In der Initiative "Sulzbach wehrt sich" sind offenbar zumindest keine Grafiker aktiv.
Screenshot Facebook, 21.12.2017

Saarland 2017: Abwertende Debatten mit NPD-Unterstützung

Jahresrückblick 2017: Führende NPD-Köpfe wie Bundesvorsitzender Frank Franz und Partei-Jurist Peter Richter stammen aus dem Saarland - sind die Wahlerfolge auch gering, hat die Partei trotzdem noch Einfluss auf die rechtsextreme Szene. Die AfD macht mit Personalstreitigkeiten und einem Prozess wegen Volksverhetzung von sich reden.

 

Für den Belltower.News-Jahresrückblick befragen wir zivilgesellschaftlichen Initiativen und Akteur_innen über die Situation in ihrem Bundesland. Den Jahresrückblick für das Saarland  schreibt das Adolf-Bender-Zentrum e.V.

 

Rechtsextreme Szene

Schon im Frühjahr 2017 konnte die NPD für Aufmerksamkeit sorgen und ihren Bundesparteitag im Saarbrücker Schloss abhalten. Das Saarbrücker Bündnis „Bunt statt Braun“ rief zum Gegenprotest auf. Rund 4.000 Menschen folgten dem Ruf und demonstrierten friedlich gegen Rechtsextremismus. Auf dem Parteitag wurde der aus dem Saarland stammende Frank Franz als Bundesvorsitzender der NPD in seinem Amt bestätigt. Neben Franz gilt auch der Saarländer Peter Richter bundesweit als eine wichtige Figur innerhalb der NPD. Der Jurist war Prozessbevollmächtigter der NPD im Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.

Im Saarland ist die NPD in fünf Kommunalparlamenten vertreten und erreichte bei der Landtagswahl 2017 lediglich 0,7 Prozent der Stimmen (2012: 1,2 Prozent). Trotz der geringen Wahlerfolge stellen einzelne Akteure und Vorfeldorganisationen der NPD (z.B. „Bündnis Saar“ oder „Sulzbach wehrt sich“) Menschen in bestimmten Regionen und Stadtteilen vor große Herausforderungen. Vor allem im Sommer des Jahres 2017 nutzten rechtsextreme Akteure die Debatte um den Neubau einer Moschee durch eine vom saarländischen Verfassungsschutz als salafistisch eingestufte Gemeinde. Als Ende Juni der Moscheebau eine größere öffentliche Aufmerksamkeit erfuhr, gründeten Aktivist_innen aus der rechtsextremen Szene die Gruppe „Sulzbach wehrt sich“ und riefen zu Kundgebungen in Sulzbach auf. An den Kundgebungen beteiligten sich neben Szenemitgliedern auch Menschen aus dem bürgerlichen Milieu. Als Redner traten neben dem Vorsitzenden der Saar-NPD, Peter Marx, auch überregionale sowie internationale rechtsextreme Akteure auf. Die Aktivitäten der rechtsextremen Szene in Sulzbach befeuern eine Konfliktspirale, die nicht nur eine demokratische Auseinandersetzung mit dem Moscheebau deutlich erschweren, sondern auch Sorgen und Ängste vor allem bei muslimischen Einwohner_innen auslösen.

Auch das international agierende Neonazi-Netzwerk Hammerskins ist im Saarland aktiv. Die Hammerskins betreiben in der saarländischen Kleinstadt Dillingen ein Clubheim mit dem Namen „Hate Bar“, in dem im Jahr 2017 Veranstaltungen stattfanden.

 

Rechtspopulistische Szene

Neben der einschlägigen rechtsextremen Szene führt sich auch im Saarland der besorgniserregende Trend fort, dass rechtspopulistische bis rassistische Parolen und Botschaften zunehmend in der gesellschaftlichen Mitte geäußert werden. Dies ist vor allem in Sozialen Medien zu verzeichnen, aber auch in Schulen, Gemeinwesenzentren oder gegenüber zivilgesellschaftlichen Initiativen wiederzufinden. Befeuert wird dies durch rechtspopulistische Akteure, die die Grenzen des Sagbaren Stück für Stück verschieben und dadurch insbesondere islamfeindliche und flüchtlingsfeindliche Botschaften verfestigen.

Die AfD erlangte bei der Landtagswahl im Saarland 6,2 Prozent der Stimmen und bei der Bundestagswahl 10,1 Prozent der Zweitstimmen. In einigen Kommunen schaffte die AfD bei der Bundestagswahl auch Ergebnisse deutlich über dem Landesdurchschnitt. So konnte sie beispielsweise in Sulzbach 13,5 Prozent und in Homburg 13,2 Prozent Stimmenanteile erreichen.

Mit ihrem Ergebnis bei der Landtagswahl im Frühjahr 2017 schaffte es die AfD erstmals in den saarländischen Landtag und ist dort neben ihrem Landeschef Josef Dörr mit zwei weiteren Abgeordneten vertreten. In diesem Jahr machte die AfD vor allem Schlagzeilen durch innerparteiliche Personalstreitigkeiten und aufgrund von Ermittlungsverfahren gegen zwei höherrangige Mitglieder der AfD wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Ein Mitglied des Landesvorstands wurde zu einer Geldstrafe von 2.250 Euro verurteilt, da sie in einem Facebook-Post über Hilfsorganisationen und Flüchtlinge geschrieben hatte: „Am besten alle samt Inhalt versenken. Ja, ich meine das ernst. Ich habe keinen Bock auf diese kriminellen Schlepperbanden und genauso wenig auf ihre Kundschaft, die sich hier aufführt wie die Primaten.“

Gegen rechtsextreme und rechtspopulistische Aktivitäten sind im Saarland viele haupt- und ehrenamtlich aktive Menschen tätig. In Bündnissen, Netzwerken oder in Projekten treten sie für demokratische Werte ein und fördern so das gesellschaftliche Miteinander. Genau dieses Engagement ist wichtig, um den Diskursverschiebungen und den sinkenden Hemmschwellen für menschenfeindliche Äußerungen und Gewalttaten entgegenzuwirken.

 

 

 

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