Presse- und Blogschau 31.1.-6.2.2013

Balotelli, Boateng, Berlusconi und der Rassismus in Italien +++ Rassismus: FIFA weist Einsprüche zurück +++ Nerven Ultras? +++ Dresden: Stadionbesuch mit Asylsuchenden +++ Aussage gegen Aussage: Fußballfans unterwegs +++ Kehren die Neonazis in die Fankurven zurück? +++ Rechtsextremismus im Fußball nur abgeleitetes Problem? +++ Coming–out von Steffi Jones, Pläne des DFB +++ Österreich: Schuldspruch wegen "U-Bahn-Lied" bestätigt +++ Beitar Jerusalem: Doppelte Standards gegenüber Israel +++ Kampf gegen Rechtsextremismus: Feigenblatt für Spitzel in der Kurve? +++ Dresden: Verhärtete Front im Hooligan-Prozess +++ Rassismus im niederländischen Fußball +++ Rassismus im niederländischen Fußball +++ Erstes schwules Rugbyteam in Deutschland +++ Ägypten: "Die Menschen sterben hier nicht wegen Fußball" +++ Gewalt gegen Schiedsrichter +++ Der taktische Schlagstockeinsatz

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von Fussball-gegen-nazis.de

Balotelli, Boateng, Berlusconi und der Rassismus in Italien

Paolo Berlusconi, der jüngere Bruder von Silvio Berlusconi und Vize-Präsident des AC Milan, sagte bei einem politischen Treffen in Monza, das auch gefilmt wurde, über den jüngst von Manchester City zu dem lombardischen Klub gewechselten Mario Balotelli: "Wir treffen gleich unseren kleinen Familien-Neger" ("negretto di famiglia"). (Guardian) Unterdessen landen die rassistischen Vorfälle vom Testspiel Milans beim Viertligisten Pro Patria um Kevin-Prince Boateng und weitere Milan-Profis vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft der norditalienischen Stadt Busto Arsizio strebt einen Prozess gegen sechs Patria-Fans an. Dies berichtete die Gazzetta dello Sport. (Eurosport) Seit 13 Jahren wertet der Soziologe Mauro Valeri die Urteile des Disziplinarausschusses des italienischen Verbandes sowie Presseveröffentlichungen aus und erstellt so eine Statistik rassistischer Vorfälle im Stadion. Sie zeigt ein relativ konstantes Nivau. 62 dokumentierten Fällen in der Saison 2000/2001 stehen 59 in der letzten Spielzeit gegenüber. Die Zahlen gelten für die drei obersten Ligen des italienischen Fußball. Sie zeigen freilich nur die Spitze des Eisbergs. Denn viele Vorfälle gelangen gar nicht zur Anzeige. (DW)

Rassismus: FIFA weist Einsprüche zurück

Der Fußball-Weltverband FIFA hat die Einsprüche aus Ungarn und Bulgarien gegen die Geisterspiele in der WM-Qualifikation zurückgewiesen. Wegen rassistischer Vorfälle waren beide Verbände Anfang des Jahres zu Geldstrafen und je einem Länderspiel ohne Zuschauer verurteilt worden. (Augsburger Allgemeine)

Nerven Ultras?

Fußball-Fans im Disput: Gerald Wenge vom Fußball-Magazin "Der Tödliche Pass" und Michael Wollny (Eurosport-Redakteur) diskutieren die Frage: Nerven Ultras? (Eurosport)

Dresden: Stadionbesuch mit Asylsuchenden

Die erste Einladung von Flüchtlingen ins Stadion von Dynamo Dresden fand im vergangenen Dezember gegen Bochum statt. Gegen Duisburg wurde die Aktion wiederholt, sie etabliert sich also allmählich. (1953international)

Aussage gegen Aussage: Fußballfans unterwegs

Am Freitagabend haben etwa 400 Hannoveraner Fans das Auswärtsspiel ihres Vereins in Bremen verpasst. Sie verbrachten einige Stunden kurz vor den Toren der Stadt auf dem Bahnhof Achim. Wie es dazu kam, was dort geschah und wie es weiterging – dazu gibt es unterschiedliche Schilderungen. (Publikative)

Kehren die Neonazis in die Fankurven zurück?

Die Sicherheitsdebatte im Fußball konzentriert sich auf Pyrotechnik und Gewalt, weniger auf Rassismus und Antisemitismus. Dabei spielen Neonazis durchaus eine Rolle in der deutschen Fanszene. (DW)

Rechtsextremismus im Fußball nur abgeleitetes Problem?

Derzeit wird oft gefordert, mehr Druck auf Rechtsextreme im Fußball auszuüben. Doch das Innenministerium erklärt lieber der gesamten "gewaltnahen" Fanszene den Kampf – weil sie die Radikalen anlocke. Im NRW-Innenministerium hält man Rechtsextreme im Fußball für ein zwar nicht zweitrangiges, wohl aber abgeleitetes Problem. Die Rechtsextremen würden sich nur deshalb häufiger unter die Fans mischen, weil es dort ein Milieu aus Rechtsstaatsverachtung und Gewaltfreude gebe. (Welt)

Coming–out von Steffi Jones, Pläne des DFB

Steffi Jones, 111-malige Nationalspielerin, WM-Cheforganisatorin von 2011 und heute Direktorin beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), ließ sich beim Ball des Sports am Samstagabend in Wiesbaden mit ihrer neuen Freundin Nicole fotografieren und vollzog damit offiziell ihr Coming-out. (Welt, Queer.de) Wäre in Wiesbaden ein männlicher Fußball-Nationalspieler mit seinem Geliebten aufgetaucht, hätte es vermutlich ein mediales Beben gegeben. Schwule Profifußballer sind nach wie vor eines der größten Tabus des Sports. Bis auf Marcus Urban, der einige Zweitligaspiele für Rot-Weiß Erfurt bestritt und inzwischen den DFB in Sachen Homophobie berät, hat es bislang kein Spieler im bezahlten Fußball Deutschlands gewagt, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen. Ende Februar soll jetzt offenbar vom DFB ein Strategiepapier mit dem Titel "Umgang mit Coming-outs im Fußball" veröffentlicht werden. "Eine Handreichung vor allem für die Verbände und Vereine, viele gute Hinweise finden sich darin für Bundesligaklubs genauso wie für Amateurvereine und für betroffene Spieler, Fans und Medien", sagt Urban. (News.de)

Österreich: Schuldspruch wegen "U-Bahn-Lied" bestätigt

Drei Männer besuchten im August 2011 mit 5200 weiteren Zuschauern das Spitzenspiel der Ersten Liga (das ist die zweithöchste Spielklasse) Österreichs zwischen Austria Lustenau und dem Lask. Dabei stimmten sie zweimal folgende Zeilen an: "Eine U-Bahn, eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Lustenau bis Auschwitz, eine U-Bahn bauen wir." Der Oberste Gerichtshof der Alpenrepublik bestätigte nun ein Urteil einer unteren Instanz gegen die Männer wegen "Wiederbetätigung". (Die Presse)

Beitar Jerusalem: Doppelte Standards gegenüber Israel

Ronn Torossian kritisiert in einem Kommentar doppelte Standards gegenüber Israel. Hintergrund ist die Empörung über Proteste von Fans des Klubs Beitar Jerusalem gegen die Verpflichtung von zwei muslimischen Spielern. (Algemeiner)

Kampf gegen Rechtsextremismus: Feigenblatt für Spitzel in der Kurve?

In den vergangenen Wochen wurde durch parlamentarische Anfragen von Piraten- und Linkspartei bestätigt, was bislang nur ein Gerücht war: In mehreren Bundesländern bespitzelt die Polizei Fußballfans durch Informanten in der Szene. Die Jungle World sprach darüber mit Angela Furmaniak. Sie ist Rechtsanwältin in Lörrach und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte. Die 43jährige arbeitet schwerpunktmäßig im Umfeld des VfB Stuttgart. (Jungle World)

Dresden: Verhärtete Front im Hooligan-Prozess

Schlechte Tonaufzeichnungen, ignorierte Ermittlungsansätze – noch immer hagelt es Kritik im Prozess gegen die mutmaßlichen Chefs der "Hooligans Elbflorenz". (Sächsische Zeitung)

Rassismus im niederländischen Fußball

Jozy Altidore, 23-jähriger Fußballspieler aus den USA in Diensten des niederländischen Erstligisten AZ Alkmaar, wurde kürzlich beim Pokalspiel seines Klubs beim FC Den Bosch von Fans der Heimmnannschaft rassitisch beleidigt. Diese ahmten unter anderem "Affenlaute" nach. Das Spiel wurde zeitweise unterbrochen. Altidore machte jedoch klar, dass er das Spiel fortsetzen wolle. Am Ende gewann Alkmaar mit 5:0, Altidore erzielte ein Tor per Elfmeter. (AFR, HB)

Ultra-Langzeitgedächtnis

In vielen Bundesligavereinen sind es die verschrienen Hardcore-Fans, die sich für die Erinnerung an jüdische Trainer, Spieler und Mitglieder engagieren. (Jüdische Allgemeine)

Erstes schwules Rugbyteam in Deutschland

Es wird geschwitzt, gebrüllt und einem Ball hinterher gerannt: Männlicher als Rugby kann Sport eigentlich nicht sein. In Berlin hat nun eine Gruppe homosexueller Männer den Kontaktsport für sich entdeckt - als erstes schwules Rugbyteam in Deutschland. (FAZ)

Ägypten: "Die Menschen sterben hier nicht wegen Fußball"

Nach den 21 Todesurteilen für die mutmaßlichen Drahtzieher der Stadionkatastrophe von Port Said ist die Gewalt auf den Straßen Ägyptens erneut eskaliert. Mit Karim Adel von der al Ahly Kairo-Ultra-Gruppierung "Ahlawy" nimmt erstmals einer der führenden Ultras des Landes Stellung zu der Katastrophe von Port Said und ihren Folgen. (11 Freunde)

Gewalt gegen Schiedsrichter

Als Schiedsrichter bist du der ärmste Mann auf dem Platz. Alle wissen es besser, alle können es besser, in der Fankurve im Stadion und vor dem Fernseher sowieso. Ein falscher Pfiff und du hast alle gegen dich: Spieler, Trainer, Fans. Vor allem in den unteren Ligen werden die Übergriffe auf die Unparteiischen immer härter. In Berlin mussten seit Beginn der Hinrunde im Sommer 2012 acht Spiele wegen Gewalt gegenüber dem Schiedsrichter abgebrochen werden. (ntv) Nach der jüngsten Attacke auf einen Schiedsrichter bei einem Hallenturnier in Krefeld fordert der SC Viktoria 09 Krefeld, Gewalttaten von Fußballern im Spielerpass registrieren zu lassen. Der zuständige Fußballverband Niederrhein will davon nichts wissen. (DerWesten) Eine interaktive Grafik der Süddeutschen zeigt die Entwicklung der Schiedsrichterzahlen, was die Spielleiter bis hinunter in die Kreisebene verdienen - und wie oft in Bayern ein Schiedsrichter beleidigt wird. (SZ)

Der taktische Schlagstockeinsatz

In der aktuellen Kolumne von Frank Willmann geht es nicht um Gewalt, die von Fußballfans ausging. Denn in Fürth wanderten neulich die Schwachen den Starken vor die Schlagstöcke. (Tagesspiegel)

drucken