06.11.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Köln: US-Tourist von Jugendlichen antisemitisch beleidigt und geschlagen +++ Zorbes: Sorge wächst vor Rechtsrock-Konzert +++ Bautzen: Rechter Marsch gegen Flüchtlinge im Dunkeln am Freitag.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Köln: US-Tourist von Jugendlichen antisemitisch beleidigt und geschlagen 

Eine Gruppe Jugendlicher hat einen amerikanischen Touristen im Kölner Hauptbahnhof ausgeraubt und als „Jüdischen Bastard“ beschimpft. Der 37-Jährige hatte die jungen Leute nur nach dem Weg fragen wollen. Die Polizei sucht Zeugen. Wie die Polizei jetzt bekanntgab, hatte der Mann gegen 23.30 Uhr eine Gruppe Jugendlicher angesprochen. Die seien ohne Umschweife auf ihn losgegangen und hätten seine Kleidung durchsucht, berichtete ein Polizeisprecher. „Dabei entdeckten sie den Davidstern an seiner Halskette.“ Mit dem Portemonnaie und den Reisedokumenten des Opfers rannten die Täter davon (ksta.de).

Zorbes: Sorge wächst vor Rechtsrock-Konzert

In Zobes gibt es vor dem Neonazi-Treffen Bedenken wegen der Sicherheit. Ein Verbot ist laut Landratsamt jedoch nicht möglich. Vor dem Hintergrund der für Samstag im Neuensalzer Ortsteil Zobes auf einem Privatgrundstück angemeldeten Veranstaltung der rechtsextremistischen Partei Die Rechte wirft Bürgermeisterin Carmen Künzel (parteilos) Landrat Tassilo Lenk (CDU) Untätigkeit vor. "Ich habe den Eindruck, er will die Sache aussitzen", sagte sie im Gemeinderat. Künzel sorgt sich vor allem um die Sicherheit im Ort. Schließlich würden bis zu 1000 Teilnehmer mit rechter Gesinnung aus ganz Deutschland erwartet. In Zobes werde am Wochenende aber auch Kirmes gefeiert, seien Sportveranstaltungen geplant. Wie die Bürgermeisterin erklärte, habe sie den Landrat bereits in der vergangenen Woche bei einer Begegnung am Rande einer Sitzung auf ihre Bedenken hingewiesen: Doch er habe nur abgewunken. Künzel und ihr Rat fühlen sich im Stich gelassen. Ein Verbot sei rechtlich unmöglich, ließ Tassilo Lenks Sprecherin Kerstin Büttner gestern Abend per Pressemitteilung wissen. "Grund ist ein besonders hoher verfassungsrechtlicher Schutz der Versammlungsfreiheit." Die Polizei geht laut Sprecher Jens Scholze von einem friedlichen Verlauf aus und will mit etwa 60 Beamten vor Ort sein. Beim Aktionsbündnis Vogtland gegen Rechts befürchtet man dagegen etwa Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte. "Es werden doch nicht 1000 Neonazis brav nach Hause gehen", sagt Stefan Postier vom Bündnis. Derweil zeigen Christen Flagge. So wird es am Samstag in der nur wenige Kilometer von Zobes entfernt gelegenen Altensalzer Kirche ein Friedensgebet geben unter dem Motto: "Für Nächstenliebe und Frieden in unseren Städten und Dörfern." (17 Uhr). Die Öffentlichkeit dürfe nicht schweigen, so der Pfarrer. Eine Gegendemonstration vor Ort halte der Runde Tisch aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in Zobes jedoch für unangebracht. Es sollen aber Zeichen gesetzt werden, die den Neonazis bei ihrer Anreise klar machen, dass sie nicht willkommen sind, heißt es in einer Erklärung (Freie PresseStörungsmelder).

Bautzen: Rechter Marsch gegen Flüchtlinge im Dunkeln am Freitag

Die Bautzener NPD-Stadträtin Daniela Stamm hat am 8. November mit Einbruch der Dunkelheit in Bautzen eine Demonstration angemeldet. Um Stamm herum hat sich ein Personenkreis gebildet, der sich „Neues Bautzen“ nennt. Agitiert und polemisiert wird in sozialen Netzwerken gegen Flüchtlinge. Das Motto des Aufmarschs am Samstag, zu dem an die 700 Teilnehmer erwartet werden, lautet „Asylhotel und Heim, unsere Bürger sagen Nein“. Bereits am 15. März und 23. August waren mehrere hundert Rechtsnationale und Neonazis mit asylfeindlichen Parolen durch die Straßen der ostsächsischen Stadt gezogen, darunter auch Berliner und Brandenburger. Zudem veranstaltete am 10. und am 28. Juni die NPD flüchtlingsfeindliche Kundgebungen. In den vergangenen Monaten hat die fremdenfeindliche Stimmung im Raum Bautzen deutlich zugenommen. Jugendliche der sorbischen Minderheit erzählen von Bedrohungen, Überfällen und Hetzjagden (bnr).

Hamburg: Heute Aufmarsch gegen SPD-Stadtteilbüro

Für heute mobilisiert  Andreas Sch. im Hamburger Stadtteil Farmsen zu einer Demonstration gegen die Schaffung weiteren Wohnraums für Flüchtlinge. Angemeldet ist der Aufzug unter dem Motto „Schluss mit politischer Willkür“. Seit geraumer Zeit schon tritt Sch. mit Protesten gegen die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften in die Öffentlichkeit. Im vergangenen Jahr waren es noch aggressive Flyer, jetzt hat das Vorstandsmitglied des von ihm gegründeten gemeinnützigen Vereins „Safety Life e.V.“ offenbar nach der Teilnahme an dem gewalttätigen HoGeSa-Treffen in Köln am 26. Oktober Gefallen an einer Demonstration gefunden. Als Hauptagitationsgegner sieht der 48-Jährige dabei die SPD. Der Marsch am 6. November soll daher auch vor dem Stadtteilbüro der SPD enden (bnr).

Bedrohter jüdischer Schüler aus Offenbach: "Klar habe ich Angst"

Max Moses Bonifer ist 18 Jahre alt und in Offenbach aufgewachsen. Er vertrat die Schülerschaft seiner Heimatstadt als Stadtschulsprecher, seine kommissarische Amtszeit sollte im Dezember enden. Nach einer Morddrohung trat Bonifer zurück und machte seinen Fall publik, mehrere Medien berichteten davon: Bonifer wurde angegangen, weil er Jude ist und seinen Glauben nicht versteckt. Interview bei sueddeutsche.de

Dortmund: Neonazis im Rat müssen auf 42.000 Euro verzichten

Finazielle Schlappe für die Rechtsextremen im Dortmunder Rat: Die Stadtspitze verwehrt den beiden Ratsherren der NPD und der Partei "Die Rechte" den Status einer Ratsgruppe. Damit müssen die Neonazis vorerst auf 42.520 Euro aus der Stadtkasse verzichten (Ruhrnachrichten).

Nach Absage der HoGeSa-Kundgebung: Auch "Reichsbürger"-Demonstration am 9. November in Berlin ist abgesagt

Ein Verbot war offenbar nicht notwendig: Die gefürchteten Hooligan-Demos in Berlin, zu denen die Veranstalter zwischenzeitlich mit bis zu 10.000 Teilnehmern rechneten, scheinen auszubleiben.Nachdem die Kundgebung der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) am 15. November zurückgezogen wurde, ist jetzt auch die „Reichsbürger“-Demo abgesagt. Sie war für den 9. November am Platz der Republik angemeldet. Im Internet sollen zahlreiche Hooligans ihr Kommen angekündigt haben, nachdem sich im Oktober 4.800 Randalierer in Köln Straßenschlachten mit der Polizei geliefert hatten. Darüber hinaus seien der Polizei unter den zahlreichen Versammlungen am 9. November, Jahrestag des Mauerfalls sowie des Beginns der Novemberpogrome 1938 und des Hitler-Ludendorff-Putsches 1923, keine Hooligan-Demos bekannt, sagt ein Polizei-Sprecher. „Es gibt nichts, was Hooligan-Bezug hätte oder wo Ausschreitungen anstehen." Zwei Gegenveranstaltungen sind nach Polizeiangaben weiterhin angemeldet: Unter dem Motto „Berlin gegen Nazis“ wollen am 9. und am 15. November am Reichstagsgebäude und am Pariser Platz je rund 500 Personen demonstrieren (TagesspiegelTagesschau).

Strafbare braune Devotionalien bei "Oldschool Records"

Seit 2008 betreibt der Neonazi Benjamin E. im bayrischen Unterallgäu einen florierenden Internetversand mit Rechtsrock -Produktionen und neonazistischem Merchandising. Als er einen mit einem SS-Totenkopf bedruckten Pullover in seinem Shop anbot, wurde auch die Polizei auf ihn aufmerksam. Nach einem Hinweis leiteten Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft Memmingen Ermittlungen gegen das heute 31-jährige Mitglied der Neonazi-Gruppe „Voice of Anger“ (VoA) ein. Mit etwa 100 Mitgliedern gilt VoA als eine der landesweit größten Kameradschaft. Erst im August 2013 sollen zwei ihrer Mitglieder mit den Ruf „Ich schlitz' euch auf!“ eine Gruppe Jugendlicher angegriffen haben. Der Link zum „Shop“ auf der Seite von VoA lenkt den Nutzer zur Seite von „Oldschool Records“, den von E. betriebenen Internetversand (bnr).

Geisinger Speditionslastwagen fuhr NSDAP-Losung spazieren

Im Internet sind Fotos eines Speditions-Lastwagens aufgetaucht, auf dem Aufkleber wie "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" angebracht sind. Der Chef des Unternehmens aus dem Kreis Tuttlingen spricht von der Verfehlung eines einzelnen Fahrers. Nun hat ein Mitarbeiter des Bundestags Strafanzeige gestellt (swp).

App gegen Rassismus an Stammtischen

An Stammtischen werden gern einfache Parolen geschwungen. Eine App aus Österreich will nun Abhilfe schaffen. "Mit dieser App wollen wir ein wenig zur Verbesserung der politischen Luft an Österreichs Stammtischen beitragen", heißt es von den Initiatoren der "StammtischApp", zu denen unter anderem das Rote Kreuz gehört. Gegen Slogans wie "Das Boot ist voll" oder "Zu viele andere Sprachen bringen nur Chaos" soll die App schlagkräftige Argumente liefern. Außerdem kann man in dem Programm unter anderem nach den "schrägsten Vorurteilen" stöbern. "Die StammtischApp" gibt es kostenlos in den entsprechenden App-Stores (Abendzeitung).

Jäger im Landtag zu Hooligan-Krawallen: „Das war für uns kein Erfolg“

Die Gewaltexzesse von Hooligans und Rechtsextremen in Köln waren aus Sicht des nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger (SPD) in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar. „Mit dieser massiven Gewalt haben die Sicherheitsbehörden und hat auch das Polizeipräsidium Köln nicht gerechnet“, sagte Jäger am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. „Diese Ausschreitungen gingen eindeutig über das bisher bekannte Maß hinaus.“ Eine als Kundgebung gegen Salafisten angemeldete Veranstaltung mit knapp 5000 Hooligans und Rechtsextremen war am vergangenen Sonntag mitten in der Innenstadt am Kölner Hauptbahnhof in Gewalt umgeschlagen. 49 Polizisten waren dabei leicht verletzt worden (rundschau-online.de).

Hilflosigkeit im Kampf gegen Salafisten und Rechtsextreme

Der militante Islamismus ist nicht nur ein Problem an sich. Er verschafft auch den Gruppen am rechten Rand neuen Zulauf. Rocker und Hooligans bieten sich als vermeintliche «Retter» an. Politik und Polizei suchen jetzt nach neuen Strategien gegen die Radikalen (Rhein-Neckar-Zeitung). 

Das Netz als braune Spielwiese

Verkommt das Internet zu einer braunen Spielwiese? Würden „Gefällt mir“-Angaben auf Facebook über die Zusammensetzung des Bundestages entscheiden, wäre die NPD – hinter der AfD – die zweitstärkste Fraktion. Immer häufiger gelingt es Rechten, im Netz Anhänger zu ködern. Doch welche Gefahren gehen von dieser Welle aus? Und wie kann sie gestoppt werden? (Marler Zeitung).

Aufarbeitung des NSU-Komplexes: Die Spur der V-Leute

Wie viel Staat steckt im NSU? Diese Frage ist drei Jahre nach dem vermuteten Freitod der mutmaßlichen Terroristen Mundlos und Böhnhardt noch immer unklar. Nur eins steht fest: Der Weg in den "Nationalsozialistischen Untergrund" war von staatlich finanzierten V-Leuten gesäumt (Freie Presse).

»Anfangs galten wir als Nestbeschmutzer«

Die Niedersächsische Bürgerinitiative »Forum für Zivilcourage Tostedt« ist am Dienstag in Berlin mit dem »Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus« ausgezeichnet worden. Die vom Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin vergebene Ehrung würdige das Engagement der Initiative gegen die rechte Szene in ihrer Region, heißt es in der Begründung der Preisstifter (Jüdische AllgemeineHamburger Abendblatt).

10. November: Schüler_innen aus Oldenburg planen Erinnerungsgang

Oldenburg am 10. November 1938, dem Tag nach der Pogromnacht: 43 verhaftete jüdische Männer werden von der Polizeikaserne durch die Innenstadt zum Gerichtsgefängnis getrieben. Später werden sie in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Aus diesem Anlass bereitet das Neue Gymnasium Oldenburg (NGO) unter dem Motto „Aus unserer Mitte“ den Erinnerungsgang am Montag, 10. November, vor. Den Schweigemarsch gibt es seit 1981, seit 2005 gestalten ihn Schulen gemeinsam mit dem Arbeitskreis Erinnerungsgang (nwz).

Österreich: HoGeSa und Austria-Wien-Fangruppe "Unsterblich" mobilisieren für FPÖ-Demo

Vor der FPÖ-Demo gegen die Simmeringer Imamschule am Freitag ist die Anspannung groß. In rechtsextremen Kreisen wird nämlich massiv für die Protestkundgebung in der Florian-Hedorfer-Straße – wo die türkischsprachige Bildungsstätte entstehen soll – geworben. Laut Datenforensiker Uwe Sailer rufen unter anderem die "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa), deren deutscher Arm zuletzt für die gewalttätigen Ausschreitungen in Köln verantwortlich war, sowie die Austria-Wien-Fangruppe "Unsterblich" zur Teilnahme auf (Kurier.at).

Aufregung im Kölner Karneval: Nazi-Skandal: Boykott gegen Hakenkreuz-Jeck

Im Nazi-Skandal um den Karnevalisten-Vater Thomas Dahm gibt es jetzt erste Reaktionen: „Wir werden unsere Einladung für den Auftritt am 11.11. auf dem Heumarkt zurückziehen“, so Ralf Schlegelmilch, Präsident der ausrichtenden Willi-Ostermann-Gesellschaft. Der Präsident weiter: „Das tut uns leid für den Jungen, aber wir werden rechten Parolen in seinem Umfeld keinen Platz bieten.“ Sohnemann Stefan (11) sollte zur besten Sendezeit auftreten, allerdings hatte Vater Thomas Dahm hatte auf seiner Facebook-Seite ein Hakenkreuz und rechtes Gedankengut gepostet (Express). Auch die Staatsanwaltschaft prüft jetzt ein Verfahren. „Wir werden uns das genau anschauen“, kündigte Staatsanwalt Ulf Willhuhn an. DasFestkomitee des Kölner Karnevals hat in einer ersten Stellungnahme reagiert: „Dies ist kein Karnevalist, sondern ein Idiot. Diese Gesinnung ist das Gegenteil des Karnevalsgedankens“, sprach FK-Chef Markus Ritterbach offene Worte (Express).

Kunstfreiheit: Justiz stellt Ermittlungen gegen Dieter Nuhr ein

Weil er gegen Muslime gehetzt haben soll, erstattet ein Muslim Anzeige gegen den "Hassprediger" Dieter Nuhr. Der Kabarettist muss allerdings keine Ermittlungen fürchten. Für die Staatsanwaltschaft sind die Anschuldigungen haltlos (n-tv).

Emojis bekommen 2015 mehr Hautfarben

Die japanischen Smiley-Abkömmlinge Emojis sind beliebt, haben derzeit aber mit einem Imageproblem zu kämpfen: Sie sind alle hellhäutig. Das für die kleinen Bilder verantwortliche Unicode Consortium reagiert auf die damit verbundenen Rassismus-Vorwürfe und will die Emojis künftig farbenfroher machen.
In einem Entwurf , an dem auch Apple und Google beteiligt sind, finden sich sechs unterschiedliche Hauttöne, die in Zukunft auf die einzelnen Emojis angewendet werden sollen. Auf dem Smartphone könnte per Druck auf das jeweilige Gesicht ein Menü erscheinen, in dem andere Farbvarianten ausgewählt werden können (pcwelt.de).

Der Getriebene und sein großer Bruder

Das Jugendamt ist überfordert mit minderjährigen Flüchtlingen. So kümmert sich Student Felix Korts um Abdi. Die Geschichte einer Freundschaft, die mit dem Trauma kämpft (ZEIT online).

Sächsischer Förderpreis für Demokratie: »Wenn wir reden«

Bereits zum achten Mal wird in diesem Jahr der Sächsische Förderpreis für Demokratie vergeben. Aus den eingegangenen 60 Bewerbungen wählte eine prominent besetzte Jury sechs Initiativen und erstmals eine Kommune aus, die sich in herausragender Weise für Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus engagieren und die demokratische Kultur in Sachsen täglich bereichern und fördern. Die Jugendgruppe der Alevitischen Gemeinde Dresden ist mit ihrem Film »Wenn wir reden ... Akzeptanz ist keine Pflicht sondern selbstverständlich!« unter den Nominierten (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

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