Nach den Rechten sehen: Brandenburg/Havel: 26-Jähriger zusammengeschlagen, der sich gegen Nazi-Parolen bei WM-Spiel aussprach +++ AfD und NPD nähern sich an im Landkreis Rostock und in Duisburg +++ Dortmund: NPD und "Die Rechte" bilden eine Ratsgruppe - für mehr Geld.
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Brandenburg/Havel: 26-Jähriger zusammengeschlagen, der sich gegen Nazi-Parolen bei WM-Spiel aussprach
Laut einer Meldung der Polizei Brandenburg kam es beim Public Viewing in Brandenburg/Havel nach dem Spiel Deutschland-Algerien zu einem gewalttätigen Übergriff auf dem Gelände der Fachhochschule Brandenburg. Drei Angreifer gingen auf einen 26-Jährigen los, schlugen ihm gegen den Kopf, bis er zu Boden ging. Dort wurde er von den drei Männern getreten, bis der Sicherheitsdienst eingriff und die Angreifer vom Opfer trennte. Der 26-Jährige hatte die drei Täter aufgefordert, das rufen nationalsozialistischer Parolen zu unterlassen. Die Täter entkamen unerkannt, die Polizei sucht Zeugen (Internetwache).
Kreistag Landkreis Rostock: AfD lehnt NPD-Boykott ab
Die Alternative für Deutschland (AfD) will bei ihrer Arbeit im Kreistag offenbar auch Vorschläge rechtsextremer Kräfte unterstützen und somit die Arbeit der NPD. So lehnte es die AfD ab, eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit aller demokratischen Mitglieder und Kräfte des Kreistages zu unterzeichnen. Im Papier sprechen sich die Mitglieder des Kreistages gegen Fremdenfeindlichkeit, für Demokratie sowie gegen eine Unterstützung jeglicher Aktivitäten der NPD aus. Michael Tauchert (AfD) machte deutlich, dass nach Ansicht der AfD „ein Boykott der NPD nicht ausreicht, um die Rechtsextremisten zu entzaubern“. Als weitere Gründe fügte die AfD an, dass jeder Volksvertreter des Kreistages demokratisch gewählt wurde und nur die Justiz entscheiden könne, welche Partei dem Grundgesetz entspricht und nicht die Politik, heißt es in der Erklärung weiter (svz.de).
Duisburg: ‘Alternative für Deutschland’ unterstützt NPD im Stadtrat
Im neuen Duisburger Stadtrat ging die europafeindliche ‘Alternative für Deutschland’ (AfD) am Wochenanfang mit der NPD ins Boot. Bezeugen Ratsmitglieder. Sowie wohl mit der rechtspopulistischen sonstigen politischen Vereinigung Pro NRW. Der Duisburger Fraktionsvorsitzende der AfD, Holger Lücht, muss sich überdies einer Anzeige wegen Volksverhetzung stellen (xtranews.de).
Dortmund: NPD und "Die Rechte" bilden eine Ratsgruppe - für mehr Geld
Lukrativer Friedensschluss: Worüber am Rande der ersten Ratssitzung schon spekuliert wurde, ist nun Gewissheit: Die Ratsvertreter von „Die Rechte“ und der NPD haben im Rat eine Gruppe gegründet – das bringt den einst verfeindeten Rechtsextremen satte 42.000 Euro ein. Mit dem Zusammenschluss zu der Ratsgruppe haben die Neonazis Anrecht auf eine finanzielle Unterstützung von gut 42.000 Euro aus der Stadtkasse. Der Zusammenschluss kommt einigermaßen überraschend, da sich Rechte und NPD in Dortmund spinnefeind waren. Nach dem Ausscheiden von Ex-NPD-Ratsmitglied Matthias Wächter haben die Rechten Gruppen jetzt ihr Kriegsbeil begraben - wohl auch, weil das Geld lockte (Waltroper Zeitung).
Hetze von Platz 788 - NPD-Europaabgeordneter Voigt präsentiert seine Truppe
Gestern stellte der frischgebackene NPD-Abgeordnete im Europaparlament, Udo Voigt, seinen zukünftigen Mitarbeiterstab vor. Mit dem bayerischen Landesvorsitzenden Karl Richter holte sich der frühere Bundesvorsitzende einen ständigen parteiinternen Unruheherd ins Boot. Olaf Rose, Kandidat auf Listenplatz zwei, blieb hingegen außen vor – wie alle Kader aus den NPD-„Hochburgen“ Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern (Endstation rechts).
Verbote helfen nur kurzfristig: Mobit zu Rechtsrockkonzert in Gera
Gera wehrt sich: Ein Gespräch mit Mikis Rieb vom Verein Mobile Beratung Thüringen über das am Wochenende geplante Rechtsrockkonzert in Gera.Herr Rieb, ab Sonnabend werden zum NPD-Konzert "Rock für Deutschland" wieder Hunderte Rechtsrock-Fans erwartet. Blicken Sie mit Sorge auf das Konzert? (tlz.de)
NSU-Prozess in München: Gericht lehnt Haftverschonung für Wohlleben ab
Der frühere NPD-Funktionär und mutmaßliche NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben aus Jena muss auch zweieinhalb Jahre nach seiner Festnahme in Untersuchungshaft bleiben. Das Oberlandesgericht München lehnte am Dienstag einen Antrag von Wohllebens Anwälten auf Haftverschonung ab. Nach der Ablehnung des Antrags stellte Wohlleben über seine Anwälte einen Befangenheitsantrag gegen alle Richter des Senats. Manfred Götzl und vier weitere Richter verhandeln über Wohlleben, die überlebende mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe und weitere mutmaßliche Unterstützer. Ein anderer Senat des Oberlandesgerichts muss jetzt darüber entscheiden, ob die Richter wegen Befangenheit ausgeschlossen werden. Eine Justizsprecherin sagte, das könne mehrere Tage dauern. Bis dahin werde der Prozess mit der bisherigen Besetzung fortgesetzt (mdr).
NSU-Prozess: Zeuge provoziert mit Erinnerungslücken - und wird als erster im Prozess wegen "uneidlicher Falschaussage" angezeigt
Zuerst wird ein Jugendfreund Uwe Böhnhardts im NSU-Prozess mit einem Kindermord von 1993 konfrontiert, dann wird ein Verfahren gegen ihn eingeleitet - weil er sich zu oft an nichts erinnert. Er ist einer der schillerndsten Zeugen des NSU-Prozesses vor dem Oberlandesgericht München - und er ist der erste Zeuge aus dem Umfeld des "Nationalsozialistischen Untergrunds", dem seine Erinnerungslücken jetzt ein Ermittlungsverfahren wegen "uneidlicher Falschaussage" eingebracht haben. Die Hartnäckigkeit, mit der er am Mittwoch immer wieder Sätze sagte wie "Weiß ich nicht" oder "Ich kann mich nicht erinnern" brachte am Ende nicht nur den Richter und die Nebenkläger auf, sondern auch die Ankläger der Bundesanwaltschaft (n24, radio-bamberg.de).
Bundestag will Geheimdienste mit eigener Taskforce kontrollieren
Das Parlament will nach der Aufarbeitung der NSU-Morde die Kontrolle über die Geheimdienste verschärfen. Ob das klappt, ist offen. 20 Frauen und Männer sollen den 11 500 Mitarbeitern der Dienste auf die Finger schauen. Der Bundestag will die Arbeit der Geheimdienste mit mehr Mitarbeitern und mehr Geld schärfer kontrollieren. "Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, künftig zu schnüffeln, zu bellen und wenn nötig auch zu beißen", sagte der SPD-Obmann im Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr), Burkhard Lischka, am Dienstag in Berlin. Der Vorsitzende Clemens Binninger (CDU) sagte: "Wir machen jetzt auch Hausbesuche." Für die Umsetzung der Aufgaben stehen jährlich etwa 400.000 Euro mehr als bisher zur Verfügung (heise.de).
Stahlzwillen und "vielseitig verwendbare" Arbeitshandschuhe beim Antisem-Versand
Bevor das NRW-Innenministerium im August 2012 die Neonazi-Organisation „Nationaler Widerstand Dortmund“ verbot, war auch der Internethandel in den Blick geraten, den einer der NWDO-Akteure betrieb. „Resistore“ versorgte die Szene nicht nur mit modisch-braunen Accessoires wie dem Kapuzenpullover mit dem Aufdruck „Revolution since 1933“. Neben Pfefferspray und Kubotan-Stöcken bot „Resistore“ auch Zwillen, inklusive Stahlkugelmunition, an. Der Versand habe damit, so hieß es in der Verbotsverfügung, „auch die Voraussetzungen für gewalttätige Aktionen/Auseinandersetzungen“ geschaffen. Angeboten worden sei „die Ausrüstung für den Nahkampf“. Die Neonazis vom NWDO haben inzwischen bei der Partei „Die Rechte“ Unterschlupf gefunden. Und auf den „Resistore“-Versand folgte der „Antisem Versand“, der bereits im Namen verrät, wie in Dortmunder Neonazi-Kreisen gedacht wird (Blick nach rechts).
Reichsbürger treten als Partei auf
Sie stellen das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht infrage und fechten Wahlen an: Eine skurrile Gruppierung aus dem Raum Chemnitz beschäftigt die Behörden - mit Folgen für einige Kommunen.
Chemnitz. Glaubt man den Aussagen von Mario Benkert, dann steht das politische System in Deutschland kurz vor einer feindlichen Übernahme. Seine neue Partei, Die Parteifreien Wähler (DPFW), verfüge allein in Sachsen über eine Mitgliederzahl "kurz vor dem fünfstelligen Bereich". Das wären mehr als doppelt so viele wie bei der SPD. Mario Benkert ist nach eigenen Angaben 53 Jahre alt, wohnt in Burgstädt, macht beruflich "hin und wieder das eine oder andere" - und ist Bundesvorsitzender der Parteifreien Wähler (Freie Presse).
Schwesigs Programm gegen Rechtsextremismus überzeugt nicht
Um 1,5 Millionen Euro hat Bundesfamilienministerin Schwesig (SPD) das Budget für Initiativen gegen Extremismus angehoben – ursprünglich hatte die SPD eine Aufstockung von rund 20 Millionen gefordert. Opposition kritisiert scharf. Immerhin: Das Geld soll verstärkt in Initiativen gegen Rechtsextremismus fließen (Migazin, taz).
Fußball-Party-Patriotismus sollte man nicht als harmlos abtun
Juso-Kreisvorsitzende Romy Arnold warnt im TA-Interview vor den Folgen, wenn die Deutschen bei der WM verlieren. "Spätestens, wenn die deutsche Elf verliert, wird aus Party-Patriotismus offener Rassismus." Das sagt die Juso-Kreisvorsitzende Romy Arnold über ihre Erfahrungen zu Fußball-Welt- und Europameisterschaften und warnt vor der Verharmlosung (Thüringer Allgemeine).
Schaffende Kameraden
Erzieher, Krankenpfleger, Deeskalationstrainer, Anwalt – die Berufe deutscher Nazis sind vielfältig. Oft fällt ihre Gesinnung bei der Arbeit weniger auf, weil sie sich zurückhalten - wie sie selbst im Internet berichten (Jungle World).
Die schwarze Seite der Macht
Sie haben es geschafft: Sieben von zehn "Forbes"-Prominenten sind afroamerikanischer Herkunft. Das darf man in einer Nation bemerkenswert finden, die 1776 mit einer Erbsünde geboren wurde: Die Sklaverei war in den Vereinigten Staaten legal. Viele Gründerväter der amerikanischen Republik – George Washington, Thomas Jefferson, James Madison – hatten schwarze Sklaven, das Schmähwort "Nigger" wurde auch von nicht besonders rassistischen Weißen gebraucht, die Gegner der Sklaverei waren eine kleine radikale Sekte von christlichen Fundamentalisten. Noch Abraham Lincoln hielt sich diese Leute mit ausgestreckten Armen vom Leib, als er die Nordstaaten in den Bürgerkrieg führte. Der endete 1865 mit der Abschaffung der Sklaverei – aber dann dauerte es noch einmal beinahe ein Jahrhundert bis zur Verabschiedung des Civil Rights Act durch Präsident Lyndon B. Johnson. Sein fünfzigjähriges Jubiläum feiert Amerika in diesen Tagen (Die Welt).
Zeigten Offenbach-Fans den Hitlergruß?
Es wird allmählich zur Masche: Nicht zum ersten Mal besuchten Fußballfans am Wochenende eine Salafisten-Kundgebung, um gegen die ultrakonservativen Muslime zu demonstrieren. Dass sich dieses Publikum nicht aus linksliberalen Debattierzirkeln rekrutiert, bedingt die Sache selbst. Bei einem Auftritt des Salafistenpredigers Pierre Vogel in Offenbach sollen Kickers-Fans allerdings auch mit rechten Parolen und dem Zeigen des Hitlergrußes aufgefallen sein (fanzeit.de).
Nipster – Neonazis machen auf trendy
Manche Rechtsextreme lassen die Springerstiefel zu Hause und gleichen ihr Äusseres friedlichen Jugendkulturen an. Ein Trend, der auch die Schweiz erreicht hat (20min.ch).
Demonstration gegen Gewalt und Rassismus in Jerusalem
Nach dem Tod eines palästinensischen Jugendlichen haben mehr als tausend Menschen in Jerusalem gegen Gewalt und Rassismus demonstriert. Die Leiche des 16-Jährigen war gestern in einem Wald bei Jerusalem gefunden worden. Nach dem Fund kam es im arabischen Ostteil Jerusalems zu schweren Krawallen. Zuvor hatten Demonstranten in Jerusalem Rache für den Mord an drei jüdischen Jugendlichen gefordert und arabische Bürger angegriffen (Abendzeitung). Die israelische Armee hat ein entschiedenes Vorgehen gegen Soldaten angekündigt, die zur Gewalt gegen Araber aufrufen. Ein Armeesprecher erklärte am Mittwoch, im Internet "rassistische Bilder" zu veröffentlichen und "Angriffen auf Unschuldige" das Wort zu reden, vertrage sich nicht mit den Erwartungen an einen israelischen Soldaten. Der Sprecher reagierte damit auf die sich häufenden Appelle, "Rache" für die der palästinensischen Hamas-Bewegung zugeschriebene Entführung und Ermordung dreier jugendlicher Talmudschüler zu üben (ZEIT online).
Freiburg: Kino kostenlos für Flüchtlinge
Das Kommunale Kino setzt ein Zeichen – und bietet Flüchtlingen ab sofort kulturelle Teilhabe ohne Eintrittskarte an. Weit mehr als tausend Flüchtlinge leben derzeit in Freiburg. Menschen, die häufig mit einem ungeregelten Status klarkommen müssen, oft ohne Zugang zum Arbeitsmarkt und ausgeschlossen vom Wohnungsmarkt sind. Für Flüchtlinge in Wohnheimen öffnet vom heutigen Dienstag an das Kommunale Kino (kurz: Koki) seine Türen weit: Der Kinobesuch ist für diese Menschen mit dem heutigen Tage umsonst. Es genügt, den Ausweis vorzulegen. Dass fortan der kleine Kinosaal ständig überfüllt sein wird, befürchten die Kinomacher nicht: "Das regelt sich im Betrieb." (Badische Zeitung).