstattete dagegen Anzeige. Das Ermittlungsverfahren wurde Ende Dezember eingestellt. Wie die "ZiB2" vergangene Woche berichtete, steht in der Begründung der Staatsanwaltschaft, es sei "nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte". Es gebe in der Literatur Hinweise auf strafbare Handlungen. "Dies ist auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbar, da sich unter den Inhaftierten (unbestritten) Rechtsbrecher befanden." Walser zeigte sich davon erschüttert, richtete eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) und forderte Konsequenzen. Es werde "in skandalöser Weise indirekt die NS-Judikatur fortgeschrieben", empörte er sich. Die Staatsanwaltschaft übernehme "ungeniert die Täter-Opfer-Umkehr des Autors" des Artikels. Außerdem habe sich die Autorin des in dem Artikel vorgeblich behandelten Buchs ("Werwölfe im Waldviertel" von Ilse Krumpöck) aufs Schärfste von der Besprechung distanziert.

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