Presse- und Blogschau 13.12.-19.12.2012

Rassistische und homophobe Fan-Initiative in St. Petersburg +++ Rechtsextreme im Sicherheitsdienst des BVB +++ Reportage mit Neonazi-Aussteiger +++ Braune Eminenzen in deutschen Fanszenen +++ UEFA bestraft serbischen Fußballverband nach rassistischen Ausschreitungen +++ Ferdinand-Brüder kritisieren lasche UEFA-Sanktionierung +++ Nachlese: Absegnung des DFL-Konzeptpapiers

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von fussball-gegen-nazis.de

St. Petersburg: Fans schockieren mit Rassismus und Homophobie

Der Spiegel berichtet von einer Initiative der größten Fangruppierung Zenit St. Petersburgs, die sich gegen dunkelhäutige und homosexuelle Spieler ausspricht. Diesen wird im "Manifest für einen traditionellen Fußball" vorgeworfen, dass sie dem Club seine Identität rauben würden. Ihre Forderung: Zuerst sollte Zenit slawische Spieler verpflichten, zur Not Europäer. Nur wenn man intensiv gesucht und nichts Passendes gefunden habe, könnten die Scouts "nach Südamerika fliegen", wie es in der Schrift heißt.

In einem Artikel des Guardian werden weitere, diesbezügliche Passagen des Papiers zitiert, wobei die rassistische Gesinnung der Faninitiative "Landskrona" noch stärker deutlich wird.

Der Vorstand des Vereins und Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer distanzierten sich umgehend von dem Manifest. "Es gibt absolut keine Politik bei Zenit, die Spielerauswahl in irgendeiner oberflächlichen Weise zu beschränken. Die einzige Beschränkung ist die Qualität eines Spielers", so die unmissverständliche Äußerung des ehemaligen HSV-Verantwortlichen Beiersdorfer zur Forderung des größten Zenit-Fanclubs. (goal.com)

Rechte unterwandern Sicherheitsdienst beim BVB

Rafael Buschmann für Spiegel Online berichtete in der letzten Woche vom Nazi-Problem beim amtierenden Deutschen Meister Borussia Dortmund. Dort haben Rechtsextreme den Sicherheitsdienst unterwandert, verbreiten rassistische Parolen und verprügeln Gästefans. Detailliert wird dabei auf die Ordner-Karriere von Sascha N. eingegangen, welcher außerdem einschlägig vorbestrafter Hooligan und Mitglied der rechten Schlägergruppe "Northside" gewesen ist. Zudem soll er mit zwei anderen BVB-Sicherheitskräften einen Schalke Anhänger auf der Gäste-Toilette des BVB-Stadions schwer verletzt haben. Die juristische Aufarbeitung läuft noch. Der Autor schlussfolgert, dass der BVB noch keine wirksame Antwort auf das Problem der rechtsextremen Unterwanderung ihres Sicherheitsdienstes gefunden hat.

Nunmehr hat sich Borussia Dortmund gegen eben diesen Vorwurf gewehrt. Der Ordner Sascha N. sei sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe vorläufig suspendiert worden. Zudem wird der BVB alle 800 Ordner anschreiben und auf die "demokratischen Spielregeln" hinweisen. (Der Westen)

Bezüglich der Suspendierung von Sascha N. erwartet BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ein juristisches Nachspiel: "Den beschuldigten Ordner haben wir auf beidseitigem Wunsch suspendiert. Man muss aber festhalten, dass da Aussage gegen Aussage steht. Das wird sich dann sicherlich gerichtlich klären", wird der Klub-Boss in der "Bild"-Zeitung zitiert. (Handelsblatt Online)

Neonazi-Aussteiger: Es könnte auch Tote geben

Wie kommen Neo-Nazis zum Fußball? Felix Benneckenstein weiß es. Er ist ausgestiegen aus der Szene: "Die nehmen in Kauf, dass es Menschenleben treffen kann", sagt er im Interview mit Thomas Wark in der ZDF-Sportreportage.

Die braunen Eminenzen

Auch Nicole Selmer beleuchtet in ihrem auf ballesterer.at erschienen Artikel die Erstarkung der rechtsextremen Szene in Fußball-Deutschland. Im Mittelpunkt dabei stehen Gewaltmonopole rechter Hooligans und dessen Ausspielen gegenüber neuen linken Gruppen. Verblüfft ist die Autorin darüber, dass eine klare Abgrenzung gegenüber Rechts in der Auseinandersetzung deutscher Ultras mit dem DFL-Papier komplett unter den Tisch fällt.

Ausschreitungen und rassistischen Beleidigungen: UEFA bestraft serbischen Fußballverband

Wegen Ausschreitungen beim U21-Match gegen England ist der serbische Fußballverband (FSS) von der UEFA bestraft worden. Der FSS muss im Zuge dessen ein U21-Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden lassen sowie eine Geldstrafe von 80.000 Euro leisten. (spox)

Ferdinand-Brüder kritisieren lasches Vorgehen der UEFA

"Die UEFA nimmt Rassismus nicht Ernst. Die Strafen funktionieren nicht. Sie haben keinen Einfluss auf Verbände/Klubs/Fans/Spieler", beklagte Rio Ferdinand via "Twitter" und bezog sich dabei auf die Sanktionierung des serbischen Fußballverbandes. Der Verteidiger von Manchester United befürchtet zudem auch in Zukunft ein zu lasches Vorgehen des Verbandes gegen Rassismus. Ferdinands Bruder meldete sich ebenso zu Wort. (spox)

Owen Wilson vom Guardian fasst die Kritik an dem Urteil zusammen: Auch ihm fehlt in diesem ein deutliches Zeichen gegen Rassismus durch die UEFA. Nicht zum ersten Mal.

England: Anti-Rassismus-Seminare für Fußballer geplant

Unterdessen berichtete die dpa, dass in der englischen Premier League einem Bericht der BBC zufolge ausländische Fußball-Profis zukünftig in Anti-Rassismus-Seminaren geschult werden sollen. Die Kurse seien Teil eines Maßnahmen-Pakets, mit dem die gestiegene Zahl rassistischer Angriffe im englischen Fußball bekämpft werden soll. Ein weiterer Vorschlag ist, dass die Vereine in allen Verträgen mit Trainern und Spielern verpflichtend einen Anti-Diskriminierungs-Paragraphen verankern. (Süddeutsche.de)

England: Profis für Mindestsperre bei rassistischen Beleidigungen

Die englischen Fußball-Profis haben sich für eine Mindestsperre von fünf Spielen für rassistische Beleidigungen ausgesprochen. "Wir wollen, dass es bei den Strafen eine gewisse Einheitlichkeit gibt und die Ernsthaftigkeit unserer Herangehensweise an dieses Thema unterstreichen", sagte Gordon Taylor, Vorsitzender der Vereinigung der englischen Profi-Fußballer (PFA), am Mittwoch.

Zuletzt war es in der Premier League immer wieder zu Rassismus-Anschuldigungen gekommen. Seitdem wird in England diskutiert, wie das Problem in den Griff zu bekommen ist. Die Mindestsperre ist einer von mehreren Vorschlägen der PFA, die in den entsprechenden Gremien diskutiert werden sollen.

John Terry, Kapitän des FC Chelsea, war vor einigen Wochen wegen der rassistischen Beleidigung eines dunkelhäutigen Verteidigers für vier Spiele gesperrt worden, Liverpool-Stürmer Luis Suarez musste für das gleiche Vergehen acht Spiele zusehen. (Zeit.de)

Nachlese: Das Konzeptpapier der DFL zur Sicherheit im Stadion ist abgesegnet worden

Aufgrund der Terminierung der Presseschau sind wir bezüglich dieses Themas etwas spät dran. Deswegen nur zwei kurze Leseempfehlungen:

Stadionwelt gibt einen Überblick zahlreicher Stellungnahmen von der Mitgliederversammlung der DFL im Sheraton Congress Hotel in Frankfurt. Im Mittelpunkt stehen dabei Akteure auf Fan- und Vereinsebene sowie Wissenschaftler und Stadionbetreiber.

Als einer von zwei Klubs lehnt Union Berlin das Sicherheitskonzept der DFL ab. Der Verein hält die Beschlüsse der Liga für symbolische Politik, für die sich die Verantwortlichen zu schade seien. Boris Herrmann beleuchtet auf Süddeutsche.de warum auch andere Klubs die Regeln bemängeln – und dennoch dafür stimmen.

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