Poggenburg bei seiner Rede in Pirna.
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Auch ohne Poggenburg bleibt die AfD eine völkisch-nationalistische Partei

André Poggenburg kommt offenbar einer Amtsenthebung zuvor und tritt zurück. Kehrt die AfD nun zurück zu ihrem „gemäßigten“ Kurs? Nein, denn das Problem der AfD mit Poggenburg ist nicht dessen rassistische Gesinnung, es ist lediglich dessen Wortwahl. 

 

Von Kira Ayyadi

 

André Poggenburg, Partei- und Fraktionschef der AfD in Sachsen-Anhalt hat am Donnerstag angekündigt Ende März von beiden Ämtern zurückzutreten. Laut Informationen eines Rechercheverbunds  von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, hat die Landtagsfraktion ihren Vorsitzenden bei einer vertraulichen Sitzung zum Rücktritt gedrängt. In einer geheimen Abstimmung erhielt Poggenburg nur drei von 22  Stimmen. Wäre er nun nicht von selbst zurückgetreten, hatte man ihn kommende Woche also seines Amts als Fraktionschef enthoben.

 

Poggenburgs Rede am politischen Aschermittwoch wird ihm zum Verhängnis

Grund für den Vertrauensentzug ist offenbar seine menschenverachtende Rede beim Politischen Aschermittwoch in Pirna. Poggenburg hatte hier die Mitglieder der Türkischen Gemeinde in Deutschland als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“ bezeichnet, die sich „hinter den Bosporus zu ihren Lehmhütten, Ziegen und vielen Weibern scheren“ sollten. Vom anwesenden Publikum bekam er dafür Standing Ovations.

Die Türkische Gemeinde kündigte eine Anzeige wegen Volksverhetzung an. Auch Politiker_innen hatten sich zur Rede geäußert. So nannte Justizminister Heiko Maas (SPD) Poggenburg einen Rassisten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier antwortet auf die Frage nach Poggenburgs Rede: „Was ich sehe, ist, dass es Politiker gibt, die Maßlosigkeit in der Sprache, Rücksichtslosigkeit und Hass in ihrer Haltung zu einer eigenen Strategie machen.“ Die Staatsanwaltschaft Dresden leitete einen Prüfvorgang ein.

Poggenburg selbst wies die Kritik an seinen Äußerungen als „Stimmungsmache“ zurück. Zudem sei das alles eh nur „Satire“ gewesen. Doch auch viele seiner Parteikollegen konnten nicht so recht über die „Satire“ lachen. So meinte etwa AfD-Chef Jörg Meuthen, dass es am Aschermittwoch zwar oft etwas derber zugehe, „die Wortwahl André Poggenburgs geht dessen ungeachtet deutlich zu weit und hätte nicht vorkommen sollen.“

 

Poggenburg will sich auf seine Aufgaben in der „Linksextremismus-Kommission“ konzentrieren

In einer persönlichen Erklärung, die Poggenburg nach Bekanntwerden seines Rücktritts veröffentlichte, beklagt er, es habe „enormer medialer Druck“ auf ihm gelastet. Er äußert die Absicht, weiterhin Mitglied im Fraktionsvorstand zu bleiben. In Zukunft möchte er sich auf seine Aufgaben als Vorsitzender der „Linksextremismus-Kommission“ konzentrieren. Gleichzeitig relativiert er seinen Rücktritt als „einen Schritt zurück im Moment“.

 

Die Worte sind schuld, nicht der Inhalt

Das „Problem“ das die AfD im Moment mit Poggenburg hat ist nicht etwa dessen rassistische Gedankenwelt. Vielmehr sind es seine rassistischen Worte. In seiner Rede in Cottbus traf es der rassistische Verleger Götz Kubitschek ausnahmsweise mal auf den Punkt: „Uns wohlgesonnene Bürger, die den Schritt zu uns herüber wagen wollen, schreckt das zurück!Aus der AfD heißt es, man habe sich gesorgt durch Poggenburgs Verhalten „weiter in die ganz rechte Ecke gestellt zu werden“, zitiert der Rechercheverbund einen AfD-Abgeordneten.

Die jetzige Entscheidung der AfD fällt in eine Zeit in der eine Aufhebung des Kooperationsverbots mit Pegida immer näher rückt und gleichzeitig Überlegungen und Forderungen lauter werden, die AfD vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen.

Im bundesweiten Vergleich betrachtet ist die AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt eine der erfolgreichsten und Poggenburg hat mit seinem radikalen, rassistischen und flüchtlingsfeindlichen Auftreten maßgeblich dazu beigetragen. Da aus der Partei derzeit keine Rücktrittsforderungen zu hören sind, müssen die aktuellen Ereignisse als das gewertet werden, wie sie sind: Es geht um eine rein strategische und nicht um eine inhaltliche Distanzierung.   

 

Poggenburgs rassistische "Ausrutscher"

Dabei ist Poggenburgs Aschermittwochsrede bei weitem nicht sein erster rassistischer „Ausrutscher“. Des Öfteren fiel er mit völkischen und nationalistischen Äußerungen auf, allerdings ohne, dass die Partei ernsthafte Konsequenzen daraus zog.

Mit der „Machtübernahme“, so schrieb ein Mitglied im Februar 2017, „muss ein Gremium alle Journalisten und Redakteure überprüfen und sieben. Chefs sofort entlassen, volksfeindliche Medien verbieten.“ An anderer Stelle werden mögliche Schulungsinhalte diskutiert - und André Poggenburg fragt den Bedarf nach einer Weiterbildung in Sachen „Erweiterung der Außengrenzen“ ab. Im Mai schreibt er „Deutschland den Deutschen“ und verziert das Statement mit einem Smiley.

 

  • Auf dem Bundesparteitag im Dezember 2017 wiederholte er die nationalistische Parole:

„Deutschland gehört den Deutschen und hat den Deutschen zu gehören. Wem denn sonst?“, rief er den Delegierten zu.

 

  • Im Februar 2017 hatte Poggenburg bei einer Landtagsrede Nazi-Jargon benutzt:

Er sagte in einer Debatte, „linksextreme Lumpen“ müssten „von deutschen Hochschulen verbannt werden“ und sollten statt einem Studienplatz „lieber praktischer Arbeit zugeführt werden“. Anschließend forderte er, an die Abgeordneten gewandt: „Beteiligen Sie sich an allen möglichen Maßnahmen, um diese Wucherung am deutschen Volkskörper endgültig loszuwerden!“

 

Oliver Kirchner als Nachfolger Poggenburgs im Gespräch

Verschiedene Medien berichten, dass Poggenburgs bisheriger Stellvertreter Oliver Kirchner, als Nachfolger gehandelt wird. Ideologisch steht der 51-Jährige Poggenburg in nichts nach. Er war beispielsweise einer von 48 AfD-Abgeordneten, in einer Facebook-Gruppe in der ein Bild von Anne Frank auf einem Pizzakarton mit dem Kommentar „die Ofenfrische“ die Runde machte. Im August 2016 rief er dazu auf, an eine Moschee zu urinieren.

 

-- Am 25. Mai 2018 tritt die Datenschutzgrundverordnung (DSVGO) in Kraft. Die Rechtslage für Fotos ist unklar. Bis sich daran etwas ändert, machen wir Personen, die auf Fotos zu sehen sind, unkenntlich. --

 

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