Wie kann man Jugendliche vor rechtsextremen Inhalten im Internet schützen? Der Jahresbericht von jugendschutz.net dokumentiert rechtsextreme Websites und gibt Tipps.
Von Frauke Büttner
„Wir haben inzwischen so viele rechtsextreme Websites wie noch nie“, sagte der Projektleiter der länderübergreifenden Organisation jugenschutz.net, Stefan Glaser, heute in Berlin. Gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung stellte er den Jahresbericht "Rechtsextremismus im Internet" vor. 2007 waren es 1635 Websites mit rechtsextremen Inhalten – das ist der höchste Stand seit 2000. Ein besonderes Problem ist laut jugendschutz.net der Missbrauch von Web 2.0-Diensten: Videoportale, Blogs und Online-Netzwerke. Allein 750 Videos und Profile sind im Bericht dokumentiert. Bewusst würden immer mehr "jugendaffine Lockangebote" wie Videos als Handy-Version eingesetzt und beliebte Web-2.0-Angebote wie YouTube oder SchülerVZ genutzt.
Geschickt platzierten Neonazis auch bei MySpace und anderen Portalen ihre eigenen Links, die auf ihre Internetseiten führen. So kann der User von YouTube mit nur einem Klick zum Beispiel zur rechtsextremen Website „Volksfront-Medien“ aus Hessen gelangen. YouTube hat daher seit vergangenem Jahr mit jugendschutz.net eine Vereinbarung zur „Entnazifizierung“ getroffen. Seither hat das Unternehmen über 1.250 Videos entfernt. Vorher wurden unzulässige Inhalte trotz Hinweis geduldet.
Der starke Anstieg der Internetangebote von rechtsextremen Kameradschaften und auch der NPD um insgesamt 30 Prozent bereitet jugendschutz.net Sorge. Sie köderten die Jugendlichen mit Lockangeboten wie Hausaufgabenhilfe, Fahrten zum Baggersee oder Gratis-Musik zum Downloaden. „Dabei geht es jedoch immer darum, rechtsextreme Botschaften zu vermitteln“, warnte Glaser. Modern präsentiert sich etwa das Portal „Nazis in Mittelhessen“ in ansprechendem, freundlichem Blau. Die Seite „Straßenkunst-Info“ gibt sich subkulturell-aktionistisch. „Man setzt ganz gezielt auf jugendliches Aktionspotenzial mit Aufforderungen wie: Kommt, macht mit!“, sagte der Projektleiter.
Um gegen ausländerfeindliche Videos oder Websites mit unzulässigen – etwa volksverhetzenden – Inhalten oder auch gegen Community-Profile mit Links zu rechtsextremen Homepages vorzugehen, wendet sich jugendschutz.net direkt an die Internetprovider im In- und Ausland. Insgesamt seien in vier von fünf Fällen die entsprechenden Inhalte oder Websites aus dem Internet genommen worden, berichtete Glaser.
Von den Internetprovidern erwartet der Projektleiter mehr eigenen Einsatz: Zusätzliches Personal und mehr technische Mittel im Kampf gegen rechtsextreme Inhalte. Glaser forderte die Betreiber auf, Maßnahmen zu treffen, um den neuerlichen Upload von rechtsextremen Videos zu verhindern.
Neben der Beobachtung und der Registrierung von rechtsextremen Inhalten setzt jugendschutz.net auf sein medienpädagogisches Angebot mit bislang 250 Workshops für Jugendliche und Erwachsene. 2007 gab es erstmals spezifische Fortbildungsangebote für Lehrer. „Rassismus erfordert Widerstand,“ bilanzierte Glaser und sagte weiter: „Insofern ist Zivilcourage im Netz angesagt.“