NS-HipHop: n'Socialist Soundsystem

Neonazis, die HipHop machen? Ja, die gibt es. Sie stehen für die anhaltende Modernisierung der rechtsextremen Szene und sorgen für Gesprächsstoff – auch innerhalb der Neonazi-Bewegung. Trotzdem gibt es schon mehrere Protagonisten - heute: n'Socialist Soundsystem.

Von Hannah Frühauf

Dass „NS-HipHop“ ein Thema unter Neonazis ist, lässt sich beispielsweise aus der „Playlist“ des Monats Februar der rechtsextremen Webseite „mediendesign-resistencia“ ablesen, die dem „NS Rap“ gewidmet ist. Weiter gibt es zahlreiche angeregte Diskussionen innerhalb einschlägiger Neonazi-Internetforen zum Thema „NS-HipHop“ .Die Diskussionen in diesen Foren drehen sich meistens um zwei Fragen. Zum einen, kann und sollte HipHop zur Rekrutierung von Jugendlichen in die rechtsextreme Szene genutzt werden? Und zum anderen, dürfen denn Neonazis – bedenkt man die Wurzeln dieser Musikrichtung - überhaupt HipHop machen, beziehungsweise hören?

Mittel zum Zweck?

Die „NS-Rapper“ selbst sehen ihre Projekte meist nur als Mittel zum Zweck. Eine Jugendkultur soll unterwandert werden, um rassistisches Gedankengut weiter verbreiten und neue Anhänger rekrutieren zu können. Viele der rechtsextremen HipHop-Projekte sind daher auch „nur“ Nebenprodukte bekannter Rechtsrock-Bands. „NS-Rap“ wurde bisher vor allem über das Internet und im Rahmen der „Schüler-CD“ des „Nationalen Widerstands“, also der organisationsfreien Nazi-Szene, verbreitet. Diese ersten, gruseligen Versuche seitens der Neonazis, die HipHop-Kultur zu unterwandern, nimmt „netz-gegen-nazis.de“ zum Anlass, euch in den kommenden Tagen einige Neonazi-Rap-Projekte und „Künstler“ vorzustellen.

n'Socialist Soundsystem oder Enesess

„Ich bin der deutsch gebliebene Deutsche in der Sprechgesangsmusik, der anstatt Koks lieber rot-weiss-schwarze Flaggen hochzieht!“ („Zeit für guten Rap“, Enesess)

Das „n'Socialist Soundsystem“, welches auch unter dem Namen „Enesess“ bekannt ist, hat sich nach eigenen Angaben im Jahre 2010 gegründet. „Enesess“ ist ein HipHop-Projekt der süddeutschen Rechtsrockband „Häretiker“. Ein Album mit dem Titel „Volk ans Mikrofon“ und Liedern wie „Raven gegen Nestbeschmutzer“ oder „Elfter deutscher Bomber“ hat die Band herausgebracht. „N'Socialist Soundsystem“ besteht aus dem „Blastbeatkönig von Thule“ und „Henry H.“. Ihre Mission verkünden sie auf der Band-Homepage: „Wir - und damit sind nicht wir beiden gemeint, sondern alle nationalen und sozialen Freiheitskämpfer - müssen (zurück)erobern, was längst schon in national-sozialer Hand sein müsste!“ Gemeint ist die Eroberung des deutschen HipHop. In ihrem ersten Video zu dem Lied „Shice auf HipHop“ stolpern die Nationalen Rapper gesanglich über ihren eigenen Namen „n'Socialist Soundsystem“ und unglückliche Wortkombinationen wie „lebendig wie ein Fisch im Wasser- ihr Wasserköpfe habt verloren“ oder „eure Fassade die bricht wie die Panade bei Fischstäbchen“. Noch unglücklicher als beim Rappen der Fisch-Vergleiche sehen sie beim „bouncen“ zum Refrain aus: „Euer Rap ist tot, er ist angepasst an BRD die echte Deutsche Welle kommt mit n'Socialist Soundsystem. […]Ich konnte euch nie leiden , fickt euch ihr Systemschweine“. Dennoch geben „Enesess“ ihr Bestes als „nationale Alternative zum Systemrap“ – so die Selbstbeschreibung von „Henry.H.“ im Interview mit dem „Karlsruher-Netzwerk“ vom April diesen Jahres.

Vor der Kulisse eines deutschen Wohnzimmers – eine zusammengerollte Deutschlandfahne steht angelehnt in der Ecke -, dass durch ein schwarzes Banner mit der Aufschrift „Karlsruhe“ zum Untergrundstudio umfunktioniert wurde, findet das Interview statt. Hier stellt sich „Henry.H.“ den - in badischem Akzent abgelesenen - Fragen des vermummten und in Tarnfarben gekleideten Interviewers. Zwar haben die Neonazis von „Enesess“ keine Mühen gescheut und sogar ein eigenes Video zu ihrem Lied „Shice auf Hip Hop“ gedreht – aber wie der Titel schon erahnen lässt: Es geht den Jungs nicht ums Rappen oder um HipHop. Es geht ihnen darum, rechtsextreme Inhalte zu verbreiten. Im Interview bestätigt „Henry.H.“: „Wir sind nationale Sozialisten und keine HipHopper“, und weiter: „Wir sehen uns nicht als HipHopper oder als irgendwelche Ghettokids oder sonstigen Dreck und somit haben wir auch mit dieser Subkultur nix am Hut“. HipHop wollen sie als Mittel im „Kampf um die Köpfe“ vor allem unter Jugendlichen einsetzten. So hat die Band auch Tracks für die Schüler CD „Jugend in Bewegung“ der "Autonomen Nationalisten" beigesteuert, die sich „Nationaler Widerstand“ nennen.

Für ihr Werk werden „n’Socialist Soundsystem“ im Großen und Ganzen von der Szene gelobt, da sie für viele - aufgrund ihrer Texte und ihrem eigenen Video - als erstes ernsthaftes „NS-HipHop“-Projekt gelten. Einige Neonazis kommen bei der neuen Musik aber noch nicht ganz mit und bangen darum, ob die rassistischen Botschaften auch wirklich verstanden werden. So beklagt sich „Nordglanz“ im „Nationale Revolution-Forum“:„Das Problem bei dieser Kapelle ist meiner Meinung nach, dass die einfach zu schnell 'rappen'. Wenn man also das Beiheft nicht hat, dann wird einem ungeübten Hörer die Scheibe von denen als unnötig erscheinen. Es hat dann auch nicht wirklich eine propagandistische Wirkung, weils einfach keiner versteht“. Also rappen ja, aber bitte langsam, damit auch die „Kameraden“ ohne Beiheft folgen können und die Propaganda verstanden wird.

"Netz gegen Nazis" zu NS-HipHop:

| MaKss Damage
| King Bock
| Dee Ex
| SZU (Sprachgesang zum Untergang), Natürlich

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

| Nazi-Ideologie im HipHop: „Wenn der das sagt, sag ich das auch“

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