Nach den Rechten sehen: Dresden: Rassistische Pegida-Demo blockiert +++ Rechte Demonstration in Marzahn: „Presse auf die Fresse“ +++ Das krumme Leben des Pegida-Chefs Lutz Bachmann.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Dresden: Rassistische Pegida-Demo blockiert
Auch am gestrigen Montag demonstrierten wieder tausende „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) in Dresden. Unter ihnen waren wieder zahlreiche bekannte Rechtsradikale. Sie konnten jedoch nicht ihre geplante Route laufen: Über 1000 Gegendemonstrant_innen blockierten die Straße, so dass die Pegida-Anhänger_innen zu ihrem Ausgangspunkt zurücklaufen mussten. Unter dem Motto „Für grenzenlose Solidarität statt begrenztem Horizont und Nationalismus“ liefen zuvor rund 1500 Teilnehmer_innen, die Polizei sprach von rund 1200, zunächst vom Neustädter Bahnhof durch die Altstadt. Zur Pegida-Demonstration fanden sich der Polizei zu folge 7500 Menschen ein. Als die Gegendemonstration in Hör- und Sichtweite war, wurden aus der Pegida-Demonstration rechte Parolen gerufen und ein Böller gezündet. Während der Umkehr lösten sich einige Grüppchen, die Jagd auf Gegendemonstranten_innen machten. Auch in weiteren Städten waren Demonstrationen von Pegida-Anhänger_innen angekündigt, in Würzburg wurde eine von ihnen mit 30 Teilnehmer_innen jedoch von über 200 Menschen blockiert (Dresdner Neueste Nachrichten, Spiegel Online, FAZ, SZ-Online).
Rechte Demonstration in Marzahn: „Presse auf die Fresse“
Zum wiederholten Male haben organisierte Neonazis Seite an Seite mit rassistischen Bürger_innen gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete im Berliner Stadtteil Marzahn demonstriert. Es kamen diesmal allerdings nur noch etwa 800 Teilnehmer_innen, auf der Gegendemonstration versammelten sich knapp 500 Menschen. Aus der Neonazi-Demo heraus wurden Journalist_innen verbal und körperlich angegangen (Berliner Zeitung).
Das krumme Leben des Pegida-Chefs Lutz Bachmann
Lutz Bachmann ist der Organisator der Pegida-Demonstrationen in Dresden. Als solcher sorgt er sich um die Zukunft des Christstollens, und will „alle Kinder in einem friedlichen und weltoffenen Deutschland aufwachsen“ sehen. Es ist ihm jedoch gerichtlich verboten, Jugendliche zu beschäftigen, zu beaufsichtigen oder gar auszubilden. Denn Bachmann, der „kriminelle Zuwanderer“ als Feindbild hat, verfügt selbst über ein ellenlanges Vorstrafenregister: Eigentumsdelikte und Schwarzfahren in Verbindung mit Betäubungsmitteln, Körperverletzung und Fahren ohne Führerschein, Einbrüche, Anstiftung zur Falschaussage, Flucht nach Südafrika, Kokainbesitz usw. Auch was seine Vergangenheit angeht, ist Bachmann erfinderisch: Von 1998 bis 2000 habe er an der Universität von Kapstadt ein Grafik- und Designstudium absolviert – die Universität verfügt weder über Einschreibungsunterlagen von Bachmann, noch bietet sie derartige Studiengänge überhaupt an. Den äußerst empfehlenswerten Einblick in Bachmanns Vita gibt es auf pastebin.com/ Sächsische Zeitung.
Frankfurt/ Oder: Rassistische Parolen bei Infoveranstaltung zu Flüchtlingsunterkunft
In Frankfurt/ Oder soll eine dritte Unterkunft für Geflüchtete eröffnet werden. Deswegen hatte die Stadt zu einer Informationsveranstaltung für Anwohner_innen eingeladen. Doch die Stimmung war gereizt, die Redebeiträge wurden von rassistischen Parolen dominiert. Als Oberbürgermeister Martin Wilke (parteilos) von der großen Bereitschaft der Bürger spricht, Flüchtlinge aufzunehmen, dröhnt ihm höhnisches Gelächter entgegen, dazu „Vergiss-Es“-Rufe. Auch Wortmeldungen, in denen zu hören ist, Geflüchtete hätten „keine Kultur“, sind zu vernehmen: Es gebe zu viele Unterkünfte, man sei nicht in Berlin- Neukölln. Redner_innen, die sich für eine Willkommenskultur stark machen, werden durch Zwischenrufe übertönt (Nordkurier).
Berliner Senat lässt Flüchtlinge frieren
Entgegen der Behauptungen von Sozialsenator Mario Czaja (CDU), dass neuankommende Geflüchtete Hostelgutscheine durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) bekämen, werden Flüchtlinge momentan vom Amt in die Obdachlosigkeit geschickt. Dies bestätigte das LaGeSo gegenüber der Taz, spricht aber von Einzelfällen. Die Opposition reagiert empört. „Der Senator weiß entweder nicht, was in seinem Laden passiert, dann kann er nach Hause gehen. Oder er leugnet es – dann muss er auch gehen“, äußert sich Elke Breitenbach von der Linkspartei. Breitenbach hat von einem LaGeSo-Mitarbeiter gehört, dass er an einem Tag 20 Menschen ohne einen Übernachtungsplatz habe wegschicken müssen (Taz).
Willkürherrschaft in Flüchtlingsunterkunft Lechbruck?
Die Organisation "Karawane München. Für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen" prangert in einer Pressemitteilung mehrere Fällen von Körperverletzung, willkürliche Verbote, rassistische Beleidigungen und eine Willkürherrschaft der Betreiberin gegenüber den Bewohnern_innen der Geflüchtetenunterkunft in Lechbruck im Ostallgäu an. Es wurden zwei Anzeigen wegen Körperverletzung gegen die Betreiberin der Unterkunft gestellt, es existieren aber auch Gegenanzeigen in beiden Fällen. Offizielle Stellen weisen alle Vorwürfe zurück. Generell spricht die "Karawane München" von einer schlechten Unterbringungssituation, Schimmel in der Unterkunft und einer Isolation der Flüchtlinge auf dem ehemaligen Pferde-Ferienhof in der Nähe von Lechbruck. Sachspenden seien von der Betreiberin wiederholt blockiert worden, ein Kontakt zur Bevölkerung bestehe kaum (Bayrischer Rundfunk).
Samstag: Demonstration gegen Rassismus und Anti-Flüchtlingshetze in Güstrow
Zu einer landesweiten Demonstration in Güstrow unter dem Motto „Refugees welcome! (Asylsuchende willkommen!) Asylrecht ist Menschenrecht!“ rufen demokratische Bündnisse aus M-V für kommenden Sonnabend auf. Erwartet werden hunderte Teilnehmer_innen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern. Mit einer Demonstration durch die Stadt, auf Kundgebungen und diversen Veranstaltungen wollen sie gemeinsam mit Güstrower_innen ihre Solidarität mit Asylsuchenden zum Ausdruck bringen und sich gegen neonazistische Hetze gegen Flüchtlinge stark machen. Die Demonstration beginnt am Samstag, dem 6. Dezember, um 13 Uhr am Güstrower Bahnhof (SVZ).
Nazi-Massenmörder Alois Brunner in Syrien gestorben
Der NS-Verbrecher Alois Brunner, der als wichtigster Mitarbeiter Adolf Eichmanns hunderttausende Jüd_innen in den Tod geschickt hatte, ist bereits 2009 98-jährig in Syrien gestorben, wie das Simon-Wiesenthal-Zentrum bekannt gab. Die SS-Männer Eichmann und Brunner organisierten die Deportation von Jüd_innen aus Berlin, Wien, Frankreich und Griechenland. Der gebürtige Österreicher Brunner wachte darüber, dass die Menschen nach Auschwitz transportiert wurden, selbst Babys verschonte er nicht. Brunner tauchte in Syrien unter, half dort dem Geheimdienst beim Foltern. Im Gegensatz zu Eichmann blieb Brunner sein Leben lang von der Justiz unbehelligt, zwei Bombenattentate des Mossad auf ihn schlugen fehl (Spiegel Online).
Neonazis von „Objekt 21“: Schuldsprüche bestätigt
Das Oberlandesgericht Linz hat die Schuldsprüche gegen zwei militante Neonazis aus Oberösterreich bestätigt. Der 30-jährige Jürgen W. muss für sechs Jahre und neun Monate ins Gefängnis, sein Kompagnon Manuel S. wurde zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Die Anklage warf ihnen unter anderem das Vergehen der kriminellen Vereinigung, versuchte und vollendete Brandstiftungen in Bordellen vor. Im Auftrag eines Ex-Rotlichtbosses hatten die Neonazi-Rocker Anschläge bei der Konkurrenz verübt oder andere dazu angestiftet. Die beiden Neonazis waren Führungskader bei „Objekt 21“. Die im Untergrund agierende Vereinigung war unter anderem in den Waffenhandel und Schutzgelderpressung verstrickt. Zugerechnet wurden ihr etwa 200 Personen. Bei Hausdurchsuchungen wurden zehn Kilogramm Sprengstoff und illegale Schusswaffen samt Munition sichergestellt (Blick Nach Rechts).
Graue Wölfe: Strategie der Anpassung in Wiesbaden
Die ultranationalistische und rechtsradikale türkische Organisation „Graue Wölfe“ ist auch im Raum Wiesbaden aktiv. Für Wiesbaden trifft zu, was der Marburger Universitätsprofessor Bruno Hafeneger für die Grauen Wölfe in Deutschland insgesamt beobachtet: Sie versuchten, sich brav und bieder zu geben. Er spricht von einer „Strategie der Anpassung“. Anhänger_innen der Grauen Wölfe verharmlosen sich als „stolze Verfechter des Türkentums“. Sie stellen sich als Sprecher_innen aller Türken dar. Kritik an ihrem rechtsradikalen Gedankengut werde so geschickt als Angriff auf das Türkentum an sich umgedeutet (Wiesbadener Tagblatt).
Urteil: Keine Verpflichtung zum Händeschütteln mit der NPD
Das Verwaltungsgericht Meiningen hat eine Klage des NPD-Stadtrates Patrick Wieschke gegen das Verhalten der Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf abgewiesen. Wolf hatte dem NPD-Politiker den Handschlag bei der Verpflichtung der Ratsmitglieder zur gewissenhaften Pflichterfüllung verweigert. Wieschke sah darin „Beleidigung und Formalbeleidigung“. Das Gericht sah dies anders: Wolf habe die ihr vorgeschriebene parteipolitische Neutralität gewahrt und lediglich symbolisch gehandelt. Ohnehin sei der Handschlag „eine Handlung, die persönliche Nähe schaffe, die bei grundsätzlichen Meinungsunterschieden schwer fallen könne“, so die Richter (Blick nach Rechts).
NPD- Landesparteitag in Bayern: Altbekanntes Personal
Am Sonntag haben die 62 Delegierten der Bayern-NPD auf ihrem Landesparteitag im Landkreis Lichtenfels Franz Salzberger zum neuen Landesvorsitzenden sowie Manfred Waldukat und Axel Michaelis zu seinen Stellvertretern gewählt. Der bisherige Landeschef Karl Richter wegen der Skandale um den stellvertretenden Landesvorsitzenden Sascha Roßmüller zurückgetreten. Der Neonazi mit Anschluss an die Rockerszene wurde nach einer Razzia gegen die Rockergruppierung „Bandidos“ in U-Haft genommen. Salzberger ist in der bayrischen NPD etabliert, er hatte den Vorsitz schon in den Jahren 1997 bis 2001 inne (Blick nach Rechts).
Salzburg: Neonazi-Schmierereien an Parteibüro der Grünen
Das Parteibüro der Salzburger Grünen ist am Wochenende zum Angriffsziel einer Graffiti-Aktion von Neonazis geworden. Diese schmierten „SOKO 88“ an die Eingangstür des Büros. Die „88“ ist Nazi-Szenecode für „Heil Hitler“. Die Abkürzung "Soko" interpretierten die Grünen als Anspielung auf ihre Forderung an die Polizei, eine Sonderkommission (Soko) zur Aufklärung rechtsradikaler Straftaten einzurichten. Der Vorfall reiht sich laut den Grünen in eine Reihe von Zwischenfällen in Salzburg ein, die rechte Szene agiere in der Stadt immer unverhohlener (Salzburger Nachrichten).
Ärzte kritisieren mangelnde medizinische Versorgung für Geflüchtete ohne Papiere
Ärzte kritisieren die mangelnde medizinische Versorgung für Flüchtlinge ohne Papiere in Thüringen. Ein Sprecher des Vereins Medinetz Jena sagte MDR THÜRINGEN, dass es für Flüchtlinge ohne Aufenthaltserlaubnis keine sichere ärztliche Versorgung gebe. Es sei unverantwortlich, Menschen so leiden zu lassen. Der Menschenrechtsbeauftragte der Landesärztekammer forderte vom Land mehr finanzielle und rechtliche Unterstützung für Initiativen der medizinischen Flüchtlingshilfe (MDR).
Berlin: App gegen Rechts veröffentlicht
Seit heute bietet das Netzwerk „Berlin gegen Nazis“ eine App an, die über Aktionen gegen Neonazis in Berlin informiert. Auf einer interaktiven Berlin-Karte sollen rechtradikale Aktionen und Gegenveranstaltungen angezeigt werden, wie das Bündnis mitteilte. Die Nutzer_innen können sich per Meldungen benachrichtigen lassen, wenn sich zum Beispiel Routen von Protestmärschen ändern. Die Nachrichten wird es auf Deutsch, Englisch und Türkisch geben. Die App „Gegen Nazis“ kann ab 2. Dezember kostenlos heruntergeladen werden (Berliner Zeitung, Download-Link der App).
Thüringen: Beratungsnetzwerk gegen Rechts wird enger geknüpft
Damit rechtsradikalen und demokratiefeindlichen Parolen in Zukunft noch besser begegnet werden kann, vereinbarten am Montag der Paritätische im Freistaat und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland eine engere Kooperation ihrer Projekte „Schau hin“ und „Perspektivwechsel“. Beide Träger verstünden sich als Forum, das Haltungen der Beteiligten stärkt und vor allem Kontakt-, Informations- und Unterstützungsangebote unterbreitet, heißt es im „Neuen Deutschland“. Das Engagement von Beratern in Vereinen und Organisationen sei nicht nur für die Arbeit gegen Rechtsextremismus wichtig, sondern auch im Hinblick auf die interkulturelle Öffnung von Strukturen (Neues Deutschland).