Thomas Hitzlsperger im März 2011.
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Thomas Hitzlspergers Coming-Out: Vorgeschichte, Reaktionen, Kommentare

Am 9.1.2014 bekennt sich der ehemalige deutsche Nationalspieler Thomas Hitzlsperger in der Printausgabe der Zeit und in einem Videointerview zu seiner Homosexualität.

Hitzlsperger ist damit der erste prominente männliche deutsche Fußballprofi der diesen Schritt wagt. Zwar gab es in anderen Ländern und niedrigeren deutschen Spielklassen bereits Coming-Outs (siehe Bildergalerie 11 Freunde) und vor allem im Frauenfußball kräht heute kein Hahn mehr danach, wenn sich Spielerinnen mit ihren Freundinnen in der Öffentlichkeit zeigen. Da Hitzlsperger aber eben nun der erste männliche deutsche Fußballprofi ist, der diesen Schritt - wenn auch erst nach Karriereende – wagt, ist das nationale und internationale Medienecho überwältigend.

Die deutsche Online-Welt und die Medien warteten seit Jahren gespannt auf das erste Coming-Out eines prominenten Kickers. So bietet die Autovervollständigung der Google-Suche bei etlichen Spielernamen als eine der ersten Vervollständigungen "schwul" an. Und als das Online-Magazin Fluter im September 2012 ein anonymes Interview mit einem angeblichen Bundesligaspieler veröffentlichte, in dem dieser sich zu seiner Homosexualität bekannte, wurde dies in vielen Medien als großer Scoop gefeiert. Bald aber wurde die Seriosität des Interviews angezweifelt.

Hitzlspergers Äußerungen im Zeit-Interview lösten allerlei positive Reaktionen seitens von Kollegen, Fußball-Funktionären bis hin zu hochrangigen Politikern aus (siehe Überblick).

Viele Kommentatoren in den sozialen Medien aber fragen kritisch, wieso denn überhaupt so viel Aufsehens um solch ein Coming-Out gemacht werde. Sollte die sexuelle Orientierung in unserer offenen und toleranten Gesellschaft heutzutage denn überhaupt in der Öffentlichkeit diskutiert werden? Sollte Homosexualität nicht ganz normal und Privatsache sein, mittlerweile auch im Fußball? Das selbsternannte Fachmagazin Kicker verweigert gar grundsätzlich die Berichterstattung über die Causa Hitzlsperger (Meedia).

Gute Antworten auf die Frage, wieso die Berichterstattung und öffentliche Debatte um die von der heterosexuellen Norm abweichende Orientierungen speziell im deutschen Fußball leider eben doch noch wichtig sind, geben zahlreiche Kommentare (tagesthemen11 Freunde I, 11 Freunde II, taz, Die Zeit, SZ).

Thomas Hitzlsperger bleibt nach seinem mutigen Schritt zu wünschen, dass er nicht von Talkshow zu Talkshow gereicht wird und von nun an auf seine sexuelle Orientierung reduziert wird (Die Zeit).

Für Hitzlsperger, der sich auch schon zu seinen aktiven Zeiten gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit engagierte, ist sein öffentliches Coming-Out aber viel mehr als ein schüchternes Bekenntnis: Hitzlsperger will, wie er sagt, die öffentliche Diskussion voranbringen. So stellt er im Interview auch explizit den Bezug zu den bevorstehenden Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi her und hofft auf kritische Stimmen bezüglich homophober Kampagnen der russischen Regierung. Eine selbstbewusste Aussage aus dem Zeit-Interview die sicherlich hängen bleibt, gleicht einer Kampfansage: „Homophobe haben jetzt einen Gegner mehr.“

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