07.04.2015 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Rassistische Angriffe in Wismar und Rostock +++ Brandstiftung in Tröglitzer Flüchtlingsheim +++ Betrunkene randalieren vor Asylbewerberheim in Wismar.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Rassistische Angriffe in Wismar und Rostock

In Wismar sind in der Nacht zum Sonnabend zwei ägyptische Asylbewerber von acht bislang unbekannten Männern attackiert worden. Nach Angaben der Polizei hat sich der offenbar rassistische Übergriff gegen 22 Uhr in der Nähe des Asylbewerberheims Haffburg ereignet. Die beiden Ägypter im Alter von 21 und 26 Jahren wurden geschlagen und mit rassistischen Parolen beleidigt, konnten sich aber unverletzt in ihre Asylunterkunft flüchten. Bereits am frühen Freitagmorgen wurde in Rostock Lütten-Klein ein 26-jähriger Kameruner von drei Männern auf offener Straße geschlagen. Dabei fielen laut Polizei ebenfalls rassistische Parolen. Nach Angaben der Polizei wurde der Mann gegen fünf Uhr morgens in der Nähe des S-Bahnhofes angegriffen. Dabei erlitt er Prellungen an Körper und Gesicht und musste von Rettungskräften behandelt werden. (NDRSpiegel)

Brandstiftung in Tröglitzer Flüchtlingsheim

In einem für Flüchtlinge vorgesehenen Haus in Tröglitz in Sachsen-Anhalt hat es in der Nacht zum Samstag gebrannt. Zwei Bewohner_innen des Hauses konnten sich unverletzt in Sicherheit bringen. Das gesamte Dach sei durch das Feuer zerstört worden, teilte die Polizei in Halle mit. "Ich gehe von Brandstiftung aus, die sogar den Tod des dort noch lebenden Ehepaares in Kauf genommen hat", sagte der ehemalige Ortsbürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth, dem Tagesspiegel. Wegen der Bedrohung durch Rechtsextreme hatte Nierth sein Amt im März aufgegeben. Auch die Polizei geht mittlerweile von Brandstiftung aus. Eine Bürgerinitiative hatte spontan für Samstag, 17 Uhr, eine Demonstration gegen Fremdenhass auf dem Friedensplatz organisiert. Rund 300 Bürger sind der Einladung gefolgt. Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenminister Holger Stahlknecht haben teilgenommen. (TagesspiegelZeitMDR)

Betrunkene randalieren vor Asylbewerberheim in Wismar

Mehrere betrunkene Männer haben vor einem Asylbewerberheim in Mecklenburg-Vorpommern randaliert. Die vier Täter Anfang 20 rüttelten in der Nacht an dem Tor der Anlage in Wismar und warfen mit Bierflaschen auf den Eingangsbereich. Sie flüchteten sie mit einem Auto. Die vom Sicherheitsdienst alarmierte Polizei stoppte die Gruppe wenig später. Die jungen Männer hatten zuvor in der Altstadt Briefkästen angezündet und an einem Auto einen Seitenspiegel abgetreten. Die Polizei nahm außerdem eine Frau fest, die die Männer mit dem Auto fuhr und per Haftbefehl gesucht wurde. (NOZSchwarzwälder Bote)

Rechte Parolen gegen Asylbewerber: Staatsschutz ermittelt

Etwa 15 Menschen sollen in Vockerode (Landkreis Wittenberg) vor Wohnungen von Asylbewerbern rechte Parolen gerufen haben. Gegen vier Männer im Alter zwischen 22 und 29 Jahren habe der Staatsschutz in Dessau-Roßlau Ermittlungen aufgenommen, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Dessau-Roßlau am Donnerstag mit. (MZ)

Dresden: Pegida-Fans drohen Kirchen-Ehrenamtlichem mit Mord

Während der Pegida-Demonstration am Montagnachmittag auf dem Altmarkt kamen zwei Pegida-Anhänger in die Dresdner Kreuzkirche – sie fühlten sich vom Geläute der Kirchenglocken gestört. Dabei hatte das Glockenläuten nichts mit Pegida zu tun, sondern lud zum wöchentlichen Friedensgebet. Ein ehrenamtlicher Kirchen-Mitarbeiter berichtet: „Ein Paar kam in die Kirche herein mit Beginn des Gottesdienstes um 17 Uhr und beschwerte sich darüber, dass das Geläut draußen stören würde. (...) Er meinte dann, dass ich vorsichtig sein solle, wenn ich rauskomme. Da könnte es sein, dass man mir die Kehle durchschneidet.“ Ein weiterer ehrenamtlicher Kirchen-Mitarbeiter bestätigte die Aussagen. Superintendent Behr, der nach eigenen Worten in letzter Zeit selbst mehrere Drohungen per E-Mail erhielt, zu MOPO24: „Es wird auf jeden Fall eine Konsequenz geben. Das habe ich so noch nie erlebt. Die Drohung ist schon sehr eindeutig. Und darauf müssen wir einfach auch reagieren.“ (mopo24)

Buchenwald: Gedenktafel für KZ-Außenlager beschädigt

Unbekannte haben das Mahnmal für ein früheres Außenlager des KZ Buchenwald angegriffen. Laut Thüringer Polizei wurden am Samstag eine Gedenktafel und ein Blumengebinde im Jonastal bei Arnstadt beschädigt. Die Tafel war gerade neu gestaltet worden, das Gebinde bei einer Gedenkveranstaltung niedergelegt worden. Am Samstag wurde an die Befreiung des Lagers vor 70 Jahren, am 4. April 1945, durch US-Truppen erinnert. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeigte sich bestürzt: »Die Schändung der KZ-Gedenkstätte Jonastal ist von Menschen begangen worden, die offenkundig zurück ins dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte wollen«, erklärte er am Samstag. (neues deutschland)

Tröglitz, Rostock, Buchenwald: Osterfest voller rechtsextremer Übergriffe

Gewalttätige Übergriffe auf drei Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern, ein Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Sachsen-Anhalt und die Schändung einer Gedenktafel eines früheren Außenlagers des KZ Buchenwald in Thüringen: Das ist die bisherige Bilanz rechtsextremer Vorfälle an diesem Wochenende. "Die Schlagzeilen dieses Osterwochenendes aus Mitteldeutschland entsetzen viele Menschen", kommentierte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Übergriff. Alle Demokraten seien aufgerufen, sich der Gefahr von rechts gemeinsam entgegenzustellen. Sein Amtskollege aus Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), nannte den Anschlag in Tröglitz ein "gemeines Verbrechen". "Hier geht es um unsere Demokratie. Wir weichen keinen Schritt zurück." (stern)

Pegida: 7.100 Teilnehmer_innen, Tatjana Festerling ist OB-Kandidatin

Auf dem Altmarkt in Dresden haben sich am Ostermontag rund 7.100 Personen zur Versammlung der "Pegida" eingefunden. Die Anti-Islam-Bewegung will sich mit der früheren AfD-Funktionärin Tatjana Festerling an der Oberbürgermeisterwahl in Dresden beteiligen. Das kündigte deren Anführer Lutz Bachmann auf der Kundgebung in der sächsischen Landeshauptstadt an. Er sprach von einer "historischen Chance". Pegida wolle ein "Zeichen setzen für kommende Wahlen in ganz Deutschland und ganz Europa". Festerling werde dem "rot-rot-grün versifften Stadtrat ordentlich auf die Finger schauen". Sie gilt als eine Vertreterin der sogenannten Neuen Rechten und war aufgefallen, weil sie einst eine Kundgebung von "Hooligans gegen Salafisten" in Köln gelobt hatte.  (TagesspiegelSpiegelFocus)

Tröglitz: Neue Drohungen gegen Lokalpolitiker

Nach dem offenbar fremdenfeindlichen Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Tröglitz sind Lokalpolitiker von Rechtsextremen massiv bedroht worden. Neben dem Ex-Bürgermeister steht nun auch der örtliche Landrat unter Polizeischutz. Gegen ihn gab es offenbar Morddrohungen. (DeutschlandfunkZEITneues deutschland)

Tröglitz ist kein Einzelfall

Übergriffe auf Flüchtlingsheime sind in Deutschland keine Seltenheit. Immer wieder kam es in der jüngeren Vergangenheit zu Sachbeschädigungen, Brandstiftung und Pöbeleien. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei in Deutschland 150 Attacken. Schon 2013 hatte sich die Zahl mehr als verdoppelt: 2012 waren noch 24 Angriffe gezählt worden, im Jahr darauf 58. Und auch in den vergangenen Monaten gingen die Übergriffe unvermindert weiter. (ZEIT)

Brandanschlag in Tröglitz: „Die Rechten profitieren vom Rückzug“

NPD und subkulturelle Nazis geben sich unpolitisch und scheinbar bürgernah – mit Erfolg, sagt der Rechtsextremismus-Experte David Begrich im Interview mit der taz.

Was Tröglitz von Rostock-Lichtenhagen unterscheidet

Die jüngsten Anschläge auf Flüchtlingsheime erinnern an die frühen 90er-Jahre. Doch das Land hat sich seitdem stark verändert - zum Guten. Immer mehr Menschen stellen sich den Neonazis entgegen. Ein Kommentar von Heribert Prantl. (Süddeutsche)

Wie rechts ist Deutschland?

Die Angriffe auf Unterkünfte für Flüchtlinge häufen sich. Der Brandanschlag auf das zum Bezug bereitstehende Heim in Tröglitz ist nur ein aktuelles Beispiel. Der Rassismus scheint wieder zu wuchern, weg war er allerdings nie. (Tagesspiegel)

Uecker-Randow (Mecklenburg-Vorpommern): Bettlaken mit Nazi-Parolen aufgetaucht

Die Polizei ermittelt gegen derzeit noch Unbekannte, die in der Nacht zum 2. April an drei Orten in der Region Uecker-Randow Bettlaken mit unterschiedlichen Schriftzügen aufgehängt haben. Nach Angaben von Carolin Radloff, Sprecherin der Polizeidirektion Neubrandenburg, wurde im Torgelower Ortsteil Drögeheide Laken mit der Aufschrift „Pommern bleibt deutsch“ an einem Zaun befestigt. Zwei weitere Bettlaken seien in Torgelow und in Hoppenwalde entdeckt worden. „Auf diesen Laken stand der Wortlaut ‚Asylmissbrauch stoppen WAW‘. In dem Wort Asylmissbrauch wurden die zusammenstehenden S-Laute als Runen dargestellt“, erklärte sie. Alle Tücher seien durch die Polizei entfernt worden, jetzt ermittelt der Staatsschutz der Kriminalpolizeiinspektion Anklam wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. (Nordkurier)

Dortmund: Mann zeigt Hitlergruß bei Gedenk-Demo für NSU-Opfer

Rechtsextreme Provokation bei einer Gedenk-Demo für NSU-Opfer in der Nordstadt: Ein Mann hat das Gedenken an den 2006 ermordeten Dortmunder Mehmet Kubasik und die anderen acht von der Neonazi-Terrorgruppe getöteten Menschen verhöhnt. Er zeigte bei der Veranstaltung den Hitlergruß. (WAZ)

Ostermärsche gegen Krieg und Rassismus

In der ganzen Bundesrepublik haben sich Menschen auf Ostermärschen gegen Krieg und pro Flüchtlinge ausgesprochen. Rund 80 Aktionen zählten die Veranstalter. Das Motto: „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg.“ (Handelsblatt)

Tag der Befreiung: Rechter Aufzug vor dem Reichstag geplant

„Generalmobilmachung: ReGIERrung absetzen“, ist einer der Slogans mit dem in sozialen Netzwerken derzeit für eine Kundgebung vor dem Reichstagsgebäude geworben wird. Ausgerechnet rund um den Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus mobilisieren rechte Gruppen aus verschiedenen Spektren in diesem Jahr „gegen Islamisierung und Amerikanisierung“ und das „korrupte BRD-Regime“. Zumindest virtuell finden sie dafür viel Anklang, knapp 35 000 Menschen haben im Internet angekündigt, dem Aufruf zu folgen. Eine Zahl, die nach Einschätzung der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR)“ „bei Weitem“ nicht erreicht werden dürfte, dennoch hält die MBR eine reale Teilnehmerzahl „im oberen dreistelligen Bereich“ für möglich. (neues deutschland)

Länder sammeln neue Beweise für NPD-Verbot

Im NPD-Verbotsverfahren wollen die Länder dem Bundesverfassungsgericht bald neue Beweise vorlegen. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier sagte, die Nachforderung der Richter seien keineswegs ein Vorbote dafür, dass der Verbotsantrag erneut scheitern werde. Es sei nun an den Ländern, weitere Nachweise zu erbringen, ohne Wenn und Aber. "Und wir sind schon dabei." (WELT)

Knobloch fordert Beschleunigung des NPD-Verbots

Nach dem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Sachsen-Anhalt und der Schändung eines früheren Außenlagers des KZ Buchenwald hat sich die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, für eine Beschleunigung des NPD-Verbots ausgesprochen. „Die Partei ist der staatlich subventionierte Nährboden der nationalsozialistischen Ideologie“, sagte sie zur Begründung am Sonntag in einer Mitteilung. (WELT)

Ausländerfeindliche Einstellungen in Bayern weit verbreitet

Es sind 18 Aussagen, mit drastischem Inhalt: "Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken" oder "Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen Staatsmann ansehen". Mit ihnen überprüfen Forscher der Universität Leipzig in ihrer "Mitte"-Studie seit 2002 im Zwei-Jahres-Turnus, wie verbreitet rechtsextreme Einstellungen in Deutschland sind. Die Teilnehmer sollen angeben, ob sie die Aussagen ablehnen, ihnen teilweise zustimmen, oder sie bejahen. Für Bayern sind die Ergebnisse besorgniserregend: Jeder Dritte (33,1 Prozent) hier teilt ausländerfeindliche Einstellungen, jeder Achte (12,6 Prozent) stimmt antisemitischen Aussagen zu. Damit sind ausländerfeindliche und antisemitische Einstellungen in Bayern so weit verbreitet wie in fast keinem anderen Bundesland. (Süddeutsche)

Hamburg: Polizisten unter Nazi-Verdacht

Gegen einen Polizeibeamten und einen Angestellten der Polizei wird ermittelt, weil sie per Smartphone Bilder von Weihnachtskugeln mit Hakenkreuzen verschickt hatten. Dieser „dumme Scherz“ (O-Ton eines Betroffenen) fand innerhalb einer „Whatsapp“-Gruppe statt. Dabei ging es um eine Weihnachtsfeier für Kollegen. . "Wir ermitteln wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. (WELTHamburger Morgenpost)

Thüringen verdächtigt Thügida der Volksverhetzung

Der thüringische Pegida-Ableger Thügida darf aus der Sicht des Innenministeriums in Erfurt in seinem Logo nicht mehr das Landeswappen mit dem Thüringer Löwen verwenden. Ein Sprecher der Behörde sagte dem Tagesspiegel, man habe die Organisation deshalb abgemahnt. Die entsprechende Aufforderung wurde mangels ladungsfähiger Anschrift an Facebook gerichtet, wo Thügida einen Online-Auftritt hat. Bisher ist die Seite nicht gesperrt. Geprüft wird in der thüringischen Landesregierung, ob möglicherweise auch andere Straftatbestände erfüllt sind. Denn auf dem Thügida-Logo wird unter anderem das Zeichen "Refugees welcome" ("Flüchtlinge willkommen") in den Müll geworfen. (Tagesspiegel)

Ethnologie-Professor: "Nicht Herr Neger ist rassistisch, das Logo ist es"

In Mainz tobt ein Streit über das Firmenlogo von Thomas Neger. Ethnologie-Professor Matthias Krings steht auf Seiten der Kritiker. Ein Gespräch über den Begriff "Neger" und eine Lösung des Konflikts. (WELT)

Ist „Anonymous“ antisemitisch?

Holocaust vergessen? Alt und beinah schon Mainstream. Holocaust leugnen? Experimenteller als das Vergessen, aber auch nicht mehr neu. Was also mit dem Holocaust tun, wenn man zu diesen geschichtslosen Leugnern bis Vergessern gehört und trotzdem zeitgemäß sein will? Holocaust ankündigen. Das macht jetzt ein Video auf Youtube. Die Urheber sollen Anonymous sein. Im Clip sieht man einen Nachrichtensprecher, das Gesicht hinter der Vendetta-Maske versteckt; zu hören ist ein Text über Israel und seine angeblichen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im Gaza-Gebiet, und dann dieser Satz: „Der 7. April wird der elektronische Holocaust werden.“ (FAZ)

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