01.04.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Berlin: Jugendlichen rassistisch beleidigt - Haftbefehl +++ 100 Tage NSU-Prozess: Noch nicht viel erreicht +++ Protest gegen Neonazis - Grünen-Politiker bestreitet Schuld.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Berlin: Jugendlichen rassistisch beleidigt - Haftbefehl

Nach Schikanen gegen einen aus Algerien stammenden Jugendlichen in Bernau (Barnim) ist ein 18-Jähriger in Untersuchungshaft gekommen. Ihm wird vorgeworfen, den 17-Jährigen am vergangenen Mittwoch rassistisch beleidigt, mit einem Messer beworfen und in einem Zimmer eingeschlossen zu haben, wie die Polizei am Montag berichtete (Berliner Zeitung).

100 Tage NSU-Prozess: Noch nicht viel erreicht

Die Anwälte der Nebenklage sind mit hohen Ansprüchen in den NSU-Prozess gestartet. Vor dem 100. Prozesstag war klar: Besonders viel haben sie bislang nicht erreicht. WDR 5 bringt dazu ein Interview mit Mehmet Daimagüler, der eine "Mauer des Schweigens" konstatiert. Die Zeugen lügen, die Athmosphäre im Gericht - stellt ein türkischer Prozessbeobachter fest - ist eher locker. Der türkische Professor deutet das so: "Das heißt: Die Opfer sind Ausländer, die Täter sind ja nicht gefährlich für uns." (stern.de). Christian Ströbele von den Grünen stört es besonders, dass auch im Prozess bisher nicht geklärt werden konnte, was auch im Bundestags-Untersuchungsausschuss offen blieb: Nämlich, wie viel Verfassungsschutz und  V-Leute wussten (Berliner Morgenpost).

Protest gegen Neonazis - Grünen-Politiker bestreitet Schuld

Der sächsische Grünen-Politiker Johannes Lichdi sieht sich wegen seiner Teilnahme an Protesten gegen Neonazis zu Unrecht angeklagt. Das machte der 50-Jährige am Montag zu Beginn seines Prozesses am Amtsgericht Dresden klar. Lichdi wird ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen. Er hatte sich bei Demonstrationen gegen Neonazis am 19. Februar 2011 in der Dresdner Südvorstadt an gewaltfreien Sitzblockaden beteiligt (t-online News).

BKU-Ermittlungsgruppe „Trio“: NSU-Geld aus unbekannten Quellen

Auch wenn nun schon seit einem knappen Jahr der NSU-Prozess in München läuft, die Ermittlungen gegen die rechte Terrorgruppe und ihr mögliches Umfeld sind noch nicht abgeschlossen. Im Auftrag der Bundesanwaltschaft geht die Ermittlungsgruppe (EG) „Trio“ des Bundeskriminalamtes (BKA) Spuren und Hinweisen auf weitere Terroristen und Helfer nach. Die EG „Trio“ ist aus der gleichnamigen Besonderen Aufbauorganisation (BAO) des BKA hervorgegangen, die nach der Selbstenttarnung des NSU im November 2011 gebildet worden war. Demnach richten sich diese Ermittlungsverfahren gegen noch neun Beschuldigte aus dem Umfeld von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Weil diese Personen den untergetauchten Neonazis mit der Bereitstellung von Autos oder Ausweispapieren geholfen haben, stehen sie im Verdacht der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Darüber hinaus führt die EG „Trio“ noch weitere Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt. Dabei geht es insbesondere um die Beschaffung der Waffen, die von Mundlos und Böhnhardt bei ihren Morden und Banküberfällen benutzt wurden, sowie um die Herkunft des Sprengstoffs und der Bomben, die die beiden in Köln gezündet haben sollen (Berliner Zeitung).

„Aachen erwache“ – Wer war da?

Fast 100 Neonazis sind am Samstag in Aachen aufmarschiert. Ihr „Fackelmarsch“ sollte der Auftakt einer Kampagne unter dem Motto „Multikultur tötet!“ sein, ergänzt um den Zusatz „Wir tragen ein Licht in die Nacht zum Erhalt unserer Kultur“. Blick nach rechts betrachtet, welche Nazis welche Parolen geschwungen haben (bnr.de).

Angst vor dem sozialen Abstieg? Europa rückt nach rechts

Rückt Europa nach rechts? In vielen Ländern sind nationalistische und europafeindliche Bewegungen auf dem Vormarsch. In Frankreich ist die rechtspopulistische Partei "Front National" zur drittstärksten Kraft geworden. Obwohl Europa so reich ist wie nie zuvor, haben alle Angst vor dem sozialen Abstiegt – und wählen rechte Bewegungen Aufwind. (web.deDer Tagesspiegel sieht einen Grund in „genereller EU-Skepsis“.

Thüringer Untersuchungsausschuss: Polizist wirft neue Rätsel im NSU-Fall auf

Was geschah am 4. November 2011 nach dem Brand des Wohnmobils in Eisenach, in dem Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt starben? Nach der Zeugenvernehmung im Erfurter NSU-Untersuchungsausschuss am Montag tun sich immer mehr Rätsel um das Ende der rechten Terrorzelle auf. Der wichtigste Zeuge bei der Befragung war Michael Wenzel, damals Leiter der für Eisenach zuständigen Polizeidirektion Gotha. Wenzel hatte nach dem Fund der Leichen die Sonderkommission SoKo „Capron“ eingerichtet. Deren Ermittlungen wurden erst am 16. November von der Bundesanwaltschaft übernommen. Bis dahin hatte Wenzel unter anderem eine Speicherkarte mit ersten Tatortfotos „verloren“ und beim Transport des Wohnmobils die Spurenlage komplett zerstört. Unklar blieb, warum (Berliner Zeitung).

Rapper Samy Deluxe: "Das N-Wort ist nicht cool"

Wie rassistisch ist der deutsche Kulturbetrieb? Das fragt der KulturSPIEGEL in seiner neuesten Ausgabe. Auskunft gibt auch Samy Deluxe, Hamburger Rapper und Vater eines Sohnes. Er betont, dass Minderheiten nach Vorbildern suchen, und erzählt unter anderem: „Der ebenfalls dunkelhäutige deutsche Rapper B-Tight nannte mal ein Album "Neger, Neger". Das fand ich unglücklich. Ich habe ihm dann aber anhand eines Beispiels meine Position dazu erklärt: Mein Sohn wusste lange, bis er sechs oder sieben war, überhaupt nicht, was ein Neger ist. Als ich in dem Alter war, hatte man mich bestimmt schon tausendmal "Neger" genannt. Ich fand es toll, dass mein Sohn zwei Jahre in der Schule war, ohne das Wort "Neger" auch nur einmal zu hören.“ (Spiegel online)

Norwegens offene Terrorwunde

Vor drei Jahren ermordete der Rechtsextremist Anders Behring Breivik 77 Menschen. Nun sollen an den Orten der Terroranschläge in Oslo und bei der Ferieninsel Utöya Gedenkstätten errichtet werden. Angehörige wie auch Anwohner wehren sich – sie befürchten, dass der Terrorort zur Touristenattraktion wird (srf.ch).

Regisseurin Bilir-Meier: “Bestimmte Geschichten muss man erzählen”

Cana Bilir-Meier ist eine deutsch-türkische Filmemacherin mit einer bewegenden Familiengeschichte. Ihre Tante, Semra Ertan, verbrannte sich 1982 öffentlich in Hamburg als Zeichen gegen den Rassismus in der Bundesrepublik. Ihre Kurzdokumentation mit gleichnamigen Titel “Semra Ertan”, die sie unter anderem auch auf der diesjährigen Diagonale präsentierte, durchleuchtet in Form einer Konstruktion von Bildern und Textfragmenten den Menschen hinter der Tat. Vor allem die Gedichte der jungen Schriftstellerin Semra rücken in den Vordergrund und erzählen vom Erinnern und Nicht Vergessen. M-MEDIA traf die Filmemacherin zu einem Interview (m-media.at).

Strategien gegen Neonazis

Vertreter von Bündnissen, Initiativen und Vereinen aus ganz MV diskutieren über Kommunalwahlkampf 2014 und NPD-Aufmarsch
Wie kann man die demokratische Kultur sowie die Rechte von Minderheiten in Mecklenburg-Vorpommern stärken? Wie kann man die landesweite, rassistische Hetze gegen Flüchtlinge eindämmen bzw. ganz verhindern? Fragen, die Vertreter von 18 zivilgesellschaftlichen Bündnissen, Initiativen, Vereinen, Organisationen und engagierte Einzelpersonen aus Mecklenburg-Vorpommern am Wochenende im Touristikhotel des Ausbildungs- und Weiterbildungsvereins Jessenitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim) diskutierten. „Die verschiedenen Bündnisse, die sich für eine demokratische Kultur und gegen Nazis engagieren, haben sich hier noch besser vernetzt“, sagt Stella Hindemith von „Lola für Ludwigslust“, einem Projekt der Amadeu Antonio Stiftung (nnn.de).

AfD erwirkt Gegendarstellung nach "Friedman"-Talk

Es geht dabei um ein Zitat, das Moderator Michel Friedman in der Ende Februar ausgestrahlten Sendung offenbar falsch verwendet hatte. Friedman hatte die AfD-Europawahl-Spitzenkandidatin Beatrix von Storch gleich zu Beginn der Sendung mit dem Satz zitiert: "Multikulti hat die Aufgabe die Völker zu homogenisieren und damit religiös und kulturell auszulöschen." Dem schloss sich die Frage an: "Wenn das nicht Rassismus ist, was ist dann Rassismus?" Nach einigen Minuten fragte Friedman schließlich noch einmal bei Bernd Lucke nach, ob dieser hinter der Aussage seiner Kandidatin stehe. Lucke hatte daraufhin das Studio verlassen und zog es vor, sich später lieber in Form einer Pressemitteilung zu Wort zu melden. Mit der Gegendarstellung geht der Streit nun also in die nächste Runde. (dwdl.de)

Rassismus: "Das ist eine tiefe Demütigung"

Die Diskriminierung von Migranten findet im Alltag nicht nur an der Discotür statt. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Thomas Schmitt berichtet der SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (40) auch über Ausgrenzungen bei der Wohnungs- oder Kindergartensuche. Der Pass spielt keine Rolle, sondern ausschließlich das Aussehen (DerWesten).

Duisburg: Demonstration gegen Antiziganismus und Rassismus am 30. April

Am Vorabend des 1. Mai wollen antifaschistische Gruppen aus NRW in Duisburg gegen die antiziganistische Stimmung in der Stadt demonstrieren. Für den 1. Mai haben PRO NRW und die NPD Veranstaltungen angemeldet (Ruhrbarone.de).

Österreich: Brüderpaar verurteilt wegen Neonazi-Postings bei Facebook verurteilt

Die jungen Männer aus Braunau, die den "Braunen Bierbüffeln" angehörten, waren vor Gericht geständig. Sie posteten im Sozialen Netzwerk Facebook Nazi-Tattoos, Devotionalien - und hasserfüllte Wortbeiträge. Die Richterin fand ihren angeblichen Ausstieg nicht sehr überzeugend und verurteilte zu  8 Monaten und 6  Monaten bedingter Haft (nachrichten.at).

Ungarn: "Jobbik schaffte sich rechtsextremes Milieu im Netz"

Am Sonntag ist Wahl in Ungarn. Melani Barlai, Politologin an der Ándrassy Universität Budapest, erklärt im Interview mit derStandard.at den Erfolg Orbáns und warum die rechtsradikale Partei Jobbik bei Jugendlichen besonders gut ankommt (DerStandard.at).

Hate-Poetry-Slams: Kurz und schmutzig

Bei Hate-Poetry-Slams lesen Journalisten mit Migrationshintergrund Hass-E-Mails aus ihrem redaktionellen Alltag (Deutschlandradiokultur.de)

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