NPD: Mit Schlingerkurs ins Superwahljahr

Unruhe bei der NPD: Im Zuge von Finanz- und Veruntreuungsaffären verliert die rechtsextreme Partei auch das Vertrauen ihres nicht organisierten bisherigen Fußvolks, der „Freien Kräfte“. Ob der neu ins Spiel gebrachte Parteivorsitz-Kandidat Andreas Molau mit seinem Wunsch nach Gewaltverzicht und Anerkennung des Mehrparteiensystems die Kameradschaftsanhänger begeistern kann?

Von Simone Rafael

Das Superwahljahr 2009 beginnt unglücklich für Udo Voigt. Und das nicht nur, weil der derzeitige NPD-Parteivorsitzende sich im März 2009 wegen Volksverhetzung und Verleumdung vor dem Berliner Landgericht in Tiergarten verantworten muss und jetzt außerdem die Staatsanwaltschaft Mannheim gegen ihn wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz ermittelt, weil er am Verfassen der falschen Rechenschaftsberichte beteiligt gewesen sein soll, wegen denen auch gegen zwei Wirtschaftsprüfer ermittelt wird.

Auch in den eigenen Reihen braut sich Unmut gegen Udo Voigt zusammen. Während dieser in seiner Neujahrsansprache noch die Zusammenarbeit mit den „Freien Kräften“ lobt, also den nicht parteiorganisierten Rechtsextremen und Kameradschaften, lobt, antwortete Thomas Wulff mit einem auf einschlägigen Internetseiten veröffentlichten Schreiben nach einem Treffen von Kameradschaftsführern mit der Aufkündigung der seit 2004 propagierten „Volksfront von rechts“, weil die Parteiführung "zu einer Zusammenarbeit auf Bundesebene nicht mehr Willens und in der Lage“ sei.

Wulff gehörte zu den bekannten Kameradschafts-Köpfen, die damals demonstrativ in die NPD eintraten, um das Zusammenspiel der organisierten und nicht-organisierten Rechtsextremen zu befördern. Dies bescherte in Folge etlichen Aktivisten Pöstchen und Einkommen und der NPD gut organisierte Helfer selbst an den Orten, an denen die eigenen Verbände zahlenmäßig eher mau bestückt sind. Allerdings nahm zuletzt die Bereitschaft der NPD ab, sich mit ihren oft unkontrolliert gewaltaffinen und unbedacht offen nazistisch äußerden "Kameraden" zu identifizieren.

Wulff selbst trat zuletzt prominent im Juli 2008 beim Begräbnis des Altnazis Friedhelm Busse in Passau in Erscheinung, bei dem er eine Hakenkreuzflagge in Grab legte – das Ereignis, das letztlich der Attentäter des Passauer Polizeichefs Alois Mannichl zitierte, als er sagte, wie das Opfer berichtete, sagte: „Viele Grüße vom nationalen Widerstand. Du linkes Bullenschwein trampelst nicht mehr auf den Gräbern unserer toten Kameraden herum.“. Sollte Wulff für das Zeigen der Hakenkreuzfahne der Prozess dafür gemacht werden, drohen ihm bis zu drei Jahren Haft, berichtet die Frankfurter Rundschau.

Wer also sind die NPD-Köpfe der Zukunft? Holger Apfel (Vorsitzender NPD-Landtagsfraktion Sachsen), Peter Marx (Vorsitzender NPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern) und Sascha Rossmüller (stellvertretender Parteivorsitzender) brachten zum Jahreswechsel den Namen Andreas Molaus ins Spiel, der wenig später seine Kandidatur für den Parteivorsitz bekanntgab. Der Bundesparteitag der NPD im Frühjahr 2009 wird dazu die Entscheidung bringen. Molau, derzeit Pressesprecher der NPD-Fraktion in Schwerin, ehemaliger Waldorfschullehrer, „Junge Freiheit“-Redakteur und Chefredakteur der rechtsextremen „Deutschen Stimme“, gilt als einer der intellektuelleren Vertreter der NPD.

Zu seiner Kandidatur und dem Streit mit den „Freien Kräften“, veröffentlichte Molau unlängst ein Thesenpapier, in dem er politische Organisationsformen neben der NPD begrüßte, zugleich aber einen absoluten Verzicht auf Gewalt, Anerkennung des Mehrparteiensystems und des Primats des Politischen als Voraussetzung für Zusammenarbeit forderte, was Teilen der Kameradschaftsszene schwerfallen dürfte. Inhaltlich propagierte er Ethnopluralismus und einen „europäischen Nationalismus im Sinne Henning Eichbergs oder Alain des Benoists“. Das Ziel dieses Verschleierungs-Rechtsextremismus benannte Molau gleich mit, er wolle nämlich „im weiteren nationalen und konservativen Bereich werben.“ Ob dies die nicht organisierten Rechtsextremen allerdings genug abschreckt, um der Partei den Rücken zu kehren und die Szene zu spalten, bleibt abzuwarten.

drucken