Linke Fangruppierungen - wie hier bei TeBe Berlin - sind der gemeinsame Feind der "GnuHonnters"
flickr/ cc/ Groundhopping Merseburg

"GnuHonnters" - Deutschlands Hooligans vernetzen sich

In den Achtzigerjahren entwickelte sich auch im deutschen Fußball die Fankultur der „Hooligans“, die sich in Abgrenzung zu den vereinstreuen Kuttenfans von der traditionellen Fankultur entfernte. Anstatt einen rein spiel- und vereinsbezogenen Fanatismus zu zelebrieren, verlagerten die kommerzialisierungskritischen Hooligans ihr Hauptaugenmerk auf das Geschehen außerhalb der Fußballstadien. Wichtiger wurde der gewaltsame Konflikt mit anderen Hooligangruppen, das Duell in der „dritten Halbzeit“. Innerhalb der Szene wurden häufig auch rechtsextreme Tendenzen deutlich, die sich in Übergriffen auf unbeteiligte – gerne ausländisch wirkende – Opfer verdeutlichte. Die Kultur des Hooliganismus ist also keineswegs ein neues Phänomen, ihre Vernetzung untereinander allerdings schon. Statt sich gegenseitig zu bekämpfen, kam es in letzter Zeit zu Treffen und gemeinsamen Aktionen rechtsextremer Fangruppierungen – 17 von Ihnen gründeten sogar das Netzwerk „GnuHonnters“.

Von Marc Latsch

Im Herbst 2013 kam es in Berlin zu einem bizarren Aufeinandertreffen. Anlässlich des 30.Geburtstags einer Hooligangruppe trafen sich Mitglieder der „GnuHonnters“ zu Bier und Rockmusik. Stripperinnen traten auf, Tabledance wurde geboten, einer der Gäste brachte gar  eine Riesenschlange zu den Feierlichkeiten mit. Gegründet hatten sich die „GnuHonnters“ Anfang des Jahres 2012 auf einem Bauernhof in Leichlingen im Rheinland. Auf Einladung der Dortmunder Borussenfront mit ihrem Anführer Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt wurde gemeinsam Bier getrunken und von alten Schlachten erzählt. Der Name der neuen Vereinigung soll für „New Hunters“ (Neue Jäger) stehen, ihr Leitspruch lautet „Kameraden im Geiste. Viele Farben, dennoch eine Einheit“. Gruppierungen die sich sonst Woche für Woche quer durch die Bundesrepublik die Schädel einschlagen, schlossen sich plötzlich zu einer Gemeinschaft zusammen.

Herstellung alter Werte

Doch was soll der Zweck einer solchen Hooligan-Vereinigung sein, wo doch die eigenen Grundsätze auf der Rivalität untereinander fußen. Wenn sich verfeindete Gruppierungen zusammenfinden, existiert immer ein höhergeordnetes Ziel, für dass es sich gemeinsam zu kämpfen gelohnt. So spielte es sich z. B. bei verfeindeten Fangruppierungen in Donezk ab, die für eine vereinte Ukraine ihre Schlachten einstellten. Auch die „GnuHonters“ folgen einem gemeinsamen Leitbild. Die Hooligans entwickelten ein Pamphlet, das auf drei grundsätzlichen Zielsetzungen aufbaut: „Herstellung alter Werte“, „Keine Antifa im Stadion“ und „Meinungsfreiheit zurückgewinnen“. Der gemeinsame Feind ist also der Zeitgeist, die öffentliche Wahrnehmung und das größte Ziel die Verdrängung linksgerichteter Fangruppierungen aus den Fußballstadien des Landes. Um diese Herausforderungen zu meistern, ruhen die Konflikte zwischen den Rechtsextremen. Die Bewegung der „GnuHonnters“ soll mittlerweile bis zu 300 Personen umfassen, die gemeinsam um ihre Vormachtstellung kämpfen.

Gemeinsam gegen Pierre Vogel

Abgesehen von der Gründung der „GnuHonnters“ sprechen einige Ereignisse der vergangenen Monate für eine zunehmende Vernetzung innerhalb der rechten Hooligan-Szene. Anfang des Jahres fanden sich führende Vertreter der militanten Wiener Gruppierung „Unsterblich“ anlässlich eines Freundschaftsspiels des 1.FC Kölns gegen Austria Wien in der Domstadt ein. Die Österreicher suchten nicht den Konflikt mit den Hooligans des Gastgebers, sondern übernachteten gleich bei Ihnen. Es soll auch Treffen mit anderen Fangruppierungen in Europa gegeben haben, „Unsterblich“ ist auf der Suche nach internationalen Kontakten. Wie eine Zusammenarbeit verschiedener Hooligangruppen aussehen kann, zeigte sich zuletzt bei einigen Auftritten des Salafisten Pierre Vogel. Hooligans aus den Fanszenen in ganz Deutschland verabredeten sich im Internet zu gemeinsamen politischen Aktionen, die Störung der jeweiligen Kundgebungen sollte ein erster Testlauf mit Blick auf die öffentliche Reaktion sein. Bei Vogel-Auftritten in Mönchengladbach und Mannheim versammelten sich dann wirklich Störer aus der Hooliganszene, lösten damit jedoch nur ein regionales Medienecho aus. Die Wahl des Salafisten Vogel als Feindbild ist aber durchaus repräsentativ für die Taktik der Szene. Da auch weite Teile des demokratischen Spektrums dessen Auftritte ablehnen, hoffen die Rechtsextremen auf eine positive Resonanz aus der Mitte der Gesellschaft. Es könnte nur der Anfang einer Vielzahl gemeinsamer politischer Aktionen gewesen sein.

 

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