04.01.2016 ... Presseschau

Geplantes Flüchtlingsheim in Gräfenhainichen erneut angegriffen +++ Leverkusen: Männer werfen Böller auf Flüchtlingsheim +++ Brandanschlag auf: Flüchtlingsheim in Köln +++ Meerane: Rechtsextremer Schlägertrupp stört Silvesterfeier.

Geplantes Flüchtlingsheim in Gräfenhainichen erneut angegriffen

In Gräfenhainichen in Sachsen-Anhalt ist eine geplante Flüchtlingsunterkunft zum dritten Mal innerhalb von zwei Wochen beschädigt worden. Nach Angaben der Polizei bewarfen Unbekannte das Haus mit Steinen und zerstörten die Eingangstür. Vor wenigen Tagen waren bereits Fensterscheiben eingeschlagen worden. Außerdem hatten Unbekannte die Unterkunft unter Wasser gesetzt. Seither ist das Gebäude, in dem 80 Flüchtlinge einziehen sollten, unbewohnbar. Verdächtige wurden noch nicht ermittelt.

Leverkusen: Männer werfen Böller auf Flüchtlingsheim

Die Neujahrsnacht bleibt bei den Sicherheitskräften an der Flüchtlingsunterkunft Görresstraße wohl vorerst im Gedächtnis. Als negative Erfahrung. Denn kurz nach Mitternacht wurde das Heim in der ehemaligen Schule angegriffen. Silvesterböller sollen geflogen sein, "auch mit Schreckschusspistolen ist wohl geschossen worden", berichtet Manfred Hans von der Arbeiterwohlfahrt (Awo), die die Unterkunft an der Görresstraße betreut, auf Anfrage unserer Redaktion. "Das Sicherheitspersonal wurde bedroht und massiv beschimpft", erzählt Hans, der von dem Vorfall am Neujahrsmorgen erfuhr. Verletzt wurde laut Hans niemand, auch das Gebäude habe nach bisherigem Kenntnisstand keinen Schaden genommen. "Aber allein diese Bedrohungslage ist schlimm genug", merkt Manfred Hans betroffen an.

Brandanschlag auf: Flüchtlingsheim in Köln

Nach einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Mülheim wurden zwei Männer (21, 25) festgenommen. Gegen 19:43 Uhr meldeten Bewohner der Unterkunft in der Schönrather Straße, dass zwei Personen „Chinaböller“ auf das Gebäude geworfen haben. Laut Polizei soll es sich dabei um Bengalo-Fackeln gehandelt haben. Dabei ging eine Fensterscheibe zu Bruch. Eine sofort eingeleitete Fahndung führte zur schnellen Ergreifung der mutmaßlichen Täter. Zwei verdächtige Männer wurden in Tatortnähe festgenommen.

Meerane: Rechtsextremer Schlägertrupp stört Silvesterfeier

 Die Erlebnisse der Silvesternacht stecken den Besuchern einer privaten Feier in Meerane noch in den Knochen. Zwei Stunden nach dem Jahreswechsel stand eine Gruppe gewaltbereiter Männer vor der Tür, offenbar im Vorsatz, Selbstjustiz zu üben. Einer der Männer zog einen Schlagring und wollte auf einen jungen Partygast losgehen, ein anderer war vermummt und hatte einen Holzknüppel als Waffe dabei. Es soll sich um acht bis zehn Personen gehandelt haben. Sie forderten die Herausgabe eines Gastes, den sie für den wenige Stunden vorher verübten Anschlag auf das Büro der NPD verantwortlich machten. Einen konkreten Namen sollen sie nicht genannt haben. Die jungen Leute riefen die Polizei, worauf sich die gewaltbereite Gruppe zurückzog. Für den Mann mit dem Schlagring dürfte der Abend weitere Folgen haben. Mehrere Teilnehmer der Feier haben die Polizisten darüber informiert. Schlagringe zählen laut Waffengesetz in Deutschland zu den verbotenen Waffen. Die Männer hatten ihre Aggressionen zuvor im Internet hochgeschaukelt, in der Facebook-Gruppe "Meerane Unzensiert".

Brandstiftung in Flüchtlingsheim in Gleidingen

Unbekannte haben am frühen Silvestermorgen versucht, ein Feuer in dem Flüchtlingswohnheim an der Hildesheimer Straße zu legen. Gegen 3.50 Uhr bemerkte eine Nachbarin die Flammen in einem Kellerschacht des ehemaligen Hotels und alarmierte die Feuerwehr.  Noch vor dem Eintreffen der Rettungskräfte konnte ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma die Flammen löschen. Verletzt wurde niemand. Die Polizei ermittelt wegen versuchter schwerer Brandstiftung. 

Was Deutsche wichtig finden: Rechtsextremismus- und Islamismus-Bekämpfung

Geht man nach einer Umfrage der Bild-Zeitung, die letzte Woche von Emnid vor der Terrorwarnung in München durchgeführt wurde, beschäftigt das Flüchtlingsproblem die Menschen offenbar nicht sonderlich. Bei der Umfrage sollten die Befragten anhand von 10 Optionen angeben, was ihnen 2016 wichtig sei, Mehrfachnennungen waren möglich. 73 Prozent fanden die Bekämpfung es Rechtsextremismus wichtig - aber nur 44 Prozent eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Am wichtigsten ist es für 79 Prozent der Befragten, islamistischen Terrorismus zu bekämpfen.

Leipzig – 13 Brandanschläge auf Wohnwägen in nur einer Nacht

Unbekannte verübten in Leipzig zeitgleich an drei verschiedenen Orten Brandanschläge auf zahlreiche Wohnwägen. Die Polizei prüft einen Zusammenhang der Taten und “ermittelt in alle Richtungen”. Doch das strategische und koordinierte Vorgehen gegen die alternative Wohnform legt einen Verdacht nahe.

Pegida bleibt unfriedlich

Fremdenfeinde wollen am Montag wieder demonstrieren / Chronik zeigt auf, dass es bei fast jeder Demonstration zu An- und Übergriffen kam. Die Organisatoren von Pegida gegen sich kämpferisch und rufen auch für 2016 zu Demonstrationen auf. Die Chronik eines Online-Portals zeigt, wie oft es bei den Demonstrationen der Fremdenfeinde unfriedlich zugeht.  Das kritisches Dresdner Onlineportal addn.me hat nun eine Chronik für das Jahr 2015 veröffentlicht, die aufzeigt, wie wenig von den Beteuerungen zu halten ist, dass es sich bei Pegida nur um friedliche Spaziergänger handelt. 

Bürgerwehren in Ost und West: Wie Neonazis gegen Flüchtlinge hetzen

Landauf, landab gründen "besorgte Bürger" sogenannte Bürgerwehren. Oft Hand in Hand mit Rechtsextremisten, machen sie Stimmung gegen Flüchtlinge.

Deutschlands nervöse Mitte rückt nach rechts

Mehr als 600 Angriffe auf Unterkünfte von Flüchtlingen, Konjunktur für AfD und Pegida, Hassreden im Netz - Deutschland ist nicht nur das Land der Willkommenskultur. Es wächst auch eine neue Fremdenfeindlichkeit.

Mit NPD-Verbot rechter Szene das Wasser abgraben

Die Bundesländer halten das angestrebte NPD-Verbot für dringlich, um die rechtsextreme Szene zu schwächen und ihr den Geldhahn zuzudrehen. «Ich finde, man kann keinem Steuerzahler erklären, dass wir solch eine Partei mit unseren Steuern finanzieren», sagte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Laut Bundestagsverwaltung hatte die Partei allein 2014 rund 1,4 Millionen Euro staatliche Parteienfinanzierung erhalten.
Als nicht hinnehmbar kritisierte auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dass die NPD noch immer von der staatlichen Parteienfinanzierung profitiert. «Rechtsstaatswidrige, ausländerfeindliche Propaganda wird also auch noch aus Steuermitteln finanziert - das ist ein unerträglicher Zustand», sagte er der dpa. Ohne ein Verbot sei ein solcher «Missbrauch» von Steuermitteln nicht zu verhindern.

Brandenburg veröffentlicht Handbuch für die öffentliche Verwaltung zu „Reichsbürgern“

 In Brandenburg gibt es kaum einen Behördenleiter, der noch nicht mit dem Phänomen der „Reichsbürger“ zu tun hatte und manchmal nicht wusste, welchen Umgang mit ihnen er seinen Mitarbeitern anraten sollte. Das Brandenburgische Institut für Gemeinwesenberatung (demos) hat nun ein kompaktes Handbuch zum Thema „Reichsbürger“ herausgegeben. Das Handbuch ist ein Kooperationsprodukt von Mitarbeitern mehrerer Behörden, darunter auch Experten des Brandenburger Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes. Gefördert wurde das Handbuch von den Landespräventionsräten in Brandenburg und Sachsen.

Die „Ein Prozent“-Nationalisten

Seit einigen Wochen wird ein Projekt unter dem Namen „Ein Prozent für unser Land“ vorangetrieben. Dahinter stecken bekannte Namen aus der Neuen Rechten.

Das heilende Gift der Verunsicherung

Wer sitzt da neben mir in der Bahn? Was wird dieser Mensch sagen, wenn das Gespräch auf Flüchtlinge kommt? Kolumne von Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.

Anne-Frank-Fonds: «Wir müssen die Rechte von Anne Frank wahren»

Ein Universitätsdozent hat die Texte von Anne Franks Tagebuch ins Netz gestellt hat. Yves Kugelmann, Mitglied des Stiftungsrates des Anne Frank Fonds, sagt, warum er das falsch findet. Laut dem Fond, der von Annes Vater Otto Frank 1963 gegründet wurde, gilt eine 50-jährige Schutzfrist vom Zeitpunkt der Veröffentlichung der Originalschriften. Da diese erst 1986 veröffentlicht worden seien, seien diese noch mindestens bis 2037 urheberrechtlich geschützt, sagt der Fonds. Anne Franks Vater Otto Frank hat verfügt, dass der Nachlass mit allen Rechten an Werken oder etwa Fotos an den von ihm gegründeten Anne Frank Fonds gehen. Ziel des Fonds ist die Verbreitung des Tagebuches. Damit verbunden ist die Aufklärungsarbeit etwa gegen Diskriminierung und Antisemitismus.

Die Historiker-Debatte um "Mein Kampf"

In der kommenden Woche wird es soweit sein: Denn soll in München eine kommentierte Neuausgabe von Adolf Hitlers Nazi-Schrift "Mein Kampf" erscheinen. Dies ist möglich, da im 70. Jahr nach dem Tod des Verfassers die Urheberrechte - die nach Hitlers Selbstmord beim Freistaat Bayern lagen - frei sind. Betreut wurde die neue, wissenschaftliche Edition vom Institut für Zeitgeschichte. Wie sehr das deutsche Publikationsverbot auch mit der deutschen Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit zusammenhängt, hat nun der Historiker und Journalist Sven Felix Kellerhoff in einem sowohl lesbaren als auch lesenswerten Buch zusammengefasst.

Der Nazi-Effekt

Natürlich sind Frank Franz und seine NPD für Abschottung. Gegenüber Menschen anderer Hautfarbe, anderer Religion. Aber auch, und diesen Aspekt betonen die Rechtsextremisten stärker als früher, gegenüber Waren, die aus dem Ausland kommen. Die Rechtsextremen besetzen damit ein Thema, das ihnen durchaus Wähler zutreiben kann – und womöglich nur ihnen. Darauf jedenfalls deutet eine Studie hin, die die drei deutschen Wirtschaftswissenschaftler Christian Dippel, Robert Gold und Stephan Heblich gerade veröffentlicht haben.* Die empirischen Untersuchungen des Trios zeigen: Ob Wähler zu den Gewinnern oder Verlierern der Globalisierung zählen, hat keinen Einfluss auf die Ergebnisse, die die etablierten Parteien und die Kleinparteien am linken Rand bei Bundestagswahlen erzielen. Einzig bei rechten Parteien wie eben der NPD, der früheren DVU oder den Republikanern ist das anders: "Hier zeigt sich ein Effekt, der zwar nicht groß ist, dafür aber sehr robust", sagt Robert Gold, der am Institut für Weltwirtschaft in Kiel forscht.

NSU-Prozess: Anwälte weisen Zschäpe-Vorwürfe zurück

Missverstanden und falsch zitiert: Die Anwälte der Hauptangeklagten im NSU-Prozess wehren sich gegen Kritik von Beate Zschäpe. Die will ihre Verteidiger loswerden.

Amazon: Einnahmen mit Pegida-Song gehen an Flüchtlinge

Die xenophobe deutsche Pegida-Bewegung erzielte mit ihrem Instrumental-Clip „Gemeinsam sind wir stark“ ungeahnte Erfolge im digitalen Verkauf der Amazon-Charts. Das Unternehmen macht die Fremdenhasser nun zu Flüchtlingshelfern wider Willen. Die Erlöse der Verkäufe der überraschend erfolgreichen sogenannten „Pegida-Hymne“, die im Amazon-Vertrieb erzielt werden, spendet das Unternehmen an eine gemeinnützige Organisation, deren Tätigkeit die Unterstützung der Flüchtlingsbetreuung ist, wie Amazon nun mitteilte. Die etwa fünfminütige Komposition befindet sich schon seit Tagen in Amazons Top100-Charts.

Die Polizei äußert sich zu erfundener Vergewaltigung auf Facebook

In einer Facebook-Gruppe sorgte ein Statusbeitrag für heftige Diskussionen. Ein Nutzer hat in diesem behauptet, dass eine Freundin von ihm in Lindau-Zech von sieben Männern angegriffen, misshandelt und sogar vergewaltigt worden sei. Angeblich seien dies Flüchtlinge gewesen. Die Tat war komplett erfunden und hat nun ein juristisches Nachspiel.

“Jahr der Hasspostings”: Nazi-Jargon, Klarnamen und Pseudomedien

Der “Hass im Internet” war kaum so präsent im heuer – elf Fakten zur “Hetze” im Netz. Parteiausschlüsse, Entlassungen, neue Gesetze und Zwiegespräche auf der Weltbühne: Nie zuvor war das Thema “Hass im Internet” so präsent wie in den vergangenen zwölf Monaten. Zwar handelt es sich dabei mitnichten um ein neues Phänomen, doch 2015 wurde die Materie durch eine Armada von “Hasspostern” mit voller Wucht auf die Agenda von Massenmedien und Politik geschleudert. Die emotional aufgeladene Debatte, wie mit der Flucht von Millionen Menschen gen Europa umgegangen werden soll, polarisierte die Gesellschaft – und brachte zigtausende menschenfeindliche Statusmeldungen. Die wichtigsten Fakten zum Hass im Netz in der Übersicht.

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Hetze im Netz: Wie falsche Gerüchte in Umlauf gelangen

Soziale Netzwerke werden mit einer Vielzahl von Hoaxes überschwemmt
Die Liste an Verbrechen, die Flüchtlinge im vergangenen Jahr begangen haben sollen, ist lang: Vergewaltigungen und Tierquälerei sind darauf ebenso zu finden wie Diebstahl und Raubüberfälle. Doch auch von Vorteilen gegenüber Einheimischen wird berichtet: Flüchtlinge sollen viel mehr Geld als österreichische Staatsbürger erhalten, bei der Ankunft brandneue Smartphones in die Hand gedrückt bekommen und Gutscheine im Wert von hunderten Euros besitzen. Gerüchte zur Hetze In einer überwältigenden Anzahl erweisen sich solche Meldungen bei näherem Hinsehen als falsche Gerüchte, die nur in die Welt gesetzt wurden, um Hass zu streuen. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass jede Meldung, die Asylwerber belastet, gefälscht ist: Ein Bericht über einen Asylwerber, der eine 72-jährige Frau vergewaltigt hat, erwies sich als wahr. Doch die Ratio zwischen erfundenen und belegbaren Horrormeldungen ist besorgniserregend hoch.

Der ENDSTATION RECHTS-Jahresrückblick: Als der Hass auf Flüchtlinge eskalierte

2015 erreichten die Zahl der nach Deutschland kommenden geflüchteten Menschen einen noch vor wenigen Jahren kaum für möglich gehaltenen Wert. Während sich Abertausende in der Flüchtlingshilfe engagierten, drehte sich die Spirale aus Demonstrationen und Gewalt gegen Asylbewerber immer weiter. Die NPD hingegen verlor zunehmend an Boden.

Unsere Jahresrückblicke finden Sie hier:

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