TickTickBoom: Deutschrap den Deutschen? Deutscher Nationalismus im Rap - ein Zwischenstand (Berlin 2014).
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"Ich bin ein Rassist, und das Tag für Tag“ - NS-Rap von MaKss Damage

Nazis, die rappen? Führerkult und HipHop? Ja, das gibt es. Nazis haben immer schon spannende Jugend- und Subkulturen kopiert, unterwandert und zu ihren eigenen Gunsten interpretiert, um gerade junge Menschen für die Szene zu ködern.

Von Anna Springstoff

Viele der rappenden Nazis tun dies genau aus dieser Motivation heraus (z.B. n’Socialist Soundsystem, Villain051, SZU - Sprechgesang zum Untergang). Sie sind ein Teil der modernen Variante des Neonazismus. Diese Tendenzen werden innerhalb der neonazistischen Szene zum Teil sehr stark diskutiert. Dabei geht es meist um zwei zentrale Fragen: Darf Hip Hop als ursprünglich afro-und latinoamerikanische Musikkultur überhaupt für Neonazi-Zwecke genutzt werden? Und wie sinnvoll ist Hip Hop für die Rekrutierung junger Menschen?

Mittel zur Rekrutierung vs. Reimkunst

Die NS-Rapper*innen sind meistens vom Mittel zum Zweck überzeugt, so zum Beispiel die Band n’Socialist Soundsystem, die eigentlich aus der Band Häretiker – die ursprünglich Rechtsrock machten – hervorgegangen ist und Hip Hop ganz klar als strategisches Mittel sieht. Das merkt man auch ihren Rap-Texten an. Da gibt es keinen Flow und keine Reimkunst. Sie sind eher lächerlich als gut.

Leider lässt sich das nicht über alle NS-Rapper*innen sagen. Einer, der aus der NS-Rap-Szene mit Rap-Fähigkeiten heraus sticht, ist MaKss Damage, mit bürgerlichem Namen Julian Fritsch. Er kommt aus Gütersloh und bezeichnet sich erst seit 2011 offiziell als NS-Rapper. In der Zeit davor war er seit 2008 als Rapper in der linken Szene unterwegs, stieß dort aber auf Grund seiner sexistischen und antisemitischen Texte auf deutliche Kritik und galt mit Textzeilen wie „Ich leite Giftgas lyrisch in Siedlungen die jüdisch sind“ („Arabisches Geld“ 2010) für linke Akteur*innen als nicht tragbar.

In einem sehr langwierigen Interview Anfang 2011 mit zwei der führenden Neonazis Kölns, Axel Reitz und Kevin Koch aus Wuppertal für „medinet-west“, erklärte MaKss Damage, der unter anderem Horst Mahler als sein Vorbild beschreibt, dass er nun überzeugter Neonazi sei. Dieser öffentlich wirksame Schritt des Einstiegs in die Neonazi-Szene wurde von dieser bewusst inszeniert und thematisiert: Ein ehemaliger „Linker” tritt aus der Szene aus und engagiert sich bei der politischen Gegenseite – ein gefundenes Fressen für die Neonazis.

MaKss Damage’ NS-Rap

Auch in den Texten und Inhalten von MaKss Damage spiegelt sich dieser Bruch in Richtung Neonazismus wieder. Das erste Album in der rechten Szene betitelt MaKss Damage mit „Sturmzeichen“. Im September 2011 produziert er mit dem Bielefelder Nazi-Rapper King Bock einen gemeinsamen Track: „Die Faust geht zum Kopf“, in dem MaKss Damage auch noch einmal seinen Wechsel in die neonazistische Szene und seine deutlichen antisemitischen Einstellungen thematisiert: „Setzte mich für mein Blut und unsere Tugend ein. Das Zeckenpack wollte mich brechen, sie haben es sicher gut gemeint, ich steckte sie alle gemeinsam in den nächsten Zug nach Buchenwald [Sound von Gewehrschüssen]. Wasch mich mit der Seife ab, genieß den Lampenschirm“ („Die Faust geht zum Kopf“, 2011). Mit den letzten beiden Sätzen spielt er darauf an, dass Berichten zufolge im Konzentrationslager Buchenwald aus dem Fett jüdischer Häftlinge Seife und aus deren Haut Lampenschirme hergestellt wurden.

Auch King Bock geht offen mit seiner NS-Ideologie um: „Ich trag den Hass in meinem Herzen wie das Steinar-Hemd und ich rappe für mein Land bis mich jeder kennt“. Seine Texte sind geprägt von Nazi-Themen wie Überfremdung und den angeblichen Sorgen der letzten „übriggebliebenen Deutschen“.

Hausdurchsuchung

Der Track mit King Bock bringt den beiden 2012 eine Hausdurchsuchung mit Verdacht auf Volksverhetzung ein, die sich jedoch als Fehlschlag erweist. MaKss Damage veröffentlicht daraufhin die „Hausdurchsuchungs-EP“, mit der er die Ermittler*innen verhöhnt. Seine antisemitischen Inhalte steigern sich zu extremer Gewaltverherrlichung und er zelebriert Vergewaltigungs- und Tötungsphantasien gegenüber politischen Gegner*innen:

„Tanz Zecke, Tanz. Tanz Zecke, Tanz. Ich jag ein paar Kugeln für dich in den Sand. Tanz, Zecke, Tanz. Für meine beiden Eier und meinen Schwanz“ („Zeckentango“, 2012).

Die Texte von MaKss Damage sollen bewusst provozieren und sind extrem menschenverachtend. Sie sind gefüllt von Elementen der NS-Ideologie – dabei geht MaKss Damage ganz offen mit seiner politischen Gesinnung um: „Zu mir kannst du ruhig Nazi sagen, denn ich stehe dazu“ („Ich bin ein Rassist“, 2014).

Aktiv in der Szene

Mit der Neonazi-Szene in Nordrhein-Westfalen ist MaKss Damage seit seinem offziellen „Ausstieg” aus der Linken eng vernetzt und ist auch für die Szene aktiv. Er veröffentlicht unter anderem Ende Juni 2013 ein eigenes Mobi-Video für die Mobilisierung zum Nazi-Aufmarsch in Wuppertal am 21. September 2013 unter dem Namen „Tränengasdusche”, in dem er viele verschiedene Grafiken der Autonomen Nationalist*innen verarbeitet und textlich klar zu Gewalt aufruft: „Achtung, wir rollen die Panzer […] Am Ende kriegt ihr die Backen wieder rappelvoll wie Hamster. […] Achtung, wir kommen zu euch, jetzt wird es richtig deutsch. […] Wir kommen in Unterzahl ins bunte Wuppertal und an der Tränengasdusche werden Wunder wahr”.

Auch in seinem Track „Edelstein“, der von Double-Time-Parts und Querverweisen geprägt ist, rappt er: „Ich mache deutschen Rap weiß wie ein Edelstein. [...] NS-MCs übernehmen das Gebiet, der Soundtrack für das nächste Reich“ („Weiß wie ein Edelstein“, 2013).

MaKss Damage hat ein neues Album mit dem Titel »2033 « angekündigt, das am 20.12.2014 erscheinen soll. Für die Albumpromo veröffentlichte er im Dezember 2014 einen Diss-Track gegen die Rap-Crew Antilopen Gang. Darin versucht MaKss Damage diejenigen ins Lächerliche zu ziehen, die auf Gefahren durch Nazis und Verschwörungstheorien aufmerksam machen. Das erste Video aus dem Album mit dem Song »Enazeti MC« belegt nicht nur die tiefe inhaltliche Verankerung des NS-Rappers in der Nazi-Szene durch Symbole und Codes in Texten. Der Song dient offensiv als Werbevideo für die neonazistische Klamottenmarke Ansgar Aryan – ein deutliches Zeichen, dass sein NS-Rap stark supportet wird, vermutlich auch finanziell. Schon der Titel des Albums »2033« lässt deutlich erahnen, welche weiteren Inhalte auf dem Album zu finden sein werden.

Dieser Text ein Auszug aus der Broschüre "Deutschrap den Deutschen? Deutscher Nationalismus im Rap - ein Zwischenstand". Mit freundlicher Genehmitung der Autorin.

TickTickBoom: Deutschrap den Deutschen? Deutscher Nationalismus im Rap - ein Zwischenstand (Berlin 2014). 

TickTickBoom ist eine Zusammenschluss aus über 20 Sänger*innen, DJ*anes, Beatproduzent*innen, Veranstalter*innen, Grafiker*innen und Rapper*innen, die linken HipHop machen und feiern. Sie nennen diesen linken HipHop "Zeckenrap". Mehr unter www.ttbcrew.de

Texte von Sookee, Rabenkind, Anna Springstoff, Kaos Kanji, Refpolk.

Die Broschüre kann bezogen werden über den Onlineshop von springstoff.de (Download oder Print-Exemplar).

Mehr im Internet: 

| Podium: Rappen für die Revolution?! Linker Rap in Deutschland – Geschichte, Gegenwart, Zukunft. (Video TickTickBoom-Podiumsdiskussion)
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