Presse- und Blogschau 14.2.-20.2.2013

Coming-out von US-Profi Robbie Rogers +++ DFB erarbeitet Coming-Out-Leitfaden +++ Initiative "Fußballfans gegen Homophobie" ausgezeichnet +++ Nazis greifen BVB-Mitarbeiter an: die Reaktionen +++ Nazis bei Energie Cottbus +++ Abschied eines Überlebenden +++ Braunschweig: gegen Nazis in der Fankurve +++ NS-Sympathien: Celta de Vigo sagt neuem Co-Trainer ab +++ Spanien: Schiri nach Spieler-Attacke schwer verletzt +++ Neue Fifa-Strafen gegen Rassismus?

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von Fussball-gegen-nazis.de

Coming-out von US-Profi Robbie Rogers

Das Coming-out des amerikanischen Fußballprofis Robbie Rogers am letzten Freitag hat zu überwiegend positiven wie zahlreichen Reaktionen von anderen Spielern geführt. Der Hamburger schwul-lesbische Sportverein Startschuss SLSV sieht allerdings in dem Coming-out bei allem Lob für Rogers keinen Befreiungsschlag, sondern ein Alarmsignal: Durch den Rückzug vom Fußball sei der Eindruck erweckt worden, dass Homosexualität und Profifußball nicht vereinbar seien. "Die Verantwortlichen im Sport müssen deutlich machen, dass diese Vereinbarkeit durchaus gegeben ist und dies endlich auch durch Taten untermauern", so Fußball-Abteilungsleiter Carsten Stock. Die Verantwortlichen im Fußball, die ihn jetzt zu seinem Coming-out gratuliert haben, müssten sich im gleichen Atemzug die Frage stellen, weshalb Rogers seine Karriere mit 25 Jahren nicht fortsetzen wolle. "Wieso erzeugt unsere Gesellschaft immer noch einen Druck, der die Betroffenen in Angst vor Verurteilung und Ablehnung leben läßt?" (Queer.de, SZ)

DFB erarbeitet Coming-Out-Leitfaden

Der DFB hat bereits seit längerer Zeit Schritte eingeleitet, um schwulen Fußballern das Outing zu erleichtern. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Sportsoziologen Gunter A. Pilz entwickelt derzeit einen Leitfaden, der am 28. Februar vorgestellt werden soll. "Der Leitfaden wird vorbereitet, damit Vereine und Verbände auf ein mögliches Outing vorbereitet sind und bestenfalls Hilfestellung leisten können", erklärt Pilz, der nicht glaubt, dass das Outing von Rogers Auswirkungen auf den deutschen Fußball hat: "In den USA und England ist die Situation eine andere. Dort haben sich Sportler geoutet, ohne dass etwas passiert ist. Wir haben in Deutschland eine andere Fankultur." In der Arbeitsgruppe des DFB zur Erstellung des Leitfadens befindet sich auch Marcus Urban, der einzige Fußball-Profi Deutschlands, der sich bisher als homosexuell geoutet hat. (RP) Mit Urban sprach die 11 Freunde über Robbie Rogers.

Initiative "Fußballfans gegen Homophobie" ausgezeichnet

Die Faninitiative "Fußballfans gegen Homophobie", die im Sommer 2011 von Fans des Berliner Fußballvereins Tennis Borussia ins Leben gerufen wurde, wird zusammen mit anderen Initiativen im Rahmen des Wettbewerbs „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ für ihr bundesweites Engagement gegen Homophobie im Fußball mit einem Preisgeld von 4.000 Euro ausgezeichnet. Insgesamt 344 Vereine und Initiativen aus ganz Deutschland hatten sich bei dem Wettbewerb des Bündnisses für Demokratie und Toleranz beworben. (LSVD)

Nazis greifen BVB-Mitarbeiter an: die Reaktionen

Während des Spiels des BVB in Donezk attackierten Neonazis den in Fankreisen angesehenen Fan-Projekt-Mitarbeiter Thilo Danielsmeyer und schlugen ihn brutal zusammen. "Dortmund bleibt rechts", riefen die Angreifer dabei immer und immer wieder. "Das ist ein Tabubruch", so Danielsmeyer. "Die Zwei waren so voller Hass", erinnert er sich. Schon vor dem Spiel war das Brüderpaar aufgefallen. Die beiden Männer und ihr Vater skandierten "Dortmund gehört uns" - ein beliebter Slogan bei Neonazis. Jens Volke, einer der Fanbeauftragten des BVB , wollte sich ein Bild von der Situation machen und wurde von den Männern attackiert. Einer schlug Volke ins Gesicht, Ordner schritten ein, bevor Schlimmeres passieren konnte. Gegen die drei Männer erstatteten Volke und Danielsmeyer am Freitag Anzeige bei der Polizei in Dortmund. (DerWesten) Der Fall zeigt, wie stark Rechtsextremismus in Teilen der BVB-Fanschaft verankert ist. Der Verein kämpft dagegen an, wirkt aber mitunter machtlos. "Dass es nun beim BVB zu einer Eskalation der Gewalt, ausgeübt von Rechtsextremen, kam, ist für mich überhaupt nicht verwunderlich: Der Verein hat bei dieser Problematik viel zu lange weggeschaut. Und das, obwohl sie lange Zeit bis ins Detail genau über dieses Thema informiert wurden", sagt Claudia Luzar. Die Wissenschaftlerin vom Heitmeyer-Institut für Konflikt- und Gewaltforschung betreut die Dortmunder Opferberatungsstelle "Back Up". (Spon) Dortmunder Anhänger haben am Samstag im Vorfeld des Bundesliga-Spiels gegen Eintracht Frankfurt mit einem organisierten Protest gegen die gewaltsamen Übergriffe reagiert. Ein 50 Meter langes Banner mit der Aufschrift "Borussia verbindet Generationen, Männer und Frauen, alle Nationen" wurde auf der Osttribüne angebracht. Der BVB-Hauptsponsor Evonik hatte dafür auf seine Werbebande verzichtet. (kicker) Der Blog "Luschenelf" kommentiert in einem vielbeachteten Post: "Und so ehrenwert ein Banner wie 'Borussia verbindet Generationen, Männer und Frauen, alle Nationen!' auch gemeint sein mag, es zeugt von erschreckend geringer Weitsicht und von Naivität. Es geht hier nicht um Nationen, es geht um Rassismus, der sich einen Dreck um Personalausweise schert, es geht nicht um Altersdiskriminierung (was zum Teufel suchen die Generationen auf dem Banner?) und es geht jetzt nicht primär um Sexismus (der leider immer präsent ist im Stadion). Ein Slogan im besten FIFA oder IOC Duktus ist unfassbar wenig hilfreich. Benennt das Problem! Es stehen Faschisten und Neonazis auf den Rängen, die ihre Politik natürlich auch ins Stadion tragen. Nennt sie so. Und steht dazu, dass wir ein Nazi-Problem haben in der Stadt und im Verein. Schiebt es nicht auf die Ultras, nennt nicht Pyrotechnik in einem Atemzug, sondern benennt die Neo-Nazis als das entscheidende Problem." (Luschenelf) Ähnlich argumentiert Fokus Fußball: "Ich erwarte ein klareres Auftreten aller im Fußball aktiven Personen. Vor allem von den Funktionären. Und damit meine ich nicht gut gemeinte Banner oder rote Karten gegen rechts. Ich will Konzepte, die rechten Umtrieben klare Kante zeigen, und keine verharmlosende Argumentation, die das Problem auf wenige Einzeltäter beschränkt." Danielsmeyer selber zieht hingegen den Schluss: "Viele sind wachgerüttelt worden und haben erkannt, dass Politik nicht ins Stadion gehört" (Reviersport) Der polizeiliche Staatsschutz Dortmund schult nunmehr die Stadion-Ordner des BVB. Sie sollen rechtsextreme Fans dadurch schneller identifizieren können. Bisher haben die Stadionordner an vier Workshops des Staatsschutzes teilgenommen. Es soll bald weitere geben. (DerWesten) Unterdessen forderte BVB-Fanvertreter Marco Blumberg Trainer Jürgen Klopp zu einem stärkeren Engagement gegen Rechts auf. "Wenn Klopp mal was dazu sagen würde, dann hätte so eine Stellungnahme deutlich mehr Aufmerksamkeit", sagte der ehrenamtliche Leiter der Fan- und Förderabteilung des Bundesligisten. (DerWesten)

Nazis bei Energie Cottbus

Die Antwort auf eine Kleine Anfrage im Brandenburger Landtag zur Cottbuser Fangruppe "Inferno" fällt deutlich aus. Den Gruppenkern bilden maßgeblich Rechtsradikale. Das und weitere Details werden nun öffentlich. Auf der Nordtribüne gleich neben dem Stadiontunnel, durch den die Spieler in Cottbus auf den Rasen laufen, hat die Fan-Gruppierung "Inferno" ihren Platz. Dort wehte bisher ihre Fahne. Doch seit Spielbeginn nach der Winterpause ist "Inferno" nicht nur in Cottbus aus dem Stadionbild verschwunden. Egal ob Heim- oder Auswärtsspiel: Keine Inferno-Fahne, keine Inferno-Banner sind zu sehen. Eine Erklärung dafür gibt es für Außenstehende nicht. Denn der FC Energie Cottbus hüllt sich seit Wochen bei Fragen der Lausitzer Rundschau zu "Inferno" und dessen Verbindung in die rechtsextreme Szene in Schweigen. (LR)

Abschied eines Überlebenden

Im Jahr 1970 qualifizierte sich Israel zum einzigen Mal für eine Weltmeisterschaft, verantwortlich dafür war Emanuel »Eddy« Schaffer. Der Schoah-Überlebende setzte als Trainer mit dem Nationalteam ein deutliches Lebenszeichen und leistete zudem Pionierarbeit im deutsch-israelischen Verhältnis. Am 30. Dezember ist Schaffer nach langer Krankheit verstorben. (Publikative)

Braunschweig: gegen Nazis in der Fankurve

Die Ultras Braunschweig kämpfen gegen das strukturelle Problem mit Rechten bei der Eintracht - jetzt auch wieder im Stadion. (ND)

NS-Sympathien: Celta de Vigo sagt neuem Co-Trainer ab

Aus "ideologischen Gründen" hat der spanische Erstligist Celta de Vigo eine Verpflichtung des früheren Torjägers Salva Ballesta als Assistenztrainer im letzten Augenblick platzen lassen. Der Sohn eines Luftwaffenoffiziers hatte den NS-Kampfpiloten Hans-Ulrich Rudel 2006 in einem Interview als sein Idol bezeichnet und den Wunsch geäußert, den spanischen Putschisten Antonio Tejero kennenzulernen. (RP)

Spanien: Schiri nach Spieler-Attacke schwer verletzt

Er leitete ein Amateurspiel - und musste kurze Zeit später notoperiert werden: Ein 17-jähriger spanischer Schiedsrichter ist von einem Spieler so heftig verletzt worden, dass Ärzte seine Milz entfernen mussten. Der Angreifer ist Polizeibeamter. Der Referee hatte ihm die Rote Karte gezeigt. (Spon, FAZ)

Neue Fifa-Strafen gegen Rassismus?

Die Fifa will offenbar auf ihrem Kongress Ende Mai eine Reihe von härteren Sanktionen gegen rassistisches Verhalten beschließen. (ESPN)

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