Coaches für vielfältiges Leben

Nach über einem Jahr mit Seminaren und Workshops, waren zwanzig Jugendliche nach Berlin eingeladen, um ihre Ausbildung zum „Vielfaltcoach“ bei der Amadeu Antonio Stiftung zu feiern. Dabei warteten neben der Großstadt auch ein spannendes Programm und intensive Diskussionen auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Von Maike Seyfarth

Für die aus Rostock, Gützkow und Ludwigslust nach Berlin angereisten Vielfaltcoaches stand zu Beginn des Wochenendes ein ausgiebiges Frühstück mit einem Rückblick auf die gemeinsam verlebte Zeit. Mit Fotos von den vielen Workshops, in denen sich die Jugendlichen in eineinhalb Jahren mit Themen wie Rassismus, Sexismus, Homophobie und vielen weiteren Arten der Diskriminierung beschäftigt hatten, wurde noch einmal an die verbrachte Zeit zurückgedacht und sich manche amüsante und kuriose Szene während der Workshops noch einmal vergegenwärtigt.

Historie im Deutschen Bundestag

Im Anschluss folgte eine Führung im Deutschen Bundestag, die sich um die Historie des Parlamentes und des Reichstagsgebäudes drehte. So lernten die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in rund neunzig Minuten die unterirdischen Tunnel zwischen Reichstagsgebäude und Paul-Löbe-Haus kennen und den Abgeordnete und Angestellte zur schnellen Fortbewegung dient.

Außerdem erfuhr die Gruppe spannende Details über einige der Kunstwerke im Bundestag. So wie das „Archiv der Deutschen Abgeordneten“ vom französischen Künstler Christian Boltanski beziehen sich viele Kunstwerke im Gebäude auf historische Ereignisse. Boltanski zeigt auf 5.000 Metallkästen die Namen der Abgeordneten, die von 1909 bis 1999 demokratisch in das Parlament gewählt worden sind und bietet somit auch den heutigen Abgeordneten einen Erinnerungsraum. Das Werk symbolisiert die Gleichheit aller Abgeordneten, egal ob als „parlamentarischer Hinterbänkler“ oder als Kopf und Lenker deutscher Geschichte und Politik.

Highlight war der Blick von den Besuchertribünen hinein in den Plenarsaal. Von oben lernten die 15 bis 19-jähreigen Jugendlichen die Sitzverteilung des aktuellen Parlamentes kennen und wurden informiert, dass sich die Zuschauer während einer Sitzung keine Meinungsäußerung erlauben dürfen. Gähnen, essen oder Zwischenrufe sind während einer Plenarsitzung strengstens untersagt und werden mit Rauswurf geahndet.

Gekrönt wurde das Erlebnis Reichstag schließlich mit einem Rundgang durch die Kuppel, der den Besuchern bei herrlichem Wetter einen imposanten Ausblick auf Berlin bot.

Zertifikatsübergabe mit Beat

Danach ging es in die Räume der Amadeu Antonio Stiftung. Dort warteten bereits Tibor Sturm, Rapper bei den Brothers Keepers, und Anetta Kahane, die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, auf die Jugendlichen. Es folgte eine intensive Diskussion über Vorurteile und Ausgrenzung. Tibor, der vor einigen Jahren von Nazis auf offener Straße verprügelt wurde und dann seinerseits für Notwehrhandlungen mit einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, während die eigentlichen Täter straffrei davon kamen, war für die Jugendlichen ein interessanter Gesprächspartner.

Außerdem diskutierten Tibor und Anetta mit der Gruppe, ob die Konzentration auf das Phänomen „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ in den Augen der Jugendlichen Sinn macht und ob es in der Praxis praktikabel ist, dagegen aktiv zu werden. Die SchülerInnen unterstrichen die Wichtigkeit des Ansatzes, sich nicht nur auf Rassismus zu konzentrieren, sondern auch andere Schwerpunkte zu setzen. Gerade an Schulen, so die Jugendlichen, sei Mobbing und Ausgrenzung nicht allein rassistisch bedingt.

Mit einer feierlichen Zertifikatsübergabe unter tosendem Applaus wurden die Jugendlichen dann für ihren Einsatz und die Absolvierung der verschiedenen Workshops geehrt. Mit den Zertifikaten können die Jugendlichen, die kurz vor dem Abitur stehen, sich auch bei eventuellen Studien – oder Ausbildungsbewerbungen punkten.

Die Reise geht weiter

Ganz zu Ende ist die Reise für die Vielfaltcoaches jedoch noch nicht. Das gelernte Wissen wird nun in der Praxis angewendet. So konzipieren die Jugendlichen nun ihre eigenen Projekte, in denen Schulen Workshops angeboten oder Unterschriften für eine rassismusfreie Schule gesammelt werden.

Mehr im Internet:

| „…erfolgreich abgeschlossen“. Glückwunsch an die Vielfalt- und Gleichwertigkeitscoaches (Amadeu Antonio Stiftung)

Zur Arbeit zum Thema "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit:

| www.living-equality.org

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

| Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Mehr auf www.amadeu-antonio-stiftung.de:

| „…erfolgreich abgeschlossen“. Glückwunsch an die Vielfalt- und Gleichwertigkeitscoaches

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